Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 26.01.1984, Az.: 3 OVG C 7/83

Kosten für die Benutzung eines Kindergartens nach einer Beitragsordnung; Entscheidung über die Gültigkeit um eine im Range unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift; Überprüfung der Rechtmäßigkeit im Wege des Normenkontrollverfahrens ; Traditionelle Kirche als Körperschaft des öffentlichen Rechts wegen der Eigenständigkeit und Unabhängigkeit ; Aufgrund von Selbstbestimmungrecht und Satzungsautonomie erlassene Rechtsvorschriften; Gestaffeltes Entgelt nach Bruttofamilieneinkommen der Eltern und unter Berücksichtigung des Umfangs der Benutzung; Verstoß gegen den Grundsatz der speziellen Entgeltlichkeit und der Gleichbehandlung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
26.01.1984
Aktenzeichen
3 OVG C 7/83
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1984, 15263
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:1984:0126.3OVG.C7.83.0A

Fundstelle

  • NVwZ 1987, 708-711 (Volltext mit amtl. LS)

Verfahrensgegenstand

Beiträge für den Kindergarten einer Kirchengemeinde

Prozessführer

Angestellter ...

Prozessgegner

Ev.-Luth. Kirchengemeinde ...

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Kirchen sind nach Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 5 WRV Körperschaften des öffentlichen Rechts. Dieser Status soll die Eigenständigkeit und Unabhängigkeit der traditionellen Kirchen vom Staat gewährleisten und sie vor staatlichen Eingriffen in ihre innerkirchlichen Angelegenheiten schützen.

  2. 2.

    Den Kirchen wird somit das Selbstbestimmungsrecht zur eigenständigen Ordnung ihrer inneren Angelegenheiten gewährleistet. Infolge der öffentlichen Rechtsstellung und öffentlichen Wirksamkeit der Kirchen, die sie aus ihrem besonderen Auftrag herleiten und durch die sie sich von anderen gesellschaftlichen Gebilden grundsätzlich unterscheiden, ist kirchliche Gewalt zwar öffentliche, aber nicht staatliche Gewalt.

  3. 3.

    Die staatsfreie Eigenständigkeit der Kirchen hat nur zur Folge, dass sie und ihr Handeln der staatlichen Gerichtsbarkeit insoweit entzogen sind, als sie innerkirchliche Angelegenheiten, wie z. B. den Kernbereich kirchlicher Betätigung, insbesondere den Bereich der Glaubenslehre, der Verkündung des Wortes Gottes, der Sakramentenspendung, Seelsorge usw. wahrnehmen.

  4. 4.

    Soweit die Kirchen den Kernbereich kirchlicher Betätigung verlassen und mit einzelnen Maßnahmen oder Ausstrahlungen in den staatlichen Bereich hineinwirken, wie z. B. auf dem Gebiet des Schulwesens, des Bauwesens, des Vereins- und Versammlungswesens, des Glockengeläuts, der Kirchensteuern und des Friedhofswesens, unterliegen sie der staatlichen Gerichtsbarkeit.

  5. 5.

    Die von einer Kirchengemeinde aufgrund ihres Selbstbestimmungsrechtes und ihrer Satzungsautonomie erlassenen Rechtsvorschriften sind, soweit sie in den staatlichen Bereich hineinreichen, in gleicher Weise wie autonome Satzungen der Gebietskörperschaften als Rechtsvorschriften im Range unter dem Landesgesetz im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO anzusehen.

In dem Normenkontrollverfahren
hat der 3. Senat des Oberverwaltungsgerichts für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein in Lüneburg
auf die mündliche Verhandlung vom 26. Januar 1984
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Eichhorn,
die Richter am Oberverwaltungsgericht Schnuhr und Dr. Berkenbusch sowie
den ehrenamtlichen Richter Arnold und
die ehrenamtliche Richterin Wurst
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Beitragsordnung der Antragsgegnerin vom 8. Dezember 1981 ist unwirksam

Die Antragsgegnerin tragt die Kosten des Verfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird nach § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG auf 4.000,- DM (in Worten: viertausend Deutsche Mark) festgesetzt.

Gründe

1

I.

Der Antragsteller ist Vater eines sechsjährigen Sohnes, der seit 1982 den Kindergarten "Mühlentor" in der Stadt ... besucht. Der Kindergarten wird von der Antragsgegnerin mit einer Kostenbeteiligung der Stadt ... nach näherer Maßgabe des Vertrages vom 21. August 1974 betrieben und unterhalten. Die Benutzung des Kindergartens ist unabhängig vom religiösen Bekenntnis der Kinder und deren Eitern. Für die Benutzung des Kindergartens erhebt die Antragsgegnerin nach der "Ordnung der Kindergarteneinrichtungen der Evangelischen Kirchengemeinde ..." vom April 1979 in Verbindung mit der am 8. Dezember 1981 vom Kirchenvorstand für das Jahr 1982 beschlossenen Beitragsordnung einen nach dem Bruttoeinkommen der Eltern gestaffelten Elternbeitrag. Im einzelnen sieht die Beitragsordnung folgende Elternbeiträge vor:

2

Beitragsordnung

BeitragsstufeBrutto-Familien-Einkommen/DM1 Vormittagsplatz/DM1 Ganztagsplatz/DM1 Nachmittagsplatz/DMMittagspause/DM
1bis1.800,- -0000
2bis2.000,- -33,- -50,- -22,- -6,- -
3bis2.400,- -88,- -134,- -59,- -13,- -
4bis2.800,- -123,- -188,- -84,- -18,- -
5bis3.400,- -141,- -213,- -96,- -20,- -
6bis4.000,- -157,- -240,- -108,- -22,- -
7über4.000,- -174,- -266,- -120,- -24,- -
Ermäßigungen:2.Geschwisterkind=1/3 obiger Beitragssummen
3.Geschwisterkind=frei
3

Die Beitragsordnung und die Ordnung der Kindergarteneinrichtungen haben am Schwarzen Brett des Kindergartens ausgehangen.

