Verwaltungsgericht Stade
Urt. v. 24.08.2022, Az.: 1 A 1756/18

Allgemeinbildene Schule; Ermessen; Streckenbezogene Geschwindigkeitsbegrenzung 30 km/h; Verkehrszeichen

Bibliographie

Gericht
VG Stade
Datum
24.08.2022
Aktenzeichen
1 A 1756/18
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2022, 45149
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGSTADE:2022:0824.1A1756.18.00

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Der Begriff des unmittelbaren Bereichs von an diesen Straßen gelegenen allgemeinbildenden Schulen i.S.d. § 45 Abs. 9 Satz 4 Nr. 6 StVO bezieht sich nicht nur auf die Grenzen des Schulgrundstücks. Vielmehr muss dieser Bereich unter Berücksichtigung der konkreten Umstände bestimmt werden.

  2. 2.

    § 45 Abs. 9 Satz 4 Nr. 6 StVO lässt § 45 Abs. 9 Satz 1 StVO ungerührt.

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen zwei verkehrsbehördliche Anordnungen, mit denen die Beklagte eine streckenbezogene Geschwindigkeitsbegrenzung von 30 km/h angeordnet hat.

Unter der Adresse H. befindet sich nordwestlich der Kreuzung I. und J. (K.) die Grundschule L., auf deren Grundstück außerdem ein Hort, eine Sport- sowie eine Schwimmhalle gelegen sind. Die Grundschule verfügt über drei Zugangsmöglichkeiten. Zum einen kann sie südlich über den Haupteingang in der M. betreten werden, wobei dieser Schuleingang aus Sicherheitsgründen während des Unterrichts (8 Uhr bis 13.35 Uhr) verschlossen ist. Die Entfernung dieses Eingangs zur J. beträgt ca. 60 m. Zum anderen kann das Schulgebäude über den Schulhof, der von der J. aus zu erreichen ist, über zwei Eingänge betreten werden. Der Abstand zur J. beträgt dabei ca. 70 m.

Am 3. Januar 2017 beantragte die Fraktion N. des Rates der Stadt O. u.a. die Überprüfung bzw. Anordnung einer "Tempo 30 Zone" auf der J. im Bereich der Grundschule L.. Vor diesem Hintergrund bat die Beklagte sowohl die Polizeiinspektion P. als auch die Q. um Stellungnahme. In der Stellungnahme der Polizeiinspektion P. vom 7. Februar 2017 heißt es auszugsweise:

"Auf dem Satellitenbild ist erkennbar, dass die Einrichtung über zwei Zugangsmöglichkeiten verfügt. Zum einen gelangt man über die I. (Abb. 1 Ziff. 1) in die Schule. Zum anderen kann man die Schule auch über den Schulhof (Abb. 1 Ziff. 2) erreichen. Zur sicheren Querung der Straße befindet sich auf der J. R. eine Fußgängerbedarfsampel (Abb. 1 Ziff. 3).

Grundsätzlich kann daher von einer guten fußläufigen Erreichbarkeit gesprochen werden, zumal auch die Querung der M. durch eine Roteinfärbung hervorgehoben ist.

Das Unfalllagebild ist für den Bereich vor der Schule als unauffällig zu bezeichnen. Dies geschieht unter Berücksichtigung des durchschnittlichen Verkehrs von 10.800 Fahrzeugen.

In den letzten drei Jahren (2014-2016) ereigneten sich im Bereich der Fußgängerbedarfsampel drei Verkehrsunfälle. Zwei davon ereigneten sich im Jahr 2014. Bei einem dieser Unfälle wurde die verursachende Fahrzeugführerin schwer und die 5- jährige Mitfahrerin im anderen Fahrzeug leicht verletzt, als dieses stoppte, um in die S. abzubiegen.

Im Jahr 2016 ereignete sich ein weiterer Unfall mit der geschilderten Abfolge. Jedoch war hier nur ein Leichtverletzter zu verzeichnen. Beim dritten Verkehrsunfall (2016) stieß in diesem Bereich ein rangierender Lkw gegen den dortigen Ampelmast.

Auf Grund der allgemeinen Verkehrsbelastung auf der T. mit 10.800 Fahrzeugen täglich (Stand 2010) besteht für die auf dem Gehweg laufenden Kinder eine latente allgemeine Gefahr. Hinzu kommt der Zielverkehr durch die Elternteile, die ihre Kinder zur Schule bringen.

Aus den vorgenannten Gründen ist die Anordnung einer streckenbezogenen (300 m langen) Geschwindigkeitsreduzierung auf 30 km/h aus Sicht des Unterzeichners gerechtfertigt. Zur Erhöhung der Akzeptanz, ist die Geschwindigkeitsreduzierung durch Zusatzzeichen auf die Öffnungszeiten der Einrichtung zu beschränken."

