Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 29.04.2005, Az.: 2 StE 6/02
Begehung von Urkundsdelikten und Vergehen gegen das Ausländergesetz (AuslG) im Bereich so genannter heimatgerichteter Aktivitäten innerhalb der kriminellen Organisation; Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung; Beihilfe zum Erschleichen einer Aufenthaltsgenehmigung; Materielle und personelle Unterstützung der Parteiregionen der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK); Unterstützung des nationalen Befreiungskampfs Kurdistans; Planung illegaler Reisebewegungen; Aktionistische Aktivitäten mit demonstrativem und gewalttätigem Charakter
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 29.04.2005
- Aktenzeichen
- 2 StE 6/02
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2005, 35878
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2005:0429.2STE6.02.0A
Rechtsgrundlagen
- § 154a Abs. 1 Nr. 1 StPO
- § 154a Abs. 2 StPO
- § 3 StGB
- § 9 Abs. 2 S. 1 StGB
- 27 StGB
- § 52 StGB
- § 129 Abs. 1 StGB
- § 29 Abs. 2 Nr. 2 1. Alt. AuslG
Verfahrensgegenstand
Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung u.a.
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Ein Angeklagter, der eine Leitungsfunktion in einem Funktionskörper der kurdische Arbeiterpartei PKK ausübte, hat sich der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung gemäß § 129 Abs. 1 StGB schuldig gemacht. Denn die Zwecke und Tätigkeiten dieser Funktionskörper waren darauf gerichtet, Straftaten von nicht unerheblicher Bedeutung im Bereich sogenannter heimatgerichteter Aktivitäten und der Ausübung von Strafgewalt zu begehen.
- 2.
Begehen türkische Staatsangehörige kurdischer Volkzugehörigkeit Straftaten im Zusammenhang mit dem Konflikt zwischen Kurden und übrigen Türken, kann die Strafe vor dem Hintergrund einer seit Jahrzehnten andauernden repressiven Politik türkischer Regierungen gegenüber der kurdischen Bevölkerung gemildert werden.
- 3.
Ein zwischen Straftatbegehung und Aburteilung verstrichener Zeitraum von mehr als drei Jahren und eine entsprechend lange Verfahrensdauer wirkt sich strafmildernd aus.
In der Strafsache ...
hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Celle aufgrund der Sitzungen
vom 11., 17. und 18. März 2005 sowie vom 7., 8., 14., 15., 21., 22., 28. und 29. April 2005,
an denen teilgenommen haben:
Richter am Oberlandesgericht ... als Vorsitzender,
Richter am Oberlandesgericht ...
Richter am Oberlandesgericht ... als beisitzende Richter,
Bundesanwalt ... mit Ausnahme der Sitzung vom 11. März 2005,Oberstaatsanwalt ... nur am 11. März 2005,
Staatsanwalt ... mit Ausnahme der Sitzung vom 21. April 2005,
Staatsanwalt ... nur am 21. April 2005,
als Beamte der Bundesanwaltschaft,
in der Sitzung vom 29. April 2005
für Recht erkannt:
Tenor:
Der Angeklagte A. wird wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung in Tateinheit mit Beihilfe zum Erschleichen einer Aufenthaltsgenehmigung zu einer Freiheitsstrafe von
zwei Jahren und acht Monaten verurteilt.
Der Angeklagte K. wird wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung zu einer Freiheitsstrafe von
zwei Jahren und zwei Monaten verurteilt.
Die Kosten des Verfahrens haben die Angeklagten zu tragen, der Angeklagte K. jedoch mit Ausnahme derjenigen des Revisionsverfahrens. Diese trägt allein der Angeklagte A., jedoch wird die Gebühr für das Revisionsverfahren um 1/4 ermäßigt. In diesem Umfang hat die Landeskasse auch die dem Angeklagten A. insoweit entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Angewendete Strafvorschriften
betreffend den Angeklagten A. § 129 Abs. 1 StGB; §§ 29 Abs. 2 Nr. 2 1. Alt. AuslG, 3, 9 Abs. 2 Satz 1, 27StGB; § 52 StGB;
betreffend den Angeklagten K. § 129 Abs. 1 StGB.
Gründe
I.
Der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Celle hatte mit Urteil vom 20. Oktober 2003 den Angeklagten A. wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung in Tateinheit mit Beihilfe zum Erschleichen einer Aufenthaltsgenehmigung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten und den Angeklagten K. wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Der 1. Strafsenat hatte den Tatbestand der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung bezüglich der Angeklagten dadurch als erfüllt angesehen, dass der Angeklagte A. von Mai 2000 bis März 2002 als Leiter der Regionen S. und N. und der Angeklagten K. als Leiter der Region M. von Juni 2001 bis März 2002 jeweils eine Tätigkeit im Funktionärskörper der P. ausgeübt haben. Bei diesem Funktionärskörper habe es sich um eine kriminelle Vereinigung gehandelt, deren Zwecke und Tätigkeiten darauf gerichtet gewesen seien, Straftaten von nicht unerheblicher Bedeutung auf drei Feldern zu begehen. So sei die Organisation im Bereich sogenannter heimatgerichteter Aktivitäten auf die Begehung von Urkundsdelikten und Vergehen gegen das Ausländergesetz gerichtet gewesen, im Bereich der Ausübung von Strafgewalt auf Delikte gegen die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit und die Freiheit der Willensbetätigung und schließlich im Bereich aktionistischer Aktivitäten mit demonstrativem Charakter auf Gewalttaten wie Landfriedensbruch, Hausfriedensbruch, Nötigung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Sachbeschädigung (sogenannte "demonstrative Gewalttaten").
Dieses Urteil hat der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs mit Urteil vom 21. Oktober 2004, 3 StR 94/04, auf die Revision des Angeklagten A. unter deren Verwerfung im Übrigen im Strafausspruch sowie hinsichtlich der Feststellungen zur Ausrichtung der Vereinigung auf die Begehung demonstrativer Straftaten im Zeitraum ab Anfang 2000 auch betreffend den Mitangeklagten K. aufgehoben, die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen jedoch aufrechterhalten.
In der erneuten Hauptverhandlung hat der erkennende Senat hinsichtlich des Vorwurfs der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung mit Zustimmung des Generalbundesanwalts gemäß § 154 a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StPO entsprechend die Strafverfolgung auf den nach der Entscheidung des 3. Strafsenates des Bundesgerichtshofs vom 21. Oktober 2004 bereits rechtskräftig festgestellten Tatteil der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung mit der Ausrichtung auf die Begehung von Straftaten in den Bereichen heimatgerichtete Aktivitäten und Ausübung von Strafgewalt beschränkt.
II.
Zu den persönlichen Verhältnissen der Angeklagten sind durch die Revisionsentscheidung des Bundesgerichtshofs nachfolgende Feststellungen des 1. Strafsenates des Oberlandesgerichts Celle aufrechterhalten worden:
"1. Der Angeklagte A.
Der Angeklagte A. ist türkischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit.
Seinen Personalpapieren zufolge ist er am ..1962 in C., im Südosten der T. geboren, während er nach seinen Angaben in der Hauptverhandlung tatsächlich im .. 1962 geboren ist. Er war das sechste von zwölf Kindern des Landwirts und Dorfvorstehers M. S. A. und dessen Ehefrau V. Von 1967/68 bis 1972 besuchte der Angeklagte die Grundschule und erlernte von 1975 bis 1980 den Schreinerberuf. Nach 18-monatigem Militärdienst bis zum Jahr 1983 eröffnete er in C. eine Schreinerwerkstatt. Im selben Jahr heiratete er nach traditionell-religiösem Brauch S. F., deren Geburt am .. 1972 amtlich registriert wurde, wobei nach den Angaben des Angeklagten dieses Datum als Geburtsdatum des bereits fünf Jahre alten Mädchens eingetragen wurde. Aus der am 11. April 1988 auch standesamtlich geschlossenen Ehe sind vier Söhne hervorgegangen, nämlich die in der T. geborenen M. (geboren .. 1985), M. (geboren .. 1988) und C. (geboren .. 1990) sowie der in Deutschland geborene B. (geboren .. 1992).
Ab 1986 betätigte sich der Angeklagte politisch. Seine Familie war bereits früh in die nach 1978 begonnenen Auseinandersetzungen der Kurdischen Arbeiterpartei P. geraten, weil sie einem in jener Gegend führenden Großfamilienverband angehörte. Sein Vater entstammte einer Familie, die in einem ursprünglich im N. ansässigen kurdischen Familienverband yezidischen Glaubens die religiösen Anführer stellte, während seine Mutter sich zu den Nachkommen des B. B. zählte, der in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts als Anführer von Aufständen gegen den Osmanischen Staat hervorgetreten war und dessen Familie weitere Persönlichkeiten sowohl auf politischem als auch auf kulturell-wissenschaftlichem Gebiet hervorgebracht hatte. Etwa 30 Mitglieder der Großfamilie sind - so der Angeklagte - in den letzten Jahren bei den Auseinandersetzungen mit den Sicherheitskräften des türkischen Staates ums Leben gekommen, ebenso wie seine Brüder C. (am 1. Juli 1990) und A. (am 2. August 1992). Der Angeklagte machte Propaganda für die P. und gründete Ende 1986/Anfang 1987 in C. eine "U. d.h." zur Sammlung von Geld und zur Organisation demonstrativer Ladenschließungen aus Protest gegen staatliche Maßnahmen oder zur Unterstützung parteipolitischer Aktivitäten u.Ä.
Am 29. Juli 1988 wurde der Angeklagte festgenommen, kam in Untersuchungshaft und wurde wegen Mitgliedschaft in der P. angeklagt. Er wurde jedoch - nach Entlassung aus der Untersuchungshaft am 4. November 1988 - vom Staatssicherheitsgericht Diyarbakir am 5. Dezember 1988 freigesprochen. Ein weiteres Verfahren wegen Unterstützung der P. wurde nach etwa zweiwöchiger Haft im März 1990 am 11. Mai 1990 von der Staatsanwaltschaft eingestellt.
Im Februar 1991 flüchtete der Angeklagte mit seiner Frau und seinen drei Kindern nach Deutschland und stellte am 3. April 1991 in L. für sich und seine Familie Asylanträge. Zur Begründung gab er an, wegen seines Engagements für die P. während der Haftzeiten in der T. jeweils in erheblichem Maße und über längere Zeit unter Gewaltanwendung verhört und gefoltert und in der Folgezeit wiederholt von den Sicherheitskräften mit dem Tode bedroht worden zu sein. Nach einer polizeilichen Razzia am 5. Januar 1991 habe er sich zunächst verborgen gehalten und sei sodann mit seiner Familie geflüchtet. Auf dem Landwege über B. und R. habe er am 4. März 1991 die Bundesrepublik Deutschland erreicht. Nachdem das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge in Z. mit Bescheid vom 23. April 1991 Asyl versagt, jedoch das Vorliegen von Gründen für eine Aufenthaltsberechtigung gemäß § 51 Abs. 1 AuslG festgestellt hatte, hat das Verwaltungsgericht Köln mit Urteil vom 20. April 1994 (3 K 2632/91.A) auf die Klage des Angeklagten und seiner Familienmitglieder hin das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge in Z. verpflichtet, die Kläger als Asylberechtigte anzuerkennen. Am 10. August 1994 erfolgte danach die Anerkennung des Angeklagten als Asylberechtigter. Seit dem 25. Oktober 1994 ist er im Besitz einer unbeschränkten Aufenthaltserlaubnis für das Gebiet der Bundesrepublik sowie eines internationalen Reiseausweises.
Die Familie des Angeklagten wohnte seit der Ankunft in der Bundesrepublik bis zum 29. Juli 1994 in L. und zog Ende Juli 1994 nach D. um. Unter der Anschrift der Familie war auch der Angeklagte selbst amtlich gemeldet. Er hielt sich jedoch von Anfang an - unter Missachtung entgegenstehender Aufenthaltsbeschränkungen - nur gelegentlich bei seiner Familie auf, weil er wegen seiner Tätigkeit für die P. - worauf später noch einzugehen sein wird - in Deutschland und im europäischen Ausland ohne festen Wohnsitz unterwegs war.
Der Angeklagte hat sich in Dortmund als arbeitssuchend gemeldet, jedoch seinen Angaben zufolge bisher nie eine Arbeitsstelle gefunden.
Der Lebensunterhalt der Familie wird durch Sozialhilfe bestritten; der Pflegesatz für den Angeklagten ist jedoch wegen fehlender Arbeitsbemühungen seit dem 1. November 2001 entfallen. Unterkunftskosten für ihn werden jedoch bei der Sozialhilfe für die Familie in voller Höhe berücksichtigt.
Während der Vater des Angeklagten bereits 1972 oder 1973 verstorben ist, lebt seine Mutter noch in der T.. Fünf seiner Geschwister halten sich ebenfalls noch dort auf, während die vier restlichen noch lebenden Geschwister in Deutschland ihren Aufenthalt genommen haben.
Der Angeklagte setzte nach Ankunft in Deutschland seine Aktivitäten für die P. unverzüglich fort, worauf später im Einzelnen noch einzugehen sein wird. In diesem Zusammenhang ist er auch in der Bundesrepublik straffällig geworden. Am 15. Oktober 1998 wurde er aufgrund Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 10. Juli 1998 festgenommen und kam in Untersuchungshaft. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat ihn am 6. Mai 1999 - rechtskräftig seit dem 13. Mai 1999 - wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung in Tateinheit mit zwei rechtlich zusammentreffenden Fällen der versuchten schweren Brandstiftung und Sachbeschädigung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung für die Dauer von drei Jahren ausgesetzt wurde (2 StE 9/98 GBA Karlsruhe). Auch auf diese Verurteilung wird später eingegangen.
Der Generalbundesanwalt hat am 14. Mai 2002 einen Antrag auf Widerruf der Aussetzung der Vollstreckung der Strafe wegen der dem laufenden Verfahren zugrundeliegenden Vorwürfe gestellt. Mit Beschluss vom 4. April 2003 hat das Oberlandesgericht Düsseldorf die Entscheidung im Hinblick auf den Beschluss des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 3. Oktober 2002 (StV 2003, 82) zurückgestellt.
Der Angeklagte ist muslimischen Glaubens. Er spricht türkisch und Kurmanci, während er die deutsche Sprache auch nicht bruchstückhaft beherrscht. Gesundheitliche Beschwerden sind nicht hervorgetreten.
Im vorliegenden Verfahren ist der Angeklagte am 1. Februar 2003 aufgrund des Haftbefehls des Senats vom 9. Januar 2003 nach einer Parteidemonstration in Köln festgenommen worden und befindet sich seitdem in dieser Sache in Untersuchungshaft.
2. Der Angeklagte K.
A. K. ist als erstes von fünf Kindern des Viehzüchters H. K. und dessen Ehefrau S. in P. geboren. Als Geburtsdatum ist in Deutschland der .. 1970 festgestellt worden. Der Angeklagte wuchs zunächst bei seiner der alevitischen Glaubensrichtung angehörenden und in diesem Kreis eine Führungsrolle beanspruchenden Familie in ländlicher Umgebung auf. Um ihm den Schulbesuch zu ermöglichen, zog die Familie in einen größeren Ort um, wo der Angeklagte von 1980 bis 1986 zunächst die Volks- und die Mittelschule besuchte, die er als Schulbester abschloss. Ende 1987 bewarb er sich um Aufnahme in die Seekadettenschule der türkischen Marine, das "Meer-Gymnasium" auf der Insel H.. Er musste diese jedoch ca. sechs Monate nach der bestandenen Aufnahmeprüfung verlassen, weil Nachforschungen ergeben hatten, dass er kurdischer Volkszugehörigkeit und nicht, wie angegeben, Türke war und weil die Sicherheitskräfte davon ausgingen, dass Verwandte von ihm sich staatsfeindlich politisch betätigten. Von 1989 bis 1990 besuchte er daraufhin das Gymnasium in P., wurde jedoch nach der Teilnahme an einem Sympathiesitzstreik für "die kurdische Sache" von der Schule verwiesen. Das im Anschluss daran von 1990 bis 1991 besuchte Gymnasium "O. M." (19. Mai) in G. verließ er schließlich nach der dritten Klasse ohne Abschluss.
Bereits während der Mittelschulzeit und verstärkt nach dem Verweis von H. hatte sich der Angeklagte nebenher journalistisch bei der linken, der P. positiv gegenüberstehenden Zeitung "Y. Ü" ("N. L.") unter dem Namen H. G., , auf den er auch einen Presseausweis besaß, betätigt. Er war auch der Jugendorganisation der linken Partei H. beigetreten. Daneben hatte er seit 1988 Kontakte zur P. und unterstützte diese aktiv, indem er die von ihm angemietete Wohnung für Treffen von P.-Anhängern zur Verfügung stellte und Propagandamaterial verteilte. Außerdem erschienen ca. fünf bis sechs seiner Artikel, die sich kritisch mit Übergriffen der türkischen Sicherheitskräfte gegen Kurden befassten, in der Zeitung. Nach einer Hausdurchsuchung am 2. Dezember 1990 wurde der Angeklagte für fünf Tage festgenommen und verhört. Am 25. Januar 1991 wurde er von der Polizei auf seine Tätigkeit für die Zeitung angesprochen und für den Fall, dass er nicht als Spitzel für die Sicherheitskräfte tätig sein wollte, bedroht. Nach einer erneuten Wohnungsdurchsuchung am 15. August 1991, bei der der Angeklagte abwesend war, wurden mehrere der in der Wohnung anwesenden Personen verhaftet. Daraufhin floh der Angeklagte über I., wo er sich einen gefälschten Pass und einen gefälschten türkischen Ausweis (N.) auf den Namen I. I. verschafft hatte, über R., U. und die C. nach Deutschland. Nachdem er bei seinem ersten Einreiseversuch am 10. November 1991 an der deutschen Grenze angehalten und in die C. zurückgeschoben worden war, gelang ihm später der illegale Grenzübertritt.
Mit Anwaltsschriftsatz vom 17. Dezember 1991 stellte er am 23. Dezember 1991 in H. einen Asylantrag. Entsprechend der Eintragung in seinem vorgelegten unverfälschten türkischen N. wurde er als am .. 1975 geboren registriert. Das Asylbegehren begründete er damit, dass er wegen seiner journalistischen Tätigkeit während seiner fünftägigen Haft in erheblichem Umfange geschlagen und gefoltert worden sei; ähnlich seien nahe Verwandte - sein Großvater und zwei Onkel - behandelt worden. Trotz der gegen ihn gerichteten Drohungen habe er danach an weiteren Aktionen gegen Übergriffe der türkischen Polizei teilgenommen, z.B. an einem Hungerstreik und an einem demonstrativen Trauerzug nach Erschießung des V. A. am 22. Juli 1991. Nach der Festnahme anderer Personen und der Hausdurchsuchung am 15. August 1991 habe er erneute Verfolgung befürchten müssen, zumal nach ihm gefahndet worden sei. In die Bundesrepublik Deutschland sei er am 2. Dezember 1991 in einem Lkw eingereist.
Nachdem dem Angeklagten ein Verwandter zum Vormund bestellt worden war, wodurch er seinen Wohnsitz nach L. verlegen konnte, wurde mittels eines ärztlichen Gutachtens festgestellt, dass er früher als 1975 geboren sein müsse. Daraufhin gab er zunächst an, am .. 1969 geboren worden zu sein. Weil er jedoch durch eidesstattliche Versicherung zweier Verwandter schließlich als Geburtsdatum den ..1970 glaubhaft gemacht hatte, wurde dieses Datum von den deutschen Behörden von da ab zugrundegelegt.
Sein Asylantrag wurde am 13. Dezember1993 abgelehnt, das Vorliegen eines Abschiebehindernisses verneint, und der Angeklagte wurde unter Abschiebeandrohung aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland zu verlassen. Gegen die Ablehnung des Asylbegehrens erhob er am 23. Dezember 1993 Klage. Zu jener Zeit befand er sich in Untersuchungshaft. Er war am 4. August 1993 bei einer Aktion, die aus Protest gegen türkische Übergriffe auf den kurdischen Ort L. in der T. auf Anweisung der P. durchgeführt werden sollte, im Besitze von zwei Brandsätzen - so genannten Molotow-Cocktails - vor dem türkischen Generalkonsulat in K.-H. angetroffen worden. Der Angeklagte war Mitglied einer Gruppe weiterer junger Kurden, von denen einige ebenfalls Molotow-Cocktails mit sich führten. Das Landgericht Köln verurteilte ihn deswegen am 20. April 1994 - rechtskräftig seit dem 26. Juli 1994 - wegen vorsätzlichen Verstoßes gegen das Waffengesetz (Herstellen und Ausüben der tatsächlichen Gewalt über Brandsätze im Sinne von § 37 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 WaffG) zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten. Vom angeklagten Vorwurf der Verabredung zu einer schweren Brandstiftung wurde er freigesprochen (121 Js 879/93 StA Köln). Auf diese Verurteilung wird im Einzelnen später noch eingegangen werden.
Da der Angeklagte sich nach der Entlassung aus der Untersuchungshaft am 20. April 1994 zum Strafantritt nicht gestellt hatte, wurde er am 18. Mai 1995 festgenommen. Bereits am 16. Juni 1995 entwich er jedoch aus der Justizvollzugsanstalt A. Nach seinen Angaben hielt er sich danach zunächst noch in Deutschland und von November 1996 bis Anfang 1997 in einem kurdischen Flüchtlingslager im N. auf. Dort wurde er im Februar 1997 durch Splitter einer explodierenden Bombe erheblich verletzt, insbesondere derart an den Augen, dass er zunächst die Sehfähigkeit völlig einbüßte. Er kehrte daraufhin über den I. und M. - wo er durch drei bis vier Operationen das Augenlicht zumindest teilweise einseitig wiedererlangte - nach Deutschland zurück. Mit Hilfe eines gefälschten Passes, den er sich in M. beschafft hatte, gelangte er auf dem Luftwege über B. nach K. und stellte sich am 4. November 1997 unter anwaltlicher Vermittlung zum weiteren Strafantritt. Die Vollstreckung der restlichen Strafe (30 Tage) wurde mit Beschluss des Landgerichts Siegen vom 18. November 1997 (2 StVK 764/97) zur Bewährung ausgesetzt. Der Angeklagte wurde am 20. November 1997 aus der Strafhaft entlassen. Die Strafe wurde mit Beschluss des Landgerichts Siegen vom 11. Januar 2001 erlassen.
Das gerichtlich noch anhängige Asylverfahren wurde fortgesetzt. Durch Urteil vom 11. Dezember 1997 stellte das Verwaltungsgericht fest, zwar sei dem Angeklagten kein Asyl zu gewähren, jedoch bestehe ein Abschiebungshindernis gemäß § 51 Abs. 1 AuslG. Der vom Angeklagten gestellte Antrag auf Zulassung der Berufung mit dem Ziel, die Anerkennung als Asylberechtigter zu erreichen, wurde mit Beschluss des OVG M. vom 7. August 1998 zurückgewiesen. Gemäß Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge in Z. vom 9. September 1998 wird seitdem der Aufenthalt des Angeklagten in der Bundesrepublik Deutschland geduldet.
Während dieser Entscheidung befand der Angeklagte sich bereits seit dem 29. Juli 1998 erneut in Untersuchungshaft. Er hatte sich bei der Einreise per Bahn aus W. an jenem Tage mit dem für B. B. aus H. ausgestellten Reiseausweis für Flüchtlinge ausgewiesen, in dem das Lichtbild des B. durch das des Angeklagten ausgewechselt worden war. Das Amtsgericht Passau verurteilte den Angeklagten deswegen am 3. September 1998 - rechtskräftig seit dem 11. September 1998 - wegen Urkundenfälschung zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung auf drei Jahre ausgesetzt wurde (302 Js 11453/98 StA Passau). Auch diese Strafe wurde mit Beschluss des Landgerichts Siegen vom 3. September 2001 erlassen.
Der Angeklagte war nach kurzer Zeit der Anmeldung in H. ab dem 9. Januar 1992 in L. amtlich unter verschiedenen Adressen gemeldet. Nur in der Zeit nach seiner Flucht war er vom 21. Juli 1997 bis zum 21. November 1997 amtlich abgemeldet worden.
Für die Zeit vom 13. Dezember 1999 bis zum 10. Juli 2001 war der Angeklagte in B. gemeldet und meldete sich danach nach S. um. An seinen Meldeanschriften hielt der Angeklagte sich jedoch tatsächlich nur vorübergehend auf, weil er wegen seiner Tätigkeit für die P. in Deutschland und im europäischen Ausland unterwegs und wechselnd, ohne Anmeldungen aufhältig war, worauf noch einzugehen sein wird.
Der Angeklagte lebte zunächst von Sozialhilfe. Während seiner Anmeldezeit in B. war er lt. Arbeitsvertrag vom November 1999 bis zum Juni 2000 bei der Firma E. GmbH seines Vermieters H. I. für 1.200 DM brutto im Monat beschäftigt, nach seinen eigenen Angaben als Berater und Vermittler für Geschäfte in Bezug auf Fleischartikel, insbesondere Döner. Durch diesen Arbeitsvertrag erreichte er die Aufnahme in die T. Krankenkasse, sodass seine dauernd erforderliche ärztliche Betreuung und die Durchführung weiterer Operationen der Augen und zuletzt ab Februar 2002 der Nieren oder der Prostata finanziell abgesichert waren. Nach eigenen Angaben hatte der Angeklagte daneben durchgehend unregelmäßige Einnahmen aus journalistischer Tätigkeit sowie der Fortsetzung seiner Beratertätigkeit für die Fa. E. als freier Mitarbeiter auf Provisionsbasis, ohne dass diese Tätigkeiten amtlich gemeldet oder der Verdienst versteuert worden wäre. Im Zeitpunkt seiner Verhaftung bezog er Arbeitslosengeld in S..
Seit dem 21. Oktober 1998 besitzt der Angeklagte einen Reiseausweis für Flüchtlinge, der für alle Länder - außer der T. - gültig ist. Am 9. November 1999 wurde ihm eine unbefristete Arbeitserlaubnis erteilt. Der Angeklagte ist ledig und kinderlos. Er spricht türkisch, die kurdische Sprache Kurmanci unvollkommen und Deutsch gar nicht. Er leidet nach wie vor an den Nachwirkungen der 1997 erlittenen Verletzungen durch Bombensplitter sowie nach seinen Angaben an einer Prostataerkrankung. Geistig ist er gesund. Er gibt an, einer seiner Brüder sei nach Folterungen in der T. gestorben. Ihm selbst seien Bilder des Toten mit der Drohung übermittelt worden, wenn er in die T. käme, gehe es ihm genauso. Seine Mutter und andere nahe Verwandte leben noch in der Heimat.
Aufgrund des Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 19. Juni 2002 - 2 BGs 320/2002 - wurde der Angeklagte am 13. Oktober 2002 bei der Einreise aus T. in B. festgenommen und befindet sich seitdem in der vorliegenden Sache in Untersuchungshaft."
Der erkennende Senat hat zu den persönlichen Verhältnissen der Angeklagten aufgrund ihrer glaubhaften Angaben ergänzend die nachfolgenden Feststellungen getroffen.
1.
Betreffend den Angeklagten A.
Der Angeklagte A. befand sich aufgrund des Haftbefehls des 1. Strafsenates des Oberlandesgerichts Celle vom 9. Januar 2003 und der Fortdauerentscheidung jenes Senates vom 20. Oktober 2003 weiterhin in Untersuchungshaft in der JVA Oldenburg. Seit dem 3. August 2004 wird nach Widerruf der Bewährungsaussetzung die Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten aus dem Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 6. Mai 1999 - seit dem 20. August 2004 bis zur Verlegung zur Teilnahme an der neuerlichen Hauptverhandlung nach Celle in der JVA Dortmund - vollstreckt. Das Vollstreckungsende wird am 20. September 2005 erreicht sein. Gleichzeitig ist Überhaft wegen des fortbestehenden Haftbefehls in vorliegender Sache notiert.
Während der Haftzeit in O. nahm der Angeklagte A. r einmal wöchentlich an einem Deutschkursus teil, später in D. zwei bis drei mal wöchentlich. Zusätzlich versuchte der Angeklagte mit selbst beschafften Materialien seine Deutschkenntnisse zu verbessern. In O. hatte er zudem regelmäßig gearbeitet.
