Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 27.08.2019, Az.: 2 U 102/19

Umfang der Bindungswirkung eines wegen fehlerhafter Architektenplanung erstrittenen Feststellungstitels; Ausrichtung des Feststellungstitels auf den Ersatz weiterer Schäden für eine konkrete Maßnahme zur Beseitigung der im Bauwerk verkörperten Mängel; Bemessung der Schäden auf der Grundlage eines auf den Ersatz weiterer Schäden gerichteten Feststellungstitels wegen fehlerhafter Architektenplanung

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
27.08.2019
Aktenzeichen
2 U 102/19
Entscheidungsform
Grundurteil
Referenz
WKRS 2019, 31005
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
LG Oldenburg - 27.11.2018 - AZ: 17 O 591/18

Fundstellen

  • IBR 2019, 711
  • NJW-Spezial 2019, 749-750
  • NZBau 2020, 296-300
  • ZAP EN-Nr. 583/2019

Amtlicher Leitsatz

Die Bindungswirkung eines wegen fehlerhafter Architektenplanung erstrittenen Feststellungstitels, der auf den Ersatz weiterer Schäden für eine konkrete Maßnahme zur Beseitigung der im Bauwerk verkörperten Mängel gerichtet ist, erstreckt sich nicht auf eine sich später als notwendig herausstellende gänzlich andere Art der Mängelbeseitigung. Insoweit handelt es sich um verschiedene Streitgegenstände.

Angesichts der verschiedenen Streitgegenstände steht § 322 ZPO der Geltendmachung dieser anderen Mängelbeseitigungsmaßnahme auf Grundlage des ursprünglichen Architektenvertrages nicht entgegen. Der Bauherr trägt das Risiko der Verjährung dieses Anspruchs.

Die Bemessung der Schäden auf der Grundlage eines auf den Ersatz weiterer Schäden gerichteten Feststellungstitels wegen fehlerhafter Architektenplanung erfolgt auch dann auf der Grundlage des Urteils des BGH vom 22.2.2018 - VII ZR 46/17 - (NJW 2018, 1463), wenn der Feststellungstitel vor der Rechtsprechungsänderung rechtskräftig geworden ist. Soweit der Bauherr Schadensersatz in Form eines zweckgebundenen und abzurechnenden Betrages zur Beseitigung des Mangels geltend macht, sind etwaige bereits rechtskräftig ausgeurteilte und bezahlte fiktive Mängelbeseitigungskosten in Abzug zu bringen und in eine spätere Abrechnung einzustellen.

Ob der Berechtigte eines Anspruches auf Befreiung von einer Verbindlichkeit diesen in Form der Zahlung eines Vorschusses geltend machen kann, ist keine Frage des § 257 BGB, sondern beurteilt sich nach dem Rechtsverhältnis, das Grundlage für den Ersatzanspruch ist. Dementsprechend kann ein Bauherr von einem Architekten auch dann Zahlung verlangen, wenn er Schadensersatz in Form eines zweckgebundenen und abzurechnenden Betrages zur Beseitigung des Mangels, der sich infolge der fehlerhaften Architektenleistung im Bauwerk verkörpert hat, wählt, obwohl der seiner Forderung zugrundeliegende Feststellungstitel lediglich auf Freistellung von weiteren Schäden gerichtet ist.

In dem Rechtsstreit
AA GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer Diplom-Kaufmann BB, Ort1,
Klägerin und Berufungsklägerin,
Prozessbevollmächtigte:
(...),
Geschäftszeichen: (...)
gegen
CC, Ort2,
Beklagter und Berufungsbeklagter,
Prozessbevollmächtigte:
(...),
Geschäftszeichen: (...)
hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Landgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ... auf die mündliche Verhandlung vom 20. August 2019 für Recht erkannt:

Tenor:

  1. I.

    Auf die Berufung der Klägerin wird das am 10. April 2019 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 17. Zivilkammer des Landgerichts aufgehoben.

  2. II.
    1. 1.

      Das Versäumnisurteils des Landgerichts Oldenburg vom 27.11.2018 aufgehoben.

    2. 2.

      Es wird festgestellt, dass der Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten, ihr jeden über Ziffer 1. des Tenors des am 07.04.2017 verkündeten Urteils des Einzelrichters der 17. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg hinausgehenden Schaden zu erstatten, der daraus resultiert, dass der Beklagte der Klägerin für das Bauvorhaben (...) Center (Ort2) den anthrazitfarbenen Verblender des Typs Octavant Betonsichtstein empfahl und dieser Verblender wegen aufgetretener Ausblühungen abgebrochen sowie anschließend ein neues Verblendmauerwerk errichtet werden muss, dem Grunde nach gerechtfertigt ist.

    3. 3.

      Es wird festgestellt, dass der Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten dem Grunde nach gerechtfertigt ist.

    4. 4.

      Der Einwand des Mitverschuldens in Form der Schadensabwendungs- und Schadensminderungspflicht bleibt dem Beklagten im Betragsverfahren vorbehalten.

  3. III.

    Wegen des Betragsverfahrens und unter Übertragung der Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens wird die Sache an das Landgericht Oldenburg zurückverwiesen

  4. IV.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung seinerseits Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

  5. V.

    Die Revision wird nicht zugelassen

[Gründe]

I.

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten Zahlungen auf der Grundlage eines zuvor erstrittenen Zahlungs- und Feststellungstitels.