4

Darüber hinaus ist die Beitragsordnung den Erziehungsberechtigten der Kinder mit Rundschreiben der Antragsgegnerin vom 10. Dezember 1981 bekanntgegeben worden.

5

Der Antragsteller wendet sich gegen die Staffelung des Entgelts für die Benutzung des Kindergartens und trägt zur Begründung vor: Bei der vom Kirchenvorstand der Antragsgegnerin erlassenen Beitragsordnung handele es sich um eine im Range unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschrift im Sinne des § 47 Abs. 1 VwGO. Die Antragsgegnerin habe das Benutzungsverhältnis öffentlich-rechtlich gestaltet und verlange für die Benutzung der Kindergärten Benutzungsgebühren nach öffentlich-rechtlichen Rechtsvorschriften. Aufgrund des Vertrages mit der Stadt ... vom 21. August 1974 nehme die Antragsgegnerin eine kommunale, öffentlich-rechtliche Aufgabe wahr. Das ergebe sich im einzelnen aus den Bestimmungen des Vertrages, Danach werde die Kindergartenerziehung von der Stadt und der Antragsgegnerin als gemeinsame Aufgabe betrachtet. Für die Führung der Kindergärten seien die gesetzlichen Vorschriften und die behördlichen Grundsätze sowie Richtlinien maßgebend. Die Kindergärten seien allgemein für alle Kinder in ..., unabhängig vom religiösen Bekenntnis, zugänglich. Die Einzelheiten über die Aufnahme der Kinder würden von der Antragsgegnerin mit Zustimmung der Stadt ... erlassen. Die Elternbeiträge seien zwar von der Antragsgegnerin festzusetzen, bei der Festsetzung sei jedoch ein Einvernehmen mit der Stadt ... anzustreben. Auch die von der Antragsgegnerin verwendeten Begriffe wie: Beitragsordnung und Elternbeitrag ließen erkennen, daß das Benutzungsverhältnis einschließlich des Entgeltes öffentlich geregelt sei. Die Staffelung der Kindergartenbeiträge nach dem Familieneinkommen, insbesondere aber die Einführung einer 7. Beitragsstufe für Eltern mit einem monatlichen Bruttoeinkommen von über 4.000,- DM, verstoße gegen den Gleichheitssatz und den Grundsatz der speziellen Entgeltlichkeit. Danach seien Benutzungsgebühren grundsätzlich nach dem Umfang der Inanspruchnahme zu bemessen. Zwar könnten nach § 6 Abs. 3 des Schleswig-Holsteinischen Kommunalabgabengesetzes die Gebührensätze "unter Berücksichtigung des öffentlichen Interesses" ermäßigt oder erlassen werden. Voraussetzung dafür sei aber, daß die Benutzer zur Benutzung verpflichtet oder darauf angewiesen seien. Das treffe zumindest für den Teil der Kinder nicht zu, bei denen ein Elternteil nicht berufstätig sei und somit auch tagsüber für die Betreuung des Kindes zur Verfügung stehe. Im übrigen erlaube die Sozialklausel nur die Staffelung der Gebühren unter Berücksichtigung der Benutzung im öffentlichen Interesse, nicht aber nach den Einkommensverhältnissen der Eltern. Darüber hinaus erlaube § 6 Abs. 3 des Schleswig-Holsteinischen Kommunalabgabengesetzes nur eine Ermäßigung von einem Normalbetrag auf einen geringeren Beitrag aus sozialen Gründen. Die Beitragsordnung der Antragsgegnerin lasse aber einen Normalbeitrag für die Benutzung der Kindergärten nicht erkennen. Die Beitragsstaffelung nach dem Bruttoeinkommen der Erziehungsberechtigten schaffe zusätzliche soziale Ungerechtigkeiten und verstoße damit auch gegen das Sozialstaatsprinzip. Es werde nicht berücksichtigt, daß bei gleichem Bruttoeinkommen erhebliche Abweichungen der Nettoeinkommen auftreten könnten. Im übrigen erfolge eine Überprüfung der Bruttoeinkommen mit unzureichenden Mitteln. Im allgemeinen genüge die Vorlage eines Lohn- bzw. Gehaltszettels mit der Folge, daß nur ein Teil der Gesamteinkünfte der Erziehungsberechtigten dargelegt werde.

6

Der Antragsteller beantragt,

die Beitragsordnung der Antragsgegnerin vom 8. Dezember 1981 für unwirksam zu erklären.

7

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

8

Sie erwidert: Die Durchführung eines Normenkontrollverfahrens sei unzulässig. Das Benutzungsverhältnis sei privatrechtlich geregelt. Erst am 15. Dezember 1983 habe der Kirchenvorstand eine Satzung verabschiedet, nach der er Benutzungsgebühren erhebe. Diese Satzung trete jedoch erst am 1. Januar 1984 in Kraft.

9

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im übrigen wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze Bezug genommen.

10

II.

Der Antrag hat Erfolg.

11

1.

Der Antrag ist zulässig.

12

Nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO in der seit dem 1. Januar 1977 geltenden Fassung (vgl. Art. I des Gesetzes vom 24. August 1976, BGBl I S. 2437) i.V.m. § 5 a des Ausführungsgesetzes zur Verwaltungsgerichtsordnung des Landes Schleswig-Holstein vom 29. März 1960 (GVOBl Schl.-H. S. 86) - AGVwGO - mit späteren Änderungen entscheidet das Oberverwaltungsgericht im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit einer landesrechtlichen Vorschrift oder einer anderen im Range unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschrift. Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Bei der Beitragsordnung der Antragsgegnerin vom 8. Dezember 1981 handelt es sich um eine unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO, deren Rechtmäßigkeit im Normenkontrollverfahren von dem erkennenden Gericht im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit überprüft werden kann.