Im Übrigen bemühte sich der Angeklagte, sich durch sportliche Betätigungen gesundheitlich fit zu halten, und beschäftigte sich mit der deutschen Geschichte. Der Gesundheitszustand des Angeklagten ist infolge eines Bandscheibenvorfalls und wegen Magenproblemen beeinträchtigt. Daneben ist eine Nasen- und Ohrenoperation medizinisch indiziert, zu der es bislang im Hinblick auf den relativ geringen Strafrest in dem D. Verfahren und den offenen Verfahrensausgang in vorliegender Sache noch nicht gekommen ist. Der Angeklagte unterhält weiterhin Kontakte zu seiner Familie, was sich allerdings seit der Verlegung in die JVA Celle aus anstaltsorganisatorischen Gründen schwierig gestaltet.
2.
Betreffend den Angeklagten K.
Der Angeklagte K. befand sich nach der Verurteilung durch den 1. Strafsenat vom 20. Oktober 2003 weiterhin Untersuchungshaft, die jedoch später in der JVA Verl als Strafhaft vollzogen wurde, nachdem der Angeklagten K. sein Rechtsmittel gegen das Urteil des 1. Strafsenates des Oberlandesgerichts Celle am 29. Januar 2004 zurückgenommen hatte. Nach Verbüßung von mehr als zwei Dritteln der vom 1. Strafsenat verhängten Strafe wurde die Vollstreckung der Reststrafe mit Beschluss des 1. Strafsenates des Oberlandesgerichts Celle vom 16. August 2004 mit Wirkung zum 1. September 2004 unter Erteilung von Weisungen zur Bewährung ausgesetzt.
Weisungsgemäß nahm der Angeklagte nach seiner Haftentlassung Wohnung bei seinem Bruder A. K. in S. Ferner entfaltete der Angeklagte Bemühungen, einen Sprachkursus in der deutschen Sprache zu belegen. Er beabsichtigte, einen Kurs mit universitätsvorbereitendem Niveau zu absolvieren. Im Bereich von S. wurden jedoch lediglich Abendkurse geringeren Anspruchs an der Volkshochschule angeboten, sodass der Angeklagte bis zum Beginn der neuerlichen Hauptverhandlung einen Sprachkurs noch nicht begonnen hat. Hervorzuheben ist im Übrigen, dass der Angeklagte, auch nachdem der Strafrestaussetzung und den Weisungen aus dem Bewährungsbeschluss des 1. Strafsenates infolge der Revisionsentscheidung des Bundesgerichtshofes vom 21. Oktober 2004 die Grundlage entzogen war, weiterhin die Bewährungsweisungen beachtet und u.a. dem Gericht Mitteilung von einem kurzzeitigen Auslandsaufenthalt gemacht hat.
Es ist dem Angeklagten K. zudem gelungen, einen Arbeitsplatz zu finden. Er arbeitet derzeit für die Firma Z. GmbH, die u.a. im Bereich der Döner-Produktion tätig ist, aber auch Eisenschrott vermarktet. Im letzteren Firmenzweig ist der Angeklagte als Berater tätig, indem er insbesondere Kontakte zu Firmen in der T. herstellt. Infolge der Belastungen durch dieses Verfahren steht er mit seiner Arbeitskraft dem Unternehmen jedoch nur eingeschränkt zur Verfügung, sodass er bislang lediglich einen Nettomonatsverdienst von 600 bis 650 EUR erzielt. Dieses Einkommen reicht dem Angeklagten aber aus, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, weil er mit seinem Bruder, der eigene Einkünfte erzielt, in einer gemeinsamen Wohnung lebt.
Im Übrigen bedarf der Angeklagte wegen seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen ständiger medikamentöser Behandlung. Neuerliche Operationen oder sonstige stationäre Behandlungen sind seit der Hauptverhandlung vor dem 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Celle jedoch nicht mehr erforderlich gewesen.
III.
Da nach der Revisionsentscheidung des Bundesgerichtshofs das Urteil des 1. Strafsenates des Oberlandesgerichts Celle vom 20. Oktober 2003 im Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen und das Verfahren hinsichtlich der Ausrichtung der kriminellen Vereinigung auf demonstrative Gewalttaten in der neuen Hauptverhandlung gemäß § 154 a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StPO entsprechend eingestellt worden ist, hatte der Senat zur Sache keine neuen Feststellungen zu treffen. Für die Rechtsfolgenentscheidung waren vielmehr nachfolgende rechtskräftige Feststellungen aus dem Urteil des 1. Strafsenates zugrunde zu legen:
"1. Die Geschichte und Entwicklung der P.
Die Arbeiterpartei Kurdistans P. wurde im November 1978 in der T. gegründet. Eines der Gründungsmitglieder war A. Ö., genannt "A." (O.), der seitdem als Generalsekretär an der Spitze der Partei steht. Die P. definierte sich als eine straff organisierte und zentralistisch geführte Kaderorganisation, die den Grundsätzen des Marxismus-Leninismus verhaftet war. Programmatisches Ziel der Partei war es zunächst, in den kurdischen Siedlungsgebieten im Südosten der T. und den angrenzenden Gebieten S., des I. und des I. einen sozialistischen kurdischen Nationalstaat unter ihrer alleinigen Führung zu errichten.
Im Jahre 1980 wich die Parteiführung nach dem türkischen Militärputsch in die s. Hauptstadt D. aus und führte die Partei in der Folgezeit von dort aus. Die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bedingungen, unter denen viele Kurden in der Osttürkei lebten, die Reaktion der türkischen Regierung und der Sicherheitskräfte auf die sozialistischen, separatistischen Bestrebungen der P. sowie die von der P. betriebene Propaganda und ihr auf zögernde Teile der kurdischen Bevölkerung ausgeübter Druck führten dazu, dass die Partei von einem erheblichen Teil der in der T., im N. O. und in Europa lebenden Kurden Unterstützung erhielt. Dadurch erlangte die P., die die Anwendung "revolutionärer Gewalt" zur Erreichung ihrer Ziele für legitim erachtete, die personellen und finanziellen Mittel für die Gründung und Ausstattung einer militärischen Teilorganisation, der A., mit deren Hilfe sie ab 1984 einen bewaffneten Kampf gegen den türkischen Staat im Südosten der T. begann. Die kämpfenden Einheiten operierten dabei zum Teil von i. oder s. Staatsgebiet aus. Sie unterhielten dort und im L. eine Anzahl von Basislagern zur Ausbildung und Stationierung ihrer Kämpfer. Die Auseinandersetzungen wurden als Guerillakampf von beiden Seiten mit großer Härte und Grausamkeit geführt und forderten besonders unter der Zivilbevölkerung zahlreiche Opfer. Die Kämpfe brachten jedoch die P. ihrem Ziel nicht entscheidend näher. Nachdem auch wiederholt einseitig von der P. erklärte Waffenstillstände nicht zu einer Verminderung der türkischen Anstrengungen zur Zerschlagung der P. geführt hatten, erklärte A. Ö. 1996/97 in Abweichung von den bisherigen Zielen, es sei auch ein "bundesstaatliches Modell nach Schweizer Vorbild" vorstellbar. Angesichts ihres militärischen Scheiterns im Jahre 1999 wurden die Parteiziele weiter modifiziert. Es sollte lediglich noch die Wahrung der kurdischen Identität durch Erhalt der sozialen und kulturellen Eigenständigkeit der kurdischen Bevölkerung innerhalb der staatlichen Ordnung der T. in friedlichem Ausgleich mit dem türkischen Staat auf demokratischem Wege erreicht werden. Im August 1999, als A. Ö. sich bereits in Haft in der T. befand, erklärte die P.-Führung auf sein Geheiß den Guerillakampf einseitig für beendet und ordnete den Rückzug der bewaffneten Einheiten aus der T. an. Die A. zog sich daraufhin in das benachbarte Ausland, insbesondere in den N. zurück, wo ihre Verbände seitdem vermindert als "Volksverteidigungskräfte" (H.) neu gegliedert fortbestehen. Diese "Friedensinitiative" wurde durch Beschlüsse des 7. Außerordentlichen Kongresses der P. im Januar 2000, auf dem am 17. Januar 2000 ein neues Parteiprogramm beschlossen wurde, zur verbindlichen Politik erklärt.
Nach der hier bedeutsamen Tatzeit wurde auf dem 8. Kongress der P. im April 2002 die Friedenslinie des 7. Kongresses bekräftigt und eine Einstellung aller Tätigkeiten unter dem Namen P. mit Wirkung vom 4. April 2002 angeordnet. An ihrer Stelle wurde die Bildung des "Kongresses für Freiheit und Demokratie Kurdistans" (K.) beschlossen. Der K. begreift sich als legitimer und einziger Nachfolger der P.A. Ö. wurde - trotz seiner Inhaftierung - zu seinem Generalvorsitzenden bestimmt. Die Organisationsstruktur blieb - unter Umbenennung der Organe und geringer Abweichungen, z.B. bei der Anzahl der Mitglieder einzelner Gremien u.a. - im Wesentlichen erhalten. Angesichts dieses Fortbestandes der Organisationsstrukturen sowie personeller Kontinuität durch Identität auch der Führungskräfte unterhalb der Parteiführung, der Beibehaltung der politischen Inhalte und Ziele sowie des ununterbrochenen Fortgangs der Aktivitäten über die Unterorganisationen der Partei stellt sich die mit der Selbstauflösung der P. einhergehende Bildung des K. lediglich als Umbenennung dar. Dies spiegelt sich auch darin wider, dass das Parteiemblem der P. unverändert übernommen wurde.
Ob durch diese Entwicklung eine ernst gemeinte Demokratisierung der Partei mit dem Ziel friedlicher Verfolgung ihrer Ziele eingeleitet werden sollte oder ob sie nur dazu bestimmt war, durch Wohlverhalten Leben und Freiheit ihres seinerzeit in der T. mit der Todesstrafe bedrohten Generalsekretärs A. Ö. zu schützen, ist weiterhin offen. Zum einen ist noch in jüngster Zeit in der Stellungnahme des Präsidiums des K. zum Abschluss einer sechstägigen Konferenz der Führung im Juli 2003, die über die Medien - u.a. durch das Internet - verbreitet wurde, ausgeführt, dass eine Demokratisierung auch 1 1/4 Jahre nach Gründung des K. nicht erreicht worden sei; fortbestehende Einflüsse des leninistischen Parteimodells hätten sie verhindert. Es sei "... nicht gelungen, demokratisches Denken und einen demokratischen Diskurs im praktischen Leben zu implementieren". Zum anderen wird weiterhin mit der Wiederaufnahme des Guerillakampfes und der Rückkehr zu alten Verhaltensweisen gedroht. Bereits in der Schlusserklärung der 5. Generalversammlung des P.-Parteirats am 5. Februar 2002 heißt es - an die T. gerichtet - dazu:
"Wir halten es für eine historische Pflicht, die momentane Führung des Landes ein weiteres Mal zu verwarnen. Es sollte nicht vergessen werden, dass die von unserer Partei entwickelte Gelegenheit eines einseitigen Friedens und einer demokratischen Lösung sowie die von unserem Volk erwiesene Geduld und Sensibilität nicht bis in alle Ewigkeit Gültigkeit hat."Auf die Aufnahme der P. in die Liste terroristischer Organisationen durch die EU am 2. Mai 2002 reagierte der Bruder des Parteiführers, O. Ö., in der Zeitung "Ö. P." am 30. April 2002, indem er erklärte: "Als die P. haben wir eine historische Phase durchlebt, und nun sind wir der K. ...". Die Aufnahme in die Liste stellte eine Kriegserklärung dar, man werde sich auf Verteidigung und Widerstand vorbereiten und, falls es nötig sei, "... einen Krieg zu führen, so werden wir es tun, ganz gleich, ob in den Bergen, in den Städten oder irgendwo sonst auf der Welt."
Am 12. Februar 2003 erklärte der Generalpräsidialrat des K., neben der "demokratischen Serhildan-Bewegung" (Serhildan = Aufstand) solle ab sofort ein Selbstverteidigungskrieg geführt werden, nachdem der türkische Staat während des einseitigen Friedensprozesses nichts zur Lösung der kurdischen Frage im Sinne der Partei unternommen habe.
Und schließlich wird in der oben erwähnten Stellungnahme vom Juli 2003 ausgeführt, die Fortsetzung des Waffenstillstandes sei nur noch möglich, wenn die T. ihren Willen zur formalen Beendigung der Feindseligkeiten erkläre und:
"Nur wenn ein bilateraler Waffenstillstand eingehalten wird, werden sich die Guerillakräfte weiterhin an die Feuerpause halten. Beginnend mit dem 1. September 2003 über die folgenden drei Monate werden wir uns um einen beiderseitigen Waffenstillstand bemühen."Auswirkungen als Folgen dieser Erklärungen in Deutschland und im übrigen Europa sind bisher nicht registriert worden.
A. Ö. führte die P. - seit dem Militärputsch in der T. im Jahre 1980 von S. aus - autoritär und diktatorisch mit Hilfe ergebener, von ihm ernannter Kader und unterdrückte - auch mit massiver, bis zur Vernichtung seiner Gegner reichenden Gewalt - jeden Ansatz von Kritik und Opposition im eigenen Lager oder durch konkurrierende Organisationen. Er geriet persönlich in Bedrängnis, als er im Oktober 1998 wegen des türkischen Drucks auf S. sein Hauptquartier in der Nähe von D. aufgeben und S. verlassen musste und sich erfolglos bemühte, ein aufnahmebereites Land zu finden. Nach einer Irrfahrt über R. und I. wurde er am 15. Februar 1999 in N./K. nach dem Verlassen der griechischen Botschaft durch ein türkisches Kommando festgenommen, in die T. verbracht und vor Gericht gestellt. In der Haft sagte er sich vom militärischen Kampf los und propagierte einen friedlichen Ausgleich mit dem türkischen Staat im Rahmen einer weitgehenden Demokratisierung und unter der Voraussetzung einer Amnestie für sich und seine Anhänger. Mehrere hohe Parteikader stellten sich auf seine Anweisung hin den türkischen Sicherheitskräften - so auch die vom erkennenden Senat am 17. Dezember 1998 verurteilte D. K. (2 StE 2/98) - und wurden zu langfristigen Freiheitsstrafen verurteilt. Ein Teil seiner Anhänger sah jedoch in der neuen "Friedenspolitik" und dem Räumen bereits von der P. "befreiter Gebiete" in der T. ein "Abweichen von der Parteilinie der nationalen Befreiung".
A. Ö. wurde in der T. am 29. Juni 1999 wegen Hochverrats zum Tode verurteilt. Nach Abschaffung der Todesstrafe in Friedenszeiten durch das türkische Parlament wurde die gegen Ö. verhängte Todesstrafe am 3. Oktober 2002 in eine lebenslange Freiheitsstrafe umgewandelt. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg entschied auf Anrufung Ö. am 12. März 2003, die T. habe im Falle Ö. gegen das Grundrecht auf ein faires Verfahren verstoßen. Die türkische Regierung hat angekündigt, gegen diese Entscheidung Einspruch einzulegen.
2.
Entwicklung und Struktur der P. in Europa, insbesondere in Deutschland bis 1996
Um dem massiven Verfolgungsdruck in der T. auszuweichen und die Unterstützung der Partei durch die im Ausland lebenden Landsleute zu organisieren, verlegte die P. schon wenige Jahre nach ihrer Gründung zahlreiche Aktivitäten in die Nachbarländer der T. im N. O. und nach N., insbesondere aber auch nach West- und Nordeuropa. In der Bundesrepublik Deutschland und in anderen Bereichen Westeuropas mit hohem türkischen, kurdisch stämmigem Bevölkerungsanteil warb die Partei erfolgreich um Mitglieder und Sympathisanten, die sie vor allem zur finanziellen Unterstützung der Partei und ihrer Kader durch von der Führung festgelegte Monatsbeiträge und nachdrücklich in jedem Jahr eingeforderte Spenden verpflichtete. Die Partei betrieb unter ihren Anhängern auch intensiv die Rekrutierung von Nachwuchs, und zwar sowohl von Kadern für die Parteiarbeit als auch von Kämpfern für die in der T. kämpfende Guerilla. Schließlich diente die Organisation auch der Durchsetzung ihres Alleinvertretungsanspruchs.
Zur Organisierung der in Europa lebenden Anhänger und zur Propagierung ihrer Ziele stützte sich die P. ab 1981 zunächst auf die P.-Y. (= Europaorganisation der P.) und gründete sodann dafür 1985 die E. (= Nationale Befreiungsfront K.), unter deren Namen sie fortan agierte, und die nach dem 7. Außerordentlichen Kongress im Frühjahr 2000 ohne wesentliche inhaltliche und personelle Änderungen in Y. (= Kurdische demokratische Volksunion) umbenannt wurde. Die E. schuf unter fortschreitender Professionalisierung ihrer Funktionäre eine alle Lebensbereiche erfassende Organisationsstruktur durch Gründung von Organisationen für Frauen, für die Jugend, für Studenten, für Lehrer, für Gewerbetreibende, für Künstler und Kulturschaffende sowie für die Glaubensrichtungen der Muslime, der Yeziden und der Aleviten, durch die Gründung unterschiedlich benannter Kulturzentren, Sportvereine, Folkloregruppen u.a., deren Zugehörigkeit zur P. getarnt und oft nicht erkennbar war und die dem Vereinsrecht des Niederlassungsstaates entsprachen. Dadurch vermochte sie eine große Zahl der hier lebenden Kurden an sich zu binden. Durch eine intensive Öffentlichkeitsarbeit unter Benutzung eigener Medien, z.B. die Zeitungen "S." und "B.", zahlreicher Presseerzeugnisse für die einzelnen Gruppen, des Fernsehsenders Med-TV, einer Nachrichtenagentur u.a. erreichte die P., jedenfalls in Deutschland, eine nahezu exklusive Medienpräsenz in der Kurdenfrage. Durch fortwährende aggressive Propaganda und druckvolle Beeinflussung gelang es der Europaführung der P. schließlich, in West- und Nordeuropa nahezu flächendeckend eine straffe Organisationsstruktur zu errichten und viele der in Europa lebenden Kurden zur Unterstützung der Ziele der Partei zu bewegen. Dabei kam der Bundesrepublik Deutschland mit mehr als 500.000 hier in relativem Wohlstand lebenden Kurden eine herausragende Bedeutung zu.
Zur Stärkung der Effizienz der Parteiarbeit betrieb die P. seit Anfang der neunziger Jahre einen Umbau ihrer Strukturen in Europa. Sie trat in der Öffentlichkeit nach wie vor überwiegend als E. in Erscheinung und verfügte über eine straff hierarchisch gegliederte Organisation, deren Träger ein aus professionellen Kadern bestehender Funktionärskörper war.
An der Organisationsspitze installierte A. Ö. die A. (= Europäische Frontzentrale), die im Frühjahr 2000 ebenfalls umbenannt wurde, und zwar in Rat der Union (Y.-Rat).
Der A. (bzw. nun dem Y.-Rat) stand ein exekutives Gremium vor, das aus dem Europaverantwortlichen sowie wenigen weiteren - etwa drei bis fünf - engen Vertrauten Ö. bestand. Sie bildeten die so genannte Zentrale bzw. Exekutive, die eigentliche Europaführung, die für die Leitung und die laufenden Geschäfte zuständig war. Die Mitglieder der Zentrale waren zugleich Mitglieder der A., die sich darüber hinaus aus den leitenden Funktionären der wichtigsten Basisorganisationen (Jugend, Frauen und anderen Gruppen) und den Verantwortlichen der Regionen Europas zusammensetzte. Der Schwerpunkt der Aktivitäten der A.-Mitglieder lag zunächst im Bereich K., wurde aber ab 1994/95 wegen des Verfolgungsdrucks durch die deutschen Sicherheitsbehörden "auf die andere Seite", d.h. in die N. und nach B. verlegt.
Die A. setzte die Ziele, Vorgaben und Personalentscheidungen der Parteiführung, d.h. A. Ö., gegenüber den ihr nachgeordneten Einheiten verbindlich durch Einzelanweisungen an Kader, vor allem aber durch schriftliche Anweisungen ("An alle Frontkommitees") um. In diesen sogenannten "A.-Papieren" wurden die jeweils aktuelle Parteilinie, die Strukturen und Pflichten sowie die kurzfristig umzusetzenden Ziele für die nachgeordneten Einheiten, Kader und Aktivisten beschrieben und festgelegt.
Auf der Ebene unterhalb der A. war Europa - jedenfalls bis zum Ende des Anklagezeitraums - in Regionen (Eyalet), Gebiete (Bölge), Räume (Alan) und Stadtteile (Semt) eingeteilt. Zuschnitt und Zahl der Regionen folgten nicht allgemein den politisch bestehenden Grenzen, sondern wurden weitgehend durch den in ihnen lebenden kurdischen Bevölkerungsanteil bestimmt. Deswegen bestanden B., D., E., die N., Ö., die Sch. und S. aus nur einer Region, während F. zwei und Deutschland mit mehr als 500.000 hier lebenden Kurden ein für die P. besonders wichtiges Land, in zunächst fünf, zeitweise bis zu zehn und zuletzt, nach Teilung der Region Mitte im Mai 2001, in acht Regionen unterteilt war, nämlich in die Regionen Nord, Nord-West, Berlin - gelegentlich auch "Ost" genannt -, Mitte 1, Mitte 2, Süd, Baden und Bayern. Zeitweise waren in Deutschland mehrere Regionen zu Sektoren zusammengefasst, die als Instanz zwischen der Europaführung und den Regionen wirkten und denen jeweils ein "Sektorleiter" vorstand, der den Verantwortlichen mehrerer Regionen vorgesetzt war.
Für die konkrete Umsetzung der von der Führungsebene zumeist nur in allgemeiner Form vorgegebenen Aufgaben waren regelmäßig die Regionen zuständig, für die die Regionsverantwortlichen in eigener Verantwortlichkeit nähere Anweisungen erteilten, wobei sie sich wiederum der Hilfe ihnen untergeordneter Parteianhänger bedienten.
Jeder Organisationseinheit stand ein von der Führung eingesetzter Verantwortlicher vor. Für Regionen und Gebiete hatte dies regelmäßig ein durch die Partei alimentierter professioneller Kader zu sein, der keine seine Kadertätigkeit beeinträchtigende berufliche Tätigkeit ausüben und grundsätzlich nicht in einer familiären Bindung leben durfte. Er hatte sich ausschließlich der Parteiarbeit zu widmen und durfte seine Tätigkeit nicht ohne Genehmigung einstellen. Etwaige staatliche Unterstützungsleistungen mussten an die Partei abgeliefert werden. Im Übrigen hatten professionelle Führungskader konspirativ zu arbeiten. Sie hielten sich nicht unter ihrer Meldeanschrift auf, sondern waren in der Bundesrepublik an ständig wechselnden Orten in Wohnungen von P.-Anhängern untergebracht. Sie führten Decknamen und ihre wahre Identität, ihre Aufenthaltsorte, ihre Erreichbarkeit und ihre genauen Funktionen innerhalb der Partei waren weitgehend unbekannt. Selbst die Parteifunktionäre kannten sich untereinander meist nur unter ihrem Decknamen. Versammlungs- und Arbeitsräume wurden von unverdächtigen Funktionären oder Sympathisanten für Parteizwecke angemietet. Schriftliche Unterlagen wurden versteckt und konspirativ aufbewahrt, z.T. ebenfalls bei unverdächtigen Landsleuten, die sie auch beförderten. Für Reisen wurden zum Teil Falschpapiere benutzt. Zur Nachrichtenübermittlung wurden allgemein für unverdächtige Sympathisanten angemeldete Mobiltelefone, die häufig gewechselt wurden, benutzt, wobei höheren Kadern jeweils mehrere Apparate nebeneinander zur Verfügung standen und ihre Erreichbarkeit nur verdeckt und an vertrauenswürdige Personen weitergegeben wurde. In allen Telefongesprächen bedienten die Kader sich verschleiernder Formulierungen, mit denen Gegenstände, Personen, Orte, Daten und Ereignisse so umschrieben wurden, dass sie für Außenstehende nur schwer oder gar nicht zu erkennen waren. Für Reisen hatten Sympathisanten Fahrzeuge zur Verfügung zu stellen und Fahrerdienste zu leisten. In letzter Zeit wurden wichtige Nachrichten auch vermehrt durch Kuriere überbracht und per verschlüsselter SMS übermittelt, um der Gefahr durch Telefonüberwachungen entgegenzuwirken. Aus Sicherheitsgründen hatten die Kader grundsätzlich ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich jährlich zu wechseln.
Alle diese Maßnahmen dienten dem Zweck, die Parteistrukturen geheim zu halten und die Aktivitäten der führenden Funktionäre vor staatlichen Sicherheitsorganen zu tarnen und sie vor Zugriffen zu schützen.
Zur Führung der Parteiarbeit bediente sich die Partei des Prinzips von Bericht und Anweisung. Jeder Kader hatte die Anweisungen höherer Kader zu befolgen und über seine Tätigkeit in regelmäßigen kurzen Abständen zu berichten und ihm dabei auch alle die Partei berührenden Ereignisse in seinem Wirkungsbereich mitzuteilen.
Die genannten Parteistrukturen und die Grundsätze der Kaderarbeit bestanden auch nach Umbenennung der E. in Y. jedenfalls bis zum Ende der hier bedeutsamen Tatzeit - d.h. bis März 2002 fort. Inwieweit danach etwa eine durch Wegfall der Regionsebenen o. ä. bedingte Änderung der Parteistruktur erfolgt ist, bedurfte vorliegend keiner Feststellungen.
Ziel des Wirkens der P. in Deutschland war es von Anfang an, die als Freiheitskampf verstandene militärische und politische Auseinandersetzung der P. mit dem türkischen Staat zu unterstützen. Die Hilfe für die A. und die Heimatregionen der Partei erfolgte, indem die Organisationseinheiten der P. in Europa die Finanzmittel für die Ausrüstung und Bewaffnung sowie für die Parteiarbeit zur Verfügung stellten und Nachwuchs für den Guerillakampf rekrutierten. Besonderes Anliegen der P. war es aber auch, in Europa eine propagandistische Unterstützung ihres "Freiheitskampfes" in der kurdischen Heimat zu erhalten und das Vorgehen des türkischen Staates dagegen in den Gastländern anzuprangern und die öffentliche Meinung zu beeinflussen, um zu erreichen, dass die europäischen Regierungen ihre Unterstützung der T. einstellten und die Ziele der P. nicht behinderten.
Zur Stärkung der Durchschlagskraft ihrer Arbeit in Europa wurden verschiedene Aufgabenbereiche gebildet, so z.B. die Bereiche Finanzen, Außenbeziehungen, Öffentlichkeitsarbeit, kulturelle Angelegenheiten, Schulung und Ausbildung, heimatgerichtete Aktivitäten und aktionistische Aktivitäten. Diese Bereiche hatten die ihnen übertragenen Aufgaben nach den Vorgaben der A. zu erfüllen.
Die "aktionistischen Aktivitäten", d.h. militante Angriffe gegen Einrichtungen des türkischen Staates, türkische Unternehmungen, Vereine und Geschäfte, später auch gegen deutsche Einrichtungen, auf europäischem Boden dienten dazu, auf bestimmte Ereignisse in der T., aber auch auf solche in Europa zu reagieren und dabei Macht und Stärke der Organisation nach außen zu demonstrieren. Zugleich wollte die P. damit ihren Führungsanspruch deutlich machen und den Zusammenhalt ihrer "Massen", d.h. ihrer Anhänger bzw. allgemein der kurdischen Landsleute fördern und diese an sich binden. Parallel zur Intensivierung des Guerillakampfes in der T. bildete sich im Jahre 1993 innerhalb des Funktionärskörpers der P./E. eine Vereinigung, die auf Weisung der Parteiführung ab Juni 1993 in der gesamten Bundesrepublik Deutschland staatliche türkische Einrichtungen und private türkische Unternehmungen durch Aktivisten angreifen und zerstören ließ. Diese Vereinigung entwickelte sich zu einer terroristischen Vereinigung, als Mitglieder und Sympathisanten der P. im November 1993 weisungsgemäß dazu übergingen, Brandanschläge auf türkische Geschäfte, Banken, Vereinslokale, Gebetsräume und ähnliche öffentliche Versammlungsstätten zu verüben.