Im Zuge der Errichtung eines Bürogebäudes mit Ausstellungshalle in der Straße1, Ort2 beauftragte die Klägerin den Beklagten im Oktober 2009 mit den Architektenleistungen. Das Objekt sollte der DD AG überlassen werden und sich in Design sowie Farbgebung an deren Firmendesign anlehnen. Teil der Planung war deswegen, große Flächen des Außenmauerwerks mit schwarzem Material zu verkleiden. Auf Vorschlag des Beklagten wurde der Stein Octavant Betonsichtstein verwendet. Im Anschluss zeigten sich Ausblühungen auf dem Verblendmauerwerk. Auf das Risiko dieser Ausblühungen, das dem Beklagten hätten bekannt sein müssen, hatte dieser die Klägerin nicht hingewiesen. Wegen der fehlerhaften Empfehlung und der infolgedessen aufgetretenen Ausblühungen nahm die Klägerin den Beklagten in dem Verfahren zum AZ 17 O 1650/13 vor dem Landgericht Oldenburg in Anspruch.

Dort machte sie geltend, dass die einzig geeignete Art der Mängelbeseitigung die Bekleidung der Fassade mit Fassadenplatten sei. In diesem Zusammenhang bezog sie sich ausdrücklich auf das Gutachten des von ihr beauftragten Privatsachverständigen EE vom TT.MM.2010. Insoweit wird auf die Anlage K 12 in dem Verfahren AZ 17 O 1650/13 verwiesen.

In jenem Verfahren beantragte die Klägerin daraufhin u.a. die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung 28.403,36 € netto als Vorschuss auf Schadensersatz sowie die Feststellung, dass der Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin von allen weiteren Schäden freizustellen, die aus der Tatsache resultieren, dass dieser der Klägerin für das Bauvorhaben (...) Center (Ort2) anthrazitfarbenen Verblender des Typs Octavant Betonsichtstein empfahl und die mit diesem Stein verblendeten Fassaden wegen aufgetretener Ausblühungen nun mit Fassadenplatten bekleidet werden müssen. Das Landgericht sprach der Klägerin auf den Zahlungsantrag den geltend gemachten Betrag als Schadensersatz in Form fiktiver Mangelbeseitigungskosten zu und entsprach dem Feststellungsantrag. Auf das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 07.04.2017 unter dem AZ 17 O 1650/17 wird vollumfänglich Bezug genommen.

Im Anschluss an die Rechtskraft dieses Urteils beauftragte die Klägerin ein anderes Architekturbüro mit der Ausschreibung der Mängelbeseitigungsmaßnahmen. Diese ergab Kosten in Höhe von insgesamt 132.722,52 €. Wegen der Aufschlüsselung im Einzelnen wird auf S. 6 der Klageschrift (Bl. 6 d.A.) und die Anlage K 26 verwiesen. Von dem Gesamtbetrag zog die Klägerin den bereits ausgeurteilten sowie gezahlten Betrag von 28.403,36 € ab und machte die Differenz von 104.319,16 € zum Gegenstand ihrer Klage.

Die Mängelbeseitigungskosten setzten sich neben dem Architektenhonorar in Höhe von 22.325,65 € zzgl. Nebenkosten über 1.116,28 € aus den Titeln Bauhauptarbeiten zu 30.518,21 € sowie Fassadenarbeiten über 78.762,38 € zusammen. Grundlage der Mängelbeseitigung war der Abbruch des vorhandenen Verblenders Octavant und das Anbringen von Fassadenplatten auf einer neu zu errichtenden Unterkonstruktion. Im Verlauf des Rechtsstreits holte die Klägerin ein weiteres Gutachten des Privatsachverständigen EE vom TT.MM.2018 ein, wegen dessen Inhalt die Anlage K 31 in Bezug genommen wird. Dieses kam unter Zugrundelegung der beschriebenen Mangelbeseitigungsmaßnahme zu Gesamtkosten von 129.964,21 €.

Die Klägerin hat vor dem Landgericht behauptet, die von dem Privatgutachter EE ermittelten Kosten stellten die Aufwendungen dar, die tatsächlich erforderlich seien, um den im Bauwerk verkörperten Fehler des Beklagten, einen unzureichenden Verblenderstein empfohlen zu haben, zu beseitigen. Wegen zeitbedingter Kostensteigerungen seien sogar weitere 5.427,28 € erforderlich. Es sei nach technischen Regelwerken und dem öffentlichen Baurecht unzulässig, die Fassadenplatten unmittelbar auf den vorhandenen Verblenderstein zu bauen, so dass diese Maßnahme ausscheide. Die Fassadenplatten könnten auch nicht in dem Beton des Innenmauerwerks befestigt werden. Für den Fall, dass eine der Maßnahmen doch möglich sei, seien sie teurer. Die Klägerin hat in diesem Zusammenhang die Auffassung vertreten, der Feststellungstitel aus dem Rechtsstreit AZ 17 O 1650/18 sei so auszulegen, dass er jedwede erforderliche Mängelbeseitigungsmaßnahme abdecke und nicht auf die Anbringung von Fassadenplatten auf dem bestehenden Verblender beschränkt sei. Selbst wenn dem nicht so sei, führe die Unmöglichkeit dieser Art der Mängelbeseitigung dazu, dass die Kosten der geltend gemachten Mängelbeseitigungsmaßnahme erstattungsfähig seien.

