Landgericht Stade
Urt. v. 03.04.2012, Az.: 4 O 317/11

Bibliographie

Gericht
LG Stade
Datum
03.04.2012
Aktenzeichen
4 O 317/11
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2012, 44381
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

4. Der Streitwert wird festgesetzt auf 56.000,00 €.

Tatbestand:

Die Parteien sind jeweils Eigentümer von 1989 errichteten Häusern bzw. Doppelhaushälften in der Straße .... Es wird ergänzend auf die Lageskizze der Anlage B 1 (Bl. 81 d.A.) Bezug genommen. Die Grundstücke sind jeweils real geteilt. Für die Objekte besteht eine Gemeinschaftsheizanlage, für die die Parteien jahrelang Rücklagen einzahlten. Die Instandhaltungsrücklage beläuft sich auf ca. 46.000,00 €. Die zentrale Heizungsanlage in Form eines Blockheizkraftwerkes befindet sich im Haus der Beklagten zu 12.) und 13.). Zu Lasten dieses Grundstückes ist zu Gunsten der jeweiligen anderen Eigentümer eine Grunddienstbarkeit eingetragen, mit der die jeweiligen Eigentümer das Recht haben, eine Fernheizung zu installieren und zu unterhalten (vgl. Grundbuchauszug in Kopie, Bl. 86 d.A.).

Die Heizanlage und die Abrechnung der Heizkosten waren in der Vergangenheit mehrfach Thema von Eigentümerversammlungen, etwa am 30.08.2005, wobei dabei teilweise die Kläger anwesend waren. Am 04.09.2006 wurde etwa der Austausch/Erneuerung der Heizungsanlage erörtert. Die Kläger zweifeln die Wirksamkeit der dort getroffenen Beschlüsse an.

Die Kläger möchten eine Auflösung der Gemeinschaft und Aufteilung der Instandhaltungsrücklage. Der Kläger zu 2.) erklärte mit Schreiben vom 06.12.2007, die Kläger zu 3.) und 4.) mit Schreiben vom 16.08.2010 und die Kläger zu 5.) und 6.) sowie zu 1.) und 2.) mit Schreiben vom 21.04.2011 jeweils gegenüber der Hausverwaltung ... die Kündigung und forderten zur Aufhebung der Gemeinschaft auf. Nochmals wurde mit anwaltlichen Schreiben vom 12.08.2011 gegenüber den jeweiligen Beklagten die Kündigung erklärt und Aufhebung der Gemeinschaft verlangt. Die weder auf klage- noch auf beklagtenseite beteiligten Eigentümer ... haben sich mit der Aufhebung der Gemeinschaft einverstanden erklärt haben (Bl. 159 ff. d.A.).

Die Kläger behaupten, dass sie und weitere Eigentümer die Versorgungsleitungen zu dieser Gemeinschaftsanlage getrennt hätten und sie sich autonom mit Wärme über Gasthermen versorgen würden. Die Anlage sei technisch und wirtschaftlich verbraucht, und es müsste eine neue angeschafft werden. Dies sei auch von den Beklagten beabsichtigt, obwohl die Kläger an einer Modernisierung der Anlage nicht interessiert seien. Dies ergebe sich auch aus dem Protokoll der Versammlung vom 30.06.2011 (dort Top 8, Anlage GHB 13). Die Instandhaltungsmaßnahmen würden sich auf rund 50.000,00 € belaufen, was einem vollständigen Ersatz der vorhandenen Heizungsanlage gleichkomme.

Die Kläger beantragen,

1. die Beklagten zu verpflichten, der Aufhebung der Gemeinschaft, die an der gemeinsamen Heizungsanlage der Objekte ... besteht, zuzustimmen;

2. die im Rahmen der Gemeinschaft angelegte Instandhaltungsrücklage aufzulösen und anteilig zwischen den Teilhabern auszukehren;

3. die vorgenannte gemeinsame Heizungsanlage samt Tanks und dem darin befindlichen Heizöl durch Verkauf nach den Vorschriften über den Pfandverkauf zu verwerten und den sich ergebenden Erlös anteilig an die Teilhaber auszukehren.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten verweisen darauf, dass die Aufhebung der Gemeinschaft gem. § 749 Abs. 2 BGB ausgeschlossen sei. Die Beklagten zu 12.) und 13.) meinen, dass es sich um eine GbR handele.

Wegen des weiteren Vorbringens im Übrigen wird auf die bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen der Parteien Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die Kläger haben keinen Anspruch gemäß § 749 Abs. 1 BGB auf Aufhebung der Gemeinschaft betreffend die gemeinsam betriebene Heizungsanlage. Das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien bestimmt sich nach dem Gemeinschaftsrecht gem. § 741 ff. BGB. Die Parteien bzw. ihre Rechtsnachfolger haben seit Errichtung der Anlage Anfang der 90-er Jahre eine gemeinsame Heizungsanlage betrieben und über die Jahre eine Instandhaltungsrücklage geleistet, die sich zur Zeit auf rund 46.000,00 € beläuft. Die Gemeinschaft ist eine Interessengemeinschaft ohne Zweckgemeinschaft und unterscheidet sich insoweit von der Gesellschaft bürgerlichen Rechtes. Im Fehlen der Verpflichtung zur Förderung eines über das bloße Innehaben hinausgehenden gemeinsamen Zweckes liegt der wesentliche Unterschied zur Gesellschaft bürgerlichen Rechtes. Die Gemeinschaft der Parteien richtet sich ohne Gewinnerzielungsabsicht lediglich darauf, eine gemeinsame Heizung gemeinsam zu nutzen. Würde es sich bei den betroffenen Grundstücken nicht um real geteilte Grundstücke handeln, wären die Parteien als WEG miteinander verbunden, die regelmäßig zugleich eine Bruchteilsgemeinschaft gem. § 741 BGB bezüglich des Gemeinschaftseigentums darstellt.