Im Anschluss an diese Gewaltwelle wurden in Deutschland zahlreiche Ermittlungs- und Strafverfahren gegen Kader, Aktivisten und sonstige Angehörige bzw. Anhänger der P. eingeleitet, die zum Teil mit Verurteilungen zu nicht unerheblichen Freiheitsstrafen endeten. Die Aktivitäten hatten außerdem zur Folge, dass mit Verfügung des Bundesministers des Innern vom 22. November 1993 ein Betätigungsverbot für die P. und die E. sowie zahlreiche Unterorganisationen ausgesprochen wurde, weil ihre Tätigkeiten den Strafgesetzen zuwider liefen. Das am 26. März 1994 bestandskräftig gewordene Verbot gilt noch fort. In der Folge des Verbotes kam es bundesweit zu gewalttätigen Ausschreitungen, Autobahnblockaden, Brandanschlägen und Verwüstungsaktionen, die zentral durch die Europaführung der P. gesteuert worden waren.
Mitglieder dieser terroristischen Vereinigung waren die Angehörigen der A.-Zentrale, die Regions- und Gebietsverantwortlichen in Deutschland sowie leitende Kader von Unterorganisationen. Diese Vereinigung war verantwortlich für die Anordnung, Organisation und Durchführung zahlreicher Brandanschläge im gesamten Bundesgebiet, zuletzt in der Zeit vom 26. Juli bis zum 2. August 1996.
Schließlich erkannte die Führung der P., dass ihre terroristischen Aktivitäten in Deutschland den Zielen der Partei abträglich waren. A. Ö. hatte noch in der ersten Hälfte des Jahres 1996 mit einer Massenerhebung mit hunderten von Toten "in erster Linie in Deutschland" - dem "Feind Nr. 2" nach der türkischen Republik -, Selbstmordattentaten und Anschlägen auf deutsche Touristen in der T. mit der Folge, dass hunderte von Touristen in Metallsärgen nach Deutschland zurückgeschafft werden müssten, gedroht. Nun bezeichnete er die Gewaltaktionen der P./E. in Deutschland als einen auf einem Missverständnis seiner Anordnungen beruhenden Fehler und wies seine Organisation im August 1996 an, derartige Gewaltaktionen in Westeuropa einzustellen.
3.
Die kriminelle Vereinigung innerhalb der P. in Deutschland ab August 1996
Der Funktionärskörper der P./E. hielt sich - mit Ausnahme der gewaltsamen Besetzungsaktionen im Zusammenhang mit der Ergreifung A. Ö. im Februar 1999 - an dessen Anweisung vom Sommer 1996, terroristische und sonstige massenhafte Gewaltaktionen in Westeuropa einzustellen. Weder die Planung noch die Begehung gemeingefährlicher Straftaten durch eine aus den leitenden Kadern der P. in Deutschland bestehende Gruppierung lassen sich nach dieser Zeit zweifelsfrei nachweisen, obwohl die Organisationsstruktur der Partei und die diese Struktur prägenden Grundzüge unverändert blieben und auch in der Folgezeit eine Anzahl ähnlicher Straftaten zu registrieren war. Allerdings haben sich die Mitglieder der P. in der Folgezeit in Deutschland nicht wie von Ö. "garantiert" seitdem gesetzestreu verhalten. Ein gewichtiger Teil der Aufgaben, die dem Funktionärskörper der P. in Deutschland und in anderen Ländern Westeuropas durch die Parteiführung übertragen waren, wurde nach wie vor unter Verletzung von Gesetzen - auch von Strafvorschriften - in die Tat umgesetzt.
a)
Der Bereich "heimatgerichtete Aktivitäten"
Aufgaben dieses Arbeitsbereichs waren die materielle und personelle Unterstützung der Parteiregionen in Kurdistan sowie der Guerillakämpfer, die Rekrutierung von Nachwuchs, die Beschaffung von und die Belieferung mit Ausrüstungsgegenständen, die Organisation eines Kurierdienstes zwischen Westeuropa und der T. bzw. dem N. O. sowie der Reisen im Zusammenhang mit dem regelmäßigen Austausch von Kadern und den damit zusammenhängenden Problemen.
Die Tätigkeit in diesem Bereich war für die Aufrechterhaltung der Infrastruktur und den Ausbau der Organisation im illegalen Bereich der P. von besonderer Bedeutung. In einer A.-Anweisung vom 5. Januar 1997 heißt es dazu, dieser Bereich sei das "Mark unter unseren sämtlichen Arbeitsbereichen", und eine falsche Einstellung dazu stelle ein "großes Verbrechen" dar. Es ging in dem Bereich um die Erledigung logistischer Aufgaben für sämtliche Organisationseinheiten der P. Die Aufgaben waren zentral dem "Heimatbüro" übertragen, das der A. direkt unterstellt war. Eine seiner wesentlichen Aufgaben bestand darin, konspirative Reiseaktivitäten von P.-Kadern zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Ausland, insbesondere unerlaubte Einreisen und illegale Aufenthalte, systematisch zu organisieren. Ebenso wurden illegale Einreisen verdienter oder der Verfolgung durch die türkischen Behörden ausgesetzter, auch kranker oder verletzter Kämpfer nach Deutschland oder zur Durchreise nach S., G. oder in die B. -Staaten vorbereitet, um sie dort kostenloser ärztlicher Versorgung zuzuführen. Zum Teil wurden die reisenden Personen mit verfälschten Ausweispapieren ausgestattet, im Übrigen ging es - vor allem bei Reisen innerhalb Westeuropas zwischen den "Schengen-Staaten" - um die finanzielle und praktische Unterstützung unkontrollierter Grenzübertritte, die Benennung von Anlaufstellen und Unterkunftsmöglichkeiten im Ziel-Staat. Auch die Beratung und Legendierung für Asylverfahren, einschließlich der Hilfe bei der Beschaffung geeigneter rechtlicher Vertretung gehörte dazu.
Für die Ausstattung der Reisekader und der anderen Aktivisten der P. mit falschen Identitäten und vorgetäuschten Aufenthaltsberechtigungen vor allem für Deutschland wurden vom "Heimatbüro" verfälschte Ausweispapiere zur Verfügung gestellt. Die für die Verfälschung benötigten echten Ausweise oder Pässe, in Telefonaten oder Dokumenten zur Verschleierung zunächst als "Hefte", "Asylhefte", "Technik" oder das "Anvertraute", später auch mit Bezeichnungen von Kleidungsstücken wie "Kleid", "Anzug", "Hose", "Jacke", oder "Hemd" u.a. benannt, wurden den Sympathisanten oder sonstigen als "Patrioten" bezeichneten Parteianhängern in den einzelnen Regionen zur Benutzung durch das "Heimatbüro" abverlangt. Die Papiere sollten nach den darin genannten Angaben zu Geschlecht, Alter und Aussehen sowie möglichst hinsichtlich eines "erwünschten" Ausländerstatus des richtigen Inhabers der Papiere möglichst zu den Personen passen, für die Reisedokumente benötigt wurden. Die Verfälschung der Papiere durch das "Heimatbüro" geschah zumeist durch Austausch des Lichtbildes, auf dem anschließend der fehlende Teil des Stempelaufdrucks nachgemacht wurde, gelegentlich jedoch auch durch Radierungen und Veränderung von Eintragungen. Die früher beobachtete Benutzung der Totalfälschung von zum Teil durch Straftaten erlangten Blankopersonaldokumenten ist in den letzten Jahren nicht mehr beobachtet worden. Nach Benutzung der verfälschten Papiere wurden die Veränderungen möglichst rückgängig gemacht und das "anvertraute" Personaldokument dem Inhaber zurückgegeben. Häufig wurden die wahren Inhaber aber auch darauf verwiesen, ihre Papiere als verloren zu melden und sich neue ausstellen zu lassen. Verlustmeldungen wurden regelmäßig auch dann erstattet, wenn die Fälschung der Papiere aufgefallen war. Die gesamte Anzahl der vorgenommenen Verfälschungen ist wegen der von den Ermittlungsbehörden nachvollziehbar unterstellten Dunkelziffer nicht bekannt. Darauf, dass es sich jedenfalls nicht um Einzelfälle handelt, kann jedoch z.B. daraus geschlossen werden, dass bei einer Festnahme an der deutsch-niederländischen Grenze am 24. September 1998 ein Kurier des "Heimatbüros" 40 verfälschte Pässe bei sich hatte.
Die Grundentscheidungen über die "heimatgerichteten Aktivitäten" wurden in der A. getroffen. Zu ihrer Umsetzung wurden das "Heimatbüro" sowie die Leiter der Regionen und der Basisorganisationen angewiesen. Die Zentrale der A. gab für die "heimatgerichteten Aktivitäten" die Zielrahmen vor und bestimmte je nach Bedarf und Dringlichkeit wie viele und welche Personen wohin reisen und mit Pässen und sonstigen Materialien versorgt werden sollten. Zum Teil hatte die A. auch lediglich Anweisungen der Parteiführung in der Heimat umzusetzen. Für die konkrete Ausführung hatten dann die für das "Heimatbüro" tätigen Kader im engen Zusammenwirken mit den Regionsverantwortlichen und anderen leitenden Kadern eigenverantwortlich zu sorgen.
Nach der Festnahme mehrerer hauptamtlicher Kader des "Heimatbüros" im Februar und Oktober 1999 wurden die mit der Begehung von Straftaten verbundenen heimatgerichteten Aktivitäten unter verstärkter Einbindung der Regionsverantwortlichen und der Führungskader auf Europaebene mit den Decknamen "D." und "F." fortgeführt. Im Rahmen des Kaderaustauschs und deren Reisetätigkeit sowie im Zusammenhang mit Ausbildungs- und Schulungsmaßnahmen bedurfte es auch weiterhin grenzüberschreitender Reisen. An diesem Zustand hat sich auch bis zum Ende des hier bedeutsamen Tatzeitraums nichts geändert. Auch in dieser Zeit ist es im Zuge der systematischen Durchführung grenzüberschreitender Reisebewegungen insbesondere von P.-Kadern zu Straftaten der Urkundenfälschung in Form der Verfälschung von Ausweisen und Pässen und solchen des Einschleusens von Ausländern gekommen. Allerdings wurden die Aktivitäten nunmehr vornehmlich über die allgemeinen Strukturen erledigt. In diesem Zusammenhang führte beispielsweise der anderweitig Verfolgte A. S. - Deckname "M." -, der im Jahre 2001 Verantwortlicher für die Region B. war, über den von ihm genutzten und überwachten Mobilfunkanschluss 0... im Zusammenhang mit Passangelegenheiten und Schleusungen eine Reihe von Telefonaten.
Am 12. Juli 2001 teilte er einer männlichen Person am Anschluss des in der T. agierenden Kaders mit dem Decknamen "H.", mit dem er häufig telefonischen Kontakt hatte, mit, man habe "sogar ein Heft geschickt." Als er am 13. Juli 2001 von demselben Gesprächspartner aus der T. gefragt wurde, ob er Stempel besorgen könne, fragte er, ob diese für "jene Papiere notwendig" seien, was sein Gesprächspartner bestätigte.
In einem Gespräch vom 16. Juli 2001 erwähnte "M.", dass "das Foto von Dings" noch nicht gekommen sei und forderte seinen Gesprächspartner auf, auch ein "Heft" zu senden. Am selben Tage telefonierte er mit dem früheren und durch das Kammergericht wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung am 1. August 2000 verurteilten Kader des Heimatbüros H. B. - Decknamen "H." und "G." - und beklagte sich, dass eine nicht namentlich genannte Person "Kleider" und einen "Anzug" zurückgelassen habe. Dem vorrangig für die "heimatgerichteten Aktivitäten" zuständigen Kader "D." versprach "M." am 18. Juli 2001, er werde die "Kleinen mit den Brillen" schicken. Am 23. Juli 2001 unterrichtete er "H.", dass dieser bald eine Lieferung von "Kleidern" erwarten könne. Aus Sicherheitsgründen würden sie in ca. zwei Wochen ohne einen Zwischenmittler eintreffen. Darüber hinaus werde er vier "kleine Hemden" an eine Person und ein "kleines Hemd" an einen anderen schicken. Demselben Gesprächspartner teilte er am 28. August 2001 mit, die Genossen hätten die "Kleinen" geregelt, die "Zeit für sie sei allerdings abgelaufen", sodass man die "Großen" brauche. "H." teilte ihm mit, er habe auch mit dem Genossen "D." gesprochen; man solle sich um "die Großen" kümmern. Auf die Frage des "D.", wie viele "Kleine" er habe, antwortete "M.r" am 5. September 2001, er habe "zehn Anzüge" nach I. geschickt, derzeit habe er einen "großen Anzug" und "sechs Hosen". Jene hätten behauptet, dass "vier Hosen" zu ihnen und von dort weitergegangen seien. Am 23. September 2001 versprach der Gebietsverantwortliche "S." dem ihm übergeordneten "M.", diesem ein "Heft" zu überlassen, und äußerte weiter, in M. seien etwa zwanzig, in H. zwei und möglicherweise auch in L. einige vorhanden. "M." wies ihn an, sie zu sammeln und ihm dann übergeben zu lassen. Dann werde er etwa achtzig haben. Das seien aber immer noch viel zu wenig. Kurz nach diesem Gespräch berichtete "M." dem "D." über das erzielte Ergebnis und versprach, die angeforderten achtzig zu liefern.
Auf die Planung illegaler Reisebewegungen beziehen sich zwei Telefonate zwischen "M." und "D.", in denen es am 15. Juli 2001 um die Einreisemodalitäten eines Arztehepaares aus der T. ging. Am 26. Juli versprach "M." einem Anrufer aus der T., der eine erwünschte Reise zum Studium nach Deutschland mangels eines Reisepasses und wegen finanzieller Schwierigkeiten nicht antreten konnte, dass "M.t" ihm etwas schicken wolle. Er solle sich einen Pass ausstellen lassen und bei der Beantragung des erforderlichen Visums - wahrheitswidrig - als Mitglied einer Folkloregruppe ausgeben.
Schließlich erklärte auch der damalige Sektorleiter Nord mit dem Decknamen "S." in zwei Telefonaten am 4. November 2001 mit "D.", man benötige dringend "ein Kleid der Größe 50/55". Es sei ganz dringend und möglichst sei es von jemanden zu nehmen, den man gut kenne. "S." fragte seinen Gesprächspartner mehrfach, ob er ihn auch richtig verstanden habe. Dieser sicherte zu, es am nächsten Tag zu besorgen. "S." wollte sich nach der Art erkundigen, da manche "Jacken" und andere "Dings" anzögen. In dem zweiten Gespräch teilte "S." mit, es sei für seinen Onkel, solle die "Größe 50" haben und nicht allzu sehr getragen sein, da es sonst unhöflich sei.
b)
Der Bereich demonstrativer Gewalttaten
Die P.-Führungsebene in Deutschland setzte die bis 1996 geübte Praxis fort, mit demonstrativen Aktionen, auch unter Begehung von Gewalttaten, etwa im Zusammenhang mit Besetzungsaktionen, auf aktuelle politische Ereignisse im Heimatland zu reagieren. Herausragendes und besonders bedeutsames Beispiel dafür waren die zentral gesteuerten gewaltsamen Besetzungsaktionen in der Nacht vom 15. zum 16. Februar 1999 und an den folgenden Tagen, nachdem der Parteiführer Ö. am 15. Februar 1999 nach dem Verlassen der griechischen Botschaft in N./K. ergriffen und in die T. verbracht worden war. Die Europaführung der P. hatte bereits zuvor, nachdem sich abgezeichnet hatte, dass Ö. in Westeuropa kein Asyl finden würde, unter der Leitung des damaligen Europaverantwortlichen "S." einen Krisenstab aus hochrangigen und mit den Strukturen auf europäischer Ebene vertrauten Führungskadern gebildet. Zu ihnen gehörte auch der bis dahin als Regionsverantwortlicher "Nord" eingesetzte H. K. - Deckname "C." -. Dieser Stab sollte Strategien entwickeln, um die Suche des Parteiführers nach einem geeigneten Aufenthaltsort wirksam durch demonstrative Aktionen unterstützen zu können. Die Funktionäre des Stabes erteilten den nachgeordneten Kadern die Anweisung, die "Masse" zu mobilisieren und bereit zu halten, um aus gegebenem Anlass jederzeit wirkungsvolle Aktionen durchführen zu können. Nach Bekanntwerden der Verhaftung Ö. ordnete die Europaführung der P. die sofortige Durchführung von Besetzungsaktionen gegen diplomatische und konsularische Vertretungen von G. und K. an. Die Anweisungen ergingen an die Regionsverantwortlichen, die ihrerseits die Strukturen auf Gebietsebene und insbesondere die örtlichen Vereine einsetzten. Dadurch kam es am frühen Morgen des 16. Februar 1999 in den deutschen P.-Regionen zu Besetzungsaktionen. Diese richteten sich in der damals noch ungeteilten Region Mitte gegen die griechische und die kenianische Botschaft in B., das griechische Generalkonsulat in D. und das griechische Konsulat in K., in der Region Süd gegen das griechische Generalkonsulat und das kenianische Verkehrsbüro in F. a. M., in der Region B. gegen das griechische Konsulat in B. und das griechische Generalkonsulat in L., in der Region B. gegen das griechische Konsulat in S., in der Region B. gegen das griechische Generalkonsulat in M., in der Region Nordwest gegen das Parlamentsgebäude (Bürgerschaft) in B. und in der Region Nord gegen das griechische Generalkonsulat in H. Dabei kam es insbesondere bei den Besetzungen der griechischen Auslandsvertretungen in D., F. a. M., H., K., L. und S. zu gewaltsamen Auseinandersetzungen mit der Polizei, zu Sachbeschädigungen in großem Ausmaße und zu Körperverletzungen.
Während sich die zentral gesteuerten Besetzungsaktionen am 16. Februar 1999 - mit Ausnahme der versuchten Erstürmung des Parlamentsgebäudes in B. am Nachmittag - auf griechische und kenianische Einrichtungen beschränkten, wurden am 17. Februar 1999 und am Folgetag auf Anordnung der Führungsebene neben dem israelischen Generalkonsulat in B. bundesweit überwiegend Parteibüros besetzt. Betroffen waren davon insbesondere SPD-Büros in K. (Region Mitte), S. (Region B.), M. (Region B.), L. (Region B.) und H. (Region Nordwest), Büros der Partei Bündnis 90/Die Grünen in E. (Region Mitte) und S. (Region Baden) und der saarländische Landtag in S. (Region Süd). Bei dem Versuch der Besetzung des israelischen Generalkonsulats in B. auf Anweisung von H. K. wurden vier Kurden durch Schüsse der im Gebäude eingesetzten israelischen Sicherheitskräfte tödlich verletzt, während mit Hieb- und Schlagwerkzeugen bewaffnete Kurden vor dem Gebäude 27 Polizeibeamte verletzten.
Neben diesen Aktionen in Deutschland kam es auch zu zentral gesteuerten Besetzungsaktionen im Ausland, von denen vornehmlich Botschaften und Konsulate der von der P. so bezeichneten Komplottstaaten G. und K. betroffen waren. Die Aktionen richteten sich gegen griechische Vertretungen in D.H., B., L., K., W., B., Z., P., S., M. und M. sowie die kenianische Botschaft in W..
Neben den genannten Besetzungsaktionen kam es als Reaktion auf die Festnahme Ö. in der Bundesrepublik Deutschland auch zu einer Vielzahl von Brandanschlägen gegen türkische Einrichtungen. Derartige Anschläge wurden auch nach der Verkündung des Todesurteils gegen den Parteiführer am 29. Juni 1999 durchgeführt. Für eine zentrale Steuerung dieser Aktionen durch die europäische Führungsebene der P./E. haben sich bisher jedoch keine hinreichenden Beweise finden lassen. Die Ermittlungsbehörden gehen allerdings davon aus, dass die Tatumstände in einigen Fällen, in denen zeitgleich am selben Ort mehrere gleichartige Objekte, etwa türkische Reisebüros, mit Brandsätzen angegriffen wurden, auf eine Koordinierung zumindest auf unterer Hierarchieebene - etwa Gebiets- oder Raumebene - hindeuten.
Nach der Bestätigung des Todesurteils gegen A. Ö. am 25. November 1999 blieben Anschläge aus..."
"c) Anmaßung und Ausübung von StrafgewaltAus dem Anspruch alleinige Vertreterin der Belange aller Kurden zu sein, hielt sich die P./E./Y. für berechtigt, gegen Verhaltensweisen, die sie als schädlich für die Erreichung ihrer Ziele einstufte, mit allen Mitteln, auch durch die Begehung von Straftaten, vorzugehen. Zu diesem Zweck wurde ein so bezeichnetes "Strafsystem" entwickelt, das von Anhängern und Kadern der Organisation anerkannt und über ihre Strukturen umgesetzt wurde. Dabei wurde eine Strafe, je nach der Bedeutung des zu ahndenden Sachverhalts, durch Funktionäre der verschiedenen Hierarchieebenen festgesetzt und unter Einbindung der für den jeweiligen Bereich verantwortlichen Kader umgesetzt und vollstreckt. Insbesondere handelte es sich bei den Bestrafungen um Delikte gegen die körperliche Unversehrtheit, Freiheitsberaubungen, Nötigungen und Bedrohungen. Von derartigen Maßnahmen betroffen waren sowohl Angehörige der Organisation als auch Außenstehende, deren Verhalten als die Partei schädigend betrachtet wurde. Selbst die private Lebensführung oder die Einstellung der betroffenen Kurden konnte, wenn sie nicht mit den Vorstellungen der Führungsebene und den Regeln der Organisation übereinstimmte und das gezeigte Verhalten die Parteibelange zu beeinträchtigen geeignet war, Anlass für ein Eingreifen werden.
Die Anmaßung dieser Straf- und Disziplinargewalt durch alle Hierarchieebenen der Partei geht bereits auf die achtziger Jahre zurück und führte insbesondere in für die P. krisenhaften Situationen zur Ausführung selbst schwerster Straftaten auf Anweisung der Parteiführung.
So kam es in der Zeit von 1984 bis 1987 nach einem Konflikt zwischen A. Ö. und dem den autoritären Führungsstil sowie den Einsatz von Waffengewalt zur Erreichung der Parteiziele kritisierenden hochrangigen Kader C. G. - Deckname "S." - zu Tötungsdelikten, um einer Spaltung der Partei und dem Aufkommen kurdischer Konkurrenzorganisationen entgegenzuwirken. So genannte "Abweichler", "Mittelwegler", "Verräter", "Provokateure", "Kollaborateure" und "Agenten" wurden auf Befehl des Parteiführers oder mit seinem Einverständnis auf Befehl der Europaführung der P. aufgespürt und bestraft. Dabei ging die Partei zunächst gegen Freunde und Anhänger des "S." vor. Die geplante Tötung des M. B. am 29. Mai 1984 bei N.-O. scheiterte, weil dieser sich seinen Entführern durch Flucht entziehen konnte. Jedoch wurden in der Nacht vom 4. auf den 5. Juni 1984 M. B. in B., am 20. Juni 1984 E. A. in U./Sch. und am 7. August 1984 in R. Z. G. umgebracht. Sodann wurde auf Befehl A. Ö. der Bereich "Parteisicherheit, Kontrolle und Nachrichtenwesen" gebildet, der als terroristische Vereinigung innerhalb der P. wirkte und in Europa zur Tötung von Personen eingesetzt wurde. Am 2. November 1985 gelang es, den in Sch. aufgespürten "S." in S. auf einer öffentlichen Versammlung zu erschießen. Am 4. November 1985 wurde in Kopenhagen M. T., Vorsitzender der kurdischen Organisation K., am 25. Februar 1986 in H. K. T., der sich gegen das gewaltsame Vorgehen der P. innerhalb der eigenen und gegenüber anderen Organisationen gewandt hatte, am 3. Mai 1987 in H. das Mitglied des Bundesvorstandes der K. R. A. und schließlich am 9. Juni 1987 in oder bei K. der aus Sch. nach dort gelockte A. H. getötet, der in Verdacht geraten war, als Agent für die türkischen Sicherheitskräfte zu arbeiten.
Parallel zu diesen Taten wurde in den Parteimedien wiederholt die "erbarmungslose" "Bestrafung" von "Verrätern", "Agenten" und "Kollaborateuren" als legitim und unausweichlich angekündigt - so in der "S." Nr. 47 von November 1985 -, während A. Ö. selbst in seiner in der "S." Nr. 49 von Januar 1986 wiedergegebenen Neujahrsbotschaft zum Jahre 1986 ausführte, den Aussteigern werde man "das Atmen nicht erlauben" und sie "nicht leben lassen", den "Verrätern" werde "kein Recht zum Überleben" eingeräumt und "Agenten" und "Kollaborateure" werde man "erbarmungslos liquidieren".
Auf dem dritten Parteikongress im Oktober 1986 im L. wurden die Einführung eines nationalen Verurteilungsgesetzes und einer eigenen Gerichtsbarkeit beschlossen. In den Beschlüssen der E. vom 30. Oktober 1986 wurde die Ausübung der Strafgewalt durch die Führung des nationalen Befreiungskampfes legitimiert. In drei Artikeln wurde sodann das System von "Vergehen und ihren Strafen in Kurdistan" wie folgt beschrieben:
"1. Gegen den nationalen Befreiungskampf Kurdistans gerichtete Tätigkeiten wie direkte Vereinigung mit dem türkischen Kolonialismus sowie Aktivitäten für diese als Kollaborateur, Helfer, Spion, Milizangehöriger und Informant. Dieses ist offener Verrat am Volk und an der Heimat. Die Strafe für Verrat ist der Tod.2. Die Benutzung von Bezeichnungen wie "kommunistisch", "revolutionär", "patriotisch" und "nationalistisch", während die Voraussetzungen für diese tatsächlich nicht erfüllt werden und stattdessen politische Doppelzüngigkeit, Unterwürfigkeit, Kollaboration, Verleumdung, Liquidation u.Ä. betrieben wird, eine hierdurch entstehende konträre Haltung gegenüber dem nationalen Befreiungskampf Kurdistans, der Kampf gegen diesen, der Versuch, diesen in seiner Entwicklung zu behindern, andere in diesem Sinne aufzufordern und ähnliche Formen von verkapptem Dienst für den türkischen Kolonialismus. Dieses ist die zweite, maskierte und politisch geprägte Form des Verrats gegenüber der Realität der Heimat und des Volkes. Die Strafe für solchen Verrat ist zunächst der Versuch, durch Ermahnung davon abzukehren, und die Zerstörung der organisatorischen Struktur. Falls derjenige trotzdem damit fortfährt, ist der Tod die Strafe.
3. Es bedeutet ein Vergehen an der Sache der Heimat, des Volkes und der Befreiung, nicht gegen den türkischen Kolonialismus zu kämpfen, keinen Widerstand zu leisten, nicht an dem nationalen Befreiungskampf teilzunehmen, ihn ideell und materiell nicht zu unterstützen, sich der kolonialistischen Vorherrschaft zu beugen und auf ähnliche Weise indirekt der kolonialistischen Vorherrschaft zu dienen. Bei solchem Vergehen wird derjenige ermahnt, und es wird versucht, ihn durch Aufklärung und Überzeugung dazu zu bringen, dass er dem Kampf dienlich ist. In Fällen, wo dieser Zustand trotz solcher Bemühungen fortdauert, werden in angemessener Form und als eine Notwendigkeit der Volkszugehörigkeit Geldstrafen, Strafen in Form von anderen materiellen Werten, Zwangsarbeit in revolutionären Aufgaben u.Ä. Strafen verhängt.
Zusatzartikel: Dieses Gesetz wird in der Praxis durch die Kommitees, Organisationen und Streitkräfte der E. angewandt.
30. Oktober 1986
Nationale Befreiungsfront Kurdistans
E."
Diese Beschlüsse bildeten die formale Grundlage für die vorangegangenen und späteren Tötungsdelikte sowie andere Delikte gegen die körperliche Unversehrtheit und die persönliche Freiheit, insbesondere auch für eine Anzahl von Fällen, in denen im Jahre 1987 Personen, die die Partei kritisiert hatten oder von der offiziellen Parteilinie abgewichen waren, zum Teil über längere Zeit in "Parteihaft" genommen wurden, bis sie Selbstkritik geübt und sich unterworfen hatten.