Sie hat nach Erlass eines klagabweisenden Versäumnisurteils und einem darauffolgenden Einspruch vor dem Landgericht beantragt,

das Versäumnisurteil vom 27.11.2018 aufzuheben und

  1. 1.

    den Beklagten zu verurteilen, an sie als weiteren Vorschuss auf Schadensersatzansprüche aus Architektenvertrag über das Bauvorhaben (...) Center (Ort2) 104.319,16 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 10.07.2013 zu zahlen,

  2. 2.

    den Beklagten zu verurteilen, an sie die vorgerichtlichen, nicht festsetzbaren Kosten der Klägerin in Höhe von 1.598,15 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen und

  3. 3.

    den Beklagten zu verurteilen, an sie weitere 5.427,28 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat den Inhalt der Anlage K 31 und damit die Erforderlichkeit der darin niedergelegten Aufwendungen in Abrede genommen. Die erstinstanzlich ausgeurteilten 28.403,36 € seien auskömmlich. Die Fassadenplatten könnten mit den technischen Regelwerken und dem öffentlichen Baurecht vereinbar auf dem vorhandenen Verblender aufgebracht werden. Sie hat die Rechtsmeinung geäußert, der Feststellungstitel des vorangegangenen Urteils beschränke die Klägerin auf diese Art der Mängelbeseitigung.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat zunächst Zweifel geäußert, ob die Kosten für die nunmehr geltend gemachten Mängelbeseitigungsarbeiten vom Feststellungstitel aus dem Verfahren 17 O 1650/13 umfasst sind, diese Frage indes letztlich dahinstehen lassen. Tragend sei die Erwägung, dass der Klägerin der geltend gemachte Vorschuss als Schadensersatzanspruch für künftig durchzuführende Mängelbeseitigungsarbeiten ohnehin nicht zustehe. Die Klägerin sei nach dem Feststellungstitel allein berechtigt, Freistellung von Schäden zu verlangen. Das setze bereits eingegangene Verbindlichkeiten voraus und schlösse einen Vorschussanspruch aus. Außerdem könne angesichts der Rechtskraft des Feststellungstitels die Mangelbeseitigung nicht auf Grundlage eines vom Feststellungstenor abweichenden Kostenvoranschlages erfolgen. Schließlich seien Gegenstand des Urteils in dem Verfahren AZ 17 O 1650/13 ausschließlich Schadensersatzansprüche gewesen, so dass auch der Feststellungstitel ausschließlich solche und keine Vorschussansprüche umfasse.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Sie macht geltend, die Frage der Geltendmachung eines Vorschusses als Schadensersatz betreffe allein die Rechtsfolgenseite, so dass dieser auf Grundlage des Feststellungstitels gefordert werden könne. Soweit der Feststellungstenor die Freistellung von Ansprüchen vorsehe, meine dies nicht, dass die Klägerin zunächst selber Verbindlichkeiten eingehen müsse. Vielmehr sei darunter auch die Zahlung eines Vorschusses als Schadensersatz zu verstehen. Die Rechtskraft des Feststellungstitels stehe dem Klagebegehren nicht im Wege. Schließlich umfasse der Feststellungstenor aus dem Verfahren AZ 17 O 1650/13 auch die nunmehr geltend gemachte Mängelbeseitigungsmaßnahme sowie deren Aufwand.

Die Klägerin beantragt,

  1. I.

    unter Aufhebung des angefochtenen Urteils nach den zuletzt klägerseitig gestellten Anträgen zu entscheiden, hilfsweise

    1. 1.

      den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin Schadensersatz aus Architektenvertrag über das Bauvorhaben (...) Center (Ort2) in Höhe von 104.319,16 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 10.07.2013 zu zahlen;

    2. 2.

      den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin Schadensersatz aus Architektenvertrag über das Bauvorhaben (...) Center (Ort2) in Höhe von 5.427,28 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Zustellung des Schriftsatzes vom 18.12.2018 zu zahlen;

    3. 3.

      den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin die vorgerichtlichen, nicht festsetzbaren Kosten der Klägerin in Höhe von 1.598,15 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen.

  2. II.

    hilfsweise, das Urteil des Landgerichts aufzuheben und die Sache an dieses zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt,

  1. I.

    die Berufung zurückzuweisen und

  2. II.

    hilfsweise, das Urteil des Landgerichts aufzuheben und die Sache an dieses zurückzuverweisen.

Er verteidigt das landgerichtliche Urteil und erhebt die Einrede der Verjährung.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verweisen. Die Akten des Rechtsstreits 17 O 1650/13 vor dem Landgericht Oldenburg waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Auf ihren Inhalt wird verwiesen.

II.

A) Die zulässige Berufung ist begründet. Sie führt zum Erlass eines Grundurteils sowie der Zurückverweisung an das Landgericht wegen des Betragsverfahrens.

Der Klägerin steht gegenüber dem Beklagten dem Grunde nach ein Anspruch auf Ersatz des weiteren Schadens zu, der daraus entstanden ist, dass der Beklagte der Klägerin für das Bauvorhaben (...) Center (Ort2) anthrazitfarbenen Verblender des Typs Octavant Betonsichtstein empfahl und es deswegen des Abbruchs des verbauten Verblendersteins sowie der anschließenden Neuerrichtung einer Fassade mit Fassadenplatten bedarf. Der Anspruch besteht in Form eines zweckgebundenen und abrechnungspflichtigen Vorschusses, auf den der im Vorprozess ausgeurteilte Nettoschadensbetrag über 28.403,36 € anzurechnen ist. Er folgt aus den §§ 280, 634 Nr.4 BGB und damit einer mangelhaften Architektenleistung des Ursprungsvertrages. Demgegenüber ergibt er sich weder aus dem Feststellungs- noch dem Zahlungstitel des Vorprozesses.

1. Der dem Grunde nach zuerkannte Anspruch ergibt sich entgegen der Auffassung der Klägerin nicht aus dem rechtskräftigen Feststellungtitel des Urteils AZ 17 O 1650/13 des Landgerichts Oldenburg vom 07.04.2017. Aus diesem Feststellungstitel kann die Klägerin ausschließlich weitere Kosten verlangen, die ihr dadurch entstehen, dass sie eine Herstellung des Bauwerks beabsichtigt, bei der die aus dem Verblender bestehende Fassade erhalten bleibt und selbst mit Fassadenplatten bekleidet wird. Die zur Grundlage der nunmehr rechtshängigen Klage erhobene Art der Schadensbeseitigung durch Abriss des Verblendmauerwerks und Neuverkleidung mit Fassadenplatten ist von der Bindungswirkung des rechtskräftigen Feststellungsurteils nicht erfasst.