In der Stellungnahme der Q. vom 9. Februar 2017 heißt es:

"Aufgrund des eingeführten Beschlusses für eine Geschwindigkeitsreduzierung vor öffentlichen Einrichtungen und mit dem Augenmerk auf die hohe Verkehrsbelastung mit 10.200 Fahrzeugen täglich (Stand 2015) auf der T., bestehen keine Bedenken eine Geschwindigkeitsreduzierung auf 30 km/h im Bereich der Grundschule L. anzuordnen."

Am 25. Juli 2017 erging die verkehrsbehördliche Anordnung, die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf der J. im Bereich der Grundschule L. durch die Aufstellung der Verkehrszeichen 274-53 (zulässige Höchstgeschwindigkeit 30 km/h) mit Zusatzzeichen 1012 (Schule) und 1042-33 (Mo-Fr 7-18 Uhr) sowie nach 300 m Verkehrszeichen 278-53 (Ende der zulässigen Höchstgeschwindigkeit) auf 30 km/h zu beschränken.

Am 8. August 2017 stellte die Straßen- und Autobahnmeisterei U. je Fahrtrichtung zwei Verkehrszeichen 274-53 mit Zusatzzeichen 1012 und 1012-50, in südlicher Fahrtrichtung unmittelbar nach der Einmündung der Straße V. und I. und in Fahrtrichtung Norden nach der Einmündung W. und der S., und gleichzeitig zwei Verkehrszeichen 278-53, eins je Fahrtrichtung, auf.

Mit verkehrsbehördlicher Anordnung vom 8. November 2017 ordnete die Beklagte die Versetzung des Verkehrszeichens 274-53 mit Zusatzzeichen 1012-50 und 1042-33, welches sich in Fahrrichtung Süden unmittelbar nach der Einmündung V. befand, nunmehr vor die Einmündung V. an. Gleichzeitig ordnete sie die Aufstellung eines weiteren Verkehrszeichens 274-53 mit Zusatzzeichen 1012-50 und 1042-33 in südlicher Fahrtrichtung auf Höhe X. an.

Der Kläger wandte sich per E-Mail an die Beklagte und focht die Anordnung der Tempo 30 Begrenzung an, weil damit seine grundgesetzlich garantierte Handlungsfreiheit unangemessen eingeschränkt werde. Er befahre die betroffene Strecke häufiger mit dem PKW oder Motorrad und sei daher von der Anordnung betroffen. Eine zwingende Notwendigkeit für die Anordnung sei nicht gegeben, sodass diese rechtswidrig sei.

Am 30. Juli 2018 hat der Kläger zunächst per De-Mail, eingegangen am 31. Juli 2018, Klage erhoben. Nachdem das Gericht dem Kläger mitgeteilt hat, dass fraglich sei, ob es sich dabei um eine absenderauthentifizierte De-Mail i.S.d. § 55a VwGO handele, hat der Kläger am 23. September 2018, eingegangen am 25. September 2018, erneut schriftlich Klage erhoben und einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gestellt.

Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, der "30er Bereich" beeinträchtige seine grundgesetzlich geschützte Handlungsfreiheit und sei im Übrigen rechtswidrig, weil die gesetzlichen Voraussetzungen aus § 45 Abs. 9 StVO nicht erfüllt und die Maßgaben der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung (VwV-StVO) zu § 41 StVO und zu Zeichen 274 XI nicht beachtet worden seien.

Von der J. aus bestehe lediglich ein indirekter Zugang zur Schule; eine kleine Straße führe zum Schulhof und den Nebentüren, wobei diese Straße auch der Überwegung zu der nicht öffentlichen Schwimmhalle diene. Der Haupteingang sei dagegen, wie sich bereits aus der Anschrift der Grundschule ergebe, von der M., einer 30er Zone, zu erreichen. Neben dem Haupteingang befinde sich auch noch ein weiterer, westlicher Eingang, welcher sowohl in das Schulgebäude als auch auf den Schulhof führe.

Die Eltern brächten die Schulkinder zu dem großen Parkplatz der Y., wo die Kinder ausstiegen. Er, der Kläger, habe sich das Verkehrsgeschehen an zwei Schultagen zwischen 7 Uhr und kurz nach 8 Uhr angesehen und einmal lediglich 15 und einmal 16 Fahrzeuge gezählt, die zu diesem Parkplatz gefahren seien. Parkplatzsuchverkehr gebe es nicht, da jeder wisse, wohin er fahre.

Außerdem überquerten Kinder die J. unter Verwendung der Ampelanlage, bei an der Ampel stehenden Fahrzeugen mit 0 km/h, sodass ein Sicherheitsgewinn durch eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h nicht vorhanden sei.

