Landgericht Aurich
Beschl. v. 28.08.1986, Az.: 3 T 97/86

Wohnungseigentümergemeinschaft; Wohnungseigentümerversammlung; Wohnungseigentum; Eigentumswohnung; Werbung; Balkon; Sofortige Beschwerde; Beschluß; Amtsgericht; Beschwerdebefugnis; Verwalter; Unterlassungsanspruch; Vermietung

Bibliographie

Gericht
LG Aurich
Datum
28.08.1986
Aktenzeichen
3 T 97/86
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1986, 13868
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGAURIC:1986:0828.3T97.86.0A

Fundstellen

  • NJW 1987, 448-449 (Volltext mit red. LS)
  • NJW-RR 1987, 203 (red. Leitsatz)

Tenor:

Auf die Beschwerde der Wohnungseigentümer wird der Beschluß des Amtsgerichts Emden vom 18.3.1986 - 4 II 19/85 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt:

Dem Antragsgegner wird aufgegeben, die an der Fensterscheibe seiner Wohnung Nr. 14 der Teilungserklärung angebrachte Reklame, bestehend aus dem Schriftzug (weiß auf rotem Grund) "zu vermieten" und der darunter befindlichen Telefonnummer (in roten Ziffern) "02.../1..." zu entfernen.

Im übrigen wird der Antrag abgewiesen und die weitergehende Beschwerde zurückgewiesen.

Die gerichtlichen Kosten des Verfahrens tragen die Antragsteller und der Antragsgegner je zur Hälfte. Die außergerichtlichen Kosten werden gegeneinander aufhoben.

Verfahrenswert: 2.000,-- DM.

Gründe

1

Die Beteiligten streiten über die Berechtigung des Antragsgegners, an dem Balkonfenster seiner Eigentumswohnung einen Werbeträger anzubringen. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die tatsächlichen Ausführungen des Amtsgerichts in dem angefochtenen Beschluß (Bl. 67 d.A.) Bezug genommen.

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Mit dem o.a. Beschluß hat das Amtsgericht den Antrag der Wohnungseigentümergemeinschaft auf Beseitigung der Reklameschrift und Androhung von Geld- oder Haftstrafe für den Fall, daß weitere Werbeträger angebracht werden, zurückgewiesen. Zur Begründung, wegen der im übrigen auf Bl. 68, 69 d.A. verwiesen wird, hat das Amtsgericht im wesentlichen ausgeführt, daß das Reklameschild zu keiner unzumutbaren Beeinträchtigung der Wohnungseigentümergemeinschaft führe, so daß auch keine Beseitigung verlangt werden könne.

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Mit ihrer Beschwerde, die sich vornehmlich gegen die vom Amtsgericht vorgenommene rechtliche Beurteilung richtet, verfolgen die Antragsteller ihr Begehren in vollem Umfang weiter.

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Sie beantragen,

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unter Aufhebung des Beschlusses des Amtsgerichts Emden 4 II 19/85 dem Antrage der Eigentümerversammlung zu entsprechen und die Kosten des Verfahrens dem Antragsgegner aufzuerlegen.

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Der Antragsgegner beantragt,

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die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

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Der Kammer lagen Lichtbilder vor (Bl. 51, 61 d.A.), die Gegenstand der tatsächlichen und rechtlichen Erörterung zwischen den Beteiligten waren.

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I. Die Beschwerde der Antragsteller ist gemäß § 45 Abs. 1 WEG zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt. Der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsteller verfügt - entgegen der Auffassung des Beschwerdegegners - auch über die erforderliche Beschwerdebefugnis. Diese resultiert aus dem Beschluß der Wohnungseigentümerversammlung vom 01. Dezember 1984, in der die Versammlung zum Tagesordnungspunkt 4 beschloß, "daß der Verwalter bevollmächtigt und beauftragt wird, etwaige Außenwerbung in Wohnungen zu verbieten und notfalls die erforderlichen gerichtlichen Schritte für die Eigentümer der Gemeinschaft einzuleiten". Diese Bevollmächtigung enthält nach Auffassung der Kammer die uneingeschränkte Befugnis, jegliche gerichtliche Schritte einzuleiten, welche zur Durchsetzung des Verbotes der Außenwerbung erforderlich sind. Mithin war der Verwalter auch befugt, gegen den amtsgerichtlichen Beschluß Beschwerde einzulegen, ohne daß die Wohnungseigentümerversammlung zuvor darüber befinden müßte, ob und in welchem Umfang das Beschwerdeverfahren durchgeführt werden soll.

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II.

Die Beschwerde hat auch teilweise Erfolg.

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Der Antragsgegner ist verpflichtet, die von ihm an der Fensterscheibe angebrachte, im Tenor näher bezeichnete Werbung zu entfernen.