Die Reichweite der Bindungswirkung eines Feststellungstitels ergibt sich aus dem Umfang der Rechtskraft. Die Rechtskraft reicht gem. § 322 Abs. 1 ZPO so weit, wie das Feststellungsurteil über den durch die Feststellungsklage erhobenen Anspruch entschieden hat. Der Inhalt des Urteils und damit der Umfang der Rechtskraft sind in erster Linie der Urteilsformel zu entnehmen. Wenn die Urteilsformel allein nicht ausreicht, um den Rechtskraftgehalt der Entscheidung zu erfassen, sind Tatbestand und Entscheidungsgründe, erforderlichenfalls auch das Parteivorbringen, ergänzend heranzuziehen (vgl. BGH NJW 2008, 2716 [BGH 14.02.2008 - I ZR 135/05] Rn. 13 m.w.N.).

Nach dem Feststellungstenor aus dem Vorprozess war der Beklagte verpflichtet, die Klägerin von allen weiteren Schäden freizustellen, die aus der Tatsache resultieren, dass dieser der Klägerin für das Bauvorhaben (...) Center (Ort2) anthrazitfarbenen Verblender des Typs Octavant Betonschichtstein empfahl und die mit diesem Stein verblendeten Fassaden wegen aufgetretener Ausblühungen nun mit Fassadenplatten bekleidet werden müssen. Diese Urteilsformel ist eindeutig in dem Sinn zu verstehen, dass die Rechtskraft sich auf den Mangel der Architektenleistung in Form der fehlerhaften Empfehlung des Verblenders, die anschließende Ausblühung des Verblendmauerwerks und ausschließlich die konkrete Schadensfolge, dass das bestehende Verblendmauerwerk mit Fassadenplatten bekleidet werden muss, bezieht. Auf diese Schadensfolge ist der Feststellungstenor eingeschränkt worden, indem die darin zunächst beschriebene vollumfängliche Haftung für sämtliche Schäden durch die Verwendung des mit dem Wort "und" eingeleiteten letzten Halbsatzes eine Begrenzung erfahren hat. Dieser letzte Halbsatz lässt allein den Schluss auf die beschriebene Einschränkung der konkreten Schadensfolge zu. Denn unter dem darin verwendeten Begriff der Fassade ist nach der Wortbedeutung allein die Außenseite des Gebäudes und damit dessen sichtbare Außenhaut zu verstehen. Nur dieser Bedeutung wird der Wortherkunft aus dem lateinischen Begriff "facies" gerecht, welcher mit Gestalt, Gesicht, Aussehen, Erscheinung oder Aufmachung zu übersetzen ist. Nicht anders verhält es sich mit dem französischen "façade" und dem italienisch facciata. Deswegen kann mit der im Tenor angesprochenen Fassade allein das verwendete Verblendmauerwerk aus dem Stein Octaviant gemeint sein. Es soll nur der Schaden zu ersetzen sein, der infolge der zusätzlichen Verkleidung dieser Fassade mit darauf zu setzenden Fassadenplatten eintritt. Der Versuch der Klägerin, der Außenschale des Mauerwerkes unter dem Verblender die Bedeutung einer Fassade zuzuschreiben, muss nach der Wortbedeutung erfolglos bleiben.

Selbst wenn man den Gedanken der Klägerin aufgriffe, aus der Formulierung "die mit diesem Stein verblendeten Fassaden" könne gefolgert werden, dass zwischen Verblendmauerwerk und Fassade unterschieden werden solle, änderte dies nichts an dem beschriebenen Inhalt des Feststellungstenors. Angesichts der Ausführungen dazu, wie der Senat den Feststellungstenor versteht, bliebe dieser zumindest mehrdeutig. Die dann erforderliche ergänzende Heranziehung von Tatbestand, Entscheidungsgründen und Parteivorbringen führte zur Annahme des identischen Rechtskraftumfangs.

Im Tatbestand des ursprünglichen landgerichtlichen Urteils ist zunächst ausgeführt, die Klägerin vertrete die Auffassung, ihr seien von dem Beklagten sämtliche durch den eingebauten Betonstein eingetretenen Schäden zu erstatten. Ergänzend ist auf S. 4, vorletzter Absatz des Urteils allerdings der Vortrag der Klägerin festgehalten, für die Mängelbeseitigung sei die "Einzig geeignete Lösung (...) insoweit die Bekleidung der Fassade mit Fassadenplatten." In den Entscheidungsgründen legte das Landgericht im Rahmen der Ausführungen zum Feststellungsinteresse auf S. 6, letzter Abs. ausschließlich Erwägungen zu Grunde, die sich auf diese konkrete Schadensbeseitigungsmaßnahme bezogen. Im Übrigen folgt aus S. 10, 2. Abs. des Urteils, dass das Landgericht davon ausgegangen ist, der ausblühende Verblender selbst stelle die Fassade dar. Aus S. 12, 4. Abs. ergibt sich dasselbe und darüber hinaus, dass gerade der Verblender mit Fassadenplatten verkleidet werden soll. Denn dort ist niedergelegt, dass die Klägerin "die Kosten für eine Verkleidung der gesamten mit dem streitgegenständlichen Stein gemauerten Fassade mit schwarzen Hochdruck-Schichtplatten ..." auf eine bestimmte Summe taxiert. Der Umstand, dass auf S.14, 5. Abs. des Urteils zum Feststellungsantrag ausgeführt wurde, dass "der Beklagte der Klägerin dem Grunde nach auch für weitere, derzeit noch nicht zu beziffernde Schäden, die auf den unterlassenen Hinweis hinsichtlich der Nachteile des verwendeten streitgegenständlichen Steines zurückgehen, (...) haftet", ist angesichts der zuvor erfolgten detaillierten Ausführungen und den im Tatbestand wiedergegebenen Feststellungsanträgen nicht geeignet, den Schluss darauf zuzulassen, die dem Grunde nach festgestellte Haftung des Beklagten solle sich auf sämtliche Schäden erstrecken. Die Beschränkung der Haftung ist in der Gesamtschau der Urteilsausführungen eindeutig.