13

Die Antragsgegnerin ist nach Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 WRV, Art. 3 Abs. 2 der Verfassung der Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche vom 12. Juni 1976 idF vom 28. Mai 1978 (GVOBl 1978 S. 237) eine Körperschaft des öffentlichen Rechts.

14

Dieser Status soll die Eigenständigkeit und Unabhängigkeit der traditionellen Kirchen vom Staat gewährleisten und sie vor staatlichen Eingriffen in ihre innerkirchlichen Angelegenheiten schützen (BVerfGE 30, 415, 428; BVerwG, Urt. v. 7.10.1983 - DVBl 1984, 227 = JZ 1984, 228 [BVerwG 07.10.1983 - BVerwG 7 C 44.81]). Durch diese verfassungsrechtliche Vorschrift wird den Kirchen das Selbstbestimmungsrecht zur eigenständigen Ordnung ihrer inneren Angelegenheiten gewährleistet. Infolge der öffentlichen Rechtsstellung und öffentlichen Wirksamkeit der Kirchen, die sie aus ihrem besonderen Auftrag herleiten und durch die sie sich von anderen gesellschaftlichen Gebilden grundsätzlich unterscheiden, ist kirchliche Gewalt zwar öffentliche, aber nicht staatliche Gewalt (BVerfGE 18, 385, 387 [BVerfG 17.02.1965 - 1 BvR 732/64]) [BVerfG 17.02.1965 - 1 BvR 732/64]. Die staatsfreie Eigenständigkeit der Kirchen hat nur zur Folge, daß sie und ihr Handeln der staatlichen Gerichtsbarkeit insoweit entzogen sind, als sie innerkirchliche Angelegenheiten, wie z.B. den Kernbereich kirchlicher Betätigung, insbesondere den Bereich der Glaubenslehre, der Verkündung des Wortes Gottes, der Sakramentenspendung, Seelsorge usw. wahrnehmen. Soweit die Kirchen den Kernbereich kirchlicher Betätigung verlassen und mit einzelnen Maßnahmen oder Ausstrahlungen in den staatlichen Bereich hineinwirken, wie z.B. auf dem Gebiet des Schulwesens, des Bauwesens, des Vereins- und Versammlungswesens, des Glockengeläuts, der Kirchensteuern und des Friedhofswesens, unterliegen sie der staatlichen Gerichtsbarkeit (BVerwG, Urt. v. 7.10.1983 - a.a.O.; Maunz-Dürig-Herzog, GG (Kommentar), Art. 140 RdNr. 9; Eyermann-Fröhler, VwGO, Kommentar, 8, Aufl., § 42 RdNr. 78; Isensee, Rechtsschutz gegen Kirchenglocken. Gedächtnisschrift für Constantinesco 1983, S. 301 ff; Kästner, Die Geltung von Grundrechten in kirchlichen Angelegenheiten, JuS 1977, 715 ff; Renck, Rechtsfragen der res sacra, BayVBl 1982, 329). Bei solchen Tätigkeiten ordnen und verwalten sie ihre Angelegenheiten zwar selbständig, aber innerhalb der für alle geltenden Gesetze (Art. 137 Abs. 1 Satz 1 WRV). Davon ist ebenfalls auszugehen, wenn eine Kirchengemeinde - wie die Antragsgegnerin - einen für jedermann zugänglichen Kindergarten aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung und mit einer Kostenbeteiligung einer kommunalen Gebietskörperschaft betreibt und für die Benutzung von den Eltern der Kinder ein Entgelt fordert.