Auch nach der Neuorganisation der P. in Europa zu Anfang der neunziger Jahre wurde die zuvor geübte Disziplinierungs- und Bestrafungspraxis zunächst 1993/1994 fortgeführt, nachdem sich eine neue krisenhafte Situation herausgebildet hatte. 1993 hatte sich um S. C., Gründungsmitglied und ehemals hochrangiger Funktionär der P., eine oppositionelle Gruppe gebildet, die insbesondere in Deutschland an Einfluss gewann und zum Sturze Ö. sowie zu einer Demokratisierung der Partei aufrief. Zudem drohte nach dem Erlass des Betätigungsverbots am 22. November 1993 eine Auflockerung der Organisationsstrukturen und eine Aufweichung der Parteidisziplin. Die Führung der P. versuchte das durch ein striktes Einfordern der Beachtung der Parteipflichten, insbesondere des Prinzips von Befehl und Gehorsam sowie durch ein konsequentes und kompromissloses Durchgreifen in jedem Fall der Zuwiderhandlung zu verhindern. In der "S." Nr. 146 vom Februar 1994 warnte A. Ö. unter der Überschrift "Die Schuld, die Gerichtsbarkeit und die Strafe in der P. und im nationalen Befreiungskampf" nach dem Eingangssatz:
"Die Verräter, die gedankenlos Handelnden und die Sklaven haben kein Recht auf Freiheit oder Leben. Ihr Leben ist schlimmer als der Tod. Nur die Freiheitskämpfer, aber auch nur sie, haben das Recht, sie zu schlagen",im weiteren Text dann u.a.:
"Die Verräter, die gedankenlos Handelnden und die Sklaven haben kein Recht auf Freiheit und Leben. Man kann sie nur zu einer Kenntnisnahme (Bewusstmachen) und Warnung einladen. Aber, wenn dies mit Beharrlichkeit fortgesetzt wird, entsteht das Recht, sie zu bestrafen. Und das ist im Kern die Bedeutung der Strafe. Anders können wir die Menschen mit keinem anderen Grund bestrafen. Wer auf Verrat, Sklaverei und gedankenloses Handeln und ähnliche Vergehen beharrt, und trotz Kritik, trotz Warnung und trotz Überredens, trotzdem darauf beharrt, der wird mit dem Tode bestraft."Dabei sprach er ausdrücklich von einer Gerichtsbarkeit der P., wenn im Folgenden ausgeführt wird:
"Das Hauptstrafgesetz in Kurdistan hat eine solche Bedeutung. Das ist ein richtiges Strafgesetz. (...)Eine Partei stellt natürlich auch eine rechtliche Macht dar, weil sie über Gewalt verfügt. Eine Partei, die auf Gewalt verzichtet, kann keine rechtliche Macht darstellen. Um eine rechtliche Macht darstellen zu können, muß man die Strafe, die aus einem Straftatbestand folgt, vollziehen können.
Folglich sprechen wir von der Gerichtsbarkeit durch die P.. Von der Macht, ihr Rechtssystem durchzusetzen. Warum? Weil sie den Straftatbestand bewerten, die Strafe verhängen und sie auch vollziehen kann. Natürlich schafft sie das nicht bei allen allgemeinen Straftatbeständen. Jetzt schafft sie es begrenzt. Wir können aber behaupten, daß sie mit jedem Tag ihre Ausführungen ausweitet und entwickelt."
Auf der dritten nationalen Konferenz der P. im März 1994 wurden die auf dem dritten Parteikongress 1986 beschlossenen Grundzüge des "Strafsystems" novelliert. Es fand eine verbindliche Einteilung der Straftaten mit differenzierten Strafandrohungen zu beispielhaft genannten Bereichen des politischen, des militärischen und des privaten Lebens statt. In einem Kapitel mit der Überschrift "Strafsystem" werden die Straftaten wiederum drei unterschiedlichen Kategorien zugeordnet:
"1. Straftaten, die gegen das Vaterland und die nationale Befreiung begangen werden: Die Straftaten sind politischer Art, die gegen die Ordnung, die auf der Grundlage unseres nationalen Befreiungskampfes entsteht, die gegen die kurdische Heimat und die Interessen des Volkes begangen werden. Diese Straftaten werden vor Unabhängigkeitsgerichten verhandelt. (...)2. Militärische Straftaten: Dies sind Straftaten, die innerhalb der Armee gegen die Armee und den Krieg begangen werden. Diese Straftaten werden vor den Militärgerichten verhandelt. (...)
3. Juristische Straftaten: Dies sind Straftaten, die die neue Moral und Ordnung der nationalen Befreiung innerhalb der Gesellschaft zerstören. Diese Straftaten werden vor den Volksgerichten verhandelt. (...)"
In jeder dieser Kategorien wurde eine Unterteilung in Straftaten ersten bis dritten Grades mit je einem eigenen Strafmaß vorgenommen. Straftaten ersten Grades werden danach mit langjährigen Gefängnisstrafen oder mit dem Tode, Straftaten zweiten Grades mit Gefängnisstrafen nicht unter drei Jahren, Straftaten dritten Grades mit Gefängnisstrafen bis zu drei Jahren bestraft.
In der ersten Kategorie (Straftaten "gegen das Vaterland und gegen die nationale Befreiung") werden als "Straftaten ersten Grades", die mit dem Tode bestraft werden können, u.a. "Vaterlandsverrat", "Spionage", "nachdrückliches Nichtanerkennen der Autorität der nationalen Befreiung", "Verschwörertum und Provokation" sowie die "Abweichung von den politischen Aktionen der Partei und der Parteilinie der nationalen Befreiung oder die Sabotage derselben" benannt.
In der zweiten Kategorie ("Militärische Straftaten") werden als
Handlungen, die eine Straftat ersten Grades darstellen, u.a. "Lebens- und Beziehungsformen, die die Sicherheit der Einheit gefährden, die Kampfdisziplin zerstören und dem revolutionären Kampf Schaden zufügen" angeführt.
Zu den Straftaten der dritten Kategorie ("Juristische Straftaten") gehört als Straftat dritten Grades auch die "Steuerverweigerung", also die Weigerung, die als monatlichen Beitrag oder Jahresspende von der Organisation festgesetzten Beträge zu entrichten.
Im Juli 1994 kündigte A. Ö. in dem Parteiorgan "B." in einem Artikel mit Anweisungscharakter weitere Bestrafungen an. Er äußerte, die schlimmsten Feinde seien die in den eigenen Reihen und diesen werde man "keine Lebenschance geben". In einer Erklärung der E.-Europavertretung, die im Oktober 1994 in der "B." veröffentlicht wurde, wurde - ebenso wie in einer späteren Erklärung im Februar 1995 - unverhohlen die Tötung C. angedroht.
Die von der dritten nationalen Konferenz niedergelegten Regularien für ein "Strafsystem" wurden mit Beschlüssen des im Januar 1995 abgehaltenen fünften P.-Kongresses fortgeschrieben. In dem "Beschluss über die Gerichtsbarkeit und das Strafsystem in Kurdistan" wird die Dreiteilung des "Strafsystems" mit jeweils drei Kategorien von Straftaten, denen jeweils exemplarisch ausgewählte strafbare Verhaltensweisen und ein Strafrahmen zugeordnet werden, beibehalten. Die Regelungen sind jedoch weiterhin derart unbestimmt verfasst, dass den je nach Schweregrad der Verfehlung in der Hierarchie zuständigen Kadern der Partei ein breiter Ermessensspielraum bei der Feststellung von "Straftaten" und der Zumessung von Strafen bleibt. Den Verfahrensregelungen ist zu entnehmen, dass Todesurteile gegen Parteimitglieder der Bestätigung des Zentralstabs und des Generalsekretariats der Partei bedürfen; in der Praxis hängt die Notwendigkeit einer Zustimmung Ö. von der Bedeutung der zu bestrafenden Person ab. Bei der Durchsetzung der Strafgewalt kommt in der streng hierarchischen Organisation der Partei dem Berichtswesen eine besondere Rolle zu. Dieses verpflichtet die Leiter sämtlicher Organisationsebenen auch zum Bericht über Sachverhalte, die sich aus Sicht der Organisation als Straftaten darstellen, sei es zur Unterrichtung über eine bereits erfolgte Bestrafung oder - wenn die eigene Kompetenz nicht ausreicht - zur Vorbereitung der Entscheidung einer höheren Organisationsebene.
In der Praxis erschöpfte sich die Bedeutung des nur unvollkommen ausgeführten "Strafsystems" darin, formale Grundlage dafür zu sein, jedes Verhalten nicht nur von Angehörigen der Organisation, sondern auch von anderen Volkszugehörigen zu ahnden, das aus Sicht der P. und ihrer Funktionäre deren Interessen in irgendeiner Weise beeinträchtigte, selbst wenn diese Beeinträchtigung nur darin bestand, dass die Lebensführung oder die Einstellung der Betroffenen nicht den Vorstellungen der Führungsebene oder den Regeln der Organisation entsprachen.
Dabei galt der Strafgewaltsanspruch nicht nur für aus Sicht der P. sanktionswürdiges Fehlverhalten "in Kurdistan", sondern auch in Europa. Das zeigen, neben der Bestrafungspraxis die Beschlüsse des fünften Kongresses, in denen es unter der Überschrift "Europäische Frontaktivitäten" u.a. heißt:
"Die materiellen und geistigen Werte müssen peinlichst gehütet und jegliche Vorkehrungen zu ihrem Schutz getroffen werden. Bei falschem Verhalten gegenüber den Werten muß umgehend eingeschritten und erforderlichenfalls Sanktionen erlassen werden. Es müssen Vorkehrungen gegen Bemühungen, die sich gegen unser Volk und unsere organisatorische Existenz in Europa wenden, getroffen werden. Auf dieser Grundlage muß der eigene Verteidigungsmechanismus befähigt und notwendige Verhaltensformen gegenüber Verrätern, Faschisten und Kollaborateuren in die Praxis umgesetzt werden."Neben diesen Strafregularien wurde in der Satzung der P. vom 24. Januar 1995 zur Kontrolle der Parteidisziplin ein "Zentraler Disziplinarrat" geschaffen mit der alleinigen "Aufgabe und Kompetenz, sämtliche Vorfälle von Disziplinlosigkeit innerhalb der Partei zu untersuchen und über sie zu entscheiden". Eine in dessen Zuständigkeit fallende "Straftat gegen die Partei" stellt es - entsprechende Regelungen finden sich auch in der Satzung der P. vom 17. Januar 2000 sowie auch noch in der Satzung des K. vom April 2002 - dar,
"die Parteidisziplin zu verletzen, sich nicht an die Bestimmungen in der Satzung zu halten und sie nicht einzuhalten, gegen die Parteilinie zu sprechen oder Propaganda zu betreiben, die Beschlüsse und Anweisungen der Partei nicht auszuführen oder ihre Berechtigung in Frage zu stellen, die Lebensweise und die offiziellen Regeln der Partei zu verletzen, Parteigeheimnisse zu verraten, die Werte und Mittel der Partei nicht zu schützen ... (...) Gegen diejenigen Personen, die Straftaten gegen die Partei begehen, werden je nach der begangenen Straftat die Strafen der Verwarnung, der Einschränkung der Aufgabe, der Amtsenthebung, des Einfrierens der Mitgliedschaft, des vorübergehenden Ausschlusses und des Ausschlusses aus der Partei verhängt."Parallel zur Fortschreibung des "Strafsystems" kam es im Jahre 1994 in Deutschland erneut zu Bestrafungsaktionen, die zur Disziplinierung innerhalb der Organisation und zur Erhaltung ihres Alleinvertretungsanspruchs dienen sollten.
Am 2. Mai 1994 wurde in K. ein Mordanschlag auf A. A. verübt, weil er sich geweigert hatte, weiterhin für die Partei tätig zu sein. Er hatte 1988 als hochrangiger Parteikader im Exekutivkomitee der P. bei Bestrafungsaktionen gegen zwei Parteiaussteiger mitgewirkt und war vom erkennenden Senat am 30. Juni 1992 zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Nach seiner Entlassung hatte er sich in das Privatleben zurückgezogen und weitere Tätigkeiten für die P. auch nach Bedrohungen abgelehnt. Ein aus S. eingereister P.-Funktionär mit dem Decknamen "H." schoss in Tötungsabsicht auf Weisung der Parteiführung mehrfach mit einer Selbstladepistole auf A. und verletzte ihn schwer, nachdem dieser sich auch ihm gegenüber geweigert hatte, zur Organisation zurückzukehren bzw. mit "H." eine Wohnung aufzusuchen, in der ein hochrangiger P.-Funktionär mit ihm reden wollte.
Am 7. Oktober 1994 griffen im Auftrage der - insoweit entweder auf Weisung der Europaführung der P. oder in Absprache mit dieser handelnden - Verantwortlichen der P.-Region Nord, A. Y. - Deckname "A." - mehrere bisher nicht identifizierte Mitglieder eines "Bestrafungskommandos" in B. mit massiver Gewalt F. K. an, der ein enger Freund des S. C. war und diesen in seine Wohnung in B. aufgenommen und unterstützt hatte. Die Täter schlugen ihr Opfer mit mehreren Werkzeugen auf den Kopf und versetzten ihm vier lebensgefährliche Messerstiche in den Brust- und Bauchraum, wobei sie seine Tötung in Kauf nahmen. Nur durch eine Notoperation konnte sein Leben gerettet werden.
Am selben Abend wurde in H. H. A., der ebenfalls eine enge Beziehung zu S. C. unterhielt, von einem "Bestrafungskommando" unter Inkaufnahme seiner Tötung angegriffen. Durch mehrere Schläge mit einem Baseballschläger oder einer Eisenstange auf den Hinterkopf erlitt er einen Schädelbruch und eine Gehirnblutung. Da Anwohner auf das Geschehen aufmerksam wurden, ließen die Täter vorzeitig von ihrem Opfer ab.
Beide Taten dienten dazu, ein deutliches Zeichen gegen die Unterstützer des untergetauchten S. C. zu setzen, andere von dessen Unterstützung bzw. von der Unterstützung der von ihm vertretenen Linie abzuhalten und so den Alleinvertretungsanspruch der Partei und die Machtstellung Ö. zu sichern.
Dass es sich auch bei der am 17. Dezember 1994 in W. auf offener Straße erfolgten Erschießung des C. I. - Deckname "H." - um eine Bestrafungsaktion der P. gehandelt hat, vermochte der Senat nicht mit Sicherheit festzustellen. Zwar war der Getötete lange Zeit in führender Funktion im Guerillakampf und als Mitglied des Zentralkomitees der P. tätig gewesen, hatte sich nach internen Auseinandersetzungen mit Ö. von der Partei abgewandt, war Ende 1989 mit Gleichgesinnten in den I. geflüchtet und hatte nach seiner Freilassung nach ca. 18 Monaten Haft dort Anfang 1993 in Deutschland Zuflucht gesucht. Sichere Feststellungen zu seiner Tötung haben die Ermittlungsbehörden jedoch nicht treffen können. Das vom Bundeskriminalamt insoweit mitgeteilte Geständnis des A. Ö. vom 22. Februar 1999 gegenüber Staatsanwälten am Staatssicherheitsgericht der T., er habe selbst die Anordnung zur Vollstreckung der vom Zentralkomitee gegen C. I. verhängten Todesstrafe erteilt, vermochte der Senat seinen Feststellungen nicht zugrunde zu legen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat entschieden, die türkischen Justizbehörden hätten im Verfahren gegen Ö. den Grundsatz des fairen Verfahrens verletzt.
aa)
Bestrafungsaktionen aus der Zeit von 1996 - 1999
Auch in den folgenden Jahren nahm die Organisation - wenn auch auf die Tötung von "Abweichlern" gerichtete Bestrafungsaktionen in Deutschland in dem hier bedeutsamen Anklagezeitraum nicht mehr feststellbar waren - weiterhin die Strafgewalt für sich in Anspruch. So kam es auf den nachgeordneten Funktionsebenen der P./E./Y. nach wie vor zu Bestrafungsaktionen mit dem Ziel, die Autorität der Organisation und ihrer Funktionäre aufrechtzuerhalten.
(1)
Der Verantwortliche für die P.-Region Süd, H. Y. - Deckname "F." - wies in mehreren Telefongesprächen im Jahr 1996 ihm unterstellte Gebietsverantwortliche an, gegen Kurden, die nicht zu einer Veranstaltung oder Schulung gehen wollten, Gewalt anzuwenden und sie durch Schläge zu disziplinieren.
(2)
In der P.-Region Baden kam es im Jahr 1997 auf Anordnung des damaligen Regionsverantwortlichen M. S. - Decknamen "A." und "M.t" - zu mehreren Bestrafungsaktionen, die der Sicherung seiner Autorität und der Parteidisziplin innerhalb dieser Region dienen sollten. Dabei ordnete er die Aktionen entweder konkret
oder in genereller Weise in der Art an, dass er die Auswahl der Opfer den vor Ort tätigen Raum- oder Gebietsverantwortlichen überließ und sich später über den Verlauf der Aktionen und deren Ergebnis berichten ließ. Er wies ihm unterstellte Kader und Aktivisten in zahlreichen Telefongesprächen an, zahlungsunwillige oder sich widerspenstig zeigende Landsleute zusammenzuschlagen, wobei er stets besonderen Wert darauf legte, dass die Opfer hart angefasst wurden.
(3)
Am 12. Mai 1997 wurde der Kurde H. Y., dem Verstöße gegen die Parteidisziplin vorgeworfen wurden, auf Anweisung S. und des stellvertretenden Regionsverantwortlichen mit dem Decknamen "A." von mehreren P.-Aktivisten durch Schläge und Tritte erheblich verletzt, nachdem das Opfer bei seiner Wohnung in S. aufgegriffen und mit einem Pkw in einen Wald verbracht worden war.
(4)
Im Juli 1997 ordnete S. an, den Kurden V. A. zu bestrafen, weil dieser sich - auch durch eine Strafanzeige - gegen die Tätigkeit seiner 17-jährigen Tochter für die P./E. zur Wehr gesetzt hatte. Nachdem die Aktion wegen Schutzmaßnahmen der Polizei zunächst nicht durchgeführt werden konnte, drangen in der Nacht zum 25. Juli 1997 mehrere mit Holzknüppeln bewaffnete P.-Aktivisten in die Wohnung des A. in S. ein, wo sie diesen verprügeln wollten, ihn jedoch nicht antrafen.
(5)
Am 24. September 1997 wurde der Kurde A. R. durch drei P.-Aktivisten in S. angegriffen, weil er sich den Anordnungen der Partei widersetzt und als Zeuge Angaben zu einer gewaltsamen Beitreibung von Geldern gemacht hatte. Er galt daher als "Verräter". Den Auftrag zu dieser Bestrafungsaktion hatte ein P.-Kader mit dem Decknamen "K." erteilt, der den Regionsverantwortlichen M. S. vertrat, weil dieser für einige Tage zu einer Schulungsmaßnahme auf A.-Ebene in die N. beordert worden war. "K." wusste von der harten Linie seines Vorgesetzten bei der Bestrafung widerspenstiger Landsleute und unterrichtete diesen telefonisch über den Vollzug. R. wurde mit einem Stuhlbein niedergeschlagen und am Boden liegend durch Faustschläge und Tritte misshandelt und erlitt erhebliche Verletzungen.
(6)
Am 3. Oktober 1997 schließlich wurde auf Anweisung des "K." der Kurde A. Ö. Opfer einer Bestrafungsaktion, weil er unerwünschte Kontakte zu einem nationalistischen türkischen Freizeit- und Kulturverein in Weil der Stadt unterhielt. Er wurde von P.-Aktivisten in dem türkischen Verein aufgesucht, mit einer Pistole bedroht und durch einen Schlag mit einer Bierflasche am Kopf verletzt. Auch über diese Aktion berichtete "K." dem Regionsverantwortlichen M. S., der sich zu den gegen A. R. und A. Ö. durchgeführten Bestrafungsaktionen lobend äußerte.
(7)
Auch der am 14. Mai 2003 deswegen durch das Urteil des OLG Düsseldorf rechtskräftig verurteilte S. H. - Deckname "A." - kannte die von der P. geübte Bestrafungsweise und ordnete 1997 selbst derartige Maßnahmen an.
(8)
Am 31. Mai 1997, als er vertretungsweise Kadertätigkeiten in M. wahrnahm, wurde ihm mitgeteilt, es habe am Donnerstag eine "Volksversammlung, besser gesagt, das Volksgericht (stattgefunden). Die zwei Personen haben wir vor das Volk gestellt. Wir haben es positiv beendet." Auf die Frage, ob man ihnen verziehen habe, erklärte der Anrufer, das Volk habe es so gewollt. Es handele sich um zwei Personen, die letztes Jahr "etwas Negatives" angestellt hätten.
(9)
In der Zeit, in der H. vorübergehend den Sektor Süd leitete, ordnete er am 26. September 1997 telefonisch an, eine Person namens A. - Deckname "C." - abzuholen und für zwei Tage in Haft zu nehmen. Als ihm am Abend berichtet wurde, man habe A. gefunden, erklärte er: "Das ist der, der uns alle betrogen hat. Du wirst ihn durchsuchen und legst ihm Handschellen an ... Nimm ihn allein mit. Wir fangen langsam an. Jemand soll bei ihm bleiben. Er ist für 24 Stunden verhaftet." Als am Folgetag ein Anrufer aus F. a. M. mitteilte, dass sich "C." noch in ihrem Gewahrsam befinde, erteilte H. die Anweisung zu einem Verhör mit den Worten: "Frag ihn, was er sich dabei gedacht hat, dass er uns betrogen hat."
(10)
Auch zur Eintreibung von festgesetzten Geldern ordnete er an, erforderlichenfalls mit Gewalt vorzugehen. In einem Telefonat vom 7. August 1997, in dem der Anrufer mitteilte, dass "N." die Gelder nicht vollständig beigebracht habe, erwiderte der Angeklagte: "Du musst das Geld von N. verlangen ... Er muss Leute mit dem Kopf gegen die Wand schlagen, einen erschießen, mit dem Auto dagegen fahren, egal wie, er muss das Geld beschaffen!"
(11)
Körperliche Züchtigungen ordnete H. mehrfach an. Am 6. September 1997 reagierte er bei einem Telefonat auf die Mitteilung, eine bestimmte Person schreie den Anrufer an und bezichtige ihn der Lüge mit der Aufforderung: "Versetze ihnen zwei Schläge!". Am 2. Dezember 1997 berichtete ein Anrufer, dass es mit "S." nicht laufe, man habe keine andere Wahl, als ihn zu schlagen. Der Angeklagte erklärte daraufhin: "Du sollst ihn schlagen!" Der Anrufer solle jedoch nicht am Telefon darüber sprechen und die Person zu ihm bringen. Mit dem Kommentar: "Gut gemacht!" begrüßte H. bei einem Telefonat vom 5. Oktober 1997 die Mitteilung, dass eine Person, die nicht zur Versammlung habe kommen wollen, zwei Ohrfeigen erhalten habe.
S. H. hat vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf zu seiner Mitwirkung bei der Ausübung von Strafgewalt am 2. April 2003 folgende Einlassung abgegeben:
"Ich war in meinen jeweiligen Funktionen für die P./E. sowohl in B. als auch später in der Region Mitte mit Sachverhalten befasst, die aus meiner Sicht Belange der Organisation beeinträchtigten und deshalb - sicher auch aus der Sicht der Organisation - der Ahndung bedurften. In solchen Fällen habe ich im Rahmen meiner Aufgaben und Zuständigkeiten Ahndungen in die Wege geleitet. Hierzu gehörten neben finanziellen Sanktionen auch solche, die sich gegen die körperliche Integrität als auch gegen die persönliche Freiheit richteten. So habe ich konkret je nach Erfordernis jemandem u.a. mit Prügel gedroht, andere "einsperren" lassen o.ä."Das Urteil vom 14. Mai 2003 ist rechtskräftig.
(12)
Der Vorwurf, die Tätigkeiten für die Organisation ungenehmigt eingestellt und ohne vorherige Erlaubnis eine P.-Aktivistin geheiratet zu haben, war Gegenstand einer Mitte 1997 durchgeführten parteiinternen Vernehmung, die auf Tonband aufgezeichnet worden war. Diese wurde bei der Festnahme der ehemaligen Verantwortlichen der P.-Region W. und späteren Europaverantwortlichen der Frauenorganisation der P., Z. H. - Deckname "S." -, sichergestellt. Sie dokumentiert eine durch mehrere Personen durchgeführte scharfe Vernehmung eines B. A., der 1993/94 als Raumverantwortlicher für B.-S. auch den Decknamen "A." geführt hatte. Ihm wurden in der Vernehmung massive Vorwürfe und Vorhaltungen gemacht und er wurde aufgefordert, die Strafgewalt der Partei anzuerkennen und sich deren Urteil zu unterwerfen.
Er müsse, wenn die Partei es so beschließen würde, sich sogar selbst töten. Der Vernommene erkannte schließlich ausdrücklich die Strafgewalt der Partei an. Er erklärte die gegen ihn zu treffende Entscheidung anzuerkennen und die zu erwartende Bestrafung hinnehmen zu wollen, selbst wenn es sich um ein Todesurteil handele.
(13)
Auf Anweisung des Gebietsverantwortlichen für B. mit dem Decknamen "S." töteten die P.-Anhänger I. T., S. M. und A. T. am 24. August 1999 in B. den durch eine im Kampf für die P. in der T. erlittene Schussverletzung querschnittgelähmten und auf die Benutzung eines Rollstuhls angewiesenen S. A. und die nach islamischem Recht mit ihm verheiratete A. D. Der Vater der Frau hatte die Heirat abgelehnt und sich an "S." gewandt und ihm als Verantwortlichen für das P.-Gebiet B. Vorwürfe gemacht, weil es sich bei S. A. um ein P.-Mitglied handelte, das bei der P. in B. als Kriegsheld galt und für dessen Verhalten die P. verantwortlich sei. Er forderte ihn auf, seine verletzte Ehre wieder herzustellen. Nachdem auch "S." Bemühungen nichts ausrichten konnten, die gegen den Willen des Vaters geschlossene Ehe jedoch in kurdischen Kreisen als unehrenhafte Beziehung empfunden wurde und Aufsehen erregte, fühlte "S." sich zur Lösung des Problems aufgerufen und befahl die Tötung. Die drei Täter führten sie aus, obwohl sie "konsterniert" über den Befehl waren, nachdem sie vergeblich versucht hatten, ihn abzuwenden. A. D. wurde im Beisein ihres Mannes im Schlick des Weserufers erstickt. Danach wurden S. A. durch Schläge mit einem Radmutterschlüssel und weitere Gewalt mehrere Schädelbrüche zugefügt und zweimal mit einem Auto gegen das auf dem Boden liegende Opfer gefahren, sodass es mitgeschleift wurde und nach 15 bis 30 Minuten verstarb. Die drei genannten Täter wurden wegen zweifachen Totschlags, der bei der Beauftragung anwesende Raumverantwortliche M. E. wegen Beihilfe dazu vom Landgericht Bremen verurteilt. Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 20. Februar 2002 (5 StR 538/01) auf die Revision der drei unmittelbaren Täter das Urteil aufgehoben, jedoch die Feststellungen zum Geschehensablauf der Tat, zum Tötungsvorsatz und zur gemeinschaftlichen Tatbegehung aufrechterhalten. Der den Befehl erteilende Gebietsverantwortliche "S." hat sich der Verfolgung bisher erfolgreich durch die Flucht entzogen; auch der Regionsverantwortliche "A. M." tauchte nach der Tat unter. Der nachfolgende Regionsverantwortliche M. T. - Decknamen "N." und "C." - erklärte Polizei und Staatsanwaltschaft in B. am 21. und 23. September 1999 sich dort aufzuhalten, um sich im Auftrage der Partei um die Aufklärung der Tat, bei der es sich um eine "Provokation" der Organisation, um die Tat einer "Bande" gehandelt habe, zu bemühen. Es solle dem gegen die P./E. gerichteten Verdacht entgegengetreten werden, und er bot den Strafverfolgungsbehörden seine Hilfe an. Zum Auffinden der Untergetauchten hat das nicht geführt. Dass "S." den Tötungsbefehl auf Anweisung höherer Kader oder sonst ohne Überschreitung seiner Strafkompetenzen erteilt hätte, hat der Senat nicht festgestellt. "S." fühlte sich jedoch für berufen, zur Abwendung einer Schädigung des Ansehens der Organisation derart vorzugehen, und die Täter glaubten, dem Befehl des Gebietsverantwortlichen trotz ihrer Bedenken Folge leisten zu müssen.