Unterstellt, es gäbe insoweit noch Zweifel, sind diese unter der dann erforderlichen Berücksichtigung des weiteren Parteivorbringens aus dem Ausgangsrechtsstreit nicht gerechtfertigt. Auf Bl. 6 d.A. 17 O 1650/13 machte die Klägerin ausdrücklich geltend, dass die einzig geeignete Art der Mängelbeseitigung die Bekleidung der Fassade mit Fassadenplatten sei. In diesem Zusammenhang bezog sie sich ausdrücklich auf das Gutachten des von ihr beauftragten Privatsachverständigen EE vom TT.MM.2010, das in dem Verfahren AZ 17 O 1650/13 als Anlage K 12 zur Akte gereicht worden war. Darin stellte der Privatgutachter zu der Frage "Welche Maßnahme(n) der Sanierung bestehen?" fest: "Neben dem kompletten Rückbau und einer Neuherstellung kommen für die Sanierung der Fassade grundsätzlich verschiedene Möglichkeiten in Betracht. Möglich wäre es, die Fassade (...) c) mit Schichtpressstoffplatten, wie beispielsweise Trespa, Fundermax usw., die am Markt in zahlreichen Farb- und Strukturvarianten vorhanden sind, zu verkleiden." Im weiteren Gutachten stellte der Privatsachverständige die Kosten für die Demontage und Neuerrichtung des Verblendmauerwerks mit 48.513,00 € brutto dar, wobei er Rückbaukosten, Gerüstvorhaltekosten, Entsorgungskosten sowie Kosten für die Sicherung des Bestandsgebäudes einzeln auswies. Im Anschluss schlug er anstelle "eine(r) komplette(n) Erneuerung der gesamten Fassade" die "Verkleidung mit Fassadenplatten" als günstigere Sanierungsvariante zum Preis von 33.800,00 € brutto (28.403,36 € netto) vor. Für diese legte er ausschließlich einen m2-Preis von 130,00 € zugrunde und bezog in diesen Preis Kosten für Gerüststellung und Baustelleneinrichtung mit ein. Rückbau- und Entsorgungskosten waren nicht ausgewiesen. Damit ist eindeutig, dass die Klägerin während des gesamten Rechtsstreits davon ausging und vortrug, dass die Fassadenplatten auf den Verblender montiert werden würden. Ihr Bestreiten in der Berufungsbegründung, das Vorbringen im Ausgangsrechtsstreit habe nicht so verstanden werden können, ist angesichts dieser Sachlage unbehelflich. Nur am Rande sei erwähnt, dass es im Übrigen fragwürdig erscheint, weil der Klägervertreter im vorliegenden Rechtsstreit auf S. 2 seines Schriftsatzes vom 07.01.2019 (Bl. 111 d.A.) erstinstanzlich selbst noch eingeräumt hat, insoweit einem aus dem Privatgutachten EE hervorgegangenen Missverständnis aufgesessen zu sein.

In diesem Lichte ergibt sich unter jedem denkbaren Ansatz der Auslegung, dass der Inhalt des Feststellungsurteils und damit der Umfang seiner Rechtskraft auf die Erstattung derjenigen Schäden beschränkt ist, die der Klägerin dadurch entstehen, dass sie eine Mängelbeseitigung durchführt, bei der die aus dem Verblender bestehende Fassade selbst mit Fassadenplatten bekleidet wird.

Eine derartige Beschränkung ist auch aus Rechtsgründen nicht ausgeschlossen. Dies folgt vor allem nicht daraus, dass die im Feststellungstenor festgehaltene Art der Schadensbeseitigung nach dem Hauptvorbringen der Klägerin baurechtlich sowie nach den anerkannten Regeln der Technik unzulässig wäre. Dieser Umstand tangiert den formal zu betrachtenden Umfang der Rechtskraft und die Reichweite des Feststellungstitels nicht. Genauso wie eine (Feststellungs-) Klage auf Ersatz bestimmter Schadensfolgen nicht die Verjährung des Anspruchs auf Ersatz anderer Schadensfolgen hemmt (vgl. Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Auflage, 15. Teil Rn.2), erstreckt sich der daraus resultierende Feststellungtitel nicht auf andere, nicht geltend gemachte Schadensfolgen.

2. Der Anspruch auf Vorfinanzierung weiterer Kosten für den Abbruch des Verblenders und die Neuerrichtung einer Fassade mit Fassadenplatten folgt auch nicht aus dem Umstand, dass die Klägerin in dem Verfahren AZ 17 O 1650/13 vor dem Landgericht Oldenburg mit ihrem bezifferten Antrag eine Zahlung "als Vorschuss auf Schadensersatz" geltend gemacht hat.