Aufgrund der hohen Verkehrsdichte und der häufigen Nutzung der Bedarfsampel sei zur Rushhour eine hohe Geschwindigkeit ohnehin nicht möglich. Zudem sorgten Verkehrshelfer für zusätzliche Sicherheit und Ordnung. Zur Gewährleistung der Schulwegesicherheit befänden sich in beiden Richtungen auf der J. überdies bereits Verkehrszeichen 136 mit dem Zusatz "Schulweg kreuzt".

Zwar lägen die Voraussetzungen des § 45 Abs. 9 Satz 4 Nr. 6 StVO vor, nicht aber die der Sätze 1 und 2. Das Vorliegen einer allgemeinen Gefahr reiche nicht aus, vielmehr hätte die Beklagte gemäß Rn. 13 Punkt XI zu Zeichen 274 VwV-StVO die Anordnung nur treffen dürfen, wenn die Schule entweder einen direkten Zugang zur Straße hätte oder im Nahbereich starker Ziel- und Quellverkehr vorhanden sei, was beides nicht der Fall sei.

Selbst wenn die Voraussetzungen des § 45 Abs. 9 StVO vorlägen, wäre die Anordnung für einen zu großen Bereich getroffen worden, weil die gesetzlich vorgesehene vereinfachte Anordnung eines Tempo 30 Bereichs lediglich für den unmittelbaren Bereich der Schule gelte. Dieser unmittelbare Bereich beschränke sich auf den direkten Straßenbereich vor der Schule mit einer Länge von ca. 50 m, nicht jedoch 300 m. Insoweit gebe es auch keine andere niedersächsische Kommune, die den Bereich derart ausdehne.

Weiterhin habe keine Prüfung der örtlichen Verhältnisse und der Erforderlichkeit der konkreten Maßnahmen und ihre Verhältnismäßigkeit vor Einrichtung des Tempo 30 Bereichs stattgefunden. Es sei nicht beachtet worden, dass die Kinder am Nachmittag nicht von der Schule, sondern von dem Hort betreut würden, welcher zwar auf demselben Grundstück wie die Schule liege, nicht jedoch an die J. angrenze. Die Anordnung könne daher nur auf das Ende der Unterrichtszeit, mithin maximal 14 Uhr, begrenzt werden. Nicht berücksichtigt worden sei zudem, dass die Kinder während der Schulzeit von 8.00 Uhr bis 11.35 Uhr quasi eingeschlossen seien.

Auch habe eine ergebnisoffene Prüfung durch die Beklagte nicht stattgefunden, weil die Stellungnahmen der Q. und der Polizeiinspektion schon aus Februar 2017 seien, während die Verwaltungsverordnung erst am 29. Mai 2017 im Bundesanzeiger veröffentlicht worden sei.

Der Kläger beantragt,

die verkehrsbehördliche Anordnung vom 25. Juli 2017 sowie die verkehrsbehördliche Anordnung vom 8. November 2017, mit welchen durch Verkehrszeichen 274-53 (zulässige Höchstgeschwindigkeit 30 km/h) mit Zusatzzeichen 1012 (Schule) und 1042-33 (Mo-Fr 7-18 Uhr) sowie Verkehrszeichen 278-53 (Ende der zulässigen Höchstgeschwindigkeit) eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf Tempo 30 auf der J. (K.) bei der Grundschule L. angeordnet wurde, aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, die J. weise ein erhöhtes Verkehrsaufkommen auf, sodass die Kinder auf ihrem Schulweg ständig einem latenten Unfallrisiko ausgesetzt seien. Die Schule befinde sich direkt hinter einer Kurve, wobei eine erhöhte Geschwindigkeit dazu führe, dass Gefahrensituationen erst zu spät wahrgenommen werden könnten. "Buskinder", die an der Haltestelle "I." ausstiegen, hätten während der Corona-Pandemie zur Trennung aus Gründen des Infektionsschutzes unterschiedliche Eingänge benutzen müssen, sodass die Kinder teilweise über die J. um das Schulgebäude herumgelaufen seien, um die Eingänge vom Schulhof aus zu benutzen. Auch Kinder aus anderen Grundschulen, die mit dem Bus zum Schwimmunterricht kämen, müssten ebenfalls um das Schulgebäude herumlaufen, um den, vom Schulhof ausgehenden Eingang zur Schwimmhalle, zu erreichen. Auch Hortkinder verließen das Grundstück über den Schulhof in Richtung J. nach Hortschluss um 17 Uhr.

Kinder und Jugendliche, die die Oberschule in Z. besuchten, warteten morgens an der Bushaltestelle "J.", wobei es auf dem gemeinsamen Fuß- und Radweg wegen Roller- bzw. Radfahrern nicht selten eng werde. Hinzu kämen viele Abbiegevorgänge in Richtung Grundschule sowie der zwei Kindertagesstätten, die die Übersichtlichkeit des Verkehrs beeinträchtigten.