15

Nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO unterliegen der Normenkontrolle alle "im Range unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt". Um eine solche Rechtsvorschrift handelt es sich bei der von der Antragsgegnerin erlassenen Beitragsordnung. Die Beschränkung der Normenkontrolle auf im Range unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschriften bedeutet einerseits nicht, daß die Rechtsvorschrift an einem Landesgesetz zu messen ist oder aufgrund eines Landesgesetzes erlassen worden sein muß. Der Normenkontrolle unterliegen auch Rechtsvorschriften von Landesbehörden und anderen Rechtsträgern des Landesrechts wie Gemeinden, Stiftungen und Anstalten, Jagdgenossenschaften usw., die aufgrund bundesrechtlicher Ermächtigung erlassen worden sind (VGH Mannheim, Beschl. v. 20.6.1968 - NJW 1969, 203 [VGH Baden-Württemberg 20.06.1968 - V 690/64]; Eyermann-Fröhler a.a.O., § 47 RdNr. 14; Kopp, VwGO, Kommentar, 6. Aufl., § 47 RdNr. 12). Andererseits ist ohne Bedeutung, welcher Hoheitsträger die Norm erlassen hat. Zum Landesrecht gehören auch Rechtsvorschriften, in die sich früheres Reichsrecht, wie z.B. das Reichsnaturschutzgesetz vom 26. Juni 1935 (RGBl I S. 821), umgewandelt hat (vgl. BVerfGE 8, 186 [BVerfG 14.10.1958 - 2 BvO 2/57]; OVG Lüneburg, Urt. v. 14.11.1968 - VI A 128/67; Urt. v. 15.2.1973 - AgrarR 1973, 405; Eyermann-Fröhler a.a.O., § 47 RdNr. 7). Der Normenkontrolle unterliegen ferner autonome Satzungen, d.h. Rechtsvorschriften, die von einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, wie z.B. einer Gemeinde, im eigenen Namen erlassen worden sind (Redeker/von Oertzen, VwGO, Kommentar, 7. Aufl., § 47 RdNr. 14 m. H. a. Rspr. u. Schriftt.; Eyermann-Fröhler a.a.O., § 47 RdNr. 18, Kopp a.a.O.. § 47 RdNr. 12). Zwar leitet die Antragsgegnerin ihre hoheitlichen Befugnisse nicht wie eine Gemeinde oder andere öffentliche Körperschaften des Landesrechts aus der allgemeinen Staatsgewalt und dem Landesrecht ab; auch hat die Zuerkennung des öffentlich-rechtlichen Status keine Gleichstellung der Kirche mit anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts zur Folge (BVerfGE 30, 415, 428 [BVerfG 31.03.1971 - 1 BvR 744/67]; v. Campenhausen, Staatskirchenrecht, 2. Aufl., S. 95 ff, 98; Eyermann-Fröhler a.a.O., § 42 RdNr. 78). Die von einer Kirchengemeinde aufgrund ihres Selbstbestimmungsrechtes und ihrer Satzungsautonomie erlassenen Rechtsvorschriften sind jedoch, soweit sie in den staatlichen Bereich hineinreichen, in gleicher Weise wie autonome Satzungen der Gebietskörperschaften als Rechtsvorschriften im Range unter dem Landesgesetz im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO anzusehen. Es besteht kein hinreichender rechtfertigender Grund, autonome Satzungen der Kirchen, soweit sie den Kernbereich kirchlicher Betätigung verlassen und in den staatlichen Bereich hineinwirken, der Normenkontrolle zu entziehen und anders als etwa autonome Satzungen der übrigen öffentlich-rechtlichen Körperschaften des Landesrechts zu behandeln (im Ergebnis ebenso VGH Kassel, Beschl. v. 2.7.1979 - DÖV 1980, 459 [VGH Hessen 02.07.1979 - V N 19/76]). Das muß jedenfalls dann gelten, wenn eine Kirchengemeinde - wie die Antragsgegnerin - nach näherer Maßgabe eines öffentlich-rechtlichen Vertrages mit einer kommunalen Gebietskörperschaft und mit deren Kostenbeteiligung einen für jedermann zugänglichen, nicht konfessionsgebundenen Kindergarten betreibt und damit Aufgaben der Jugendwohlfahrtspflege wahrnimmt, für die an sich in erster Linie die Jugendwohlfahrtsbehörden (vgl. § 1 ff des Gesetzes für Jugendwohlfahrt idF v. 25.4.1977 - BGBl I S. 634) berufen sind, und für die Benutzung dieser Einrichtung ein Entgelt verlangt, wie es § 6 des Kommunalabgabengesetzes des Landes Schleswig-Holstein idF vom 17. März 1978 (GVOBl Schl.-H. S. 72) - KAG - für die Benutzung öffentlicher Einrichtungen vorsieht, und dessen Höhe (nur) im Einvernehmen mit der öffentlichen Hand (§ 12 des Vertrages v. 21.8.1974) festgesetzt werden soll. Nach Art. 140 i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV sind die Kirchen - wie die sonstigen Körperschaften des öffentlichen Rechts - an die Schranken gebunden, die ihnen die für alle geltenden Gesetze des Staates ziehen. Sie unterliegen der staatlichen Gerichtsbarkeit, soweit sie - wie hier - in den staatlichen Bereich hineinwirken. Diese gerichtliche Überprüfung liefe leer, wenn die Gerichte nicht auch die ihrem Handeln zugrundeliegende Norm in ihre Prüfung mit einbeziehen und im Normenkontrollverfahren überprüfen könnten, soweit das Landesrecht, wie hier § 5 a AG VwGO, dies vorsieht. Die Bedeutung der Normenkontrolle besteht darin, daß die Frage der Gültigkeit einer landesrechtlichen untergesetzlichen Rechtsvorschrift zum Gegenstand einer verwaltungsgerichtlichen Überprüfung gemacht werden kann und sich dadurch eine Entscheidung verwaltungsgerichtlicher Einzelverfahren in größerer Anzahl erübrigt. Das hat in gleicher Weise für Regelungen zu gelten, die als Rechtsnorm von einem Landesorgan oder einer Religionsgemeinschaft erlassen werden und deren Anwendung zu öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten führen kann. Diese Voraussetzungen sind hier ebenfalls erfüllt.

16

Bei der von der Antragsgegnerin erlassenen Beitragsordnung handelt es sich um eine Rechtsnorm. Sie ist eine abstrakte und generelle Regelung, die vom Kirchenvorstand im Rahmen seiner Zuständigkeit nach Art. 15 Abs. 1 Buchst. c der Verfassung der Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche beschlossen und durch Aushang am Schwarzen Brett des Kindergartens öffentlich bekanntgemacht worden ist. Sie ist, darüber hinaus in einem Rundschreiben den Erziehungsberechtigten über die den Kindergarten besuchenden Kinder mitgeteilt und ausgehändigt worden. Die Bekanntmachung der Beitragsordnung entspricht damit der rechtsstaatlichen Forderung, daß Rechtsvorschriften verkündigt werden müssen, also so bekanntgegeben werden, daß alte Interessierten, davon Kenntnis nehmen können (vgl. Schneider, Gesetzgebung, S. 247). Dafür reicht im vorliegenden Fall der Aushang am Schwarzen Brett des Kindergartens aus. Abgesehen davon, daß § 1 Abs. 1 Satz 2 der Landesverordnung über die örtliche Bekanntmachung und Verkündung vom 12. Juni 1979 (GVOBl Schl.-H. S. 378) noch den Aushang als Form der Öffentlichen Bekanntmachung in Gemeinden bis zu 10.000 Einwohnern zulaßt, enthält Art. 15 der Verfassung der Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche, wonach der Kirchvorstand u.a. über die Benutzung der Einrichtungen einer Kirchengemeinde beschließt, und sonstige auf die Antragsgegnerin anzuwendenden Bestimmungen keine Regelung darüber, wie die vom Kirchenvorstand erlassenen Rechtsvorschriften zu veröffentlichen sind. Es reicht mithin eine Bekanntgabe in ortsüblicher Weise aus (Göldner/Blaschke, Verfassung der Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche, Art. 15, Anm. II c), die im Fall der Antragsgegnerin, wie die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung dargelegt haben, gewahrt ist.