(14)
Auch im Arbeitsbereich der Finanzen ist die Praxis von Bestrafung und Disziplinierung durch die Partei von Bedeutung. Dieser Bereich stellt einen besonderen Schwerpunkt auf sämtlichen Organisationsebenen der P./E./Y. dar. Die finanziellen Mittel für die Aufgaben der Organisation in Europa und in der Heimat werden im Wesentlichen in Europa - und hier schwerpunktmäßig in Deutschland - aufgebracht. Die Anhänger der Partei sind zu monatlichen Beiträgen verpflichtet. Darüber hinaus wird alljährlich eine so genannte "Spendenkampagne" durchgeführt, der verbindliche Zielvorgaben der europäischen Parteiführung für die Regionen zugrunde liegen. Innerhalb jeder Region werden für die zugehörigen Gebiete und Räume die zu erbringenden Beiträge festgesetzt. Um die Vorgaben möglichst einzuhalten, werden in den Gebieten und Räumen die von den Einzelnen monatlich bzw. jährlich zu zahlenden Beträge festgesetzt und beigetrieben. Dabei ist es das Ziel, möglichst alle in Deutschland lebenden Kurden zu erfassen und zur Zahlung von Beiträgen und "Spenden" anzuhalten.
Nach den Beschlüssen der 3. nationalen Konferenz von März 1994 und des 5. P.-Kongresses vom Januar 1995 stellt die "Nichtzahlung von Steuern", mithin die Weigerung, die von der Organisation festgesetzten monatlichen und jährlichen Beträge zu entrichten, eine "juristische Straftat" dar. Im Rahmen der Disziplinierungs- und Bestrafungspraxis kommt der Androhung oder Anwendung von Gewalt gegen Zahlungsunwillige erhebliche Bedeutung zu. Die Anordnung derartiger repressiver Maßnahmen geht je nach Bedeutung des Falles von den Regionsverantwortlichen, den Gebietsverantwortlichen oder von diesen nachgeordneten Kadern aus. Die genannten Maßnahmen reichen vom "Bedrängen" bis zur Anwendung körperlicher Gewalt und haben dazu geführt, dass bei den hier lebenden Kurden ein Klima der Einschüchterung und Angst geschaffen worden ist. Das hat dazu geführt, dass die um "Spenden" Angegangenen überwiegend die geforderten Beträge wenn nicht freiwillig, so doch ohne Widerstand bezahlen. Gleichwohl sind dem Bundeskriminalamt in den Jahren 1995 bis 1999 ca. 250 Fälle der Androhung oder Anwendung von Gewalt im Zusammenhang mit Spendengelderpressungen durch P.-Aktivisten gemeldet worden. Im Jahre 2000 wurden noch 20 und für das Jahr 2001 27 Fälle im Rahmen des Meldedienstes dem BKA mitgeteilt. Hinzu kommen im Zeitraum von 1996 bis 1999 46 als Bestrafungsaktionen zum Nachteil von Parteiabweichlern und Zahlungsunwilligen dem Bundeskriminalamt bekannt gewordene Fälle von Gewaltanwendung.
Der vom Oberlandesgericht Düsseldorf verurteilte S. H. erklärte - wie bereits ausgeführt - am 7. August 1997 einem Anrufer, der ihm mitteilte, "N." habe die Gelder nicht vollständig beigebracht: "Du musst das Geld von N. verlangen ... Er muss Leute mit dem Kopf gegen die Wand schlagen, einen erschießen, mit dem Auto dagegen fahren, egal wie, er muss das Geld beschaffen."
Im Februar 1999 bestellte er einen türkischen Staatsangehörigen in das kurdische Vereinshaus K.-M.. Dort machte H., der sich in Begleitung dreier Personen befand, ihm den Vorwurf, nicht mehr für die P. zu "spenden". Nach Wegnahme seiner Personalpapiere wurde ihm vorgehalten, er zahle seit drei Jahren keine "Steuern" mehr und müsse "Steuern" an den "Staat Kurdistan" entrichten. Während der in einer Art Gerichtsverhandlung durchgeführten Befragung schlugen zwei Begleiter des H. mehrfach auf den Kopf des Opfers ein, wodurch blutende Verletzungen und Prellungen im Gesichts- und Kieferbereich entstanden. Deswegen und wegen der Drohung, ihn ansonsten in ein "Gefängnis" zu bringen, erklärte sich der Geschädigte bereit, 25.000 DM bis Ende Februar 1999 zu bezahlen. Daraufhin gab ihm H. seine Papiere zurück und entließ ihn mit der Drohung: "Wenn Du nicht zahlst, dann weißt Du ja Bescheid."
bb) Bestrafungsaktionen aus der Zeit nach 1999
Die angemaßte Strafgewalt der Organisation ist auch nach der Inhaftierung A. Ö., der Verkündung der neuen "Friedenslinie" und der Umbenennung der E. in Y. in der im vorliegenden Verfahren zu betrachtenden Tatzeit bis März 2002 weiterhin bestimmender Bestandteil der Organisation geblieben. Das zeigte sich insbesondere bei dem Eintreten einer neuen krisenhaften Situation nach der Inhaftierung A. Ö. in der T. Bereits früher in Erscheinung getretene Kritiker seiner Führung und des Kurses der Partei machten erneut auf sich aufmerksam. Zugleich wurde der politische Kurswechsel der Partei durch eine größere Zahl zum Teil höherer Parteikader als Aufgabe bereits erreichter Positionen sowie der bisher propagierten Ziele stark kritisiert. Eine größere Gruppe von Dissidenten setzte sich von der Partei ab. Daraufhin erschien in der "S." Nr. 222 vom Juni 2000 eine Bewertung durch den Parteiführer, in der er das Verhalten dieser Gruppe - später als K.-Bande bezeichnet - als Verrat einstufte. Gegen "diese" müsse "Kriegsrecht" angewendet werden und es müssten die schwersten Sanktionen, d.h. die Todesstrafe eingesetzt werden:
"Natürlich können während des Krieges die Regeln hierfür eine Entwicklung hergeben. Deren Vergehen ist schwer, es ist Verrat, es ist innerer Verrat. (...) Die Kriegsumstände sind die kritischsten Perioden. Deshalb müssen auch die schwersten Sanktionen eingesetzt werden."In einer auf dem Kurdistan-Festival am 1. September 2001 in K. verlesenen Grußbotschaft des Präsidialrats der P. heißt es zu den Dissidenten, diese seien verwahrloste Persönlichkeiten. Der in Kurdenkreisen als "Dr. S." bekannte S. C. sowie M. C. Y. wurden als "Symbol der Verwahrlosung und der Kapitulation" bezeichnet. Ihnen und anderen als Verräter angesehenen Dissidenten galt die Drohung:
"Diese Armseligen wollen nichts, außer ein niederes Leben wie Sklaven zu führen. Der prachtvolle Mensch und der Freiheitsschrei von Millionen aus unserem Volk wird dafür ausreichen, dass diese Armseligen niederträchtig in den Sümpfen des Lebens landen und umkommen. Jene, die sich von der Linie der Apoisten fernhalten, werden sich vor dem Fluch des Volkes und der Geschichte, wie immer und wie es in anderen schwierigen Phasen der Fall war, nicht retten können."In einem am 26. Oktober 2000 in der in Deutschland erscheinenden Tageszeitung "Ö. P." veröffentlichten Beitrag wurden die - wiederum wegen ihrer Beziehungen nach K. und S. als "K.-Bande" bezeichneten - Dissidenten als kurdische Stütze des internationalen Komplotts gegen die P. gebrandmarkt. Es gehe ihnen um die Vernichtung der P., die Sabotierung der Friedensphase und die Einbeziehung der Kurden in Gewaltaktionen. Mehrere der dazu zu rechnenden Personen, darunter S. C., S. C. ("Dr. S.") sowie Z. Ö. - Deckname "A." - wurden darin namentlich in der Form eines Steckbriefes benannt und mit Lichtbildern dargestellt.
Auf Befehl der Parteiführung wurde im November 2000 in E. (A.) ein Attentat auf Z. Ö. verübt; er wurde durch mehrere Schüsse schwer verletzt und ist später in die Bundesrepublik Deutschland gelangt. Ob es zutrifft, dass der P.-Kader Y. C. im März 2001 von dem Präsidialratsmitglied der P. C. B. - Deckname "C." - im I. den Auftrag erhielt, Ö. in Deutschland zu liquidieren, diesen jedoch nach seiner Einreise in die Bundesrepublik gewarnt und sich der Polizei offenbart hat, vermochte der Senat nicht sicher festzustellen. C. hat das zwar bei seiner Anhörung bei der Außenstelle des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge in B. am 28. Juni 2001 zur Begründung seines Asylantrages so angegeben. Aber da Verfassungsschutzorgane Interesse daran geltend gemacht haben, dass ihm Asyl gewährt werde, bleiben Zweifel, die wegen des unbekannten Aufenthaltes des Zeugen nicht durch eine persönliche Vernehmung ausgeräumt werden konnten.
Der Senat hat zu den von der Bundesanwaltschaft in der Anklage beispielhaft genannten Fällen festgestellt, dass die Anmaßung von Strafgewalt durch die P. auch im Jahre 2001 ihren Ausdruck in weiteren Taten gefunden hat.
(1) T.
Am 26. Februar 2001 wurde H. T. in K.-M. im Auftrage der P. bestraft, weil er seine Tätigkeit für die Organisation ohne Genehmigung eingestellt hatte. H. T. war bis Frühjahr 2000 als Gebietsleiter der P. in B. unter dem Decknamen "E." aktiv gewesen. Am Montag, dem 26. Februar 2001 gegen 21:00 Uhr wurde er in der Straße M. F. in K.-M. nach dem Verlassen einer Gaststätte von einem unbekannt gebliebenen Täter ohne Vorwarnung angegriffen und durch vier Messerstiche verletzt. Ein erster kräftiger Stich traf ihn im Halsbereich in Höhe des Unterkiefers, die weiteren weniger kräftigen Stiche trafen ihn im linken Schulterbereich und am rechten Handrücken. Der Angreifer war T. nachgelaufen und hatte wortlos auf den sich Umdrehenden und die Arme zur Abwehr Hebenden eingestochen und war bei dessen lauten Hilferufen geflüchtet.
Bei seiner polizeilichen Vernehmung hat das Opfer angegeben, er sei als "E." bis etwa ein Jahr vor der Tat in B. für die P. tätig gewesen und habe dann aus familiären Gründen seine Tätigkeit aufgegeben. Er habe die Beziehungen zur P. völlig abgebrochen und auch keine Zahlungen mehr geleistet. Die Beendigung seiner Tätigkeit habe er anderen P.-Angehörigen mündlich mitgeteilt und ihm sei gesagt worden, die Meinung der Partei dazu werde ihm später mitgeteilt werden. Das sei indessen nicht erfolgt. Er könne sich nicht vorstellen, dass die P. die Tat veranlasst habe, sie habe für eine Bestrafung keinen Grund und agiere nur friedlich. Bei dem Täter habe es sich um einen Türken oder Kurden gehandelt und dieser habe ihn gezielt töten wollen. Bei der Tat könne es sich um ein Werk der "G. W.", der K. oder der P. handeln, es könne aber auch sein, dass ein P.-Mitglied, das seinen Austritt verurteile, der Täter gewesen sei. Im privaten Bereich gäbe es keine Motive dafür und ein Raub sei nicht versucht worden.
Am Vorabend der Tat hatte bei der Kriminaldirektion in K. der frühere P.-Kader F. Y. - Deckname "E." - vorgesprochen und um Schutz gebeten. Y. war durch das Landgericht München am 30. Juni 1997 wegen gemeinschaftlicher versuchter schwerer Brandstiftung durch die von ihm als P.-Verantwortlicher ausgehende Anordnung eines Anschlags mit so genannten Molotow-Cocktails auf ein Reisebüro in M. am 28. Februar 1995 verurteilt worden. Er gab an, nach Verbüßung der Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten eine weitere Tätigkeit für die P. trotz Aufforderung durch eine Person mit dem Namen "S." abgelehnt zu haben, was die P.-Verantwortlichen nicht akzeptiert hätten. Weil er jetzt gehört habe, in B. solle an dem gerade ablaufenden Wochenende ein Attentat gegen einen ehemaligen P.-Aktivisten geplant oder durchgeführt werden, fühle auch er sich akut bedroht. Dem erfahrenen Polizeibeamten M. fiel bei diesen Angaben des ihm gegenüber sitzenden Y. weder Alkoholgeruch auf noch nahm er sonst irgendwelche Anzeichen für eine Alkoholbeeinflussung wahr. Nachdem die polizeilichen Nachforschungen keinen Hinweis auf eine Tat am Wochenende in B. ergeben hatten, gab Y. am Vormittag des 26. Februar 2001 im Beisein seines Cousins K. K. an, der Deckname des möglichen Opfers in B. laute "E.". Seine, Y., Informationen stammten von einer Kurdin aus K.. Nachdem er erfahren hatte, dass kein Anschlag in B. bekannt geworden war, glaubte er, seine Information sei unzutreffend gewesen. Als jedoch der Anschlag am Abend desselben Tages geschehen war, lehnte er jede weitere Mitarbeit ab, berief sich bei seinen Vernehmungen durch den Generalbundesanwalt am 20. März 2001 auf völlige Erinnerungslosigkeit und erklärte bei einer Vernehmung durch den Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs am 4. Juli 2001, K. habe ihm von dem Anschlag erzählt, als sie beide reichlich Alkohol getrunken hätten. Er habe Angst bekommen, jedoch einen Scherz vermutet, nachdem nichts geschehen sei. Den Namen "E." habe er sich bei der Befragung durch die Polizei ebenso ausgedacht wie den Namen "S.".
K. K. gab bei der Polizei am 27. Februar 2002 an, von der Tat zum Nachteil T. noch nie gehört zu haben. Er habe mit Y. zwar öfter getrunken, die Informationen Y. stammten aber nicht von ihm; er hätte "heute zum ersten Mal" von dieser Sache gehört.
(2) Ö.
Eine weitere Bestrafungsaktion geschah am 15. März 2001 in T. durch eine gefährliche Körperverletzung zum Nachteil des S. Ö.
S. Ö. hatte in der T. für die linksgerichtete Zeitung "Y. Ü." journalistisch gearbeitet und sich bei der linken Partei H., die mit der P. sympathisierte, engagiert. 1992 war er nach Deutschland gekommen und hatte in T. 1999 eine Änderungsschneiderei eröffnet. Politisch hatte er sich in Deutschland nicht mehr betätigt. Wiederholt an ihn herangetragene Aufforderungen, sich für die P. zu engagieren, wies er 1999 zurück. Nach der Eröffnung seines Geschäfts lehnte er mit der Begründung, kein Geld zu haben, ab, in der Spendenkampagne der P. 2.000 DM zu "spenden" oder monatliche Beiträge zu entrichten. Er äußerte, man möge ihn in Ruhe lassen. In seinem kurdischen Bekanntenkreis kritisierte er A. Ö. seinerzeitige Politik, weil er abweichende Meinungen auch aus der Haft heraus mit Gewalt verfolgen lasse. Am 14. März 2001 bemerkte Ö., dass vier ihm unbekannte, von ihm als Kurden oder Türken eingeschätzte Personen ihn beobachteten und seinem Auto folgten, als er nach Hause fuhr. Zuvor hatte ein ihm als "E." dem Namen nach bekannter P.-Anhänger diese auf ihn, Ö., hingewiesen. Weil er von Übergriffen der P. gegen Kritiker gehört hatte, war er in Sorge und berichtete seiner Frau davon, die ihn deswegen am Folgetage mit den gemeinsamen Kindern, einer zehn Jahre alten Tochter und einem acht Monate alten Säugling, in seinen Laden begleitete, um potentielle Täter von eventuellen Übergriffen gegen ihren Mann abzuhalten.
Am 15. März 2001 gegen 19:15 Uhr verließ die Familie das Geschäft, um den in der Nähe geparkten Pkw zu erreichen. Ö. verschloss die Ladentür, er hatte den Säugling auf dem Arm. Als er die Pkw-Tür aufschloss, wurde er von zwei mit schwarzen Wollmützen maskierten ca. 20 bis 25 Jahre alten Tätern, die zuvor unmaskiert an der Familie Ö. vorbeigegangen und sich ihr nun von hinten genähert hatten, wortlos angegriffen und mit einer Kette sowie mit einer Metallstange oder einem Knüppel auf den Kopf, den Rücken und die Beine geschlagen. Er erlitt eine Platzwunde an der Nase und multiple Prellungen, seine Brille zerbrach und auch der Säugling wurde getroffen, sodass er laut schrie. Als Ö. sich zur Wehr setzen konnte, flohen die Täter, wobei eine der Masken auf dem Fluchtweg zurück blieb und am Folgetag sichergestellt werden konnte.
Ö. erklärte bei der Polizei, er halte den Übergriff für eine Reaktion auf seine Kritik an Ö. und als zur Einschüchterung weiterer Landsleute erfolgt. Bei einer Wahllichtbildvorlage bei der Polizei erklärte er, als "E.l" den der Polizei als P.-Anhänger in B. bekannten E. A. wiederzuerkennen. Gegen diesen wurde kein Verfahren durchgeführt, weil die Angaben Ö. zu dessen Tun nicht den sicheren Schluss auf eine Anstiftungs- oder Beihilfehandlung zu der Tat vom 15. März 2001 zuließen. Die unmittelbaren Täter wurden nicht ermittelt. ..."
"(5) Ü.Der seit Dezember 2000 in Deutschland für die linksgerichtete und der P. nahestehende Zeitung "Ö. P." journalistisch tätige M. Ü. wurde im September 2001 und danach Opfer der angemaßten Strafgewalt der kriminellen Vereinigung in der P. in Deutschland.
M. Ü. hatte sich bereits als Schüler 1992, etwa seit den N. -Unruhen 1992, für die kurdische Befreiungsbewegung eingesetzt und sich deswegen ca. sechs Monate in Haft befunden, wo er auch unter Gewaltanwendung verhört wurde. Später arbeitete er journalistisch für verschiedene der P. nahestehende Zeitungen wie "Ö. Ü.", "Ö. H. D." und "Ö. B."; außerdem war er Mitglied der Partei H. Nach erneuter Haft 1994 unter dem Vorwurf der Propaganda für die P. begann er ein Studium an der Universität E. 1997 erfuhr er, dass er u.a. wegen einer Tätigkeit in der "M. Kulturzentrale" gesucht und schließlich durch das Staatssicherheitsgericht in E. in Abwesenheit zu 12 Jahren Haft verurteilt worden war. Durch Verbindung mit einem weiteren Erkenntnis ergab sich schließlich eine zu verbüßende Haftstrafe von 12 1/2 Jahren. Ü. tauchte in die Illegalität ab und war ab August 1997 für die P. in I. tätig. Er betrieb Propaganda und hoffte auf eine friedliche Lösung des Kurdenkonflikts. Als Journalist hielt er sich auch einige Zeit bei P.-Kämpfern "in den Bergen" auf, entfernte sich jedoch, nachdem er, weil er keine Waffen trug und den körperlichen Anstrengungen des Lebens dort nicht gewachsen war, als Homosexueller beschimpft worden war. Um der drohenden Strafvollstreckung zu entgehen, plante er schließlich, mit Hilfe eines gefälschten Passes über R. in westeuropäische Länder zu reisen, nachdem er erfahren hatte, dass er in R. mit Hilfe der P. das für die Weiterreise erforderliche Visum erhalten könne, welches er sich in der T. nicht beschaffen konnte. Nachdem er dem für R. zuständigen P.-Vertreter seine Bitte vorgetragen und sich sodann eine Nacht im Verein der Geschäftsleute aus Kurdistan und ca. zwei Wochen bei seinem Bekannten M. K. aufgehalten hatte, jedoch kein Visum für ihn beschafft worden war, flog er zurück in die T. Von dort aus gelang ihm mit Hilfe einer Schleuserorganisation die illegale Einreise mit einem gefälschten Pass auf dem Luftwege von A. nach Deutschland, wo er am 6. Dezember 2000 in F. ankam. Durch Vermittlung eines Bekannten fand er eine Anstellung als Journalist bei der Zeitung "Ö. P." in N.-I. Nach einiger Zeit wurde ihm von Kollegen mitgeteilt, er müsse zu einer zweiwöchigen Veranstaltung der P. in den N.. Am 18. Juli 2001 wurde er mit einem Pkw in die N. verbracht, wo sich ca. 50 Personen, bei denen es sich durchweg um höhere P.-Kader handelte, versammelten. Dort erfuhr Ü., dass es sich um eine für drei Monate geplante Schulungsveranstaltung handeln sollte, bei der vornehmlich die in Buchform vorliegende ca. 700 Seiten starke Verteidigungsschrift A. Ö. zum Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Schulungsgegenstand sein sollte. Der Tagesablauf war streng geregelt; die Teilnehmer sprachen sich mit "Freund", "Genosse" und in sonstigen Fällen mit einem Vornamen an. Ü. wurde bedeutet, dass er entgegen seiner Auffassung nicht als Journalist, sondern als P.-Anhänger dort sei und sich in die demnächst beginnende Spendenkampagne "voll einbringen" müsse. Seine Diskussionsbeiträge, die Demokratisierung innerhalb der Partei müsse vorangetrieben und überholte Verhaltensweisen zum Beispiel zum Verhältnis der Geschlechter zueinander müssten überwunden werden, wurden als Einsatz für ein "dekadentes Leben" scharf kritisiert. Als er im Zusammenhang mit der gegen Ö. verhängten Todesstrafe die Meinung vertrat, die Todesstrafe sei in keinem Fall gerechtfertigt und die P. verhalte sich "wie die Mafia", wenn sie sich gegen die gegen Ö. verhängte Todesstrafe wende, andererseits aber selbst diese Strafe bei Verrat und gegenüber Gegnern oder Aussteigern praktiziere, wurde er auf laute Rufe: "Packt den Verräter!" festgenommen. Er wurde zunächst mit gefesselten Händen unter ständiger Bewachung zwei bis drei Tage in einem Wohnwagen und sodann in einem Haus festgehalten. Dort wurde er von P.-Kadern als "Verräter" und "Überläufer" beschimpft und beschuldigt, dekadente Beziehungen zu Frauen zu unterhalten. Er sei eine Schande für die eigene Familie, die sich der P. verbunden fühle, und seine eigene Mutter habe ihn als "verkommenen Menschen" bezeichnet. Unter psychischem Druck wurde er aufgefordert, einen Selbstkritikbericht zu fertigen, seine Fehler einzusehen und zu bereuen. Auf seine Weigerung und seine Forderung nach Freilassung wurde nicht reagiert. Schließlich gelang es Ü., seinen Bewachern durch ein Fenster zu entkommen. Zunächst bei der niederländischen Polizei und anschließend bei der Polizei in M. schilderte er den Sachverhalt.
Danach stellte er seinen Kontakt zur P. ein und zog nach H. Dort folgte er im Dezember 2001, ohne dass auf ihn Zwang ausgeübt worden wäre, der Aufforderung von P.-Anhängern, in ein Auto einzusteigen, um mit ihnen von H. an einen anderen Ort zu fahren, weil man sich mit ihm unterhalten wolle. In B. wurde er dann jedoch gegen seinen Willen einen Tag festgehalten und von einem P.-Kader aufgefordert, Deutschland zu verlassen.
Als er am 25. Januar 2002 in H. glaubte, von einer Schlägergruppe der P. auffällig beobachtet und verfolgt worden zu sein, wendete er sich hilfesuchend an die örtliche Polizei. Er teilte dort den Sachverhalt mit, erstattete jedoch keine Anzeige und lehnte die Aufnahme in ein Zeugenschutzprogramm und weitere Angaben zur P. und Kadern, zu denen er Kontakt gehabt hatte, ab. ..."
"In der zweiten Jahreshälfte 2001 ging die P. in B. gegen Sympathisanten der "K.-Bande" vor.(7) D.
Zu einer Bedrohung des M. D. kam es im Oktober 2001. D. hatte in der T. bereits etwa 1980 Verbindungen zur P. aufgenommen. Er war deswegen in der Zeit von 1993 bis 1998 mehrfach festgenommen und nach seinen Angaben auch gefoltert worden. Von der P. hatte er sich sodann getrennt, weil diese ihn nach der Haft nicht, wie von ihm erwartet, unterstützt und auch bei seiner Flucht nach Deutschland nicht geholfen hatte. Nach seiner Ankunft in Deutschland im April 1998 erstellte er auf Anforderung einen schriftlichen Bericht an die P., in dem er die Gründe für seine Trennung erläuterte. Weitere aktive Mitarbeit lehnte er ab, hielt sich jedoch öfter in dem von P.-Anhängern besuchten Verein in B. auf. Nach Kritik an der Tätigkeit von Frontarbeitern der P. in B. wurde er in den Verein bestellt, wo darüber diskutiert wurde, warum er keine Aufgaben für die P. annehme, aber in dem Verein verkehre. Ihm wurde verboten, über Dinge der Partei zu sprechen. Nach seinen Angaben bedeutete das, dass er "nach den Gesetzen der Partei bestraft" werden würde, wenn er den Mund nicht hielte. Als er in der Folgezeit für die Tötung des S. A. und der A. D. die P. für verantwortlich gehalten und die Tat im Verein kritisiert habe, sei gegen ihn und seine Familie Stimmung gemacht worden. Seine Freunde seien aufgefordert worden, den Kontakt zu ihm abzubrechen. Er sei ein "Abweichler" und auch mit Mitgliedern der "K.-Bande" befreundet. Letzteres treffe zu.
Als er Anfang Oktober 2001 die mit ihm befreundete Familie des A. C. in B. besuchte, erschien unangemeldet der damalige Gebietsverantwortliche der P. für B. mit dem Decknamen "C." in Begleitung dreier anderer P.-Anhänger und erklärte, es solle Geld für die Kampagne gesammelt werden. Er befragte D. nach seiner Einstellung zur P. und zu den freundschaftlichen Kontakten zur "K.-Bande". Als D. diese Kontakte bestätigte, erklärte "C.", D. könne froh sein, dass man in der Wohnung des C. sei, sonst hätte er ihn sofort mit der Faust auf den Mund geschlagen. Aber man werde sich draußen noch treffen, er, "C.", kenne ihn jetzt und: "Wir werden Euch von der "K.-Bande" alle fertig machen!" A. C. hat am 16. Januar 2001 diesen von D. bei der Polizei am 24. Oktober 2001 als Zeuge zu Protokoll geschilderten Sachverhalt bestätigt. D. mied seitdem den Verein. Er ist bisher nicht angegriffen worden, auch erneute Drohungen sind ausgeblieben.
(8) A.
Am 8. Dezember 2001 wurde Y. A. in B. Opfer einer von der P. veranlassten gefährlichen Körperverletzung. Y. A. war 1989 nach Deutschland gekommen und ab 1990 Sympathisant der P., ohne Funktionen für sie auszuüben, bis er sich enttäuscht von Ö. Verhalten nach dessen Festnahme von der Partei abwandte. Nachdem er geäußert hatte, Ö. habe "gestanden", und auf Vorhalte erklärte, darüber nicht schweigen zu wollen und auch auf Spendenforderungen nicht reagiert hatte, wurde er wiederholt von ihm als P.-Frontarbeiter bekannten Personen bedroht. Ihm wurde erklärt, er solle sich in Acht nehmen, sonst würde es nicht gut für ihn ausgehen. Auch wurde er aufgefordert, zu seinem Verwandten F. K., der, wie bereits ausgeführt, 1994 in B. durch ein Bestrafungskommando der P. lebensgefährlich verletzt worden war, den Kontakt abzubrechen, ebenso zu Mitgliedern der so genannten K.-Bande wie S. und Dr. S. C., Y. K. - Deckname "Y." -, N. B. und A. B. - Deckname "C." -, bei denen es sich um "Niederträchtige" handele. A. B. hatte nach seiner Flucht aus P.-Haft im N. O. am 12. November 2001 bei A. Unterschlupf gefunden, der deswegen erneut in das Blickfeld der P. geraten war. Nach der Ankündigung durch zwei P.-Anhänger, dass "man sich sehen" werde, wurde A. am 8. Dezember 2001 zwischen 21:00 und 22:00 Uhr in der gewöhnlich von Kurden besuchten Teestube in der K. in B., nachdem P.-Anhänger zuvor eine Anzahl anderer Besucher aufgefordert hatten, das Lokal zu verlassen, von dem P.-Frontarbeiter K. S. in provokanter Art aufgefordert, vor die Tür zu kommen. An der Türschwelle packte der Gebietsverantwortliche der P. für B. mit dem Decknamen "C." ihn am Kragen und er und fünf andere P.-Anhänger schlugen A. mit Fäusten an den Kopf und gegen den Oberkörper und traten ihm gegen die Beine. Dabei äußerte "C.": "Schlagen nützt nichts, er gehört erschossen!". Ein anderer sagte: "Du wirst den Niederträchtigen keinen Unterschlupf gewähren!". Um ihm zu verdeutlichen, dass es sich um eine von dem Gebietsverantwortlichen geleitete Aktion handelte, fragte ihn K., ob er wisse, wer "C." sei. In der Nähe befindliche Bekannte und selbst Verwandte A griffen aus Furcht nicht ein. Erst als es A. schließlich gelang, in das Café zu flüchten, wurde durch das Eingreifen u.a. des Wirts der Teestube und dessen Sohnes die Aktion schließlich beendet. A. erlitt eine Platzwunde an der Lippe sowie Hämatome an beiden Augen, an den Schultern und auf dem Rücken.