Dieser ursprüngliche Zahlungsantrag in dem Rechtsstreit AZ 17 O 1650/13 ist seinerzeit vom Landgericht zutreffend als Klage auf Schadensersatz ausgelegt worden. Denn selbst eine ausdrücklich als Vorschussklage bezeichnetet Klage gegen einen Architekten wegen Planungsfehlern war als eine solche auf Schadensersatz auszulegen (vgl. BGH NJW 2019, 1527 [BGH 21.02.2019 - VII ZR 105/18] Rn.25 m.w.N.). Schließlich ist der Klägerin auf den Zahlungsantrag hin auch kein abrechnungspflichtiger Vorschuss, sondern Schadensersatz in Form konkreter fiktiver Mängelbeseitigungskosten für eine von ihr genau beschriebene Schadensbeseitigungsmaßnahme zugesprochen worden, was bis zum Urteil des BGH vom 22.02.2018, AZ VII ZR 46/17 (vgl. NJW 2018, 1463ff [BGH 22.02.2018 - VII ZR 46/17]), ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung entsprach. Dieser Zahlungstenor des Urteils AZ 17 O 1650/13 bezog sich allein auf die von der Klägerin konkret vorgetragene Schadensfolge der Aufbringung von Fassadenplatten auf dem vorhandenen Verblender und nicht auch auf die Erstattung anderer Schadensfolgen wie dem nunmehr geltend gemachten Abriss des Verblenders und der Neuverkleidung mit Fassadenplatten (vgl. Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Auflage, 15. Teil Rn.2). Anders als ein Vorschussurteil (vgl. dazu BGH NJW 2009, 60 [BGH 25.09.2008 - VII ZR 204/07][BGH 25.09.2008 - VII ZR 204/07] Rn.7f), enthielt er keinerlei Feststellungselemente, wonach der Beklagte dem Grunde nach verpflichtet wäre, sämtliche voraussichtlichen und damit auch sich zu einem späteren Zeitpunkt als erforderlich herausstellende Mängelbeseitigungskosten zu zahlen.

3. Allerdings ist der Anspruch der Klägerin, weitere Schäden erstattet zu bekommen, die infolge eines erforderlich werdenden Abrisses des Verblendmauerwerks sowie dessen Neuerrichtung entstehen, dem Grunde nach unter Heranziehung des Ursprungsvertrages gegeben.

a) Er folgt aus den §§ 280, 634 Nr.4 BGB. Das Architektenwerk des Beklagten ist angesichts der Empfehlung des die Ausblühungen begünstigenden Verblenders mangelhaft gewesen. Diesen Architektenfehler beging der Beklagte schuldhaft, weil er die Fehlerhaftigkeit seiner Empfehlung hätte erkennen müssen. Dies folgt aus dem unstreitig gebliebenen Vortrag der Klägerin in diesem Rechtsstreit.

b) Diesem Anspruch steht nach den vorstehenden Ausführungen zum Umfang der Rechtskraft des Feststellungsurteils auch § 322 ZPO nicht entgegen. Die in dem Vorprozess erhobene Klage bezog sich auf den Ersatz bestimmter Schäden für eine konkrete Maßnahme zur Beseitigung der im Bauwerk verkörperten Mängel ("Schaden infolge der Verkleidung des bestehenden und erhalten bleibenden Verblenders mit neuen Fassadenplatten") und stellte damit einen anderen Streitgegenstand dar als die jetzige klageweise Geltendmachung des Anspruchs auf Ersatz des Schadens für eine andere Art der Mängelbeseitigung ("Schaden infolge des Abbruchs des bestehenden Verblenders sowie Neuherstellung der Fassade"). Es lag eine (verdeckte) Teilklage vor (vgl. Kniffka/Koeble - Sacher, Kompendium des Baurechts, 4. Auflage, 15. Teil Rn.2, 5). Die Klägerin ist nicht gehindert, den anderen Streitgegenstand im jetzigen Prozess geltend zu machen.

c) Die gegen diesen Anspruch durch den Beklagten erstmals im Termin vor dem Senat erhobene Einrede der Verjährung greift nicht durch. Schadensersatzansprüche wegen Planungs- und Überwachungsfehlern verjähren gem. § 634 Abs. 1 Nr. 2 BGB in fünf Jahren. Der Beginn der fünfjährigen Verjährungsfrist setzt nach § 634 Abs. 2 BGB die Abnahme des Werkes voraus. Die Verjährungsfrist war im Zeitpunkt der Klageerhebung nicht abgelaufen.

aa) Es lässt sich dem Vorbringen des Beklagten bereits nicht entnehmen, dass der Anspruch der Verjährung unterliegt, weil die Verjährungsfrist des § 634 a Abs. 1 Nr. 2 BGB abgelaufen wäre. Es fehlt an jedweder Darlegung von Tatsachen, die für den Beginn und das Ende der Verjährung gem. § 634 Abs. 2 BGB maßgeblich sind. So bleibt insbesondere völlig offen, wann die Architektenleistungen vollendet und abgenommen worden sind. Dies ist vor allem vor dem Hintergrund maßgeblich, dass der Beklagte ausweislich des unstreitigen Tatbestand des landgerichtlichen Urteils, der gem. § 314 ZPO Beweis für das mündliche Parteivorbringen liefert, mit der Vollarchitektur beauftragt war. Zwar gibt es keine Vermutung dafür, dass mit der Vollarchitektur gleichzeitig die Leistungsphase 9 beauftragt worden ist (vgl. Kniffka/Koeble, Kompendiumg des Baurechts, 4. Auflage, 12. Teil Rn.56 und 817). Beruft sich hingegen der Architekt im Falle einer beauftragten Vollarchitektur auf die Einrede der Verjährung, so trifft ihn die Darlegungslast dafür, dass die Leistungsphase 9 nicht beauftragt wurde (vgl. Kniffka/Koeble a.a.O. m.w.N.). Dazu ist nichts vorgetragen, obwohl der Beklagte bereits mit der Hinweisverfügung des Berichterstatters vom 01.07.2019 darauf hingewiesen worden ist, dass offen sei, ob der neue Streitgegenstand in Form des Abrisses und Wiederaufbaus der Fassade noch geltend gemacht werden könne, diesem § 322 ZPO aber nicht entgegenstehen dürfte, und ihm ferner durch den Vertreter des Vorsitzenden mit Verfügung vom 17.07.2019, die seinem Prozessbevollmächtigten am 24.07.2019 zugestellt wurde, eine Frist zur Stellungnahme bis zum 08.08.2019 auf diesen Hinweis gesetzt worden ist.