17

Die Entscheidung über den gestellten Normenkontrollantrag fällt auch in den Rahmen der Gerichtsbarkeit des Oberverwaltungsgerichts (§ 47 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Bei der angegriffenen Norm handelt es sich um eine Vorschrift, durch deren Anwendung öffentlich-rechtliche Streitigkeiten entstehen können und zu deren Entscheidung die allgemeinen Verwaltungsgerichte (§ 40 VwGO) zuständig sind. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ist die Erhebung eines Entgelts nach der von ihr erlassenen Beitragsordnung und damit der Vollzug der vom Antragsteller angegriffenen Rechtsvorschrift dem öffentlichen und nicht dem privaten Recht zuzuordnen. Die Benutzung eines Kindergartens kann in öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Weise erfolgen (VGH Kassel, Beschl. v. 28.9.1976 - NJW 1977, 452 [VGH Hessen 28.09.1976 - V N 3/75]; OLG Celle, Urt. v. 15.4.1977 - NJW 1977, 1295). Die kommunalen Körperschaften und ebenso die Kirchen sind nach ihrem Ermessen befugt, für die Allgemeinheit nutzbare Einrichtungen im Verhältnis zu den Benutzern privatrechtlich oder öffentlich-rechtlich zu organisieren, soweit gesetzlich nicht bestimmte Formen vorgeschrieben sind. Das folgt aus dem verfassungsrechtlich garantierten Körperschaftsstatus der Kirchen und ihrem ebenfalls verfassungsrechtlich geschützten Selbstbestimmungsrecht. Für die Frage, welche Organisationsform die Antragsgegnerin im vorliegenden Fall gewählt hat, ist ihr objektiv erkennbarer Erklärungswille, insbesondere, ob sie den Kindergarten den Benutzern gegenüber im Verhältnis der Gleichordnung, also im privatrechtlichen Bereich oder in Ausübung ihrer öffentlichen Befugnisse hat betreiben wollen, entscheidend (OLG Celle, Urt. v. 15.4.1977 - a.a.O.; VGH Kassel, Beschl. v. 28.9.1976 - a.a.O.). Die Antragsgegnerin hat nach ihrem erkennbaren Willen, insbesondere unter Berücksichtigung ihrer Vereinbarungen mit der Stadt ... im Vertrag vom 21. August 1974, das Benutzungsverhältnis öffentlich-rechtlich gestaltet. In der Präambel des Vertrages heißt es u.a., daß es die Vertragspartner bis zu einer Regelung durch den örtlichen Träger der Jugendhilfe als ihre gemeinsame Aufgabe ansehen, die Möglichkeiten der frühkindlichen Erziehung zu verbessern und zu diesem Zweck eine Kindertagesstätte zu errichten. In § 11 des Vertrages ist bestimmt, daß alle in ... wohnenden Kinder die gleichen Chancen haben, in die Kindertagesstätte aufgenommen zu werden, und die Aufnahme unabhängig von dem religiösen Bekenntnis der Kinder oder deren Eltern ist. Die Antragsgegnerin hat sich damit einer Auswahl der Benutzer, die sie mit Mitteln des Privatrechts hätte vornehmen können, vertraglich gegenüber der Stadt ... begeben und damit inhaltlich eine Regelung getroffen, wie sie in § 18 der Gemeindeordnung für Schleswig-Holstein (Gemeindeordnung - GO -) in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. November 1977 (GVOBl Schl.-H. S. 410) enthalten ist. Nach dieser Vorschrift sind alle Einwohner der Gemeinde berechtigt, die öffentlichen Einrichtungen der Gemeinde zu benutzen. Anhaltspunkte für eine öffentlich-rechtliche Regelung des Benutzungsverhältnisses sind aber auch aus den beiden Regelungen erkennbar. Die Antragsgegnerin hat die Vorschriften über die Benutzung der Kindergärten und die Beitragszahlung als "Ordnung" bezeichnet und damit eine Terminologie gewählt, wie sie in der Regel bei öffentlich-rechtlichen Regelungen Verwendung findet. Das hat in gleicher Weise auch für die angegriffene Beitragsordnung zu gelten. Der sachliche Inhalt der Regelungen in der Ordnung der Antragsgegnerin für die Benutzung ihrer Kindergärten über Aufnahme, Fehlen des Kindes, Ausschluß vom Besuch und Beitragszahlung läßt ebenfalls nicht erkennen, daß die Antragsgegnerin sich im Rahmen der Benutzung ihrer Kindergarten auf die Ebene der Gleichordnung hat begeben wollen. Die Antragsgegnerin hat mithin das Benutzungsverhältnis und die Erhebung eines Entgelts für die Benutzung öffentlich-rechtlich gestaltet. Für diese Auffassung spricht schließlich auch, daß die Antragsgegnerin ab 1. Januar 1984 Benutzungsgebühren nach/näherer Maßgabe einer am 15. Dezember 1983 vom Kirchenvorstand erlassenen Satzung über die Erhebung von Benutzungsgebühren erhebt. Daß vor Inkraften der Satzung am 1. Januar 1984 andere Maßstäbe gelten sollten, ist nicht erkennbar.

18

2.

Die zulässige Normenkontrollklage ist auch begründet. Die Beitragsordnung der Antragsgegnerin vom 8. Dezember 1981 ist unwirkam.