In der Folgezeit wurde A. von seiner Familie aus der T. mitgeteilt, Unbekannte hätten wiederholt und noch andauernd telefonisch gedroht, er, Y. A., werde getötet werden, wenn er Deutschland nicht verlasse und die Anzeige nicht zurücknehme. Er fühlte sich weiterhin gefährdet und glaubte, ständig unter Beobachtung zu stehen, ohne dass der Senat insoweit Feststellungen hat treffen können.
cc)
Bestrafungsaktionen nach der Gründung der K.
Zu eventuellen Straftaten nach der Gründung des K. im April 2002 hat der Senat keine Feststellungen getroffen. Der K. selbst hat jedoch in der Schlusserklärung seines Präsidiums von Juli 2003, mit der er einen "Reformprozess innerhalb der Bewegung" und "neuen Schwung für den Freiheitskampf" angekündigt hat, als Fazit für die Vergangenheit ausgeführt, dass
"die Struktur und der Stil der Führung sich demokratisieren müssen und dass die volle ungezwungene Teilnahme von Aktivisten und der Basis auf allen Ebenen des Kampfes sichergestellt (werden wird) (...) die Idee absoluter Führung, wie leninistische Parteistrukturen sie mit sich bringen mit ihrer rigiden Hierarchie, ihrem Begriff von Disziplin, der resultierenden Unersetzlichkeit Einzelner und, in besonderer Weise, ihrem Anspruch einer absoluten Führungsposition gegenüber allen Teilen der Gesellschaft (ist) mit demokratischen Strukturen unvereinbar. Die Tatsache, dass der K. Einflüsse des leninistischen Parteimodells bewahrt hat, haben ihn daran gehindert, genau die Demokratisierung herbeizuführen, über die jetzt gesprochen wird. Der Organisation ist es bisher nicht gelungen, demokratisches Denken und einen demokratischen Diskurs im praktischen Leben zu implementieren. Unter den gegenwärtigen Bedingungen, da jetzt eine demokratische Lösung gereift ist, besteht ein echter Reformbedarf (...)Die Maßstäbe, die in unserer Bewegung endgültig sind, haben sich in den Jahren geformt, die wir hinter uns gelassen haben, und bedürfen daher der Revision, insbesondere unserer Regeln im Hinblick auf Vergehen und Bestrafung als deren integraler Bestandteil.
Die Teilnahme einzelner Personen an unserem Kampf, ihr Verhalten während des Kampfes und ihre Trennung sollen nach demokratischen Kriterien beurteilt werden. Geschlechtsbeziehungen sollen neu geordnet werden dem gegenwärtigen Zustand unseres Kampfes entsprechend, ohne dabei die rückwärts gewandten Maßstäbe der traditionellen Gesellschaft erneut anzulegen."
d)
Die Mitglieder der kriminellen Vereinigung
Mitglieder der kriminellen Vereinigung innerhalb des Funktionärskörpers der P./E./Y. in Deutschland, die sich an der mit der Begehung von Urkundenfälschungen und Schleusungsaktionen notwendigerweise verbundenen Umsetzung der Zielvorgaben der Zentrale beteiligte... sowie für die Ausübung von Strafgewalt verantwortlich war, sind die Führungskader der A./Y.-Zentrale, die Regions- und Gebietsverantwortlichen in Deutschland und solche - etwa im "Heimatbüro" oder in Nebenorganisationen wie dem Frauen- und dem Jugendverband - eingesetzten hauptamtlicher Kader und Funktionäre, die aufgrund ihrer Bedeutung ihres Aufgabenkreises am Verbandsleben der Vereinigung gleichberechtigt teilnahmen. Daran ist auch nach Umbenennung der E. in Y. bis zum Ende der hier bedeutsamen Tatzeit keine Änderung eingetreten. 4. Die Tätigkeit des Angeklagten A. in der kriminellen Vereinigung
a)
Werdegang als Kader
H. A. setzte nach der Einreise in die Bundesrepublik im Frühjahr 1991 seine Aktivitäten für die P./E. unverzüglich fort. Ab Ende 1991 war er "auf professioneller Basis" als Funktionär für die Partei tätig. Im Schriftsatz seines Rechtsanwalts vom 8. April 1994 im Asylverfahren wurden insoweit für die Zeit von Dezember 1992 - Dezember 1993 seine Wahl zum Delegierten für die Wahl der Abgeordneten zum sog. Kurdischen Parlament und die Teilnahme - z.T. als Ordner - an 19 Demonstrationen und Großveranstaltungen der P. in Deutschland und in der Sch. aufgelistet. Seine Familie lebte weiterhin in L., während er schon im Jahre 1992 im Bereich B./K. tätig war, zuletzt als Verantwortlicher für den Raum K. Ende 1992/Anfang 1993 nahm er an einer Schulungsmaßnahme in den N. teil. Daran schloss sich eine Tätigkeit als Verantwortlicher des Parteigebiets D. im Februar 1993 an. Dieses Gebiet gehörte zur Region Mitte und unterstand damals dem Regionsverantwortlichen H. E. - Deckname "A." -. Der Angeklagte selbst trat unter dem Namen "S." auf. Im Gebiet D. war er an der Umsetzung der im Auftrag der A. 1993 durchzuführenden Anschlagswellen der P. beteiligt. Im Juni ordnete er die Verwüstung der in der D. Innenstadt gelegenen "P.-Bank" an, wobei ein Sachschaden von 60.000 DM angerichtet wurde. Bei der Anschlagsserie vom 4. November 1993 befahl er den Angriff auf die Reisebüros "A." und "T." im D. Stadtgebiet, wobei jeweils Molotow-Cocktails in die Geschäftsräume geworfen wurden und Sachschäden in Höhe von 12.000 und 40.000 DM durch Zerstörung des Inventars entstanden. Ende November/Anfang Dezember 1993 wechselte der Angeklagte als Gebietsverantwortlicher nach K. In der folgenden Zeit bis 1994 unternahm er zahlreiche Reisen für die P. auch ins europäische Ausland, nach D., Sch., G., B. und Ö. Im Jahre 1998 war er auf europäischer Ebene im Bereich der Finanzen tätig und zuständig für die Zusammenfassung eingehender Finanzberichte zur Vorlage an die Parteiführung im N. O. Nachdem er sich vom 15. Oktober 1998 bis zum 5. Mai 1999 in Untersuchungshaft befunden hatte, wurde er, wie bereits ausgeführt, vom Oberlandesgericht Düsseldorf wegen der 1993 in D. begangenen Taten zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat dem Urteil zufolge auf eine milde Strafe erkannt, weil die abzuurteilenden Taten bereits länger zurücklagen und der Angeklagte sie eingeräumt und sein Verhalten als Fehler beurteilt hatte. Zur Aussetzung der Vollstreckung zur Bewährung kam es, weil der Senat auf die Versicherung des Angeklagten vertraute, er werde "in Zukunft die Anliegen des kurdischen Volkes nur unter Beachtung der deutschen Gesetze verfolgen."
Nach seiner Haftentlassung am 5. Mai 1999 setzte der Angeklagte seine Kadertätigkeit in der P./E. fort und übernahm in F. eine nicht näher bekannte Funktion, ehe er im Jahre 2000 in die Bundesrepublik Deutschland zurückkehrte, um erneut Aufgaben in Deutschland wahrzunehmen.
b)
Leitung der Region Süd
Der Angeklagte betätigte sich in der Zeit von Mai 2000 bis März 2002 unter dem Decknamen "S." als Regionsverantwortlicher.
Am 27. Juni 2001 wurde der Angeklagte von dem Kriminalbeamten W. des Landeskriminalamts Niedersachsen zwischen 14:50 Uhr und 15:50 Uhr in H. im Bereich des Hauptbahnhofs in Begleitung der P.-Funktionäre A. Y. - Deckname "X." - und N. E. - Deckname "S." - beobachtet. Dem Beamten waren die Personen von Lichtbildern und vom Ansehen bekannt. In einem am selben Tag zwischen 11:21 Uhr und 11:32 Uhr geführten Telefonat hatte "S." seinem Gesprächspartner M. D. über dessen überwachten Mobilfunkanschluss mitgeteilt, er, "S.", werde heute "S." und zwar "N. S." treffen.
Am 3. Juli 2001 sahen der Kriminalbeamte S. und die Kriminalbeamtin B., beide vom Landeskriminalamt Niedersachsen, den Angeklagten gegen 11:30 Uhr in H. im Bereich des S. abermals in Begleitung des P.-Funktionärs A. Y. Beide kannten die Personen von Lichtbildern und vom Ansehen her, die sie aus naher Entfernung bei hellem Tageslicht sahen.
Wenige Minuten zuvor hatte "S." in einem Telefonat um 11:06 Uhr einem Gesprächspartner auf die Frage, wo er sich befinde, mitgeteilt, dieser solle in die Nähe der Telefonzelle gehen, man werde dort hinkommen. Bei dem Gesprächspartner, welcher den Mobilfunkanschluss 0. benutzte, handelte es sich um den zuvor bereits erwähnten A. Y. - Deckname "X." -. Diese Telefonnummer wurde am 27. Juli 2001 in einem von "S." geführten Telefonat als die des "X." mitgeteilt.
Tatsächlich hielt "S." sich zu jener Zeit in H. auf.
In verschiedenen Telefongesprächen wurde die Herkunft des "S." aus C. angesprochen. Am 29. Juni 2001 wählte der Mitangeklagte A. K. den seinerzeit von dem Angeklagten A. genutzten Mobilfunkanschluss an und gab an, "S. aus C." sprechen zu wollen. In weiteren Telefonaten am 28. Juli 2001 und 21. September 2001 bezeichnete er seinen Gesprächspartner als "M. C." und stellte die rhetorische Frage: "Seit wann sind die Leute aus C. so zivilisiert?". Am 28. Juli 2001 schließlich wählte ein unbekannter Anrufer aus I. den vom Angeklagten benutzten Mobilfunkanschluss an und erkundigte sich nach dem Genossen "S.", den er als "seinen Landsmann aus C." bezeichnete.
Bei dem Gründungskongress der Y. im Mai 2000 wurde dem Angeklagten, als es um die Verteilung der Funktionen ging, auf seinen Wunsch die Stellung als Regionsverantwortlicher für die Region Süd zugeteilt, die aus den Gebieten F. a. M., G., M., M., D. und S. bestand. Nachdem er noch einige private Angelegenheiten erledigt hatte, war der Angeklagte ab Mai 2000 in seinem neuen Zuständigkeitsbereich tätig.
In der Folgezeit telefonierte er als Gleichberechtigter mit den damaligen Verantwortlichen der Region Mitte, H. Y.- Deckname "F." - und dem der Region Nordwest, M. T. - Deckname "N." -. Bei einem Anruf am 24. Mai 2000 des "S." bei "F." unterhielten sich beide darüber, dass man sich am 30. in D. treffen wolle. "S." teilte dabei seine Telefonnummer mit. In einem Gespräch vom 21. Februar 2001 erklärte "F." dem ihn anrufenden "S." auf Nachfrage, dass "es bei ihnen sehr niedrig rausgekommen" sei, man habe eine "Eins" weniger als im letzten Jahr. Auf die Frage des "S.", ob es sich um eine "S" (= Sed = 100) oder ein "M" (Milyon = Million) handele, erwiderte "F.", dass es sich um eine "M" handele. "S." antwortete, das sei eine Katastrophe. Am 3. März 2001 fanden zwei Gespräche zwischen "F." und "S." statt, in denen letzterer sagte, dass "F." noch heute Abend zu ihm kommen solle.
Den M. T. rief der Angeklagte bereits am 5. Juni 2000 an. Beide unterhielten sich über Veranstaltungen, die bei ihnen stattgefunden hatten. Der Angeklagte wusste, dass "M.", P.-Regionsverantwortlicher B. in der Zeit von März bis Oktober 2000, kein Telefon hatte und wollte versuchen, ihn "indirekt" zu erreichen.
Bei verschiedenen Gesprächen wurde sein Wirkungsbereich angesprochen:
Am 11. Oktober 2000 berichtete "F." dem ihn anrufenden "E." von Problemen, die "im Süden beim S." und bei "B." - Gebietsverantwortlicher des Gebietes F. - existierten.
In einem Gespräch vom 18. September 2001 schließlich - nach seinem Wechsel in die Region Nord - erklärte der Angeklagte gegenüber einer unbekannt gebliebenen Gesprächspartnerin, er sei früher im Süden gewesen und jetzt sei er im Norden.
Darüber hinausgehende Erkenntnisse, insbesondere aus Telefonüberwachungsmaßnahmen, die Aufschluss über Einzelheiten der Kadertätigkeit des Angeklagten als Leiter der Region Süd geben könnten, hat der Senat nicht festgestellt. Nach seiner Stellung als Regionsverantwortlicher oblag es dem Angeklagten jedoch, für die Weitergabe und Durchführung der Anordnungen der Europaführung Sorge zu tragen, die Arbeit in den Gebieten und die Einhaltung der Berichtspflichten zu überwachen, Versammlungen durchzuführen, die Parteimitglieder zur Teilnahme an Veranstaltungen sonstiger Art anzuhalten, Veranstaltungen zu organisieren und durchzuführen und Helfer dafür zu mobilisieren. Außerdem hatte er als der das Finanzwesen der Region leitende Kader das Einbringen der Monatsbeiträge sowie das Einsammeln der Spenden in der vorgegebenen Höhe zu veranlassen und für die Abführung der Gelder Sorge zu tragen. Schließlich gehörte es auch zu seinen Pflichten, für die Einhaltung der Disziplin zu sorgen, Nachlässigkeiten und Verletzungen der Disziplin sowie Angriffen gegen die Organisation entgegenzutreten bzw. derartige Vorkommnisse an die europäische Führung zu melden. Der Angeklagte hat diese Aufgaben zur Zufriedenheit der Organisation ausgeführt. Er ist nicht vorzeitig von seiner Funktion entbunden worden, sondern hat - wie im Folgenden festzustellen ist - im Anschluss an die Leitung der Region Süd die Leitung der Region Nord übertragen bekommen.
c)
Leitung der Region Nord
Von Mai 2001 bis Ende März 2002 hatte der Angeklagte die Funktion des Verantwortlichen für die P.-Region Nord übernommen, die aus den Gebieten H., B., S., O., K. und - seit Mai 2001 - C. bestand. Sie bildete in jener Zeit gemeinsam mit den Regionen Mitte, Nord-West und B. den Sektor Nord. In dieser Region hatte der Angeklagte zunächst dieselben Aufgaben wie in der Region Süd wahrzunehmen. Neu hinzu kam in jener Zeit die Tätigkeit in Bezug auf die "Identitätskampagne".
Zur Funktion des Angeklagten als Verantwortlicher für die Region Nord sind eine Anzahl von Telefonaten aufgezeichnet worden.
In einem Gespräch vom 24. Juli 2001 klärte "S.", der damals als Regionsverantwortlicher Mitte 1 tätige Mitangeklagte A. K., den ihm ebenfalls als Sektorleiter
übergeordneten Kader "C." darüber auf, dass ein "E." Verantwortlicher in O. sei, und zwar sei dies "im Norden beim S.". Am 28. Juli 2001 beklagte sich der Angeklagte A. bei "S." über zwei Gebietsverantwortliche aus seiner Region. In einem Telefonat vom 16. August 2001 teilte eine Anruferin "S." dem Regionsverantwortlichen B. mit dem Decknamen "M." mit, dass B. - ein P.-Raum im Gebiet S. - nicht diesem unterstehe, sondern "S.", also dem Angeklagten. Am 1. September 2001 erörterte der Angeklagte mit seinem Gesprächspartner eine geplante Kundgebung. Er gab an, dass "seine Region" vier Stände zugeteilt bekommen habe, von denen zwei für H. und jeweils einer für B. und K. bestimmt seien. In dem oben bereits erwähnten Gespräch vom 18. September 2001, in welchem der Angeklagte mitgeteilt hatte, früher im Süden gewesen zu sein, jetzt aber im Norden, lud er die aus B. anrufende Gesprächsteilnehmerin zu sich in die Region Nord ein, sei es in H. oder in B. Am 25. September 2001 erkundigte sich "E." von M.-TV nach den Aktivitäten in den Gebieten des Angeklagten, woraufhin dieser ihr über Aktionen in B., H. und K. berichtete und ihr mitteilte, dass zu der geplanten Kundgebung in H. auch die Leute aus B., K., O., S. und C. kämen.
Der Angeklagte übernahm die Leitung der P.-Region Nord spätestens im Mai 2001. Bereits in diesem Zeitpunkt hatte er Kontakt mit "X.", dem bereits genannten A. Y., damals Raumverantwortlicher im Gebiet von H., dem neuen Wirkungskreis des Angeklagten A..
aa)
Allgemeine Leitungsaufgaben
Als Regionsverantwortlicher erfüllte der Angeklagte weiterhin die typischen Leitungsaufgaben. So organisierte er Versammlungen und Demonstrationen und gab die dazu erforderlichen Anweisungen. In einem Gespräch vom 25. Juli 2001 fragte er einen Anrufer aus P. nach der Anmietung von Bussen für das Festival und wies diesen an, "B." auszurichten, dass er die Eintrittskarten in C. abholen solle. Der Anrufer solle mit "B." zusammen eine Liste fertigen, aus der sich ergebe, wie viele Eintrittskarten in welche Gebiete gelangt seien. Am 27. Juli 2001 verlangte der Angeklagte sodann von "B.", jener solle Eintrittskarten für das Festival "zu dem Ort des S. und nach B. zu M." schicken. Einen Anrufer aus K. beauftragte der Angeklagte am 24. August 2001 damit, dort für ein Konzert am 29. September einen Saal für 1.200 Personen zu finden. Am 23. September 2001 teilte er dem neuen Sektorleiter Nord, "S.", mit, dass an diesem Tag in B. und S. Volksversammlungen stattfänden, die er und "M." leiten würden. Einen Tag später berichtete er "S.", man werde in den nächsten Tagen in K., B. und H. Stände aufbauen. Es solle dabei Musik gespielt und ein neues Transparent mit der Aufschrift "Hand in Hand für Frieden" gezeigt werden. Man beabsichtige, von nun an jede Woche in allen Gebieten Aktivitäten zu entfalten, wie z.B. Informationsstände zu betreiben u.a.. In einem Telefonat vom 29. Oktober 2001 erkundigte sich der Angeklagte bei seinem Gesprächspartner in K. nach dem Verkauf von Eintrittskarten und wies ihn an, ein paar "Patrioten" für diese Zwecke einzuspannen. Am 22. November 2001 verlangte der Angeklagte in zwei Telefonaten mindestens 500 Personen und - bezogen auf das zweite Gespräch - "alle Kurden aus dem Raum" zu einer Veranstaltung mitzubringen. Während dieser Veranstaltung wurde am 25. November 2001 F. D., Deckname "K. Y.", der seinerzeit vom erkennenden Senat zu mehrjähriger Freiheitsstrafe verurteilte frühere Europaverantwortliche, der nach Teilverbüßung seiner Strafe unter Aussetzung der restlichen Vollstreckung zur Bewährung auf freien Fuß gesetzt und danach als Präsidialratsmitglied der P. im N. O. tätig wurde, über Satellitentelefon zugeschaltet. Dieser hielt zum 20. Jahrestag der Partei eine Rede an die Veranstaltungsteilnehmer, in der er dazu aufforderte, "unsere Verbundenheit zum Führer A. erneut unter Eid zu stellen", weil man nicht vergessen dürfe, dass "die Freiheit unseres Führers als die allergrößte und allerwichtigste Verantwortung vor uns liegt". Darüber hinaus unterhielten sich der Angeklagte und "K. Y.", wobei letzterer Grüße eines weiteren Freundes ausrichtete.
Wie jeder Regionsverantwortliche hatte der Angeklagte auch dafür zu sorgen, dass die von der Organisation festgesetzten Gelder, insbesondere bei der jährlich durchgeführten "Spendenkampagne", beigetrieben wurden. Er hat dazu intensive Aktivitäten entfaltet und zahlreiche Gespräche geführt, in denen es um die jeweils konkreten Ergebnisse in den einzelnen Gebieten und Räumen ging. So ließ sich "S." z.B. von Juli bis November 2001 durch die in seiner Region tätigen Funktionsträger laufend über den Stand der Sammlung der monatlichen Beiträge und der jährlichen Spendenkampagne, "das Jährliche" genannt, unterrichten und ermahnte zu verstärkter Sammeltätigkeit sowie zur Erstellung regelmäßiger schriftlicher Berichte und der Ablieferung der eingenommenen Gelder. Am 5. Juli 2001 wurde ihm mitgeteilt, man sammle "die Monatlichen" und habe bisher 4.000 gesammelt. Auf Frage erklärte "S.", das sei nicht viel und man solle auch die "Zweijährigen" sammeln. Ein männlicher Anrufer berichtete auf Frage am 27. September 2001, der Restaurantbesitzer habe sich nicht an sein Versprechen gehalten und es "auf drei herabgesetzt", aber nicht gezahlt; man habe gesagt, dass man noch einmal kommen werde. "X." teilte am 28. September 2001 mit, man habe begonnen, "es festzulegen" und fragte, ob "S." schon die Hälfte des "Jährlichen" habe. Am 5. Oktober 2001 fragte "S." den Anrufer, ob er Quittungen bei sich und schon "50" gesammelt habe, rügte ihn, als jener die Frage verneinte und verwies darauf, dass man allein im Raum P. fast so viel gesammelt habe. Der Anrufer müsse bis zum Monatsende die Vorjahressumme erreichen.
In einer Anzahl weiterer von "S." geführter und bei der Telefonüberwachung festgehaltener Gespräche in der Zeit bis zum 17. November 2001 wurden ebenfalls in vergleichbarer Weise die Sammelergebnisse der "S." nachgeordneten Kader problematisiert.
Über den Stand der Geldeintreibung berichtete "S." seinerseits dem Sektorleiter "S." laufend. So teilte er ihm am 2. Oktober 2001 auf Frage nach dem allgemeinen Ergebnis mit, konkrete Ergebnisse lägen noch nicht vor; im Durchschnitt seien ca. 40% schon erreicht, in einigen Orten 60%, in anderen 30%. In den nächsten Wochen wolle man das Tempo erhöhen, zumindest einen großen Teil des "Feststehenden" ... "dings" machen und "5 bis 6" zusammenbringen. Auf "S." Frage erklärte "S." am 28. Oktober, man habe bisher "zwei Fünfer" erreicht, und das andere belaufe sich auf "70". Es sei ein allgemeiner Zuwachs zu verzeichnen. Und am 30. Oktober 2001 sagte er die Durchgabe "der Werte" für den folgenden Tag zu.
Im Zusammenhang mit den vorgenannten Aufgaben sowie bei der Erfüllung seiner weiteren Pflichten als Regionsverantwortlicher unternahm der Angeklagte in seinem Zuständigkeitsbereich auch zahlreiche Reisen. Dies wird deutlich durch Telefonate aus Telefonzellen und über andere Festnetzanschlüsse im Bereich der Region Nord sowie Telefongespräche, in denen sein Aufenthaltsort angesprochen wurde.
Entsprechend der streng hierarchischen Struktur der Führungsebene der P./E./Y. unterlag der Angeklagte den dort bestehenden und auch für ihn geltenden Befehlsregeln sowie einer ständigen Berichtspflicht. Er selbst nahm Weisungen, insbesondere von den Sektorleitern Nord "C." (bis August 2001) und "S." (ab August 2001) entgegen und setzte diese unter Einbindung der ihm untergeordneten Gebietsverantwortlichen sowie weiterer Kader eigenständig um. Diese wiederum hatten ihm laufend zu berichten und unterlagen seinen Anweisungen. Soweit die Vorgaben der Parteispitze ein regionsübergreifendes Handeln verlangten, nahm der Angeklagte auch Kontakt zu anderen Regionsverantwortlichen auf und stimmte mit diesen das gemeinsame Vorgehen ab.
So unterrichtete er am 8. und 10. Juli 2001 "C." über geplante Aktivitäten der
"Identitätskampagne" sowie die Ergebnisse der Unterschriftenaktion. Am 8. Juli 2001 teilte "S." mit, man habe für "K.-K." 2.842 gesammelt, davon seien 1.000 von Deutschen gesammelt worden. Man habe vor, zwei Wochen lang Unterschriften zu sammeln, über 1.000 wolle man noch in H. sammeln. Bereits am 10. Juli 2001 konnte er berichten, man habe heute dem Stellvertreter des Parlamentspräsidenten 4.127 gegeben. Man habe auch der Presse Unterschriften gegeben. 2.000 Unterschriften habe man in Oldenburg abgegeben. Der Angeklagte selbst ließ sich fortlaufend von den ihm untergeordneten Kadern über die Ergebnisse der Aktion berichten und tauschte sich mit anderen Kadern darüber aus. So unterhielt er sich am 10. Juli 2001 mit "M." und teilte ihm mit, man habe schon 2.800 bei K.-K. bzw. Y.-K. abgegeben. Die Frist für die Abgabe könne "M." bei M. D. erfahren. Einem "S." erklärte "S." am 10. Juli 2001, man könne in F. und K. in vielen Heimen Unterschriften sammeln und teilte demselben am 13. Juli 2001 mit, er solle die Unterschriften zu Y.-K. schicken. Am 24. August 2001 sagte "S." seinem Gesprächspartner, er solle die Unterschriften mitbringen. Mit "S." besprach der Angeklagte am 20. und 23. September sowie am 1. Oktober 2001 die Unterschriftenkampagne, wobei es im Gespräch vom 20. September um den Plan der Abgabe von Unterschriften in der Hauptverhandlung gegen M. T. - Deckname "N." - ging und in dem Gespräch vom 23. September um die Abgabe von Unterschriften im Landtag in H.
Auch in die in der Zeit vom 29. Juni bis 14. Juli 2001 durchgeführte Aktion "Anerkennung der politischen und kulturellen Rechte der Kurden - Für Demokratie in der T." mit einem "Friedensmarsch" von M. nach S. war der Angeklagte eingebunden. "C." erteilte ihm die Anweisung, am 11. Juli 2001 für die Teilnehmer des Marsches vier Fahrzeuge "nach B. zum P. Verein" zu schicken. Der Angeklagte kam dieser Anordnung unverzüglich nach.
In einem Telefonat vom 18. September 2001 ließ sich der Angeklagte von dem P.-Kader "B." in K. über dessen Parteiarbeit Bericht erstatten und machte diesem in bestimmender Art erhebliche Vorwürfe wegen der schlechten Ergebnisse. Wörtlich erklärte er ihm scharf: "Weißt Du, das ist eine richtige Blamage, eine richtige Blamage!" und gab die Anweisung: "Wir müssen uns ernsthaft darum kümmern, okay? So geht es nicht, es ist nicht das erste Mal, sondern das zweite, dritte, vierte Mal. Sie betrügen uns. Das muss man ihnen sagen. Kümmert Euch darum, es muss heute geschickt werden!"
Am 18. September 2001 begann vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf die Hauptverhandlung gegen den P.-Funktionär M. T. mit dem Decknamen "N.". Um nach außen eine Unterstützung des Inhaftierten zu demonstrieren, aber auch um die "Masse" zu aktivieren, sollten auf Weisung der Parteiführung aus dem gesamten Bundesgebiet Kader und "kurdische Patrioten" zur Verhandlung anreisen. Die Teilnehmerzahl blieb hinter den Erwartungen zurück. Der Sektorleiter "S." verlangte daher in Telefongesprächen von dem Angeklagten, aber auch von dem Mitangeklagten A. K. eine schriftliche Erklärung dazu sowie entsprechende Berichte der ihnen untergeordneten Funktionäre. "S." erklärte dem Angeklagten, er solle sich um "seine Gebiete" kümmern und diese hätten sich an die Raumverantwortlichen zu wenden. Der Angeklagte kam diesem Verlangen unverzüglich nach, wie sich aus einem am 21. September 2001 geführten Telefonat mit einem ihm nachgeordneten Funktionär aus K. ergibt.
