Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 29.04.1987, Az.: 9 U 84/86
Nichtigkeit eines Darlehens wegen Verstoß gegen das strafrechtliche Verbot der Beihilfe zur Teilnahme an einem verbotenem Glücksspiel
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 29.04.1987
- Aktenzeichen
- 9 U 84/86
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1987, 13763
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:1987:0429.9U84.86.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Hildesheim - 18.02.1987 - AZ: 2 O 477/85
Rechtsgrundlage
- § 134 BGB
Fundstellen
- IPRspr 1987, 18
- NJW-RR 1987, 1190 (Volltext mit amtl. LS)
Prozessführer
R. A., A. S. 3..., 3...,
Prozessgegner
P. V., A. N. L. 2 ..., 5 ... K.,
In dem Rechtsstreit
hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts C.
auf die mündliche Verhandlung vom 30. März 1987
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht M.
und die Richter am Oberlandesgericht S. und Dr. W.
für Recht erkannt:
Tenor:
Das Versäumnisurteil vom 18. Februar 1987 wird aufrechterhalten.
Die weiteren Kosten der Berufung werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Wert der Beschwer beträgt DM 7.500,-.
Tatbestand
Der Kläger erwirkte beim Amtsgericht H. einen Vollstreckungsbescheid gegen den Beklagten, wonach dieser zur Zahlung von DM 7.500,- zuzüglich 11 % Zinsen seit dem 26.02.1984 verpflichtet war. Gegen diesen Vollstreckungsbescheid legte der Beklagte Einspruch ein.
Der Kläger hat behauptet, er habe, gemeinsam mit seinem Vater, dem Beklagten im Dezember 1983 ein Darlehen in Höhe von DM 10.000,- gewährt, wovon ihm, dem Kläger, DM 7.500,- zustünden. Hierüber habe der Beklagte auch einen Schuldschein unterschrieben. Der Beklagte habe weder die Rückzahlungszusage zum 03.01.1984 eingehalten noch auf ein Mahnschreiben mit Fristsetzung zum 25.02.1984 reagiert.
Der Kläger hat beantragt,
den Vollstreckungsbescheid aufrechtzuerhalten.
Der Beklagte hat beantragt,
unter Aufhebung des Vollstreckungsbescheides
die Klage abzuweisen.
Er hat bestritten, vom Kläger ein Darlehen erhalten und einen Schuldschein unterschrieben zu haben.
Das Landgericht hat den Vater des Klägers als Zeugen vernommen. Aufgrund dieser Aussage hat es zwar die Geldübergabe als erwiesen angesehen, den Vollstreckungsbescheid aber dennoch aufgehoben und die Klage abgewiesen, weil aus der Aussage hervorgehe, daß der Beklagte das Geld zur Teilnahme an einer Pokerrunde erhalten habe, weswegen der Darlehensvertrag sittenwidrig sei.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung.
Er macht geltend, das Urteil des Landgerichts beruhe auf Tatsachen, die keine der Parteien in den Rechtsstreit eingeführt habe. So seien weder Umstände, die die Sittenwidrigkeit begründen könnten, noch die Entreicherung des Beklagten von einer der Parteien vorgetragen worden.
Der Kläger hat beantragt,
das Urteil des Landgerichts abzuändern und den Vollstreckungsbescheid aufrechtzuerhalten.
Der Beklagte hat beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Im ersten mündlichen Termin vor dem Berufungsgericht ist ein Versäumnisurteil gegen den Kläger ergangen, gegen das dieser rechtzeitig Einspruch eingelegt hat.
Der Kläger beantragt nunmehr,
das Versäumnisurteil aufzuheben und unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Vollstreckungsbescheid aufrechtzuerhalten.
Der Beklagte beantragt,
das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten.
Er bestreitet nach wie vor, vom Kläger ein Darlehen erhalten zu haben. Er weist auf Differenzen zwischen dem Parteivortrag des Klägers und dessen Aussage in einem Parallelverfahren vor dem Amtsgericht Köln hin, in dem dieser als Zeuge vernommen worden ist. Zu der Frage, ob eine Bereicherung des Beklagten vorliegt, macht er sich die erstinstanzliche Aussage des Vaters des Klägers zu eigen, der bekundet hat, er, der Beklagte, habe das Geld, das er darlehensweise erhalten habe, beim Spiel verloren.
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien sowie deren Inhalt der zur Ergänzung des Parteivorbringens beigezogenen Akte des Amtsgerichts K. (Az. 137 C 455/85) verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist unbegründet.
1.
Der mit der Klage geltend gemachte Anspruch beurteilt sich nach deutschem Recht. Wenngleich beide Parteien Ausländer sind, ist ihre Staatsangehörigkeit - der Kläger ist Türke, der Beklagte Grieche - verschieden, und beide haben ihren gewöhnlichen Aufenthalt und damit ihren Lebensmittelpunkt in der Bundesrepublik. Das rechtfertigt die Anwendung deutschen Rechts.
2.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Darlehensrückzahlung gegen den Beklagten. Die Frage, ob der Beklagte vom Kläger die 7.500,00 DM erhalten hat oder nicht, kann offen bleiben. Denn selbst wenn der Beklagte das Geld vom Kläger erhalten hätte, wäre ein Anspruch aus § 607 BGB nicht gegeben, weil der Darlehensvertrag wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nach § 134 BGB nichtig wäre. Mit der Geldübergabe an den Beklagten hätte der Kläger gegen das strafrechtliche Verbot der Beihilfe zur Teilnahme an einem verbotenen Glücksspiel verstoßen (§§ 284 a, 27 StGB). Dieser Gesetzesverstoß durch die Geldhingabe würde die Nichtigkeit des zugrundeliegenden Darlehensvertrages bewirken.
Der Kläger hätte mit der Geldhingabe dem Beklagten bei der Begehung einer rechtswidrigen Tat geholfen und somit Beihilfe zu einer verbotenen Handlung geleistet, denn ohne Geld hätte der Beklagte sich nicht an der Pokerrunde beteiligen können. Die Teilnahme an der Pokerspielrunde in der Gaststätte des Vaters des Klägers wäre für den Beklagten eine nach § 284 a StGB strafbare Handlung gewesen, weil in dieser Spielrunde ein nach § 284 StGB unerlaubtes Glücksspiel betrieben wurde. Es wurde in einer der Öffentlichkeit zugänglichen Gaststätte gespielt, und die Teilnahme am Spiel stand spielgeneigten Gästen des Lokals offen. Das ergibt sich auch aus dem was der Kläger als Zeuge vor dem Amtsgericht K. am 19.02.1986 im Rechtsstreit seines Vaters gegen den Beklagten ausgesagt hat; danach war der Beklagte erst im Laufe des Abends zu den bereits spielenden Gästen gestoßen, deren Spiel er sich nach einiger Zeit anschloß.
3.
Auch aus den Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung läßt sich der Klaganspruch nicht herleiten, weil der Beklagte jedenfalls nicht mehr bereichert ist (§ 818 Abs. 3 BGB). Er hat sich hierzu die Zeugenaussage des Vaters des Klägers zu eigen gemacht, der bekundet hat, der Beklagte habe das Geld beim Spiel verloren. So hat es im übrigen auch der Kläger als Zeuge vor dem Amtsgericht K. ausgesagt. Warum das nicht stimmen soll, hat der Kläger nicht erläutert.
4.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711 und 713 ZPO.
Streitwertbeschluss:
Der Wert der Beschwer beträgt DM 7.500,-.