19

Die Antragsgegnerin erhebt nach der vom Kirchenvorstand beschlossenen Beitragsordnung für die Benutzung der von ihr unterhaltenen Kindergärten einen nach dem Bruttofamilieneinkommen der Eltern und unter Berücksichtigung des Umfangs der Benutzung (Vormittags-, Nachmittags- oder Ganztagsplatz, Mittagspause) gestaffeltes Entgelt, das für einen Vormittagsplatz bei einem Bruttofamilieneinkommen bis 1.800,- DM = 0 DM und über 4.000,- DM = 174,- DM beträgt. Dabei handelt es sich entgegen der Bezeichnung durch die Antragsgegnerin nicht um einen Beitrag, sondern um eine Benutzungsgebühr. Beiträge sind nach der Definition in den Kommunalabgabengesetzen der Länder (vgl. u.a. § 8 KAG Schl.-H.; § 6 KAG Nds.; § 8 KAG NRW) öffentlich-rechtliche Geldleistungen, die ein Träger öffentlicher Verwaltung, in der Regel eine kommunale Gebietskörperschaft, zur Deckung des Investitionsaufwandes als Ausgleich von denjenigen erhebt, denen durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung besondere Vorteile geboten werden. Von dem Beitrag unterscheidet sich die Gebühr dadurch, daß sie eine Gegenleistung für eine besondere Inanspruchnahme oder Leistung der Verwaltung oder öffentlichen Einrichtung für einen zurechenbaren Aufwand bildet und die Abgeltung eines bestimmten Personen individuell zurechenbaren Nutzens zum Gegenstand hat (vgl. Dahmen-Driehaus-Küffmann-Wiese, Kommentar zum Kommunalabgabengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen, 3. Aufl., § 1 RdNr. 44; Thiem, Kommunalabgabengesetz Schleswig-Holstein, Kommentar, § 8 RdNr. 5, 6). Anders als bei einem Beitrag besteht also eine unmittelbare Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung; die bloße Möglichkeit der Inanspruchnahme genügt nicht. So liegt der Fall auch hier. Dem Antragsteller werden durch die Benutzung des Kindergartens durch seinen Sohn besondere Vorteile (Betreuung, Aufsicht, Erziehung usw.) geboten, für die von der Antragsgegnerin ein Entgelt erhoben wird. Als Rechtsgrundlage für die vom Antragsteller angefochtene Beitragsordnung kommt zwar § 6 KAG nicht unmittelbar in Betracht mit der Folge, daß die Rechtmäßigkeit der Beitragsordnung und die darin enthaltenen Benutzungsgebühren im einzelnen nach den Vorschriften des Kommunalabgabengesetzes für das Land Schleswig-Holstein zu beurteilen wären. § 1 Abs. 1 KAG ermächtigt ausdrücklich lediglich die Gemeinden und Kreise, kommunale Abgaben nach den Vorschriften dieses Gesetzes zu erheben. Das bedeutet jedoch nicht, daß die allgemeinen Grundsätze des Gebührenrechtes wie Abgabengleichheit, Kostendeckungs- und Äquivalenzprinzip, Grundsatz der speziellen Entgeltlichkeit, die in den Kommunalabgabengesetzen der Länder eine gesetzliche Regelung gefunden haben (vgl. u.a. § 6 Abs. 3, 4 KAG Schl.-H., § 6 Abs. 1, 3 KAG Nds.), auf die von der Antragsgegnerin erlassene Beitragsordnung keine Anwendung finden könnten. Nach Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV ordnen die Kirchen ihre Angelegenheiten innerhalb der Schranken der für alle geltenden Gesetze selbständig, sie sind dabei also an die Schranken gebunden, die ihnen die für alle geltenden Gesetze des Bundes und der Länder und die sich daraus für jedermann ergebenden allgemeinen Rechtsgrundsätze, auch die des Abgabenrechts, ziehen (vgl. Kästner a.a.O.). Das hat jedenfalls dann zu gelten, wenn eine Kirchengemeinde, wie hier die Antragsgegnerin, mit einer Kostenbeteiligung der kommunalen Gebietskörperschaft und mit derem Mitspracherecht einen Kindergarten betreibt und damit auch öffentliche Aufgaben der Jugendwohlfahrtspflege wahrnimmt, für die in erster Linie die in § 2 Abs. 1 JWG genannten Behörden (Jugendämter, Landesjugendamt und Oberste Landesbehörde) zuständig sind.

20

Die angefochtene Beitragsordnung verstößt gegen den Grundsatz der speziellen Entgeltlichkeit und den Grundsatz der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG).

