Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 02.12.2005, Az.: 13 B 8161/05

Asylfolgeantrag; neue Tatsache; PTBS; Roma; Serbien; Verrgewaltigung

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
02.12.2005
Aktenzeichen
13 B 8161/05
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2005, 50857
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragssteller tragen die Kosten des Verfahrens.

Gründe

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Die Entscheidung ergeht durch den Einzelrichter, § 76 Abs. 4 AsylVfG.

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Der Antrag der Antragsteller,

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die Antragsgegnerin zu verpflichten, vorläufig von einer Mitteilung an die Ausländerbehörde gemäß § 71 Abs. 5 Satz 2 AsylVfG abzusehen bzw. die ergangene Mitteilung wieder zurückzuziehen,

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ist zulässig, jedoch unbegründet.

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Zwar ist die Antragsgegnerin passiv legitimiert. Soweit es um Fragen der Asylberechtigung und um zielstaatsbezogene Abschiebehindernisse geht, ist in Fällen eines Asylfolgeantrages, in denen die Antragsgegnerin die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens bzw. das Wiederaufgreifen des Verfahrens hinsichtlich des Vorliegens von Abschiebehindernisses abgelehnt hat, ohne eine neue Ausreiseaufforderung mit Abschiebeandrohung zu erlassen, ein Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Antragsgegnerin zu richten. Denn sie hat die Entscheidung, die Gegenstand des Hauptsacheverfahrens ist, zu vertreten und nur sie kann zu den Fragen von zielstaatsbezogenen Abschiebehindernisses und Gründen für eine Asylanerkennung fundiert Stellung nehmen. An der Auffassung, wie sie seinerzeit im Beschluss vom 07.06.2005 - 13 B 3112/05 - vertreten wurde, wird ausdrücklich nicht festgehalten. Ein vorläufiges Rechtsschutzgesuch ist nur dann gegen die Ausländerbehörde zu richten, wenn es um nicht-zielstattsbezogene Abschiebe- oder Vollstreckungshindernisse geht.

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Im vorliegenden Fall ist es den Antragstellern aber nicht gelungen, einen Anordnungsanspruch glaubhaft zu machen, § 123 Abs. 3 VwGO, § 920 Abs. 2 ZPO

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Zu Recht hat die Antragsgegnerin im Bescheid vom 10.05.2005 die Durchführung eines weiteren Asylfolgeverfahrens und das Wiederaufgreifen des Verfahrens hinsichtlich der Feststellung von Abschiebehindernissen zu § 53 AuslG abgelehnt.

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Gemäß § 71 Abs. 1 AsylVfG ist ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG erfüllt sind.

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Soweit die Antragsteller sich auf eine Verfolgungsgefahr wegen ihrer ethnischen Zugehörigkeit , der angeblichen Wehrdienstentziehung des Antragstellers zu 1.) und der Erkrankung der Antragstellerin zu 2.) berufen, waren diese Punkte bereits Gegenstand vorangegangener Asylverfahren. Es handelt sich nicht um neu eingetretene Tatsachen. Die Lage für Roma in Serbien (die Antragsteller hatten ihre Heimat vor der Ausreise in Zemun, einem Ort bei Belgrad) hat sich seither jedenfalls nicht zu Ungunsten der Minderheit verändert.

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Möglicherweise war - wenn man der Antragstellerin zu 2.) denn Glauben schenken kann - sie ohne grobes Verschulden im Sinne des § 51 Abs. 2 VwVfG gehindert, in früheren Asylverfahren auf die angeblich erlittene Vergewaltigung hinzuweisen. Weder aus den Vortrag noch aus den vorliegenden Unterlagen ist zu entnehmen, wann die Antragstellerin zu 2.) erstmals sich dazu äußerte. Zu Gunsten der Antragstellerin geht das Gericht hier aber davon aus, dass insoweit die 3-Monats-Frist des § 51 Abs. 3 VwVfG eingehalten wurde.

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Das Gericht ist aber zum Einen nicht davon überzeugt, dass die Antragstellerin tatsächlich vor ihrer Ausreise eine Vergewaltigung erlitten hat und bis etwa Mai 2005 nicht darüber sprechen konnte.