Die Anordnung einer Geschwindigkeitsbegrenzung stelle daher einen Sicherheitsgewinn für die Kinder dar.

Die Einführung des Elternlotsendienstes verdeutliche, dass das bloße Vorhandensein einer Ampelquerung keine Sicherheit für die Kinder garantiere, da es vermehrt zu Rotlichtverstößen und überhöhten Geschwindigkeiten komme.

Bei Grundschülern könne man davon ausgehen, dass sie aufgrund ihres Alters einerseits einen Entwicklungsstand erreichten, der sie befähige, den Schulweg alleine zurückzulegen. Andererseits sei ein Kind im Grundschulalter aber auch zu jung, um sämtliche Gefahren des Straßenverkehrs abzuschätzen. Dieser Entwicklungsstand von Kindern sei Anlass für die Einführung des § 45 Abs. 9 Satz 4 Nr. 6 StVO gewesen; insoweit verwiese sie - die Beklagte - auf die Gesetzesbegründung. Dieser Schutzwürdigkeit von Kindern trage auch der Gesetzgeber durch die Wertung des § 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB Rechnung.

Seit der Änderung des § 45 Abs. 9 Satz 4 Nr. 6 StVO bedürfe es keiner erhöhten Gefahrensituation mehr. Es sei nunmehr zulässig, eine Geschwindigkeitsbegrenzung im unmittelbaren Bereich auf an Landesstraßen gelegenen allgemeinbildenden Schulen anzuordnen.

Die Geschwindigkeitsreduzierung sei auf die Nutzungszeiten des Schulgrundstücks reduziert worden, wobei gerade nicht die konkreten Unterrichtszeiten (ab 8 Uhr) maßgeblich seien, da der Bring-/Abholverkehr vor bzw. nach diesen Zeiten stattfinde. Für die Zeit nach Unterrichtsschluss sei zu beachten, dass Kinder den Hort bzw. die Sport- und Schwimmhalle aufsuchten. Die Anordnung "krummer" Zeiten (z.B. 7:50 Uhr) führe indes lediglich zur Verwirrung der Autofahrer, die Verkehrsschilder binnen weniger Sekunden wahrnähmen.

Auch sei die geschwindigkeitsreduzierte Streckenlänge vom 300 m nicht zu beanstanden, wobei der Begriff des "unmittelbaren" Bereichs durch den Hinweis des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr vom 21. Dezember 2016 konkretisiert werde, in welchem es gerade heiße, dass die Länge auf höchstens 300 m zu begrenzen sei.

Der Begriff des "unmittelbaren Bereichs" bedeute nicht, dass eine Geschwindigkeitsreduzierung ausschließlich auf der Höhe des Schulgrundstücks angeordnet werden dürfe, weil dann lediglich ein Bereich weniger Meter in Betracht käme. Ein derart kurzfristiges Abbremsen und anschließendes Beschleunigen beeinträchtige den fließenden Verkehr sowie die Anwohner durch Immissionen und stelle keinen Sicherheitsgewinn für die Kinder dar. Folglich umfasse der Begriff des "unmittelbaren Bereichs" die gesamte Umgebung. Zu berücksichtigen sei überdies, dass eine tatsächliche Einhaltung der Geschwindigkeitsbegrenzung durch Geschwindigkeitsmessgeräte zu überprüfen sei. Ziffer 4. der Anlage zur Richtlinie für die Überwachung des fließenden Straßenverkehrs durch Straßenverkehrsbehörden bestimme, dass Kontrollen nicht kurz vor oder hinter geschwindigkeitsregelnden Verkehrszeichen durchgeführt werden sollten. Der Abstand solle mindestens 150 m betragen, weshalb der Standort der streitgegenständlichen Verkehrsschilder so gewählt worden sei, dass jedenfalls ein ausreichender Abstand zur Durchführung von Geschwindigkeitskontrollen einzuhalten sei.

Auch sei das Verfahren nicht zu beanstanden. Maßgeblich sei zudem nicht die Veröffentlichung der Verwaltungsvorschrift im Bundesanzeiger, sondern das Inkrafttreten des zugrundeliegenden § 45 Abs. 9 StVO. Dieser sei bereits zum 14. Dezember 2016, und somit vor den Stellungnahmen, geändert worden. Zudem habe das Niedersächsische Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr bereits mit Schreiben vom 21. Dezember 2016 die Formulierung des vorläufigen Entwurfs der Verwaltungsvorschrift bekannt gegeben.

Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat keinen Erfolg.