bb) Unabhängig von dem unzureichenden Vorbringen steht angesichts der vorliegenden Unterlagen fest, dass der Anspruch nicht verjährt ist. Aus dem als Anlage K 1 des Rechtsstreits 17 O 1650/13 vorliegenden Architektenauftrag ergibt sich, dass die Parteien auch die Leistungsphase 9 zum Vertragsgegenstand erhoben haben. Gegenstand des Architektenauftrages waren nach dem schriftlichen Vertrag "die Architektenleistungen auf Grundlage der HOAI für das o.g. Bauvorhaben". Auch wenn die Objektbetreuung entsprechend der Leistungsphase 9 lediglich eine Zusatzleistung darstellt, die allein zum Zwecke einer einheitlichen Darstellung des Architektenhonorars an das normale Leistungsbild angekoppelt worden ist (vgl. OLG Düsseldorf, NZBau 2001, 449, 450 [OLG Düsseldorf 15.09.2000 - 22 U 35/00]), stellt sie dennoch eine "Architektenleistung auf Grundlage der HOAI" im Sinne des abgeschlossenen Vertrages dar.

Dies zugrunde legend ist der Anspruch der Klägerin nicht verjährt, weil eine konkludente Billigung der Architektenleistung frühestens nach der letzten Handlung des Architekten aus der Leistungsphase 9 erfolgen kann, die regelmäßig in der "Objektbegehung zur Mängelfeststellung vor Ablauf der Verjährungsfristen aus für Mängelansprüche gegenüber den bausausführenden Unternehmen" zu erblicken ist (vgl. BGH NJW 1994, 1276 [BGH 10.02.1994 - VII ZR 20/93]). Den Architektenvertrag schlossen die Parteien am 20.10.2009. Das Bauvorhaben wurde ausweislich des Urteils im Ursprungsverfahren unstreitig im August 2011 fertiggestellt. Damit kann die Verjährungsfrist der Mängelgewährleistungsansprüche gegenüber dem Beklagten frühestens im August 2016 unmittelbar vor Ablauf der letzten Gewährleistungsansprüche der Klägerin gegen die Bauunternehmer zu laufen begonnen haben. Diese wurde durch die Erhebung der Klage im Jahr 2018 binnen der fünfjährigen Gewährleistungsfrist unterbrochen.

4. Der Kläger steht überdies dem Grunde nach ein Anspruch auf Schadensersatz in Form seiner vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten ebenfalls aus den §§ 280, 634 Nr. 4 BGB zu.

Zu den erstattungsfähigen Mangelfolgeschäden gehören Rechtsanwaltskosten, die dadurch entstanden sind, dass der Besteller einen Anwalt beauftragt hat, den Mangelanspruch außergerichtlich zu verfolgen und durchzusetzen (vgl. Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Auflage, 6. Teil Rn.240). Dass der Beklagte den Mangel verschuldet hat, steht fest. Der Höhe nach hängen die Kosten von der Höhe des Kostenvorschussanspruches ab.

B) Vor dem Hintergrund, dass das Landgericht die Klage abgewiesen, der Senat sie dem Grunde nach im dargestellten Umfang für berechtigt hält und die Höhe des Anspruches ebenfalls in Streit steht, hat der Senat nach Ausübung des ihm zustehenden Ermessens auf Antrag beider Parteien gem. § 538 Abs.1 Nr. 4 ZPO von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Sache wegen des Betragsverfahrens an das Landgericht zurückzuverweisen.

1. Dass ein - im Vergleich zum ursprünglich ausgeurteilten Nettobetrag weitergehender - Schaden entstanden und im Betragsverfahren jedenfalls teilweise zuzuerkennen sein wird, ist zumindest wahrscheinlich, so dass der Erlass des Grundurteils gem. § 304 ZPO zulässig ist (vgl. BGH NJW-RR 2005, 1008 [BGH 07.03.2005 - II ZR 144/03]).

Die Klägerin hat dazu, dass es dem öffentlichen Baurecht sowie den anerkannten Regeln der Technik widerspräche, die Fassade lediglich entsprechend des ursprünglichen Feststellungstenors zu verkleiden, umfangreich und unter Darlegung von Unterlagen vorgetragen. Gleiches gilt für die erhöhten Kosten wegen des deswegen erforderlich werdenden Abrisses des Verblenders und dessen Neuherstellung. In diesem Zusammenhang hat sie die einzelnen erforderlichen Arbeitsschritte skizziert und Ausschreibungsergebnisse vorgelegt. Sowohl die Schwierigkeiten mit der ursprünglich vorgesehenen Fassadenbekleidung als auch die infolge des Abrisses erhöhten Kosten erscheinen dem Senat nachvollziehbar und rechtfertigten die Annahme der Wahrscheinlichkeit, dass der im Vorprozess zugesprochene Kostenaufwand überstiegen werden wird.

Allerdings bestehen gerade in Bezug darauf, ob eventuell auch eine Herstellung durch Verkleiden der bestehenden Fassadenplatten möglich wäre, sowie in Bezug auf die konkrete Schadenshöhe im Übrigen Unwägbarkeiten für das Betragsverfahren, welche die Zurückverweisung rechtfertigen. Denn insoweit ist eine aufwändige und umfangreiche Beweisaufnahme durch Sachverständigengutachten erforderlich.

2. In Bezug auf das Betragsverfahren erteilt der Senat die folgenden Hinweise:

a) Die Klägerin hat nach dem Feststellungstenor aus dem Vorprozess einen Anspruch auf Zahlung eines zweckgebundenen und abrechnungspflichtigen Vorschusses für die Kosten der Verkleidung der bestehenden Fassade mit Fassadenplatten. Soweit das Landgericht gemeint hat, dieser Anspruch der Klägerin scheitere aus Rechtsgründen, vermag der Senat dem nicht näher zu treten.

