Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 31.08.2010, Az.: 2 SsRs 170/10

Anforderungen an die Darlegung der Behandlung von Terminsverlegungsanträgen im Verwerfungsurteil

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
31.08.2010
Aktenzeichen
2 SsRs 170/10
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2010, 22900
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:2010:0831.2SSRS170.10.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Cloppenburg - 25.06.2010
AG Cloppenburg - 17.02.2010

Fundstellen

  • NZV 2011, 96-97
  • VRS 2011, 32-34

Amtlicher Leitsatz

Anforderungen an ein Verwerfungsurteil nach Ablehnung von Terminsverlegungsanträgen.

Tenor:

1. Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Cloppenburg vom 25.06.2010 wird gemäß § 80 Abs. 1 Ziffer 2 OWiG zugelassen, weil es geboten ist, das Urteil wegen Versagung des rechtlichen Gehörs aufzuheben.

2. Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Cloppenburg vom 17.02.2010 mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Cloppenburg zurückverwiesen.

Gründe

1

Der Betroffene wendet sich gegen ein Urteil des Amtsgerichts Cloppenburg, mit welchem sein Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid des Landkreises Cloppenburg vom 17.02.2010 verworfen worden ist.

2

Der Antrag des Betroffenen, ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, ist als unzulässig verworfen worden.

3

Der Betroffene hat die Zulassung der Rechtsbeschwerde beantragt, mit welcher er rügt, dass der Verhandlungstermin trotz entsprechenden Antrages nicht verlegt worden sei.

4

Die Generalstaatsanwaltschaft sieht Zulassungsgründe, insbesondere auch eine Verletzung rechtlichen Gehörs, nicht als gegeben an. Dass das Urteil keine Ausführungen zu den Verlegungsanträgen des Betroffenen enthält ist ihrer Auffassung nach unschädlich, da sich aus den Beschlüssen des Amtsgerichts die erforderliche Auseinandersetzung mit den Anträgen ergebe.

5

Die Verfahrensrüge ist zulässig erhoben worden.

6

In der Begründung des Zulassungsantrages hat der Betroffene den Verfahrensgang einschließlich der wörtlichen Wiedergabe der gestellten Anträge und der daraufhin ergangenen gerichtlichen Entscheidungen vollständig dargestellt. Einer Darlegung, was der Betroffene zur Sache vorgetragen hätte, bedarf es im vorliegenden Falle nicht, da er sich auf eine Nichtberücksichtigung eines Entschuldigungsgrundes im Rahmen einer Verwerfung des Einspruchs nach § 74 Abs. 2 OWiG beruft (vgl. Göhler OWiG 15. Aufl. § 80 Rdz. 16 c).

7

Die Verfahrensrüge hat auch in der Sache selbst zumindest vorläufigen Erfolg.

8

Die Feststellungen des angefochtenen Urteils beschränken sich darauf, dass der Betroffene trotz ordnungsgemäßer Ladung ohne ausreichende Entschuldigung dem Hauptverhandlungstermin ferngeblieben sei. Das Urteil unterliegt bereits deshalb der Aufhebung, weil es sich nicht mit den Gründen, die den Betroffenen und seinen Verteidiger vom Erscheinen in der Hauptverhandlung abgehalten haben, auseinandersetzt. Grundsätzlich muss das Gericht die Umstände, die nach Auffassung des Betroffenen sein Fernbleiben entschuldigen sollen, ebenso ausführlich und vollständig darlegen wie seine eigenen, in diesem Zusammenhang angestellten Erwägungen. Nur so ist dem Beschwerdegericht die Überprüfung der Entscheidung auf ihre Rechtmäßigkeit möglich (Brandenburgisches Oberlandesgericht JMBLBB 2005, 94. OLG Hamm NZV 2003, 294 ff. [OLG Hamm 28.10.2002 - 2 Ss OWi 873/02][OLG Hamm 28.10.2002 - 2 Ss OWi 873/02] BayObLG NStZ 2002, 97. OLG Köln DAR 99, 40). Fehlen derartige Ausführungen, so beruht das Urteil darauf nur dann nicht, wenn die Betroffenen vorgebrachten Entschuldigungsgründe von vornherein offensichtlich ungeeignet wären, sein Fernbleiben zu entschuldigen (OLG Bamberg Beschluss vom 14.01.2009, 2 Ss OWi 1538/08. OLG Karlsruhe NZV 2006, 217 [OLG Karlsruhe 31.01.2006 - 1 Ss 165/05]. OLG Hamm aaO.).

9

Da der Senat infolge des Fehlens jeglicher Ausführungen nicht festzustellen vermag, ob das Amtsgericht die erforderliche Abwägung zwischen dem Interesse des Betroffenen an einer Terminsverlegung und demjenigen an einer möglichst reibungslosen Durchführung des Verfahrens vorgenommen hat, war das angefochtene Urteil bereits aufgrund dieses Darstellungsmangels aufzuheben. Der Umstand, dass sich das Amtsgericht in den Beschlüssen vom 21.06. und 23.06.2010 ausführlich mit den Terminsverlegungsanträgen auseinandergesetzt und seine zur Ablehnung der Anträge führenden Erwägungen dargelegt hat, vermag diesen Mangel nicht zu überwinden. Entscheidungen über Terminsverlegungsanträge können die Entscheidung über die Einspruchsverwerfung als solche nicht ersetzen. Das Amtsgericht hat nämlich in der Hauptverhandlung ohne Bindung an eine vorangegangene Ablehnung eines Antrages auf Terminsverlegung erneut zu prüfen, ob die Voraussetzungen einer Einspruchsverwerfung vorliegen oder das Ausbleiben des Betroffenen genügend entschuldigt ist, und das Ergebnis dieser Prüfungen in den Urteilsgründen niederzulegen (vgl. BayObLG DAR 1981, 26).

10

Die vorgebrachten Entschuldigungsgründe stellen sich nicht als offensichtlich unbegründet dar, so dass der dargestellte Mangel auch hierdurch nicht überwunden wird.