Die Klage ist zulässig. Zwar hat der Kläger die Klagefrist des § 74 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - versäumt, weil die mittels nicht absenderauthentifizierter De-Mail des Klägers vom 30. Juli 2018 eingereichte Klage zunächst nicht wirksam erhoben war. Dem Kläger ist jedoch auf der Grundlage des § 60 VwGO Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand zu gewähren, weil er unverschuldet an der Einhaltung der Frist gehindert war. Angesichts des zum damaligen Zeitpunkt neuen elektronischen Rechtsverkehrs ist dem Kläger v.a. auch mit Rücksicht auf den Inhalt des Prüfprotokolls nicht vorwerfbar, dass er annahm, seine De-Mail wahre die Anforderungen des § 55a VwGO. Auch auf der Website des Gerichts konnte sich der Kläger insoweit nicht kundig machen, weil auch dort kein Hinweis vorhanden war, dass eine Klage nur mit absenderauthentifizierter De-Mail Klage erhoben werden kann.

Die Klage ist jedoch unbegründet.

Die von dem Kläger angegriffenen verkehrsbehördlichen Anordnungen sind auf der Grundlage des § 45 Abs. 1 Satz 1 Straßenverkehrsverordnung - StVO - i.V.m. § 45 Abs. 9 StVO rechtmäßig und verletzten den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt der letzten tatsachengerichtlichen Verhandlung, weil es sich bei den verkehrsbehördlichen Anordnungen um einen Verwaltungsakt in Form der Allgemeinverfügung i.S.d. § 35 Satz 2 Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG - i.V.m. § 1 Abs. 1 Niedersächsisches Verwaltungsverfahrensgesetz - NVwVfG - mit Dauerwirkung handelt (BVerwG, Urt. v. 27.01.1993 - 11 C 35/92 Rn.11; BVwerG, Urt. v. 23.09.2010 - 3 C 37/09 -, juris Rn. 21; BVerwG, Urt. v.18.11.2010 - 3 C 42/09 -, juris Rn.14; BVerwG, Urt. v. 27.01.1993 - 11 C 35/92).

Nach § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO können die Straßenverkehrsbehörden die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten und den Verkehr umleiten. Gemäß § 45 Abs. 9 Satz 1 StVO sind Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen nur dort anzuordnen, wo dies auf Grund der besonderen Umstände zwingend erforderlich ist. Dabei dürfen Gefahrzeichen nur dort angeordnet werden, wo es für die Sicherheit des Verkehrs erforderlich ist, weil auch ein aufmerksamer Verkehrsteilnehmer die Gefahr nicht oder nicht rechtzeitig erkennen kann und auch nicht mit ihr rechnen muss (§ 45 Abs. 9 Satz 2 StVO). Nach § 45 Abs. 9 Satz 3 StVO dürfen insbesondere Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs nur angeordnet werden, wenn auf Grund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in den vorstehenden Absätzen genannten Rechtsgüter erheblich übersteigt. § 45 Abs. 9 Satz 3 StVO gilt allerdings u.a. nicht für Anordnungen von innerörtlichen streckenbezogenen Geschwindigkeitsbeschränkungen von 30 km/h (Zeichen 274) nach Absatz 1 Satz 1 auf Straßen des überörtlichen Verkehrs (Bundes-, Landes- und Kreisstraßen) oder auf weiteren Vorfahrtstraßen (Zeichen 306) im unmittelbaren Bereich von an diesen Straßen gelegenen Kindergärten, Kindertagesstätten, allgemeinbildenden Schulen, Förderschulen, Alten- und Pflegeheimen oder Krankenhäusern (§ 45 Abs. 9 Satz 4 Nr. 6 StVO).

Hieran gemessen können die Anordnungen der Beklagten nicht beanstandet werden. Zunächst liegen die Voraussetzungen des § 45 Abs. 9 Satz 4 Nr. 6 StVO insoweit vor, als die Geschwindigkeitsbegrenzung von 30 km/h eine Landesstraße (K.) betrifft, an der mit der Grundschule L. eine allgemeinbildende Schule gelegen ist. Dabei muss hier nicht entschieden werden, ob die Vorschrift ungeachtet des eindeutigen Wortlauts einschränkend in dem Sinne auszulegen ist, dass ein "Anliegen" an eine der genannten Straße erst dann anzunehmen ist, "wenn typischerweise eine Vielzahl von Schülern das Schulgelände von der Straße aus betritt bzw. beim Verlassen der Schule unmittelbar vom Schulgelände auf die Straße tritt, die auf Tempo 30 herabgesetzt werden soll" (so VG Düsseldorf, Beschl. v. 19.05.2021 - 6 K 4191/18 -, juris). Denn auch diese Voraussetzung liegt hier vor. Die umstrittene Geschwindigkeitsbegrenzung bezieht sich auf die tatsächlich benutzten Eingänge der Grundschule L.. Dass das Schulgelände von der J. aus betreten wird, worüber dann zwei Eingänge zum Schulgebäude, die Eingänge zur Sport- und Schwimmhalle sowie zum Hort zu erreichen sind, ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Insoweit stellt der Kläger auch nicht in Abrede, dass diese Eingänge tatsächlich auch von Schülern genutzt werden. Denn in der mündlichen Verhandlung hat der Kläger erklärt, der Gebäudeeingang, der von der J. aus zu erreichen ist, werde von ca. 40% und damit fast der Hälfte der Schüler benutzt. Dass sich diese Eingänge auf dem Schulgelände in einer Entfernung von ca. 70 m zur J. befinden, ändert an diesem Ergebnis nichts. Denn sofern die Kinder - regelmäßig in Gruppen - den Schulhof über die J. verlassen, sind diese denselben Gefahren des Straßenverkehrs ausgesetzt, wie wenn sie aus dem Schulgebäude unmittelbar auf die Straße treten würden.