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1. Die Verpflichtung des Antragsgegners, die von ihm angebrachte Werbung zu entfernen, ergibt sich indes nicht schon aus den allgemeinen gesetzlichen Bestimmung er des Wohnungseigentumsgesetzes. Vielmehr kann jeder Wohnungseigentümer nach § 13 Abs. 1 WEG mit den teil in seinem Sondereigentum stehenden Gebäude teil nach Belieben verfahren, insbesondere..... diese vermieten. Da auch § 14 WEG für den vorliegenden Fall keine einschränkende Regelung beinhaltet, wäre danach der Antragsgegner grundsätzlich berechtigt, in der von ihm durchgeführten Art an seiner Eigentumswohnung Werbung anzubringen. Die Befugnis, Werbung zu treiben, stellt sich hierbei lediglich als Ausfluß der allgemeinen Befugnis eines Wohnungseigentümers dar, sein Sondereigentum auch gewerblich zu nutzen. Diese Befugnis gilt jedenfalls dann, wenn sich die Werbung im Rahmen des Ortsübliche und Angemessenen hält, (hierzu OLG Frankfurt in Rpfl. 1982, S. 64) und der Werbeträger der Ästhetik des Gebäudes nach seinem Charakter, seiner Lage und seinem Bestimmungszweck nicht widerspricht (Bärmann-Pick-Merle, 5. Auflage, § 13 Randz. 120; ähnlich Münchner Kommentar - Röll, § 13 WEG Randz. 12).

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2. Im vorliegenden Fall jedoch ist die Werbebefugnis des Antragsgegners durch den weiteren, zum Tagesordnunqspunkt 4 der Eigentümerversammlung vom 1.2.1984 gefaßten Beschluß eingeschränkt. Danach hat die Wohnungseigentümergemeinschaft beschlossen, daß Werbung im Bereich des Sondereigentums (Balkon/Fenster/Türen) nicht gestattet ist, soweit das äußere Bild der Anlage dadurch verändert oder beeinträchtigt wird. Da dieser Beschluß weder gegen (unabänderliche) Rechtsvorschriften verstößt noch für ungültig erklärt worden ist, mithin gemäß § 23 Abs. 4 WEG gültig ist, beurteilt sich die Werbefugnis des Antragsgegners damit allein danach, ob durch die von ihm angebrachten Werbeträger das äußere Bild der Anlage verändert oder beeinträchtigt wird.

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Hierbei ist zunächst darauf abzustellen, daß der Werbeschriftzug "zu vermieten " aufgrund seiner Größe, insbesondere aber seiner farblichen Ausgestaltung einem, durchschnittlichen Betrachter sofort ins Auge fällt.

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Dies gilt nicht nur, sofern man lediglich auf die Wohnung des Antragsgegners abstellt (worauf es im übrigen nach der Beschlußfassung nicht ankommt); auch auf den gesamten optischen Eindruck des Gebäudes wirken sich die Werbeschriftzüge aus. Denn sie stellen die einzigen Werbeträger dar, die im gesamten privatgenutzten Teil der Wohnungseigentumsanlage anzutreffen sind. Gerade aufgrund der ansonsten eher sachlichen und schlichten Ausgestaltung der oberen Geschosse der Wohnungseigentumsanlage sticht der Werbeschriftzug sofort ins Auge. Dies gilt nach Auffassung der Kammer auch unabhängig davon, daß sich im Untergeschoß der Wohnungseigentumsanlage eine Ladenzeile befindet, deren Werbeträger von Anzahl und Umfang her die vom Antragsgegner angebrachten Schriftzüge weit überwiegen. Denn die oberhalb des Erdgeschosses befindliche Sichtblende bewirkt eine optische Zäsur zwischen dem unteren, allein gewerblich genutzten Teil und den oberen, privat genutzten Eigentumswohnungen. Diese zumindest optisch gegebene Trennung zwischen dem gewerblichen und nicht gewerblichen Teil der Wohnungsanlage wird durch die vom Antragsgegner angebrachte Werbung entscheidend beeinträchtigt. Diese Beeinträchtigung ist nach Auffassung der Kammer auch so gewichtig, daß ihr ein nicht unerheblicher Einfluß auf den optischen Gesamteindruck der Wohnungeigentumsanlage zukommt.

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Demnach hält sich die vom Antragsgegner angebrachte Werbung nicht mehr im Rahmen des am 1.12.1984 gefaßten Beschlusses, so daß die Wohnungseigentümergemeinschaft gemäß § 15 Abs. 3 WEG vom Antragsgegner Beseitigung verlagen kann.

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3. Entgegen der Auffassung des Antragsgegners besteht der Beseitigungs-Anspruch auch unabhängig davon, ob sich die von ihm angebrachte Werbung im Rahmen des (auf der Ferieninsel Borkum) Ortsüblichen hält. Dies mag, wie auch vom Amtsgericht angenommen, zu bejahen sein. Indes beurteilen sich die Unterlassungspflichten des Antragsgegners im vorliegenden Fall allein nach den Schranken, welche ihm durch das Gesetz einerseits und durch die von der Wohnungseigentümerversammlung anderseits gefaßten Beschlüsse gezogen sind. Danach aber ist - wie oben ausgeführt - nur solche Werbung erlaubt, die keine Veränderung oder Beeinträchtigung des äußeren Bildes der Anlage mit sich bringt.

