Amtsgericht Helmstedt
Urt. v. 22.10.1985, Az.: 3 C 437/85

Benachteiligung i. S. d. § 2 Allgemeine Geschäftsbedingungsgesetz wegen fehlender Möglichkeit der Vertragsauflösung; Unwirksamkeit einer den Vertragspartner länger als zwei Jahre bindenden Vertragslaufzeit gem. § 11 Ziffer 12a Allgemeine Geschäftsbedingungsgesetz

Bibliographie

Gericht
AG Helmstedt
Datum
22.10.1985
Aktenzeichen
3 C 437/85
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1985, 30525
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:AGHELMS:1985:1022.3C437.85.0A

Fundstelle

  • NJW-RR 1986, 274-275 (Volltext mit red. LS)

Verfahrensgegenstand

Forderung

Das Amtsgericht Helmstedt
hat im schriftlichen Verfahren
durch
den Richter am Amtsgericht Bastobbe
für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1.

    Die Klage wird abgewiesen.

  2. 2.

    Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

  3. 3.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Im Jahr 1968 ließ sich der Beklagte von der Klägerin auf seinem Haus eine Blitzschutzanlage errichten. Er unterzeichnete am 29.03.1968 einen schriftlichen Prüfungsauftrag, wonach sich der Gebäudeeigentümer verpflichtete, die Blitzschutzanlage alle 3 Jahre durch die Klägerin oder eine von ihr beauftragte Stelle prüfen und die Erdeinführungsamaturen mit frischem Schutzanstrich versehen zu lassen. Das Abkommen sollte sich auf 10 Prüfungen erstrecken und sich jeweils um drei weitere Prüfungen verlängern, wenn keine Kündigung durch Einschreibebrief nach der letzten Prüfung in der Zeit vom 01.10.-31.12. erfolgte.

2

Der Beklagte übertrug das Eigentum an dem Haus nach seiner Ehescheidung auf seine geschiedene Ehefrau. Als ein Beauftragter der Klägerin im Jahr 1984 die Prüfung durchführen wollte, wurde diesem das durch die Ehefrau des Beklagten verwehrt.

3

Nach den Bestimmungen des Vertrages vom 29.08.1968 verlangt die Klägerin 50 % der restlichen Gebühren als Abfindung, da der Vertrag seitens des Auftraggebers nicht eingehalten worden sei. Weiter verlangt sie 30,- DM Kosten der nutzlosen Anfahrt des Monteurs.

4

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, ihr 256,84 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 23.02.1985 zuzüglich 6,- DM vorgerichtlicher Kosten zu zahlen.

5

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

6

Er hält die geschlossene Vereinbarung für unwirksam. Er hält die von der Klägerin geltend gemachte Forderung für überhöht.

7

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

8

Die Klage ist nicht begründet.

9

Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung.

10

Die formularmäßige Ausgestaltung des Vertragstextes unterliegt des Kontrolle des Gesetzes zur Regelung des Rechts der allgemeinen Geschäftsbedingungen. Dies gilt auch für den Vertrag, der zwischen den Parteien vor Inkrafttreten des Gesetzes über das Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen abgeschlossen worden ist.

11

Gegenstand des Vertrages ist die regelmäßig Erbringung von Werkleistungen im Sinns von § 28 Abs. 2 AGBG. Für die Regelmäßigkeit ist nicht erforderlich, daß die Leistung des Verwenders der allgemeinen Geschäftsbedingungen regelmäßig an festbestimmten Terminen zu wiederholen ist. Erfaßt sind nicht nur regelmäßig wiederkehrende Leistungen, wie sie § 197 BGB aufführt; es genügt, wann die Leistungen aufgrund desselben Rechtsverhältnisses wiederkehrend sind, sie also nicht in einmaliger Lieferung und Tätigkeit des Verwenders erschöpfen (vgl. Koch-Stübing, AGBG, § 11 Nr. 12 Rdnr. 9).

12

Gemäß § 2 Abs. 1 AGBG sind Bestimmungen in allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen.

13

Die Benachteiligung ist darin zu sehen, daß es für den Besteller keine Möglichkeit gibt, sich von dem Vertrag zu lösen. Die Benachteiligung wird auch nicht dadurch aufgehoben, daß dem Besteller eins zwanzigjährige Garantie für die Blitzschutzanlage eingeräumt wird. Daß es der Klägerin gar nicht um die Garantie geht, wird schon dadurch deutlich, daß sich der Besteller für die Zeit von dreißig Jahren verpflichtet, die Leistungen der Klägerin in Anspruch zu nehmen. Dem Basteller ist selbst für den Fall, daß er das Eigentum an seinem Hause, auf dem Blitzschutzanlage montiert ist, überträgt oder auf sonstige Weise verliert, kein Kündigungsrecht eingeräumt. Durch den zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag wird das Risiko einseitig auf den Besteller abgewälzt. Gemäß § 11 Ziffer 12 a AGBG ist eine dem anderen Vertragsteil länger als zwei Jahre bindende Laufzeit des Vertrages unwirksam. Diese Unwirksamkeit führt im Rahmen der Prüfung gemäß § 9 AGBG dazu, daß die entsprechende Klausel im Vertrag als unwirksam angesehen werden muß.

14

Folglich hat die Klägerin keinen Anspruch gegen den Beklagten.

15

Die Nebenentscheidungen folgen aus den Vorschriften der §§ 91, 708 Ziffer 11, 713 ZPO.

Streitwertbeschluss:

Der Streitwert beträgt 262,84 DM.

Bastobbe