Oberlandesgericht Braunschweig
Beschl. v. 11.02.1983, Az.: 2 W 6/83
Erinnerung gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss; Erstattungsfähigkeit der Kosten eines Verkehrsanwalts; Vorliegen eines Ausnahmetatbestands; Voraussetzungen für die Erstattungsfähigkeit der Ratsgebühr
Bibliographie
- Gericht
- OLG Braunschweig
- Datum
- 11.02.1983
- Aktenzeichen
- 2 W 6/83
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1983, 16839
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGBS:1983:0211.2W6.83.0A
Rechtsgrundlagen
- § 20 BRAGO
- § 91 ZPO
Fundstelle
- WRP 1990, 486 (Kurzinformation) "Verband, Kosten eines ..."
Verfahrensgegenstand
Unterlassung
Kostenfestsetzung
Tenor:
wird die als sofortige Beschwerde geltende Erinnerung des Klägers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluß des Landgerichts ... vom 9. November 1982 zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Wert des Beschwerdeverfahrens: 949,20 DM.
Gründe
Die als sofortige Beschwerde geltende befristete Erinnerung des Klägers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluß des Landgerichts ... vom 9. November 1982, die sich nach der von dem Landgericht wegen der Streitwerterhöhung und der Gerichtskosten durch Beschlüsse vom 1. Dezember und 7. Dezember 1982 vorgenommenen Nachfestsetzungen lediglich noch auf die Absetzung der von dem Kläger geltend gemachten Korrespondenzkosten bezieht, ist zulässig (§§ 21, 11 RPflG), jedoch unbegründet und daher zurückzuweisen. Die durch die Einschaltung eines Rechtsanwalts in Düsseldorf dem Kläger entstandenen Mehrkosten sind im Kostenfestsetzungsverfahren mit Recht als nicht erstattungsfähig behandelt worden.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats sind Kosten eines Verkehrsanwalts grundsätzlich nicht erstattungsfähig. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt nur dann, wenn die Partei geschäftsungewandt, der Prozeßstoff tatsächlich und rechtlich ungewöhnlich schwierig oder ein unmittelbarer Verkehr mit dem auswärtigen Prozeßbevollmächtigten sonst unmöglich oder unzumutbar ist. Ein derartiger Ausnahmetatbestand ist hier ersichtlich nicht gegeben. Der Streitstoff war nicht ungewöhnlich schwierig, vielmehr in tatsächlicher Hinsicht überschaubar und zudem in vollem Umfang durch Urkunden belegt. Unter Berücksichtigung der Tatsache, daß der Kläger ständig mit vergleichbaren Wettbewerbssachen befaßt ist, bot der Sachverhalt auch keine besonderen rechtlichen Schwierigkeiten. Inwiefern ein unmittelbarer Verkehr mit ... Anwälten für den Kläger sonst unmöglich oder unzumutbar gewesen sein sollte, ist nicht ersichtlich.
Auch eine Ratsgebühr gemäß § 20 BRAGO, die der Kläger hilfsweise an Stelle der geltend gemachten Korrespondenzanwaltsgebühren bei der Kostenausgleichung berücksichtigt wissen will, ist im vorliegenden Fall nicht erstattungsfähig, denn die Einholung eines anwaltlichen Rats war zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig (§ 91 ZPO). Hierzu und zu der Frage, ob Kosten unter dem Gesichtspunkt ersparter Aufwendungen für Informationsreisen erstattungsfähig sein könnten, hat der Senat in seinem in dem angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluß erwähnten Beschluß 2 W 97/82 vom 13. Juli 1982 für einen vergleichbaren Fall ausgeführt:
"Voraussetzung für die Erstattungsfähigkeit der Ratsgebühr ist, daß eine Partei die Aussichten einer Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung ohne anwaltliche Beratung nicht ausreichend beurteilen kann. Dies wird insbesondere dann der Fall sein, wenn die Partei rechtlich und geschäftlich unerfahren ist und/oder wenn die Rechtslage schwierig ist (vgl. Gerold-Schmidt, 7. Aufl., § 20 Rz. 23; Schumann-Geißinger, 2. Aufl. § 20 Rz 27; OLG Schleswig SchlH A 1958, 312; OLG Bamburg JB 1978, 592). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Der Kläger bezweckt nach § 2 seiner Satzung "die Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs, anderer Mißstände und schädigender Auswüchse im geschäftlichen Verkehr". Die Erhebung von klagen der vorliegenden Art gehört aber zu den Aufgaben, die der Kläger zur Verfolgung seiner satzungsmäßigen Ziele wahrzunehmen hat. Unter diesen Umständen muß davon ausgegangen werden, daß der Kläger sowohl über einen hinreichend geschulten Mitarbeiterstab verfügt als auch - aufgrund vieler anderer von ihm geführter Wettbewerbsprozesse - die nötige Erfahrung besitzt, um die Erfolgungsaussichten einer Klage der vorliegenden Art selbst hinreichend beurteilen zu können. Ob dem Kläger eine anwaltliche Beratung bei Fällen von besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeit zuzubilligen ist, kann dahingestellt bleiben, denn der Schwierigkeitsgrad des vorliegenden Falles ist nur durchschnittlich.
Die vom Landgericht bei der Festsetzung berücksichtigten kosten sind auch nicht unter dem Gesichtspunkt ersparter Kosten für Informationsreisen erstattungsfähig, denn der Kläger ist genügend geschäftsgewandt, um seinen Prozeßbevollmächtigten schriftlich informieren zu können."
Diesen Ausführungen, die auch für den vorliegenden Fall uneingeschränkt Geltung beanspruchen, hat der Senat auch unter Berücksichtigung der Beschwerdebegründung des Klägers vom 2. Dezember 1982 nicht hinzuzufügen.
Schließlich geht auch der Hinweis des Klägers darauf fehl, daß der von ihm in ... eingeschaltete Rechtsanwalt das Abmahnschreiben an die Beklagte verfaßt habe und demgemäß eine 10/10-Gebühr nach § 116 BRAGO beanspruchen könne. Insoweit beinhaltet das gegen die Beklagte ergangene Versäumnisurteil des Landgerichts vom 5. Oktober 1982 keinen Kostentitel für den Kläger, weil die Kostenentscheidung neben den Gerichtskosten lediglich die im dritten Abschnitt der BRAGO geregelten Kosten (Gebühren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten und ähnlichen Verfahren), nicht aber die im elften Abschnitt der BRAGO (Gebühren in sonstigen Angelegenheiten) behandelten Angelegenheiten betrifft.
Aus den genannten Gründen ist die sofortige Beschwerde des Klägers mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Streitwertbeschluss:
Wert des Beschwerdeverfahrens: 949,20 DM.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens entspricht dem Betrag der Kosten, deren zusätzliche Festsetzung der Kläger mit seinem Rechtsmittel hat erreichen wollen.