Am 23., 24. und 27. September 2001 schilderte der Angeklagte dem Sektorleiter "S." die Vorbereitungen für Veranstaltungen im Rahmen der "Identitätskampagne" und nahm dessen konkrete Handlungsweisungen dazu entgegen.
Am 20. November 2001 wies der Angeklagte "X." an, die Abendveranstaltungen hätten "wie ein Aufstand" auszusehen. Die Teilnehmerzahlen müssten steigen. Zu diesem Zweck solle jeder Kurde - entweder bei einem Besuch oder durch ein Telefonat - angesprochen werden.
bb)
"heimatgerichtete Aktivitäten"
Der Angeklagte A. war auch in das Arbeitsfeld der sogenannten heimatgerichteten Aktivitäten eingebunden. In Telefongesprächen vom 27. August und 21. September 2001 verlangten der Mitangeklagte K. sowie der Vorsitzende der Y.-K., M. D., von dem Angeklagten jeweils einen "Anzug", wobei es sich tatsächlich um die Beschaffung von Ausweispapieren handelte. Am 27. August 2001 erklärte der Mitangeklagte K., "er habe kein Ding" und verlangte: "Bringe mir einen Anzug mit, wenn Du kommst." Der Angeklagte erklärte ihm daraufhin, er solle das Geld vorbereiten, man werde zusammen in der Stadt einen Anzug von guter Qualität besorgen. K. erwiderte: "Ja ja, kaufe einen Anzug und bringe ihn mit". M. D. erklärte, es solle für ihn ein "Anzug" gekauft und gebracht werden, die "Konfektionsgröße soll 50 sein". Im selben Gespräch erklärte K. später, es sollten "zwei Anzüge sein", woraufhin der Angeklagte erklärte, zum Erwerb der Anzüge solle etwas über ein Konto geschickt werden. Dann unterhielten sich die Angeklagten A. und K. darüber, ob ein "E.", der "dorthin gekommen" und "schnellstens hierhin" geschickt werden sollte, Papiere besitze bzw. wie er zu diesen komme, weil sie "jetzt bei Dings" und "dort" seien. K. erklärt dazu: "Seine Familie ist auf dieser Seite, aber seine Papiere sind dort".
Am 8. Oktober 2001 reiste der P.-Funktionär F. M. K. - Deckname "M." - mit einem bis zum 7. November 2001 gültigen Touristenvisum per Flugzeug von L. nach H. Zur Erlangung des Visums hatte er zuvor über den P.-Aktivisten "H." von dessen, ihm nicht bekannten Freund S. M. aus B. aus Gefälligkeit eine Einladung für einen Monat erhalten. Diese ihm von "H." am 4. Oktober 2001 per Telefax übersandte Verpflichtungserklärung gemäß §§ 82 bis 84 AuslG gegenüber der Ausländerbehörde der Stadt B. hatte "M." bei der deutschen Auslandsvertretung in L. als der zur Visaerteilung zuständigen Behörde am 5. Oktober 2001 vorgelegt. Dabei hatte er wahrheitswidrig als Zweck seiner Reise einen kurzen Familienbesuch angegeben, während tatsächlich ein längerer Aufenthalt zur Teilnahme an Aktivitäten der P. in Deutschland geplant war. Auf Grund der Einladung erhielt er das Visum.
Bei der Beschaffung der zur Erlangung des Visums erforderlichen Einladung wirkte der Angeklagte maßgeblich mit. Seit dem 12. September 2001 war er an der Abklärung der Reisemodalitäten für "M." als Ansprechpartner und Organisator tätig, nachdem jener ihm an diesem Tage mitgeteilt hatte, dass er für ein Visum für eine Reise nach Deutschland eine Einladung benötige, die ihm sein Onkel "B." aus K. nicht besorgen könne. Der Angeklagte erklärte daraufhin, er werde in einer anderen Stadt eine Einladung ausstellen lassen und ihm zufaxen. Das gelang durch Einschaltung der Verantwortlichen für das P.-Gebiet K. - Deckname "B." - bzw. das P.-Gebiet H., A. C. - Deckname "B." - zunächst nicht. Nachdem der Angeklagte sich in einem Telefonat am 19. September 2001 darüber beklagt hatte, dass in seinem Bereich S. und B. unbesetzt seien und B. durch "S." besetzt werden könne, erklärte er seinem Gesprächspartner in einem Telefonat am 20. September 2001, es gäbe noch Probleme mit der Einladung für "M.", den er im Weiteren als "den Genossen, der nach S. kommen wird", bezeichnete. Nach einer Erörterung der Angelegenheit mit dem Sektorleiter "S." teilte er "M." am 21. September 2001 auf dessen Frage, ob er "auf dem anderen Weg" kommen solle, wörtlich mit: "Wenn Du mich fragst, komme einfach!". Als "M." bis zum 24. September 2001 noch nicht eingereist war, bekräftigte der Angeklagte ihm gegenüber diese Forderung und erklärte ihm, er solle direkt zu "seinem Ort" gehen und sich bei der Ankunft melden. In Telefonaten vom 20. und 28. September 2001 sprachen der Angeklagte und "M." darüber, dass mit dem "anderen Weg" gemeint war, den Versuch zu machen, mit einem "alten" türkischen Pass und einem Transitvisum über F. und B. nach Deutschland zu kommen. Dieses Unternehmen schlug fehl, wie "M." in einem Telefonat am 28. September 2001 berichtete. Der Angeklagte erwiderte, er werde dann für eine Einladung sorgen. Am 1. Oktober 2001 teilte der Angeklagte "S." auf dessen Frage: "Hat der aus S. sich gemeldet, ist er gekommen?" mit, der müsste bald kommen, für ihn sei heute eine Einladungskarte ausgestellt worden. "H." gelang es schließlich, wie einem Telefonat vom 1. Oktober 2001 zu entnehmen ist, S. M. zu finden, der eine Einladung ausstellen lassen wollte und teilte dem Angeklagten mit, das sei jemand, der "mit uns nichts zu tun" habe, aber: "Er ist ein alter Freund von mir." Nachdem "M." am 2. Oktober 2001 die für die Ausstellung der Einladung erforderlichen Daten zu seiner Person durchgegeben hatte, wurde ihm am 4. Oktober 2001 die Einladung des S. M. zugefaxt, mit deren Hilfe er sich ein für einen Monat gültiges Visum zu einem Familienbesuch in Deutschland beschaffte. "M." kündigte in einem Telefonat vom 8. Oktober 2001 seine Ankunft auf dem Flughafen in H. an, woraufhin ihm der Angeklagte die Telefonnummer des "B." durchgab. Als er schließlich von "M." am 9. Oktober 2001 gegen 14:00 Uhr erfuhr, dass er angekommen sei, bis 10:00 Uhr geschlafen habe und sich noch bei "B." aufhalte, machte er ihm Vorhaltungen, weil er sich nicht gemeldet, so lange geschlafen und noch nicht nach S. gegangen sei und wies ihn an, sich zu "H." zu begeben und mit ihm nach S. zu fahren. "M." berichtete dem Angeklagten in der Folgezeit in verschiedenen Telefonaten, u.a. am 24. Oktober und 2. November 2001, über Parteiangelegenheiten aus S. und hielt sich, obwohl sein Visum nur bis zum 7. November 2001 galt, bis zum 5. Januar 2002 in der Bundesrepublik Deutschland auf. Nach einer Rückreise nach L. erlangte er für die Zeit vom 9. Januar bis zum 10. April 2002 erneut ein Visum und hielt sich weiter in der Bundesrepublik Deutschland auf. ..."
"dd)Strafgewalt
In seiner Tätigkeit als Regionsverantwortlicher der Region Nord war der Angeklagte auch mit Sachverhalten befasst, bei denen die Strafgewalt eine Rolle spielte. Er vertrat im Rahmen seiner Zuständigkeit die Regelungskompetenz der Organisation, die, wie er wusste, bis in die privaten Bereiche der davon Betroffenen eingriff.
Im Juli 2001 hatte die von dem Angeklagten A. geleitete Region Nord aus den Reihen der kurdischen Jugendlichen Anwärter für die turnusmäßig stattfindenden Ausbildungsmaßnahmen zu stellen, die gewöhnlich in den N. stattfanden. Durch diese Maßnahmen sollten die Jugendlichen im Sinne der Partei unterwiesen und beeinflusst werden, um für die Partei in der Heimat oder in Europa Funktionen übernehmen zu können, eventuell auch Kadertätigkeiten zu verrichten. In einem Schreiben mit Anweisungscharakter der Y. vom 10. Mai 2000 mit der Überschrift "Umwandlung in eine Partei und die Reorganisation" wird gefordert, dass auf der Grundlage einer richtigen Kaderbeschaffungspolitik jährlich 200 von der Y., 100 von den "Allgemeinen" und 50 Personen von der E., insgesamt also 350 neue Kandidaten "angepeilt werden". Mit der Auswahl der Jugendlichen beauftragte der Angeklagte die für die Jugendorganisation Y. zuständigen Funktionäre M. K. - Deckname "N." - sowie den Kader mit dem Decknamen "A.".
Die Eheleute H. und C. B. erstatteten am 22. August und nachfolgend am 3. September 2001 in H. Anzeige wegen Kindesentziehung, weil ihr damals 17 Jahre alter Sohn C. einige Wochen zuvor gegen ihren Willen zu einer P.-Ausbildung gebracht worden war. Als H. B. den Aufenthalt ihres Sohnes bei den örtlichen P.-Funktionären im Kurdistan-Zentrum in H. erfahren und seine Rückkehr erreichen wollte, wurde sie von "N." mit dem Hinweis bedroht, die Partei werde sie bestrafen und sie würde den Sohn nie wiedersehen, falls sie zur Polizei gingen. Der - minderjährige - Sohn habe sich freiwillig der Organisation angeschlossen. Die Situation eskalierte derart, dass die Mutter des C. B. am 31. Dezember 2001 im Kurdistan-Zentrum in H. einen Nervenzusammenbruch erlitt und drohte, sich das Leben zu nehmen.
H. B. hat in ihrer richterlichen Vernehmung am 22. August 2001 angegeben, "N." habe zunächst allein, später zusammen mit "G." ihrem Sohn gesagt, er solle für ein paar Tage mit zum Fußball in die N. kommen, was sie abgelehnt hätten. Am Folgetage habe "N." ihren sich sträubenden Sohn, der am .. 1984 geboren und im Zeitpunkt des Vorfalls noch Schüler gewesen sei, mit sich fortgezogen. Er habe sich ihr gegenüber damit gebrüstet, schon über 50 Jugendliche zu Schulungen gebracht zu haben. "G." habe später erklärt, dass es um eine dreimonatige Schulung gehe. Wenn sie eine Anzeige erstatte, komme "C." an die Front, die dafür erforderlichen Pässe könne man fälschen. Telefonischer Kontakt zu ihrem Sohn sei ihr nicht ermöglicht worden. Auf die Drohung, wenn der Sohn nicht zurückgebracht werde, werde sie sich selbst töten, habe er ihr erklärt, das könne sie ruhig tun. Später rückte sie wie auch ihr Ehemann C. B. - genannt "C." -, der zunächst seine Frau bei ihren Bemühungen den Sohn zurückzuholen unterstützt und auch eine Anzeige erstattet hatte, von ihren Angaben ab.
"N." unterrichtete den Gebietsverantwortlichen "B." über den Vorfall in einem Telefonat vom 22. August 2001 und teilte mit, die "Mützen" (d.h. die Polizei) hätten die Frau abgeholt, die wohl reden werde, und auch "der Freund" habe gefordert "ihn heute zurückzubringen" und ihnen gedroht. Beide Gesprächspartner waren sich einig, dass die Eheleute beruhigt werden müssten. Am 23. August 2001 berichtete "B." dem Angeklagten mit der Einleitung: "Es gab doch diesen Fall von C." darüber, dass die Frau von der Polizei geholt worden sei und "C." habe dem "N." gedroht. Der Angeklagte erwiderte, tatsächlich werde der nichts weiter tun.
C. B. ist nicht ins Elternhaus zurückgekehrt; sein Aufenthalt ist den Eltern nach wie vor unbekannt. Die gegen M. K. - Deckname "N." -, A. C. - Deckname "B." - u.a. eingeleiteten Ermittlungsverfahren (1151 Js 2129/02 und 102 Js 61324/01 StA Hannover) konnten bisher nicht abgeschlossen werden. M. K., der einem Gesprächspartner gegenüber schon bei einem Telefonat am 15. Juni 2001 sein spätes Erscheinen damit angekündigt hatte, er habe etwas zu tun, er wolle "ein oder zwei Sportler entführen" und das "sei etwas schwierig", ist untergetaucht. Sein Aufenthalt ist den Ermittlungsbehörden bisher unbekannt.
Am 24. März 2002 suchte der Kurde Y. Ö. den kurdischen Kulturverein in S.-L. auf, um sich dort nach dem Verbleib seines 18-jährigen Cousins M. Ö. zu erkundigen, weil er befürchtete, dieser sei gegen seinen Willen von der P. verschleppt worden. Dort traf er den auf Gebietsebene in H. tätigen "M." - der nicht mit dem im Oktober eingeschleusten F. M. K. identisch war - und erkundigte sich nach dem Verbleib seines Cousins. Informationen dazu wurden ihm verweigert. Als er daraufhin ankündigte, er werde zur Polizei gehen, erklärte "M.", Polizei sei keine Lösung. M. sei bereits 18 Jahre alt. Falls er, Y. Ö., zur Polizei gehe, werde er die Konsequenzen tragen müssen und drohte wörtlich: "Du wirst wissen, was Dir passiert, denn Du kennst Dich aus! Wenn Du zur Polizei gehst, wirst Du M. nie wieder sehen." Die Bemühungen Ö., den Aufenthalt des M. in der Folgezeit zu ermitteln, blieben zunächst erfolglos. Ein junger Kurde, N. G., traf ihn jedoch am 23. März 2002 bei einer kurdischen Großveranstaltung in D., wobei M. erklärte, nach dem Ende der Veranstaltung mit nach D. fahren zu wollen, dann jedoch nicht erschien. Die polizeilichen Ermittlungen wurden eingestellt, weil nach Einschätzung der Polizei davon auszugehen war, dass M. Ö. nicht gegen seinen Willen entführt worden sei und Deutschland freiwillig verlassen habe. Sein Aufenthalt ist bisher nicht bekannt geworden.
Der Angeklagte wurde aufgrund seiner Stellung auch über diesen Fall zeitnah informiert.
Auch bei sonstigen Angelegenheiten, die für die Region Bedeutung hatten und in denen seine Entscheidung verlangt wurde, wurde er über den Sachstand unterrichtet.
In einem Telefonat vom 20. Juli 2001 wurde dem Angeklagten mitgeteilt, dass der P.-Kader "H." geäußert habe, an die neue Phase und die Genossen in der Region nicht zu glauben. Er wolle deshalb einen Bericht schreiben und aus der Einheit zurücktreten. Ihm sei jedoch zu verstehen gegeben worden, dass ein solches Vorgehen nicht akzeptiert werde, vielmehr allein die Organisation befugt sei zu entscheiden, ob er zurücktreten dürfe oder nicht. Der Angeklagte nahm diese Äußerung seines Gesprächspartners ohne Erwiderung entgegen.
In einem Gespräch vom 27. September 2001 wurde dem Angeklagten von "H." berichtet, dass ein Restaurantbesitzer "es heruntergesetzt" habe auf "drei" und ihm gesagt worden sei, man werde im Oktober erneut kommen, worauf A. erwiderte: "Er hat nicht gut gemacht". Am 4. Oktober 2001 berichtete "H.", er sei in der vorigen Nacht mit einem Begleiter bei dem bis dahin zahlungsunwilligen Restaurantbesitzer D. gewesen und habe diesen zur Zahlung aufgefordert: "Ihr müsst zahlen!" D. habe lediglich "Okay" geantwortet, aus lauter Angst jedoch weiter nichts gesagt. Der Angeklagte rügte dieses Vorgehen nicht, sondern kommentierte den Vorgang mit der ironischen Bemerkung, D. sei ein richtiger Mann.
Am 6. Oktober 2001 berichtete ein Gesprächspartner aus B. dem Angeklagten, er habe einem "H." mitgeteilt, dieser müsse wegen der Verweigerung seiner Mitarbeit auf der nächsten Versammlung Rechenschaft abgelegen. Der Angeklagte ordnete jedoch an, dass eine solche Maßnahme nicht erforderlich sei; wenn der nichts tun wolle, solle er zu Hause bleiben.
"B." und der Angeklagte unterhielten sich in einem Telefonat am 22. Oktober 2001 über einen Unternehmer, "der nichts gegeben" habe und dessen Einwand, er habe Schulden, nicht akzeptiert worden sei.
Auf Nachfrage des Angeklagten teilte "H." am 8. November 2001 mit, er habe von dem, von dem er "3" habe bekommen sollen, nur "2" erhalten. Dieser habe nicht mehr gehabt. "S." wies "H." an, noch einmal dort hinzugehen.
Bei einem Gespräch am 14. Oktober 2001 berichtete der Angeklagte "S.", er habe den Beitrag einer Person, die weniger als die festgesetzten "800" habe zahlen wollen, erhöht.
Ende März 2002 beendete der Angeklagte A. seine Tätigkeit in der Region Nord. In einem Telefonat vom 26. März 2002 teilte er "G." mit, er werde seinen Zuständigkeitsbereich verlassen. Über eine weitere Tätigkeit für die P./E./Y. konnten keine Feststellungen getroffen werden.
5.
Die Tätigkeit des Angeklagten K. in der kriminellen Vereinigung
a)
Werdegang als Kader
Der Angeklagte A.K. hat alsbald nach der Ankunft in Deutschland im Dezember 1991 an Aktivitäten der P./E. teilgenommen. Über Rechtsanwalt H. hat er im Asylverfahren vortragen lassen, 1992 habe er an 10 Aktionen teilgenommen, darunter an der Besetzung des Senders R. in K. am 24. März und der Räume der CDU im Rathaus K. am 26. März sowie an einer Demonstration in B. am 21. Mai. Seine Aktivitäten für die P./E. hat er in der Folgezeit fortgesetzt. Die Mitwirkung an der von der P. organisierten Welle von Brandanschlägen auf türkische Einrichtungen am 4. November 1993 führte zu seiner Verurteilung zu acht Monaten Freiheitsstrafe am 20. April 1994. Weil der Einsatz der von acht bis zehn jungen Kurden mitgeführten zwölf so genannten Molotow-Cocktails verhindert werden konnte, vermochte das Landgericht Köln sich nicht davon zu überzeugen, dass - auch hier, wie bei den anderen in Deutschland zeitgleich durchgeführten Aktionen - gegen das türkische Generalkonsulat in K.-H., vor dem die Gruppe erschienen war, ein Brandanschlag verübt werden sollte. Die Strafkammer ging von der Einlassung des Angeklagten aus, er habe mit den zwei von ihm mitgebrachten Brandsätzen lediglich ein Feuer auf der Fahrbahn entfachen wollen, und verurteilte wegen eines Verstoßes gegen das Waffengesetz unter Freisprechung vom Vorwurf der Verabredung zu einer gefährlichen Brandstiftung. Sie berücksichtigte zugunsten des Angeklagten, dass er den Besitz der von ihm mitgeführten Molotow-Cocktails eingeräumt hatte, setzte die Vollstreckung der Strafe jedoch nicht aus, weil sie aufgrund der Motivation des Angeklagten erneutes Straffälligwerden befürchtete.
Nach Teilverbüßung, Flucht aus der Haft, Verletzung im I. und Rückkehr - wobei er in dieser Zeit nach eigenen Angaben diverse Falschpapiere benutzte - wurde die Vollstreckung eines Strafrestes am 20. November 1997 für die Dauer von drei Jahren zur Bewährung ausgesetzt.
Der Angeklagte übernahm sodann von Frühjahr 1998 bis März 1999 als hauptamtlicher Kader unter dem Decknamen "S." die Leitung des P.-Gebiets H. in der Region Nord-West, wo er sich in dieser Zeit unter Missachtung der für ihn geltenden Aufenthaltsbeschränkung unangemeldet aufhielt.
Am 28. Juli 1998 unternahm er - zumindest auch im Interesse der P. - eine Reise nach W., wofür er vom "Heimatbüro" mit dem deutschen Reiseausweis für Flüchtlinge des B. B. aus H. erhielt, der durch Lichtbildauswechslung verfälscht worden war. Bei der Rückkehr aus W. per Bahn wurde die Verfälschung in P. am 29. Juli 1998 erkannt. Der Angeklagte wurde deswegen am 3. September 1998 vom Amtsgericht Passau wegen Urkundenfälschung zu vier Monaten Freiheitsstrafe verurteilt, deren Vollstreckung auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde. In jenem Verfahren hatte der Angeklagte angegeben, privat aus journalistischen Gründen gereist zu sein. Der Ausweis sei ihm kurz zuvor in K. von einem Unbekannten angeboten und die Verfälschung von diesem durchgeführt worden. In dem Verfahren vor dem OLG Stuttgart gegen N. Y. - Deckname "A. C." - und V. T. - Decknamen "V." und "M." - wurde dagegen in dem rechtskräftigen Urteil vom 18. Mai 2000 festgestellt, K. habe die Reise tatsächlich im Auftrage der P. durchgeführt und den Ausweis vom "Heimatbüro" erhalten. T. hatte den Besuch des "S." einem in Ö. tätigen Parteikader in der Nacht vom 28. auf den 29. Juli 1998 telefonisch angekündigt und ihm als dessen "Erreichbarkeit" die Telefonnummer des Mobiltelefons mitgeteilt, das A. K. in jener Zeit in H. benutzte und auch bei seiner Einreise aus Ö. am 29. Juli 1998 bei sich hatte. Um seine Beziehungen zur P. geheim zu halten, wurde in der Folgezeit, in der er sich in Untersuchungshaft befand, von P.-Funktionären verbreitet, dass "S." nicht besucht werden solle. B. meldete am 6. August 1998 in H. den Verlust seines Ausweises. Bei der Einreise führte der Angeklagte auch eine mit seinem Lichtbild versehene, jedoch auf den Namen N. H. ausgestellte Bahncard, drei Monatskarten erster Klasse für die städtischen Hamburger Verkehrsbetriebe sowie zahlreiche Unterlagen über Waffen und deren Preise einschließlich einer Aufstellung über Waffen im Werte von ca. 15 Mio. US-Dollar bei sich.
Inwieweit der Angeklagte in der Zeit seiner Gebietsverantwortung für H. in die am 16. Februar 1999 gewaltsam unter Geiselnahme durchgeführte Besetzung der SPD-Geschäftsstelle involviert war, hat der Senat nicht festgestellt. Die Umstände dieser Aktion sind ihm jedoch ebenso bekannt geworden wie die Tatsache, dass sie zu einer Welle von zentral von der Europaführung der P. angeordneten Taten gehörte.
In der Zeit von April 1999 bis Mai 2001 war dem Angeklagten, seinen Angaben zufolge, keine Funktion der P./E. übertragen worden. Er war teilweise journalistisch, teilweise als Vertreter für die E./Y. Teilnehmer bei Demonstrationen, Versammlungen, Podiumsdiskussionen und ähnlichen Veranstaltungen sowie zur Erledigung sonstiger besonderer Aufgaben im In- und Ausland tätig, um die "Friedenslinie" der Partei bekannt zu machen. Dass er in dieser Zeit, was die Bundesanwaltschaft für wahrscheinlich hält, der P.-Verantwortliche für den Bereich "B." mit Sitz in G. war, hat der Senat nicht festgestellt.
b)
Leitung der Region Mitte 1
Der Angeklagte A. K. betätigte sich im Anklagezeitraum als Funktionär mit dem Decknamen "S.". Er hat dies mit dem Zusatz eingeräumt, "S." sei ein Nennname, unter dem er schon seit seiner Jugend allgemein bekannt sei.
Das Auftreten unter diesem Namen wird durch den Inhalt von Telefonaten deutlich. In einem Gespräch vom 30. Mai 2001 wies der P.-Kader S. E. - Deckname "C." - seine Gesprächspartnerin "G." an, "für S. bzw. A. K." einen Termin bei Rechtsanwalt H. zu besorgen. Am 27. August 2001 wählte ein Mitarbeiter von M.-TV einen seinerzeit von "S." genutzten Mobilfunkanschluss an und wünschte A. K. zu sprechen. Der Angerufene entgegnete, er sei A. K. Am 29. Oktober 2001 gegen 12:31 Uhr äußerte S. E. über den seinerzeit von "S." genutzten Mobilfunkanschluss seinem Gesprächspartner "Y." gegenüber die Absicht, diesen zusammen mit "A." besuchen zu wollen. "Y." teilte daraufhin seine Anschrift in K.-P. mit. Gegen 13:15 Uhr wurde S. E., gegen den ein Haftbefehl bestand, unmittelbar vor der Wohnung des Y. K. festgenommen. In seiner Begleitung befand sich der Angeschuldigte A. K.
Die Region Mitte war bis zum 2. Kongress der Y. im Mai 2001 eine von seinerzeit sieben P.-Regionen in der Bundesrepublik Deutschland. Sie gliederte sich in die Gebiete K., B., D., D., D. und E. Auf dem Kongress wurde der Beschluss gefasst, diese Region zu trennen in die Regionen Mitte 1 und Mitte 2. Der Beschluss wurde alsbald umgesetzt und der Angeklagte erhielt die Leitung der Region Mitte 1, intern weiterhin auch als "Mitte" ohne Zusatz bezeichnet. Die Region bestand aus den Gebieten K., B., D. und dem neu hinzugekommenen Gebiet D. Der Angeklagte wurde seinen Angaben zufolge auf seinen Wunsch hin mit der Leitung dieser Region beauftragt. Nachdem er zuvor in den Monaten April und Mai 2001 das Gebiet K. geleitet hatte, nahm er die Tätigkeit als Regionsverantwortlicher der Region Mitte 1 ab Juni 2001 wahr.
Die Leitung der Region Mitte 2, die intern auch als "N.-W." bezeichnet wurde, erhielt ein Funktionär mit dem Decknamen "H.".
Der Angeklagte war, wie er es ohne weitere Angaben eingeräumt hat, als Regionsverantwortlicher der Region Mitte 1 tätig.
Am 25. Juni 2001 gab er dem damaligen Leiter des Sektors Nord mit dem Decknamen "C." telefonisch Ergebnisse aus der gesamten Region weiter. Im Juli 2001, als A. K. sich im Krankenhaus befand, unterhielten sich "M." und "M." über "S. von der Mitte", der sich im Krankenhaus befinde. Am 28. August 2001 teilte der Mitangeklagte A. einem unbekannt gebliebenen Gesprächsteilnehmer die Rufnummer des "S. in der Mitte" mit, nämlich des später überwachten Mobilfunkanschlusses des Angeklagten K. 0.
aa)
allgemeine Leitungsaufgaben
In seiner Funktion in der Region Mitte 1 erfüllte der Angeklagte die typischen Leitungsaufgaben. Er organisierte Versammlungen und Demonstrationen.
Weisungsgemäß beteiligte er sich an der Unterschriftensammlung im Rahmen der "Identitätskampagne" und informierte "C." am 25. Juni 2001 und 15. Juli 2001 über den Stand der bis dahin jeweils erzielten Unterschriften in den Gebieten. In dem zuletzt genannten Gespräch gab er an, in K. 460 Unterschriften erhalten zu haben.
Am 15. September 2001 berichtete er dem Sektorleiter, er sei sehr beschäftigt. Am nächsten Tag habe er vier Versammlungen abzuhalten, bei denen es um die "jährliche Sache" (d.h. die Spendenkampagne) gehen werde. Als "C." von ihm wissen wollte, welche vier Orte er gemeint habe, erinnerte ihn der Angeklagte daran, dass sie einen neuen Ort hinzubekommen hätten, für den "M." verantwortlich sei.
Mit dem Gebietsverantwortlichen von K. - Deckname "D." - erörterte der Angeklagte am Abend des 18. September 2001, wie viele Personen aus dessen Gebiet und den Gebieten D., B. sowie D. am Morgen als Zuschauer an dem Prozess gegen M. T. - Deckname "N." - beim Oberlandesgericht Düsseldorf teilgenommen hätten. Der Angeklagte war auch daran interessiert, wie viele Teilnehmer "H." aus E., D. und D. habe schicken können. "D." teilte mit, er habe drei Freunde aus D. und zehn bis fünfzehn Freunde aus E., aus D. jedoch keinen getroffen.