Die Kläger haben allerdings keinen Anspruch gem. § 749 Abs. 1 BGB, weil dieses Recht gem. § 749 Abs. 2 BGB ausgeschlossen ist und kein wichtiger Grund zur Aufhebung der Gemeinschaft vorliegt. Zwar haben die Parteien bzw. ihre Rechtsvorgänger keine ausdrückliche vertragliche Vereinbarung gem. § 749 Abs. 2 BGB getroffen. Diese rechtsgeschäftliche Beschränkung folgt jedoch aus der Zweckbestimmung des gemeinschaftlichen Gegenstandes anlässlich der Begründung der Gemeinschaft. Die Heizungsanlage für die Gemeinschaft befindet sich im Hause der Beklagten zu 12.) und 13.) im.... Diese Belastung des dortigen Grundstückes bzw. die Berechtigung der übrigen Teilhaber der Gemeinschaft ist sogar grundbuchrechtlich gesichert, ohne dass sich dort eine zeitliche Bestimmung findet. Wenn gleichwohl jederzeit einzelne Teilhaber aus dieser Gemeinschaft durch einseitige Erklärung austreten könnten, wäre der Zweck der Gemeinschaft nicht mehr zu erzielen. Zur Beurteilung dieser Frage ist nicht etwa auf den jetzigen Zeitpunkt abzustellen, sondern auf den Zeitpunkt der Gründung der Gemeinschaft mit Betrieb der Heizungsanlage Anfang der 90er-Jahre. Es ist offensichtlich, dass es nicht gewollt war, dass jederzeit die Gemeinschaft durch Erklärung eines Teilhabers wieder zwingend aufzuheben wäre (vgl. dazu auch OLG Köln, ZMR 2004, 267).

Unerheblich ist, dass sich die grundbuchrechtliche Sicherung zur Lasten des Grundstückes ... nicht in den Grundbüchern der dadurch begünstigen Grundstücke der Kläger wiederspiegelt oder auch teilweise in den späteren Kaufverträgen keine Erwähnung findet. Denn unstreitig haben die Parteien, d.h. auch die Kläger, in der Vergangenheit Instandhaltungsrücklagen gezahlt, zumal anderenfalls der Antrag zu 2.) nicht nachvollziehbar wäre.

Ein wichtiger Grund, die Gemeinschaft trotz des Ausschlusses des Aufhebungsrechtes einseitig beenden zu können, besteht nicht. Dabei kann dahinstehen, ob die Heizungsanlage mit einem Umfang, der die gesamte Instandhaltungsrücklage von rund 46.000,00 € umfassen wird, zu modernisieren bzw. instand zu setzen ist. Denn auch dieses stellt keinen wichtigen Grund dar, an den grundsätzlich strenge Maßstäbe anzusetzen sind. Denn es ist es allen Teilhabern auch nach einer Modernisierung möglich, die Heizungsanlage gemeinschaftlich zu nutzen. Soweit sie sich autonom mit Wärme versorgen, beruht dieses auf einer individuellen Entscheidung, die den Fortbestand der Gemeinschaft unberührt lässt. Insbesondere haben die Parteien als Teilhaber den Umstand erkennbar berücksichtigt, dass Heizungsanlagen nach rund 20 Jahren der Erneuerung bzw. Modernisierung bedürfen. Sie haben eine Instandhaltungsrücklage gebildet, die dieses ermöglicht. Dass damit gegenüber der vorigen Heizungsanlage eine modernere Heizungsanlage errichtet werden soll, stellt keine derart wesentliche Änderung dar, die eine Aufhebung aus wichtigem Grund rechtfertigen würde.

Da die Kläger bereits keinen einseitigen Anspruch auf Aufhebung der Gemeinschaft haben, gehen auch die weiteren Ansprüche auf Aufteilung des Gemeinschaftsvermögens, insbesondere der Rücklage und des vorhandenen Heizöls, ins Leere.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.

Hinsichtlich des Streitwertes hat die Kammer diesen höher bewertet. Erkennbares Ziel ist nicht nur die Auflösung der Gemeinschaft, wobei dieses eher deklaratorischen Charakter haben dürfte, sondern auch Aufteilung des Gemeinschaftsvermögens, insbesondere in Form der nicht unerheblichen Rücklage von rund 46.000,00 €. Die Kammer bewertet daher den Streitwert mit 56.000,00 €.