21

Nach dem Grundsatz der speziellen Entgeltlichkeit, wie er beispielsweise seinen Ausdruck in § 6 Abs. 4 Satz 2 KAG Schl.-H., § 5 Abs. 3 KAG Nds., § 6 Abs. 3 KAG NRW gefunden hat, sind Benutzungsgebühren für die Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung grundsätzlich nach Art und Umfang der Inanspruchnahme zu bemessen. Diesen landesrechtlichen Regelungen wird für die Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung und die dafür zu zahlende Gebühr grundsätzlich nur ein Wirklichkeitsmaßstab gerecht, von dem nur abgewichen werden darf, wenn seine Anwendung schwierig oder wirtschaftlich nicht vertretbar ist (so ausdrücklich § 5 Abs. 3 Satz 1 u. 2 KAG Nds.; im Ergebnis ebenso die Rechtslage in Schleswig-Holstein, vgl. Thiem a.a.O., § 6 RdNr. 75). Diese gesetzliche Konkretisierung des das Gebührenrecht allgemein bestimmenden Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und speziellen Entgeltlichkeit läßt eine Staffelung der Gebühren für die Benutzung der Kindergärten nach dem Bruttofamilieneinkommen der Eltern der Kinder nicht zu. Die Benutzung und die von der Antragsgegnerin gebotene Leistung sind für alle Kinder gleich. Eine allgemeine Staffelung der Benutzungsgebühren nach der Leistungsfähigkeit oder dem Einkommen, wie sie für die Einkommensteuer sachgerecht ist und wie sie nach dem Preußischen Gesetz zur Deklarierung des Kommunalabgabengesetzes vom 14. Juli 1893 (PrGS S. 152) vom 24. Juli 1906 (PrGS S. 376) auch für Gebühren zugelassen war (vgl. VGH Kassel, Beschl. v. 28.9.1976 - a.a.O., Urt. d. Sen. v. 13.3.1980 - OVGE 35, 455 = NStV 1980, 273), ist daher abzulehnen; das Einkommen oder die Leistungsfähigkeit des Gebührenschuldners ist kein Anknüpfungspunkt für die Bemessung der Gebühr. Das Bruttofamilieneinkommen der Eltern, dessen Höhe im übrigen - worauf der Antragsteller zu Recht hingewiesen hat - die Antragsgegnerin nicht oder jedenfalls nicht mit der erforderlichen Genauigkeit feststellen kann, sagt über die Art und den Umfang der Inanspruchnahme nichts aus. Gebühren dürfen, wie der Senat unter Hinweis auf den Beschluß des Hess. VGH vom 8. September 1976 (a.a.O.) für den Bereich des niedersächsischen Landesrechtes in den Urteilen vom 13. März 1980 - 3 OVG A 35/78 und 116/76 - a.a.O. dargelegt hat, zumindest solange keine über den Zweck des Gebührenrechts hinausgehenden Nebenwirkungen entfalten, als der Gesetzgeber sie nicht erkennbar zuläßt. Im einzelnen hat der Senat im Urteil vom 18. März 1980 - a.a.O. ausgeführt:

"Für eine dahingehende Absicht des Gesetzgebers bieten jedoch das Niedersächsische Kommunalabgabengesetz und insbesondere seine Bestimmungen über Benutzungsgebühren in § 5 keine Anhaltspunkte. Dem Ortsgesetzgeber ist es daher verwehrt, mit Hilfe des Gebührenmaßstabes etwa - wie die Beklagte im vorliegenden Falle - durch eine Staffelung der Gebühren nach dem Einkommen der Gebührenpflichtigen außer dem durch § 5 Abs. 1 Satz 1 NKAG gesetzlich vorgegebenen Zweck der Benutzungsgebühren als einer Gegenleistung für die Inanspruchnahme öffentlicher Einrichtungen den zusätzlichen Zweck zu verfolgen, gemäß dem Sozialstaatsprinzip soziale Gegensätze auszugleichen und eine gerechte Sozialordnung zu schaffen (a. A. ohne Begründung: Antwort der Nds. Landesregierung auf eine Kleine Anfrage - LT Drs. 6/507 -; dahingestellt OLG Celle Urt. v. 15.4.1977 - 8 U 105/76 - NJW 1977, 1295, 1296 f [OLG Celle 15.04.1977 - 8 U 105/76]ür öffentlich-rechtliche Gebühren).

Etwas anderes folgt entgegen der Ansicht der Beklagten nicht aus § 5 Abs. 1 Satz 3 NKAG. Danach können die Gemeinden und Landkreise zwar niedrigere Gebühren erheben oder von Gebühren absehen, soweit daran ein öffentliches Interesse besteht. Das öffentliche Interesse kann aber bei einer verfassungskonformen Auslegung dieser Bestimmung im Hinblick auf das Sozialstaatsprinzip, was die Beklagte verkennt, nicht dazu führen, daß Kindergartengebühren nach dem Nettoeinkommen der Erziehungsberechtigten gestaffelt werden. Diese Regelung ist nicht in dem Sinne auszulegen, den die Beklagte vergleichbaren Bestimmungen in Art. 8 Abs. 4 des Bayerischen Kommunalabgabengesetzes (Bay KAG) in der Fassung vom 4. Februar 1977 (Bay GVBl S. 82) und in § 6 Abs. 3 des Schleswig-Holsteinischen Kommunalabgabengesetzes (Schl.-H. KAG) in der Fassung vom 17. März 1978 (Schl.-H. GVOBl S. 71) beilegt. Sie gestattet bei der Bemessung der Höhe der Gebühren im Gegensatz zu Art. 8 Abs. 4 Halbs. 2 Bay KAG nicht die Berücksichtigung sonstiger Merkmale neben dein Ausmaß der Benutzung. Das Niedersächsische Kommunalabgabengesetz läßt obendrein anders als § 4 Abs. 2 Satz 2 Schl.-H. KAG nicht Ermäßigungen aus sozialen Gründen bei der Bestimmung der Gebührensätze zu. Die Ermächtigung in § 5 Abs. 1 Satz 3 NKAG bezieht sich vielmehr, worauf der Kläger mit Recht hinweist, nach dem Sinnzusammenhang, in den sie gestellt ist, ausschließlich auf das in Satz 2 desselben Absatzes in Gestalt einer Sollvorschrift niedergelegte Kostendeckungsprinzip, daß nämlich das Gebührenaufkommen die Kosten der jeweiligen Einrichtung decken, jedoch nicht übersteigen soll."