Zu anderen Regionsverantwortlichen, insbesondere zu dem Mitangeklagten A., unterhielt der Angeklagte K. regelmäßigen Kontakt. Dabei wurden nicht nur die Ergebnisse der so genannten Kampagnen besprochen, sondern auch Verabredungen zu gemeinsamen Terminen und Treffen. Der beiden Regionsverantwortlichen übergeordnete Sektorleiter koordinierte die Arbeit der Angeklagten und gab ihnen Anweisungen zu Art und Umfang der gewünschten Zusammenarbeit.
So äußerte er sich beispielsweise in einem Telefonat gegenüber dem Angeklagten K., dieser solle mit "S." reden, um von ihm "die Zahlen" zu erfahren und verbot eine Reise des A. zu einem Treffen mit dem Angeklagten K. in D. am 13. Oktober 2001. Am 20. Februar 2002, während sich der Angeklagte K. wegen eines anstehenden Krankenhausaufenthaltes in der Nähe von M. aufhielt, teilte "S." diesem mit, er werde mit "S." die "Angelegenheiten" erledigen und später erneut anrufen.
Wie auch jeder andere Regionsverantwortliche war der Angeklagte K. mit der Beitreibung der für seinen Bereich festgesetzten Gelder zuständig. Dementsprechend ließ er sich über die Höhe der erzielten Summen fortlaufend berichten und gab in zahlreichen Telefonaten Anweisungen, um das gesetzte Ziel - auch durch Ausübung von Druck - zu erreichen. Dies wird deutlich in einem Gespräch zwischen dem Angeklagten und dem damaligen Sektorleiter Süd, "B.", über die Einnahmen in einem Telefonat vom 20. Oktober 2001. Nachdem der Angeklagte zur Spendensammlung mitgeteilt hatte, dass sie besser laufe als die Erwartungen, die Ergebnisse jedoch umgerechnet auf die sammelnden Personen rückläufig seien und sich beide Gesprächspartner einig waren, dass das Ergebnis im nächsten Jahr verbessert werden müsse und dass die Führung "in ihren Erwartungen" nicht enttäuscht werden sollte, folgte der Dialog:
Angeklagter: "Der Mittelstand erzeugt viele Probleme. Bei den Anderen gibt es nicht so viele ernste Probleme."
Gesprächspartner: "Diese Schwindler sind nur am Weinen. Es liegt vielleicht auch ein wenig an uns. Wir zwingen den Leuten zum Beispiel ja jedes Jahr etwas auf."
Angeklagter: "Ja, daran liegt es."
Gesprächspartner: "Das heißt, es ist ja er, an den sie wie an einen Gott glauben."
Angeklagter: "Ja das ist richtig."
Am 7. Januar 2002 besprachen der damalige Regionsverantwortliche für B. mit dem Decknamen "D." und der Angeklagte den Stand der "Spendensammlung". Nach Austausch der bisherigen Ergebnisse von 65 bis 70% und 78% erklärte der Angeklagte, er habe sich 80% vorgenommen und forderte "D." auf: "Mach Druck auf alle! Sag, dass wir 90% erreichen müssen! Mach Druck! Ich habe es so gemacht. Ich habe ihnen ein Ziel gesetzt und gesagt, 'macht, was Ihr wollt, Ihr müsst es erreichen'. Jeder ist zur Zeit unterwegs."
bb)
"heimatgerichtete Aktivitäten"
Der Angeklagte K. war als Regionsverantwortlicher mit Angelegenheiten aus dem Bereich der so genannten heimatgerichteten Aktivitäten befasst. Er kannte bei
Übernahme der Leitung seiner Region die Aufgaben des "Heimatbüros" bei der Beschaffung, Verfälschung und Verwendung von Ausweisen für die Ein- und Ausreise von P.-Kadern und deren Einschleusung in die Bundesrepublik Deutschland. Er selbst hatte, wie bereits ausgeführt, umfangreiche Erfahrungen mit der Benutzung verfälschter Papiere. Er benutzte solche bereits zur Einreise in die Bundesrepublik Deutschland, in der Zeit seit seiner Flucht aus der Haft im Juni 1995 bis zu seiner Rückkehr im November 1997 sowie in der Folgezeit zumindest für die oben bereits genannte Reise nach Wien am 28./29. Juli 1998.
In einem Gespräch vom 18. April 1998, das er in der Zeit seiner Gebietsleitertätigkeit in H. mit dem Kader des "Heimatbüros" N. Y. - Deckname "A. C." - über die Fertigstellung von "Techniken" und "Heften" und deren Gültigkeit führte, wurde insoweit ausführlich über diesen Bereich gesprochen.
Er selbst hat in der Hauptverhandlung erklärt, nach den Festnahmen von N. Y. und den anderen hauptamtlichen Kadern im "Heimatbüro" Ende 1999 und nach der Gründung der Y. im Frühjahr 2000 habe es derartige Straftaten nicht mehr gegeben.
In seiner Zeit als Regionsverantwortlicher hat er jedoch selbst noch bei der Beschaffung und Verwendung von Ausweispapieren und an Schleusungen mitgewirkt.
Soweit in der Anklage ein Telefonat vom 20. Juni 2001 angeführt ist, bei dem der Angeklagte sich bei einem Gesprächspartner danach erkundigte, welche Möglichkeiten jemand habe, der keine Dokumente habe und in der T. gesucht werde, beim türkischen Konsulat in M. einen Pass zu bekommen, sowie ein Gespräch vom 21. Juni 2001, bei dem sich der Angeklagte einer unbekannten Person gegenüber dahin äußerte, ohne Probleme einen Pass beschaffen zu können, hat der Senat einen strafbaren Hintergrund nicht festgestellt, wenngleich der Angeklagte sich dabei mit Passfragen befasste, die einen Zusammenhang mit heimatgerichteten Aktivitäten hatten.
In zwei ein und denselben Vorgang betreffenden Gesprächen vom 13. und 18. Juli 2001 sprach der Angeklagte in verschleiernder Form darüber, dass ein "D." in die Bundesrepublik geschleust werden sollte. Am 13. Juli 2001 wurde thematisiert, dass für eine Person in die T. eine Einladung zur Erlangung eines Visums geschickt werde. Der Angeklagte sagte dabei wörtlich: "... also wie ich Dir gesagt habe, der wird kommen und zur anderen Seite gehen." Auf die Frage des Gesprächspartners, ob der denn für die andere Seite Papiere habe, antwortete er: "Ja hat der, hat der, der hat die und Ihr regelt das dann, vielleicht könnten die für die Ein- und Ausreise benötigt werden." Bei dem zweiten Gespräch am 18. Juli 2001 wurde der Angeklagte darüber informiert, dass "D." angekommen sei und vermutlich morgen auf die andere Seite gehen könne, wenn sich die Gelegenheit biete und wenn kein Unglück vorkomme. In der anschließenden Unterhaltung mit "D." sagte dieser, mit Angst gefahren und in Schweiß gebadet gewesen zu sein. Es habe sich erst geändert, nachdem er die Genossen getroffen habe. Der Angeklagte beruhigte ihn, er brauche keine Angst zu haben, diese würden schon das Nötigste machen.
Am 4. Oktober 2001 versprach der Angeklagte, sich um eine bereits bezahlte aber von einem "B.", der H. C. heiße, noch immer nicht durchgeführte Schleusung zu kümmern.
Davon, dass es sich bei dem in der Anklage aufgeführten Telefonat über ein Heft zwischen dem Angeklagten und "C." einerseits und dem Angeklagten sowie M. D. und "S." andererseits am 27. August 2001 geführten Gespräch um ein solches handelte, in dem verdeckt über Ausweispapiere gesprochen worden sei, hat sich der Senat nicht zweifelsfrei zu überzeugen vermocht. Insoweit ist daher nicht von einem strafbaren Verhalten auszugehen.
Dagegen wurde in einem weiteren Gespräch wieder über falsche Papiere gesprochen. Am 2. Februar 2002 teilte der Angeklagte einem unbekannt gebliebenen Gesprächspartner mit, ein Genosse, der heute eingereist sei, werde am Flughafen festgehalten. Das "Heft" des Genossen sei nicht ganz in Ordnung gewesen. Es laute auf den Namen B. T., sein richtiger Name sei aber H. T. Da es sich möglicherweise um einen in R. vorgekommenen Zwischenfall handelt, war auch hier keine nach deutschem Recht zu ahndende Straftat festzustellen. Jedoch war der Angeklagte auch insoweit über den Gebrauch gefälschter Pässe durch die Organisation informiert.
In einem Gespräch vom 15. Februar 2002 wurde erneut verdeckt über Ausweispapiere gesprochen. Der Angeklagte sprach zunächst von einem anvertrauten "Notizheft", dann von einem "Telefonheft", welches der Gesprächspartner ihm bringen sollte. Als dieser sagte, der Angeklagte habe bei ihm kein "Telefonheft" hinterlassen, ergänzte er: "das mit Bildern (...) Mein Bild ist darauf geklebt." Darauf entwickelte sich der folgende Dialog:
Gesprächspartner: "Dein Bild? Ach so, Du meinst das Heft?"
Angeklagter: "Ja"
Gesprächspartner: "Ach so! Du meinst das Dingsheft?"
Angeklagter: "Ja Mensch!"
Gesprächspartner: "Okay, ich habe es verstanden, ich habe es verstanden."
Angeklagter: "Du bringst alle mit, okay!"
Gesprächspartner: "Okay, in Ordnung."
Angeklagter: "Gott sei dank, dass Du es verstanden hast!"
Gesprächspartner: "Gott sei dank! Okay, wir sehen uns."
Der Angeklagte wurde auch dann eingeschaltet, wenn es um die Versorgung der P.-Kämpfer in der T. ging, was in erster Linie Aufgabe des "Heimatbüros" war. So bat "H." aus der T. den Angeklagten in einem Telefonat vom 23. September 2001 um Unterstützung bei seinem Wunsch nach der Lieferung von Telefonkarten und Ersatz für abgeschaltete Satellitentelefone. Er erklärte, er habe zwar mit "D." Kontakt, wünsche aber in dieser Sache die Hilfe des Angeklagten, der "mit denen", "D." oder "R." - womit die für die Lieferung Zuständigen gemeint waren - unmittelbar Kontakt aufnehmen möge. ..."
"dd)
Strafgewalt
Kraft seiner Entscheidungskompetenz als Regionsverantwortlicher bewertete der Angeklagte Sachverhalte, die ihm von untergeordneten Funktionären vorgetragen wurden, auf ihre Relevanz. Er entschied, ob aus der ihm von der Organisation zugestandenen Strafgewalt mit Sanktionen zu reagieren war und Strafen zu erfolgen hatten. Das galt auch für Sachverhalte, die Beziehungsstreitigkeiten zwischen Kurden oder andere Angelegenheiten der privaten Lebensführung zum Gegenstand hatten und die Parteiinteressen berührten. Der Angeklagte musste deshalb auch in Familienangelegenheiten vermittelnd tätig werden.
"D." berichtete in einem Telefonat vom 20. Oktober 2001 über einen "Patrioten", der sich hilfesuchend an sie gewandt habe, damit sie auf einen jungen Mann einwirkten. Dieser unterhalte zu der Tochter des "Patrioten" eine Liebesbeziehung, die abgelehnt werde. Der Angeklagte sagte zu, man werde zu dem Jungen gehen und ihm sagen, dass er aufgeben solle.
In einem Telefonat vom 15. Februar 2002, welches "D." über den sonst von dem Angeklagten genutzten Mobilfunkanschluss mit einer "G." führte, teilte diese mit, sie sei wegen der Beziehung des "D." zu einer gemeinsamen Freundin "offiziell" von einem Genossen aufgesucht und befragt worden. Sie habe bestritten, überhaupt mit "D." in Kontakt gestanden zu haben. Ihr sei gedroht worden: "Du wirst von uns beobachtet. Wenn wir etwas mitbekommen sollten, auch wenn es belanglos sein mag, dann sowieso." Weiter sei ihr verboten worden, sich mit der Freundin "A." zu treffen und der Genosse habe gesagt: "Als Erstes, Du darfst die A. auf keinen Fall treffen! Das ist ein offizieller Beschluss. Und wenn Du sie trotzdem treffen solltest, dann machen wir Dinges!" Ihr Gesprächspartner habe mit Drohungen um sich geworfen und sei dann gegangen. Sie befürchte nun, dass man auch "D.", der von der Führung kritisiert und selbst zu einem "Gespräch" geladen worden war, "etwas antun" werde. Der Angeklagte unterhielt sehr enge Kontakte zu diesem "D." und wusste daher, dass und welche Schwierigkeiten dieser mit der Organisation hatte.
Zu den Aufgaben des Angeklagten gehörte es schließlich auch, die Bewegungen der von der Parteiführung als Abtrünnige gebrandmarkten Personen zu registrieren, um eventuell gegen sie einschreiten zu können. Nachdem der Präsidialrat in seiner Grußbotschaft zum Festival vom 1. September 2001 im M. Stadion in K. Drohungen gegen die "Abweichler" und insbesondere gegen "Dr. S." ausgesprochen hatte, erhielt der Angeklagte Mitteilungen über Angehörige der so genannten K.-Bande. Am 6. Oktober 2001 wurde ihm telefonisch berichtet, dass sich "Dr. S." in W. aufhalte, Gespräche mit Vertretern der K. habe und dort "frei durch die Stadt spaziere". Der Angeklagte rügte seinen Gesprächspartner und erklärte ihm, W. sei groß und der Hinweis zu ungenau. Gleichwohl werde er, der Angeklagte, sich um die Angelegenheit kümmern.
In einem weiteren Gespräch vom 20. Oktober 2001 schilderte "B." dem Angeklagten eine Begegnung mit einem der "K.-Leute". Dieser sei von dem Aufeinandertreffen so beeindruckt gewesen, dass er sich "in die Hose gemacht" habe. In verschleierter Form erklärte er, dass man gegen die Person vorgegangen wäre, wenn die Weisungen der Partei- und Europaführung dieses zugelassen hätten. Der Angeklagte bestätigte daraufhin, dass auch er angewiesen worden sei, die Leute der "K.-Bande" vorerst nicht zu "begrüßen", womit gemeint war, sie nicht verprügeln zu lassen oder sonst anzugreifen. Diese Anweisung galt erkennbar nur für die bekannten Persönlichkeiten, wie etwa "Dr. S.", Z. Ö., M. C. Y. und die anderen in der "Ö. P." genannten und nunmehr in Deutschland sich aufhaltenden ehemaligen hohen P.-Funktionäre. Weniger bekannte Kurden, die mit diesen Abweichlern und deren Ansichten sympathisierten oder sie sonstwie unterstützten, wurden jedoch, wie bereits dargestellt, Opfer von Bestrafungsaktionen.
Seiner unwiderlegten Einlassung zufolge hat der Angeklagte nach einem stationären Krankenhausaufenthalt Ende Februar 2002 wegen seiner gesundheitlichen Probleme seine Tätigkeiten für die Y. eingestellt."
IV.
Nach dem in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruch des Urteils des 1. Strafsenates des Oberlandesgerichts Celle vom 20. Oktober 2003 ist der Angeklagte A. aufgrund der unter III. dargelegten Feststellungen der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung in Tateinheit mit Beihilfe zum Erschleichen einer Aufenthaltsgenehmigung gemäß §§ 129 Abs. 1 StGB, 29 Abs. 2 Nr. 2 1. Alt. AuslG in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung i.V.m. §§ 3, 9 Abs. 2 Satz 1, 27, 52 StGB und der Angeklagte K. der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung gemäß § 129 Abs. 1 StGB schuldig.
Hinsichtlich beider Angeklagter war bei Bemessung der zu verhängenden Strafen von dem durch § 129 Abs. 1 StGB eröffneten Strafrahmen auszugehen, der Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe vorsieht. Bezüglich des Angeklagten A. folgt dies aus § 52 Abs. 2 StGB. Denn die Strafdrohung des § 92 Abs. 2 Nr. 2 AuslG von bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe ist gegenüber der Strafdrohung des § 129 Abs. 1 StGB die mildere, zumal die Strafe wegen der Beihilfe zum Vergehen gegen das Ausländergesetz gemäß § 27 Abs. 2 StGB zwingend nach § 49 Abs. 1 StGB zu mildern ist. § 92 Abs. 2 Nr. 2 AuslG in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung ist im Übrigen gemäß § 2 Abs. 1 und 3 StGB trotz seiner zwischenzeitlichen Aufhebung durch das Gesetz zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthaltes und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern (Zuwanderungsgesetz) vom 30. Juli 2004 als zur Tatzeit geltendes Gesetz weiterhin anzuwenden, weil die anstelle des § 92 Abs. 2 Nr. 2 AuslG getretene - nahezu wortgleiche - Regelung des § 95 Abs. 2 Nr. 2 Aufenthaltsgesetz vom 30. Juli 2004 die identische Strafdrohung vorsieht, also nicht milderes Gesetz i. S. des § 2 Abs. 3 StGB ist.
Ausgehend von dem aufgezeigten Strafrahmen erschien dem Senat hinsichtlich des Angeklagten A. die Verhängung einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten, hinsichtlich des Angeklagten K. eine solche von zwei Jahren und zwei Monaten unter Berücksichtigung der nachfolgend dargestellten Erwägungen tat- und schuldangemessen.
1.
Zugunsten beider Angeklagter hat der Senat gewertet, dass die von ihnen begangenen Taten vor dem Hintergrund einer seit Jahrzehnten andauernden repressiven Politik türkischer Regierungen gegenüber der kurdischen Bevölkerung zu sehen sind und die Angeklagten aus der angesichts ihrer Herkunft und ihres jeweiligen persönlichen und politischen Werdegangs nachvollziehbaren festen Überzeugung gehandelt haben, die Politik der P. / E. / Y. als aus ihrer Sicht einzig erfolgversprechenden Weg zur Anerkennung der Kurden als gleichberechtigte Bürger des türkischen Staates unter Wahrung ihrer kulturellen Identität unterstützen zu müssen. Gerade die persönliche Betroffenheit der beiden Angeklagten von dem Konflikt zwischen türkischer Staatsmacht und kurdischem Volk lassen die von ihnen begangenen Taten jedenfalls verständlich erscheinen. So sind eine Vielzahl von Angehörigen der Großfamilie des Angeklagten A. - darunter auch zwei Brüder - infolge von Auseinandersetzungen mit der türkischen Staatsmacht ums Leben gekommen. Der Angeklagte K. musste frühzeitig seine ursprüngliche Lebensplanung aufgeben, weil ihm letztlich infolge seiner kurdischen Volkszugehörigkeit die Erlangung eines gymnasialen Abschlusses verwehrt worden war.
Ebenso hat der Senat mildernd berücksichtigt, dass die Angeklagten über Jahre in die Parteiorganisationen integriert waren und nicht nur intensiven Schulungen ausgesetzt, sondern auch einer strengen Parteidisziplin unterworfen waren, die notfalls auch durch Ausübung von Strafgewalt durchgesetzt wurde. Durch diese Umstände sowie gruppendynamische Zwänge innerhalb der Führungskader waren die Angeklagten während der Tatzeit einem beträchtlichen Druck ausgesetzt, der eine Distanzierung von der Linie der Parteiführung auch nur in einzelnen Fragen und eine bedingungslose Entscheidung für ein durchgängig rechtmäßiges Verhalten erheblich erschwert hat.
Weiterhin hat sich positiv ausgewirkt, dass beide Angeklagte die Taten nicht aus eigennützigen Motiven begangen haben, sondern sich - jedenfalls aus ihrer Sicht - in den Dienst einer gerechten Sache gestellt und dafür auch persönliche Nachteile etwa in beruflicher und familiärer Hinsicht in Kauf genommen haben.
Es konnte zugunsten der Angeklagten auch nicht außer Acht gelassen werden, dass sie bereits in der Hauptverhandlung vor dem 1. Strafsenat ihre Funktionen als Regionsverantwortliche und die Dauer ihrer Tätigkeiten ohne Umschweife eingeräumt haben.
In besonderem Maße haben sich für die Angeklagten strafmildernd der zwischen Tatbegehung und Aburteilung verstrichene Zeitraum von nunmehr mehr als drei Jahren und die lange Verfahrensdauer als solche ausgewirkt. Zwar sind insoweit rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerungen nicht festzustellen. Es ist aber nicht zu verkennen, dass die Angeklagten über mehrere Jahre dem Druck des gegen sie anhängigen Verfahrens mit den damit typischerweise verbundenen negativen Begleiterscheinungen auch in psychischer Hinsicht ausgesetzt waren.
Hinzu kommt noch, dass die Angeklagten jeweils in erheblichem Umfang Untersuchungshaft erlitten haben. Bei dem Angeklagten K. war insoweit besonders zu berücksichtigen, dass er die letztlich gegen ihn verhängte Freiheitsstrafe zum überwiegenden Teil als Untersuchungshaft mit den damit verbundenen besonderen Beschränkungen und infolge der langen Verfahrensdauer bis auf weniger als vier Monate bereits verbüßt hat.
In ähnlicher Weise musste sich für den Angeklagten A. günstig auswirken, dass auch die Vollstreckung der Freiheitsstrafe aus dem Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 6. Mai 1999 nach erfolgtem Widerruf der Strafaussetzung infolge der Überhaftnotierung in vorliegender Sache mit besonderen Einschränkungen verbunden war.
Diesen Erwägungen kommt erhöhte Bedeutung auch deshalb zu, weil beide Angeklagte wegen ihrer eingeschränkten Deutschkenntnisse und ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen ohnehin in besonderem Maße strafempfindlich sind.
Schließlich hat der Senat auch positiv bewertet, dass beide Angeklagte in ihren Erklärungen in der Hauptverhandlung ein eindeutiges Bekenntnis zur Friedenslinie der Y. abgelegt haben und im Tatzeitraum im Vergleich zu früheren Zeiten ein deutlicher Rückgang der von der kriminellen Vereinigung begangenen Straftaten nach Schwere und Anzahl festzustellen ist.
2.
Bezüglich des Angeklagten A. war zudem zu seinen Gunsten zu berücksichtigen, dass die Verurteilung in dieser Sache auch zum Bewährungswiderruf hinsichtlich der Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten aus dem Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 6. Mai 1999 geführt hat.
Nachteilig hat sich bei der Strafbemessung für den Angeklagten A. demgegenüber ausgewirkt, dass der Angeklagte sich die vorgenannte Verurteilung durch das
Oberlandesgericht Düsseldorf nicht hat zur Warnung dienen lassen. Insbesondere hat die Verurteilung u.a. wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung zu einer nicht unbeträchtlichen Bewährungsstrafe den Angeklagten nicht davon abgehalten, sogleich nach der Entlassung aus der Untersuchungshaft in jener Sache trotz der laufenden Bewährung wieder eine Kadertätigkeit für die P. / E. / Y. zunächst in F. und sodann ab Mai 2000 als Regionsverantwortlicher der Region Süd aufzunehmen. Auch wenn nicht verkannt werden darf, dass der Angeklagte vor dem Hintergrund seiner über Jahre verfestigten Überzeugung und jahrelangen Einbindung in die Organisation, die seine Lebensführung maßgeblich bestimmt hat, gehandelt hat, zeigt dieser rasche Rückfall überdeutlich, dass der Angeklagte die seiner Kadertätigkeit entgegenstehenden deutschen Gesetze nur unzureichend respektiert und auch die gerichtliche Entscheidung ihn nicht zu beeindrucken vermocht hat.
Straferschwerend hat sich zudem ausgewirkt, dass der Angeklagte A. durch sein Verhalten zwei Straftatbestände verwirklicht hat, wenngleich der Senat insoweit durchaus berücksichtigt hat, dass es sich bei der Beihilfe zu dem Vergehen nach § 92 Abs. 2 Nr. 2 AuslG eher um eine Tat aus dem Bereich der leichteren Kriminalität handelt und dass der Angeklagte auch lediglich einen nicht übermäßig bedeutsamen Tatbeitrag geleistet hat.
Von bedeutenderem Gewicht war demgegenüber, dass die Tätigkeiten des Angeklagten für eine kriminelle Vereinigung erfolgt sind, die jedenfalls im Bereich der Ausübung von Strafgewalt durchaus auf die Begehung schwerwiegender Gewaltdelikte ausgerichtet war. In diesem Zusammenhang konnte auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass gerade Bestrafungsaktionen wie jene zum Nachteil T. am 26. Februar 2001, Ö. am 15. März 2001, Ü. im September bis Dezember 2001 und A. am 8. Dezember 2001 im besonderen Maße geeignet sind, ein Klima von Angst und Einschüchterung zu erzeugen, und deshalb eine besondere Bedrohung für das Vertrauen in den Rechtsstaat darstellen, wie dies in diesem Maße nicht bei jeder kriminellen Vereinigung der Fall ist.
Demgegenüber kam eine strafschärfende Berücksichtigung von Teilnahmehandlungen an konkreten Straftaten aus dem Bereich demonstrativer Gewalttaten nicht in Betracht. Dies gilt auch hinsichtlich einer etwaigen Beteiligung des Angeklagten A. an einer mit einer Sachbeschädigung der Fahrbahndecke durch Inbrandsetzung verbundenen Aktion in C., Kreuzung M. /B., am 25. August 2001 gegen 23:09 Uhr, bei der am Tatort vorgefundene Flugblätter auf einen Zusammenhang mit der T. bzw. Y. hindeuten. Die Hauptverhandlung hat den Nachweis einer Tatbeteiligung des Angeklagten A. insoweit nicht erbracht.
3.
Hinsichtlich des Angeklagten K. hat der Senat über die unter 1. dargelegten Gesichtspunkte hinaus strafmildernd berücksichtigt, dass er - insbesondere auch im Vergleich zu dem Mitangeklagten A. - in einem relativ kurzen Zeitraum von Juni 2001 bis März 2002 sich an der kriminellen Vereinigung beteiligt hat.
Positiv hat sich ferner ausgewirkt, dass der Angeklagten K. sich an die Weisungen aus dem Bewährungsbeschluss des 1. Strafsenates des Oberlandesgerichts Celle vom 16. August 2004 selbst noch gehalten hat, als der Strafaussetzung und den Weisungen des Beschlusses durch die Teilaufhebung des Urteils des 1. Strafsenates mit Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 21. Oktober 2004 die Grundlage entzogen worden war, obwohl ihn dies bei Ausübung seiner neuen beruflichen Tätigkeit eingeschränkt hat.
Auch die Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit musste sich positiv auswirken, weil dies belegt, dass der Angeklagte K. sich nunmehr eine von der P. und ihren (Nachfolge-)Organisationen unabhängige Einnahmequelle geschaffen hat und derzeit nicht mehr als Funktionär der Organisation tätig ist.
Andererseits waren auch bei dem Angeklagten K. seine Vorstrafen strafschärfend zu berücksichtigen. Die den Vorstrafen zugrunde liegenden Taten standen jedenfalls im Zusammenhang mit seiner Betätigung für die P., wenngleich dem Angeklagten K. in keinem Fall die Mitgliedschaft in einer kriminellen oder terroristischen Vereinigung vorgeworfen worden war. Erschwerend kommt insoweit hinzu, dass der Angeklagte die jetzt abgeurteilte Tat teilweise begangen hat, während die Bewährungszeit hinsichtlich der ausgesetzten viermonatigen Freiheitsstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Passau vom 11. September 1998 noch lief.
Schließlich musste sich aus den gleichen Erwägungen wie hinsichtlich des Mitangeklagten A. nachteilig auswirken, dass der Angeklagte K. sich für eine kriminelle Vereinigung betätigt hat, die im Bereich der Ausübung von Strafgewalt auf die Begehung schwerwiegender Delikte ausgerichtet war und gerade mit der Durchführung von Bestrafungsaktionen im besonderen Maße die öffentliche Sicherheit bedroht hat, wobei es im ihn betreffenden Tatzeitraum zu zwei konkreten Aktionen gekommen ist.
4.
Die Gesamtabwägung aller für und gegen die Angeklagten sprechenden Umstände hat zur Verhängung der aus dem Tenor ersichtlichen tat- und schuldangemessenen Strafen geführt.
V.
Die Entscheidung über die Tragung der Verfahrenskosten beruht auf § 465 Abs. 1 StPO, jene über die Kosten des Revisionsverfahrens und die dem Angeklagten A. insoweit entstandenen Auslagen auf § 473 Abs. 4 StPO.