Entgegen der Auffassung des Klägers sind die verkehrsbehördlichen Anordnungen auch für den unmittelbaren Bereich der Schule ergangen. Der unmittelbare Bereich im Sinne dieser Vorschrift bezieht sich nicht nur auf die Grenzen des Schulgrundstücks. Vielmehr muss dieser Bereich im individuellen Fall bestimmt werden, wobei der Sinn und Zweck der streckenbezogenen Geschwindigkeitsbegrenzung vor sensiblen Einrichtungen und der gesetzgeberische Wille zu berücksichtigen sind. Sinn und Zweck der Vorschrift ist es, verkehrsunerfahrene Kinder vor den Gefahren des Straßenverkehrs zu schützen. Insoweit erfasst die Vorschrift des § 45 Abs. 9 Satz 4 Nr. 6 StVO als sensible Bereiche allgemeinbildende Schulen, weil dort erfahrungsgemäß vor allem in den unteren Altersklassen ein unachtsames Verkehrsverhalten vermehrt noch anzutreffen ist. Ältere Kinder und Jugendliche, die mit dem Rad zur Schule fahren, bewegen sich dort zudem im "Pulk" und sind als Verkehrsteilnehmer oft abgelenkt und einer gewissen Gruppendynamik ausgesetzt (BR-Drs 332/16 S. 11). Abzustellen ist gerade nicht nur auf die Schule bzw. das Schulgrundstück, sondern auch auf den, mit der Schule verbundenen, Schulweg. Denn die Kinder begegnen regelmäßig erst den Gefahren des Straßenverkehrs, wenn sie das Schulgrundstück verlassen und den Weg zur bzw. von der Schule bewältigen. Dieses Verständnis steht auch ausdrücklich mit dem gesetzgeberischen Willen in Einklang. Denn in der Gesetzesbegründung heißt es:

"Der abgesenkte Geschwindigkeitsbereich ist dabei in der Regel auf den unmittelbaren Bereich der Einrichtung auf insgesamt 300 m Länge zu begrenzen" (BR-Drs 332/16 S. 14).

Hierdurch hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass er den unmittelbaren Bereich in der Regel auf 300 m ausdehnt, weil ansonsten der verfolgte Schutzzweck nicht zu erreichen wäre. Andererseits wird hierdurch dem Umstand Rechnung getragen, dass sich die typischen Begleiterscheinungen des Schulbetriebes (zB. Pulkbildungen, Bring-/ Abholverkehr) regelmäßig nach 300 m auflösen.

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe betreffen die streitgegenständlichen Anordnungen den unmittelbaren Bereich der Grundschule L.. Denn die Beklagte hat die in der Gesetzesbegründung benannte Länge von 300 m - unstreitig - gewahrt. Anhaltspunkte dafür, dass von dieser Länge im konkreten Fall abzuweichen wäre, liegen nicht vor. Denn für diesen Bereich hat die Beklagte nachvollziehbar dargelegt, dass es auf den Gehwegen zu Pulkbildungen sowie risikoreichen Begegnungen von Fußgängern, Rad- und Rollerfahrern kommt. Denn hier treffen sowohl die Kinder der Grundschule L. als auch die "Buskinder", die die Oberschule in Z. besuchen, aufeinander. Gleichzeitig herrscht in diesem Bereich auch ein erhöhter Bring- und Abholverkehr u.a. durch das Zusammentreffen von Grundschule, Schwimmhalle, Hort und Kindergarten. Wenn der Kläger meint, hierbei wisse jeder wohin er fahre, weil die Eltern vorhandene Parkplätze aufsuchen würden, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Denn auch wenn den Eltern ihr Zielort bekannt sein mag, ändert dies nicht an einem generell erhöhten Verkehrsaufkommen in diesem Bereich, welches erhebliche Gefahren für die Kinder mit sich bringt.