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Das verfassungsrechtlich garantierte und nicht vom Staat abgeleitete Selbstbestimmungsrecht der Kirchen und ihr Selbstverständnis, in Freiheit ihre Angelegenheiten selbständig zu verwalten, geben dem Senat keinen Anlaß, die rechtliche Überprüfung der von der Antragsgegnerin erlassenen Beitragsordnung nach anderen Beurteilungsmaßstäben zu vollziehen. Mit der Errichtung und dem Betrieb der von ihr unterhaltenen Kindergärten kommt die Antragsgegnerin nicht etwa nur ihrem Selbstverständnis nach, weil die Bereitstellung von Kindergartenplätzen letztlich auch ein Akt christlicher Nächstenliebe ist; sie erfüllt damit Aufgaben, die in den Bereich staatlicher und kommunaler Tätigkeit fallen. Wo - wie im vorliegenden Fall - kein kommunaler Kindergarten vorhanden ist, müssen die kirchlichen Kindergärten benutzt werden. Der Monopolstellung der von der Antragsgegnerin unterhaltenen Kindergärten trägt § 11 des Vertrages mit der Stadt Bargteheide Rechnung. Darin heißt es u.a.:

"Alle in ... wohnenden Kinder haben gleiche Chancen, in die Kindertagesstätte aufgenommen zu werden. Die Aufnahme ist unabhängig von dem religiösen Bekenntnis der Kinder oder deren Eltern."

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Die Kindergärten werden mithin von der Antragsgegnerin in gleicher Weise wie kommunale Kindergärten betrieben, die ebenfalls für jedermann zugänglich sind. Die von der Antragsgegnerin erlassene Beitragsordnung unterliegt daher nicht nur der Rechtskontrolle durch staatliche Gerichte, sondern ist auch materiellrechtlich wegen des gleichen Regelungsgehaltes nach gleichen Maßstäben wie kommunale Gebührensatzungen zu beurteilen.

24

Die angefochtene Beitragsordnung verstößt aber auch gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschl. v. 24.3.1976 - MDR 1976, 820 [BVerfG 24.03.1976 - 2 BvR 804/75]; Beschl. v. 13.6.1979 - NJW 1979, 2608); und des Bundesverwaltungsgerichts (Beschl. v. 4.11.1974 - VRspr 26, 880; Urt. v. 18.4.1975 - KStZ 1975, 191), welcher der Senat folgt, verbietet der Gleichheitsgrundsatz wesentlich Gleiches willkürlich, d.h. ohne zureichende sachliche Gründe ungleich bzw. wesentlich Ungleiches willkürlich gleich zu behandeln. Bei der Prüfung von Normen - das trifft auch für die von der Antragsgegnerin erlassene Beitragsordnung zu - am Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG ist allerdings nur zu erwägen, ob der Normgeber die äußersten Grenzen seines Ermessensbereiches überschritten hat, nicht aber, ob er im einzelnen die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung gefunden hat (BVerfGE 26, 317, 320 [BVerfG 09.07.1969 - 2 BvR 753/68]; BVerwGE 26, 317, 320 [BVerwG 14.04.1967 - BVerwG VII C 15.65]) [BVerwG 14.04.1967 - VII C 15/65]. Diesen Anforderungen genügt die Regelung über die gestaffelten Gebührensätze in der Beitragsordnung der Antragsgegnerin nicht. Die Staffelung der Gebührensätze nach dem Bruttoeinkommen der Eltern ist mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise unter Berücksichtigung der das Gebührenrecht maßgebend bestimmenden Grundsätze nicht zu vereinbaren. Aus den das Gebührenrecht bestimmenden allgemeinen Grundsätzen läßt sich ein sachlicher Grund für die Staffelung nach dem Bruttofamilieneinkommen nicht entnehmen. Das Einkommen der Eltern ist für Art und Umfang der Nutzung der Kindergärten ohne jegliche Bedeutung.

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Die besondere Ausprägung des Sozialstaatsprinzips in § 4 Abs. 2 Satz 2 KAG Schl.-H., auf das der Senat im Urteil vom 13. März 1980 - a.a.O. hingewiesen hat, führt nicht dazu, daß die Staffelung der Benutzungsgebühren in der angefochtenen - Beitragsordnung der Antragsgegnerin als rechtmäßig anzusehen ist. Nach dieser Vorschrift sind Ermäßigungen aus sozialen Gründen zulässig. Es ist danach zulässig, bei gleicher Leistung entgegen dem Grundsatz der speziellen Entgeltlichkeit aus sozialen Gründen für bestimmte Personengruppen (Kinder, Schüler, Rentner, Sozialhilfeempfänger, Kinderreiche usw.) niedrigere Gebührensätze festzusetzen, als es den Äquivalenzprinzip an sich entsprechen würde. Abgesehen davon, da 3 eine unmittelbare Anwendung des § 4 Abs. 2 Satz 2 KAG Schl.-H. auf die von der Antragsgegnerin erlassene Gebührenvorschrift nicht in Betracht kommt, wird durch die besondere gesetzliche Regelung des Sozialstaatsprinzips nicht der Grundsatz aufgehoben, daß Gebühren durch das Prinzip von Leistung und Gegenleistung gekennzeichnet sind und nicht, durch die Leistungsfähigkeit des Gebührenschuldners beherrscht werden dürfen (Thiem a.a.O., § 4 Erl. 36). Das ist aber der Fall, wenn eine Gebühr - wie hier - für alle Gebührenschuldner nach dem Einkommen erhoben wird und der Gebührenrahmen auch eine völlige Freistellung bei niedrigem Einkommen vorsieht. Bei einer derartigen Gestaltung der Gebührensätze ist das Prinzip von Leistung und Gegenleistung nicht mehr erkennbar und die ausschließliche Berücksichtigung des Einkommens nicht sachgerecht.

26

Nach alledem mußte der Antrag Erfolg haben.

27

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

28

Ein Rechtsmittel gegen diese Entscheidung ist nicht gegeben.

Streitwertbeschluss:

Der Wert des Streitgegenstandes wird nach § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG auf 4.000,- DM (in Worten: viertausend Deutsche Mark) festgesetzt.

Eichhorn
Schnuhr
Dr. Berkenbusch