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Demnach kommt es für den hier zu entscheidenden Sachverhalt allein darauf an, welchen optischen Einfluß die Werbeschriftzüge auf die Wohnungseingentumsanlage ... haben.

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4. Schließlich verstößt der Beschluß der Eigentümerversammlung auch nicht gegen die grundrechtlich geschützte Befugnis des Antragsgegners, für die Vermietung seines Sondereigentums zu werben. Denn durch die beschlossene Regelung wird nicht die Werbebefugnis als solche ausgeschlossen, sondern lediglich der Umfang der Werbemöglichkeiten eingeschränkt. Die Zulässigkeit einer einschränkenden Gebrauchsregelung ist jedoch durch § 15 Abs. 1 WEG ausdrücklich gesetzlich anerkannt.

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III. Der weitergehende Antrag der Wohnungseigentümergemeinschaft war hingegen abzuweisen, da es hierzu an den gesetzlichen Voraussetzungen mangelt. Dabei kann dahinstehen, ob überhaupt zu befürchten steht, daß der Antragsgegner nach Entfernung der jetzt vorhanden Schriftzüge wieder im Bereich seines Sondereigen Werbung betreiben wird.

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Denn ein auf die §§ 1004 BGB i.V.m. 15 Abs. 3 WEG gestützter vorbeugender Unterlassungsanspruch, mit dem das Verbot jeglicher Außenwerbung erstrebt wird, würde das Bestehen einer uneingeschränkten Verbotsregelung voraussetzen. Daran fehlt es jedoch, da aufgrund des Beschlusses der Eigentümerversammlung lediglich solche Werbung untersagt ist, die das äußere Bild der Anlage verändert oder beeinträchtigt. Ob dies bei einer möglicherweise in Zukunft vom Antragsgegner angebrachten Werbung der Fall sein wird, muß daher der Entscheidung im Einzelfall vorbehalten bleiben, sofern nicht die Wohnungseigentümer versammlung schlichthin jegliche Außenwerbung untersagt.

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Da es an einer dahingehenden Regelung derzeit fehlt, war daher der weitergehende Antrag der Antragsteller abzuweisen und insoweit ihre Beschwerde zurückzuweisen.

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IV. Von einer mündlichen Verhandlung hat die Kammer abgesehen. Eine weitere Sachaufklärung hätte hierdurch nicht erreicht werden können, da der zur Beurteilung anstehende Sachverhalt unstreitig ist und die Beteiligten allein über Rechtsfragen streiten.

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Insbesondere aber erschien es der Kammer aussichtslos, eine gütliche Einigung zwischen den Parteien herbeizuführen, da nach dem unwidersprochenen Vortrag des Verwalters der Zeit eine dahingehende Bereitschaft der Beteiligten nicht gegeben ist. Darüber hinaus hat die Kammer bei ihrer Entscheidung für das schriftliche Verfahren maßgeblich darauf abgestellt, daß die Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten beide nicht ortsansässig sind. Mit der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wäre daher für die Verfahrensbeteiligten ein erheblicher Zeit- und Kostenaufwand verbunden gewesen, der sich angesichts der geringen Wahrscheinlichkeit, doch noch zu einer gütlichen Einigung zu gelangen, als unverhältnismäßige Belastung erwiesen hätte. Dies gilt um so mehr, als der Wert des Streitgegenstandes eher gering ist.

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VI. Bei der gemäß 47 S. 1 WEG zu treffenden Kostenentscheidung hat die Kammer darauf abgestellt, daß die Beschwerde nur teilweise Erfolg hatte, im übrigen aber zurückzuweisen war. Aus diesem Grunde erschien es angemessen, auch die gerichtlichen Kosten des Verfahrens auf die Beteiligten zu verteilen, wobei weder das Maß des Obsiegens bzw. Unterliegens noch sonstige Gründe vorhanden sind, um eine ungleichmäßige Kostenverteilung vorzunehmen. Aus demselben Grunde hat die Kammer auch keine Veranlassung gesehen, von dem allgemeinen Grundsatz abzuweichen, daß in Wohnungseigentumsverfahren grundsätzlich jeder der Beteiligten seine außergerichtlichen Auslagen trägt, sofern nicht Billigkeitserwägungen für die Freistellung einzelner Beteiligter von ihren Kosten sprechen (vgl. Weitnauer, WEG 6. Auflage, § 47 Randz. 5)

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Aufgrund der anderslautenden Kostenentscheidung I. Instanz bedurfte es hier jedoch des ausdrücklichen Ausspruchs über die Kostenaufhebung.

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Dr. Wessels

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Rohlfs

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Borgmann