Auch gemessen an § 45 Abs. 9 Satz 1 StVO können die verkehrsbehördlichen Anordnungen der Beklagten nicht beanstandet werden. Die streckenbezogene Geschwindigkeitsbegrenzung von 30 km/h an der J. ist auch auf Grund der besonderen Umstände zwingend erforderlich. Die Anordnung muss die zur Gefahrenabwehr unbedingt erforderliche und allein in Betracht kommende Maßnahme sein (BayVGH, Beschl. v. 25.07.2011 - 11 B 11.921; König in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 45. Auflage 2019, § 45 Rn. 49c). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts liegt eine zwingende Erforderlichkeit in diesem Sinne vor, wenn die allgemeinen und besonderen Verhaltensregeln der Verordnung für einen sicheren und geordneten Verkehrsablauf nicht ausreichen. Eine verkehrsbehördliche Anordnung scheidet also nur dort aus, wo die mit der Anordnung bezweckten Wirkungen aufgrund der allgemeinen und besonderen Verhaltensregeln der Verordnung ohnehin erreicht werden (BVerwG, Beschl. v. 01.09.2017 - 3 B 50/16 -, juris Rn. 7. unter Bezugnahme auf BR-Drs. 374/97 S. 8).

Davon kann hier nicht ausgegangen werden. Ziel der hier umstrittenen Anordnungen ist es, dem Umstand Rechnung zu tragen, dass Kinder altersbedingt noch nicht in der Lage sind, allgemeine Gefahren des Straßenverkehrs und insbesondere Geschwindigkeiten herannahender Fahrzeuge richtig einzuschätzen (BR-Drs 332/16 S. 10). Durch die Geschwindigkeitsbegrenzung von 30 km/h soll ein Sicherheitsgewinn für die Kinder erreicht werden. Die Beklagte hat hier überzeugend dargelegt, dass die allgemeinen Regelungen der StVO selbst mit Rücksicht auf die vorhandene Fußgängerampel nicht ausreichen, um dieses Ziel hier zu erreichen. Sie hat ausgeführt, dass es sich bei der J. um eine hochfrequentierte und bedeutsame Verkehrsachse in O. handelt, weil diese Straße die Verbindungsstraße zur Weserüberquerung darstellt und dort ein erheblicher Durchgangsverkehr herrscht. Die starke Verkehrsbelastung der Straße ergibt sich auch aus der Stellungnahme der Polizeiinspektion P., in der es heißt:

"Auf Grund der allgemeinen Verkehrsbelastung auf der T. mit 10.800 Fahrzeugen täglich (Stand 2010) besteht für die auf dem Gehweg laufenden Kinder eine latente allgemeine Gefahr. Hinzu kommt der Zielverkehr durch die Elternteile, die ihre Kinder zur Schule bringen."

Die Beklagte hat überdies in der mündlichen Verhandlung überzeugend dargelegt, dass es in diesem Bereich auch zu einer Missachtung der Verkehrsregelungen, auch der Ampelschaltungen kommt. Dem hat der Kläger nichts Überzugendes entgegengesetzt. Im Gegenteil, er hat selbst angegeben, dass er als Motorradfahrer auf der betroffenen Straße regelmäßig von Kraftfahrzeugen risikoreich überholt werde.

Nach alledem liegen die Voraussetzungen für die verkehrsbehördlichen Anordnungen vor.

Es sind auch keine Ermessensfehler ersichtlich. Es ist nicht feststellbar, dass sich die Beklagte von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen oder wesentlichen Sachverhalt nicht aufgeklärt oder verkannt hat, insbesondere liegt ein Verstoß gegen die dabei ermessenslenkenden (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 05.12.2003 - 12 LA 467/03 -, juris Rn. 15) Vorgaben der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung - VwV-StVO - nicht vor. In Nummer 13 XI. zu Zeichen 274 Zulässige Höchstgeschwindigkeit zu den §§ 39 bis 43 Allgemeines über Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen VwV-StVO heißt es:

"Innerhalb geschlossener Ortschaften ist die Geschwindigkeit im unmittelbaren Bereich von an Straßen gelegenen Kindergärten, -tagesstätten, -krippen, -horten, allgemeinbildenden Schulen, Förderschulen für geistig oder körperlich behinderte Menschen, Alten- und Pflegeheimen oder Krankenhäusern in der Regel auf Tempo 30 km/h zu beschränken, soweit die Einrichtungen über einen direkten Zugang zur Straße verfügen oder im Nahbereich der Einrichtungen starker Ziel- und Quellverkehr mit all seinen kritischen Begleiterscheinungen (z. B. Bring- und Abholverkehr mit vielfachem Ein- und Aussteigen, erhöhter Parkraumsuchverkehr, häufige Fahrbahnquerungen durch Fußgänger, Pulkbildung von Radfahrern und Fußgängern) vorhanden ist. Dies gilt insbesondere auch auf klassifizierten Straßen (Bundes-, Landes- und Kreisstraßen) sowie auf weiteren Vorfahrtstraßen (Zeichen 306). Im Ausnahmefall kann auf die Absenkung der Geschwindigkeit verzichtet werden, soweit etwaige negative Auswirkungen auf den ÖPNV (z. B. Taktfahrplan) oder eine drohende Verkehrsverlagerung auf die Wohnnebenstraßen zu befürchten ist. In die Gesamtabwägung sind dann die Größe der Einrichtung und Sicherheitsgewinne durch Sicherheitseinrichtungen und Querungshilfen (z. B. Fußgängerüberwege, Lichtzeichenanlagen, Sperrgitter) einzubeziehen. Die streckenbezogene Anordnung ist auf den unmittelbaren Bereich der Einrichtung und insgesamt auf höchstens 300 m Länge zu begrenzen. Die beiden Fahrtrichtungen müssen dabei nicht gleich behandelt werden. Die Anordnungen sind, soweit Öffnungszeiten (einschließlich Nach- und Nebennutzungen) festgelegt wurden, auf diese zu beschränken."

Diese Maßstäbe sind insoweit erfüllt, als nach den obigen Ausführungen feststeht, dass die Geschwindigkeitsbegrenzung auf der J. im unmittelbaren Bereich der Grundschule L. angeordnet wurde, welche über einen direkten Zugang zur J. verfügt.

Auch die Länge der streckenbezogenen Anordnung von 300 m ist nicht zu beanstanden, weil dies die von der VwV-StVO vorgesehene Maximallänge wahrt.

Im Rahmen der einschränkten Überprüfbarkeit des Ermessens ist auch nicht zu beanstanden, dass sich die streckenbezogene Anordnung in Richtung Süden bis zur Kreuzung W. erstreckt. Denn die dahingehenden Ermessenserwägungen der Beklagten, bei einer Geschwindigkeitsbegrenzung auf wenig Meter käme es durch ein kurzfristiges Abbremsen und anschließendes Beschleunigen zu Beeinträchtigungen des fließenden Verkehrs, was außerdem zu Immissionen für Anwohner führen würde, sind nachvollziehbar und nicht sachfremd. Die Beklagte durfte zudem im Rahmen ihrer Ermessenserwägungen auch berücksichtigen, dass sie die angeordnete Geschwindigkeitsbegrenzung mittels Geschwindigkeitskontrollen kontrollieren können muss. Dem hat der Kläger nichts Überzeugendes entgegengesetzt.

Auch die zeitliche Beschränkung der Geschwindigkeitsbegrenzung auf Montag bis Freitag 7-18 Uhr begegnet keinen Bedenken. Denn sowohl die VwV-StVO als auch die Gesetzesbegründung sehen ausdrücklich vor, dass die Anordnung auf Öffnungszeiten einschließlich Nach- und Nebennutzungen, zu denen auch der Schulhort gehört, zu beschränken sind (BR-Drs 332/16 S. 11, 14). Dies hat die Beklagte hier getan. Denn der Schulunterricht beginnt ab 8 Uhr (offener Anfang 7.45 Uhr, vgl. Unterrichtszeit - Grundschule L. (grundschule-L..de)). Der Hort hat bis 17 Uhr geöffnet. Weil der Bring- und Abholverkehr naturgemäß vor bzw. nach diesen Öffnungszeiten stattfindet, durfte die Beklagte das ihr zukommende Ermessen dahingehend ausüben, die Geschwindigkeitsbegrenzung auf 7-18 Uhr festzusetzen. Dabei konnte sie auch berücksichtigen, dass "krumme" Uhrzeiten von Autofahrern nicht mit einem raschen Blick wahrgenommen werden können.

Auch sonst muss der Kläger keine Belastungen hinnehmen, die in der Abwägung die von der Beklagten verfolgten Ziele relativieren könnten.

Abwägungserheblich sind nur qualifizierte Interessen des Klägers, die über das Interesse jedes Verkehrsteilnehmers, in seiner Freiheit möglichst wenig beschränkt zu werden, hinausgehen (BVerwG, Urt. v. 27.01.1993 - 11 C 35/92 -, juris). Ein derart qualifiziertes Interesse kann der Kläger hier nicht geltend machen, weil er durch die streitige Geschwindigkeitsbegrenzung nur in geringem Umfang als allgemeiner Verkehrsteilnehmer belastet wird. Insoweit überwiegt der Schutz der körperlichen Unversehrtheit der Kinder nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz - GG - bereits die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) des Klägers.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Gründe für eine Zulassung der Berufung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 4 i.V.m. § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO) liegen nicht vor.