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Einerseits kann sich alles tatsächlich so wie vorgetragen zugetragen haben. Anderseits kann - eben weil Asylantragstellerinnen in anderen Verfahren mit dem verspäteten Vortrag einer Vergewaltigung unter Hinweis, dass sie aus Scham bislang nicht darüber sprechen konnten, letztendlich Erfolg hatten - der gesamte Vortrag der Antragstellerin ohne Rücksicht auf tatsächlich stattgefundene Ereignisse aber auch frei erfunden sein. Möglich sind alle denkbaren Varianten und es ist der Antragstellerin nicht gelungen, das Gericht von der Glaubwürdigkeit ihrer Version zu überzeugen.

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Zwar führt die behandelnde Ärztin Dr. E. aus, sie halte die Antragstellerin für glaubwürdig, insbesondere, weil sie das behauptete Trauma bislang verschwiegen und nicht schon früher erzählt habe, um ein möglichst langes Bleiberecht zu erzielen. Nun ist allerdings auch zu bedenken, dass dies bislang gar nicht notwendig war, weil Flüchtlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien lange Zeit nicht abgeschoben wurden. Auffällig ist jedenfalls, dass die Hemmung, über damalige Ereignisse zu sprechen, erst entfallen ist, als sich abzeichnete, dass nun doch ernsthaft eine Abschiebung anstehen könnte. Schon aus dem von den Antragstellern vorgelegten Entlassungsbericht des Landeskrankenhauses Wunstorf vom 31.08.2004 ist zu ersehen, dass die Befürchtung der Antragstellerin, als reisefähig zu gelten und dann abgeschoben zu werden, offenbar für sie von zentraler Bedeutung war. Überdies wurden die vorgelegten ärztlichen Atteste nicht von einem unabhängigen Gutachter erstellt. Frau Dr. E. behandelt die Antragstellerin anscheinend bereits regelmäßig über längere Zeit. Ein Privatarzt wird im Regelfall bestrebt sein, das Vertrauen seines Patienten zu erhalten und kann zwangsläufig deshalb nicht so unbefangen wie ein unabhängiger Gutachter an den Fall herangehen. Dieser Umstand ist bei der Würdigung des Vorbringens der Antragsteller in die Überlegungen mit einzubeziehen, zumal es aus der ärztlichen Stellungnahme vom 16.03.2005 deutlich wird, dass die behandelnde Ärztin ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht der Antragsteller „als beste Therapie“ ansieht.

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Letztendlich kommt es auf die vorstehenden Fragen aber auch nicht entscheidend an.

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Die behauptete Vergewaltigung stellt sich selbst nach dem Vortrag der Antragstellerin nicht als staatliche Verfolgungsmaßnahme dar, sondern als kriminelles Delikt eines einzelnen, der Antragstellerin vorher schon bekannten Mannes. Einen hundertprozentigen Schutz vor derartigen Verbrechen gibt es leider es weder in Serbien noch in Deutschland. Zu einem Anspruch auf Asyl kann ein solches Verbrechen nicht führen.

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Entsprechendes gilt hinsichtlich der Frage des Wideraufgreifens von Abschiebehindernissen. Hier sind ebenfalls keine neuen Sachverhalte erkennbar, die die Tatbestandsvoraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG erfüllen könnten. Die hier im Vordergrund stehenden psychischen Erkrankungen Depression und PTBS (auch wenn die Ursache der PTBS erst jetzt angegeben wurde) der Antragstellerin zu 2.) waren schon bei früheren Verfahren Gegenstand der Prüfung. Eine Veränderung - etwa Verschlimmerung der Erkrankung - ist nicht ersichtlich.

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Im Übrigen liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Antragstellerin zu 2.) Abschiebeschutz nach § 60 Abs. 7 AufenthG zu gewähren ist, ihr mithin in Serbien erhebliche und konkrete Gefahren für Leib oder Leben drohen. PTBS und Depressionen sind in Serbien behandelbar. Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger sind beitragsfrei krankenversichert (vgl. Amtliche Auskunft des Auswärtiges Amtes an das VG Cottbus vom10.01.2003 und an das VG Köln vom 11.04.2003). Da die Antragsteller vor ihrer Ausreise bei Belgrad lebten, drohen ihnen auch nicht - anders als möglicherweise Binnenflüchtlingen aus dem Kosovo - Probleme bei der Wiederanmeldung in ihrer Heimatgemeinde.

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Im Übrigen wird auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Bescheid Bezug genommen, denen das Gericht folgt, § 77 Abs. 2 AsylVfG.

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Andere als zielstaatsbezogene Abschiebehindernisse sind in einem Verfahren gegen die Antragsgegnerin nicht zu prüfen.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

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Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ § 80 AsylVfG).