Der Senat teilt weder die Auffassung, dass die Klägerin aus dem Feststellungstenor des Vorprozesses ausschließlich Freistellung verlangen könne und sie deswegen vor der erfolgreichen Inanspruchnahme des Beklagten zunächst Verbindlichkeiten eingehen müsse, noch diejenige, dass der vor der Rechtsprechungsänderung des Bundesgerichtshofes (vgl. Urteil vom 22.02.2018 - VII ZR 46/17, NJW 2018, 1463) rechtskräftig gewordene Feststellungstenor sich hinsichtlich des Schadensersatzes allein auf die Rechtslage vor dieser Rechtsprechungsänderung beziehen kann.

Die Frage, ob der Berechtigte eines Anspruches auf Befreiung von einer Verbindlichkeit diesen auch in Form der Zahlung eines Vorschusses geltend machen kann, ist keine Frage des § 257 BGB selbst, auf den das Landgericht offenbar abstellt, sondern sie beurteilt sich nach dem Rechtsverhältnis, das Grundlage für den Ersatzanspruch ist (vgl. MüKo-Krüger, BGB, 8. Auflage, § 257 Rn.6). Dementsprechend gewährt ein Freistellungsanspruch einen Vorschussanspruch immer dann, wenn ein solcher aus dem zugrundeliegenden Rechtsverhältnis gegeben ist (vgl. MüKo-Krüger a.a.O.; BGH NJW 1966, 1366, 1367). So liegt es infolge der angesprochenen Rechtsprechungsänderung des Bundesgerichtshofes im vorliegenden Fall. Nach dieser Entscheidung kann der Auftraggeber eines mangelhaft leistenden Architekten seinen Schaden nicht mehr in Form fiktiver Mangelbeseitigungskosten geltend machen (vgl. BGH NJW 2018, 1463 [BGH 22.02.2018 - VII ZR 46/17] Rn.60). Vielmehr steht ihm ein Anspruch auf vorherige Zahlung eines an den Zweck der Mängelbeseitigung gebundenen und abzurechnenden Betrages zu (vgl. BGH a.a.O. Rn.67).

Weil die Rechtskraft des Feststellungstenors ausschließlich den Haftungsgrund und die Art der Schadensbeseitigung umfasste, muss sich die von der Rechtskraft des Feststellungstenors gerade nicht erfasste Art der Schadensberechnung nach der im Zeitpunkt seiner Geltendmachung gültigen Rechtslage ergeben. Das ergibt sich bereits aus der genannten Entscheidung des Bundesgerichtshofes, die sich angesichts der Rechtskraft des Haftungsgrundes nur noch mit der Schadenhöhe und damit der Art der Schadensberechnung bzw. -bemessung befasste. Insoweit wäre es unzutreffend, der Klägerin auf den Feststellungstenor hin weitere fiktive Mängelbeseitigungskosten zuzusprechen, was aber in Konsequenz der landgerichtlichen Rechtsauffassung möglich wäre. Der Umstand, dass der Klägerin auf ihren ursprünglichen Zahlungsantrag im vorangegangenen Verfahren rechtskräftig fiktive Mängelbeseitigungskosten zugesprochen worden sind, vermag daran nichts zu ändern. Die Klägerin könnte sich damit begnügen, diesen Betrag einzubehalten und den Mangel zu belassen. Macht sie weiteren Schadensersatz in Form eines Vorschusses geltend, muss eine Verrechnung mit den zugesprochenen fiktiven Mängelbeseitigungskosten erfolgen.

b) Nach dem Tenor dieses Urteils hat die Klägerin auch einen Anspruch auf Zahlung eines zweckgebundenen und abrechnungspflichtigen Vorschusses für die Kosten des Abrisses der bestehenden Fassade und der Neuerrichtung einer anderen Fassade. Das folgt für dieses Urteil ohne Weiteres aus der Rechtsprechungsänderung des Bundesgerichtshofes in dessen Urteil vom 22.02.2018, AZ VII ZR 46/17 (vgl. NJW 2018, 1463ff).

c) Selbstredend kommt nur eine der beiden Maßnahmen in Betracht. Die Klägerin kann diejenige wählen, die dem öffentlichen Baurecht und den anerkannten Regeln der Technik entspricht. Kommen danach beide Maßnahmen in Betracht, hat die Klägerin nur Anspruch auf die günstigere Lösung. Sollte sich also herausstellen, dass die Herstellung in Form der Verkleidung des bestehenden Verblenders mit Fassadenplatten nach dem öffentlichen Baurecht sowie den allgemein anerkannten Regeln der Technik zulässig ist und geringere Kosten verursacht als die von der Klägerin in diesem Verfahren begehrte Maßnahme, das Verblendmauerwerk abzureißen und eine neue Fassade mit Fassadenplatten zu errichten, wird der Beklagte nicht gehindert sein, sich auf eine Schadensminderungspflicht der Klägerin durch Wahl dieser Maßnahme zu berufen.

Ein derartiger die Schadenshöhe betreffender Einwand ist durch dieses Grundurteil angesichts des tenorierten Vorbehaltes im Betragsverfahren möglich. Die Beweiserhebung des Landgerichts sollte sich von Anfang an darauf erstrecken.

d) Von selbst versteht sich, dass von dem Schadensersatzanspruch der Klägerin auf Vorschuss für die weiteren Kosten der letztlich berechtigterweise begehrten Herstellungsmaßnahme der bereits im Vorprozess ausgeurteilte und gezahlte Schadensersatzbetrag in Abzug zu bringen.

C) Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Auch ein zurückverweisendes Urteil ist für vorläufig vollstreckbar zu erklären (vgl. OLG München, Urteil vom 18.09.2002 - 27 U 1011/01, juris Rn. 75).

D) Ein Anlass für die Zulassung der Revision besteht nicht.