Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 25.06.2007, Az.: 11 UF 39/07

Versorgungsausgleich im Hinblick auf Versorgungsanrechte zur Abdeckung eines Berufsungfähigkeitsrisikos und bzgl. der Altersversorgung; Prüfungsumfang des Beschwerdegerichts im Falle einer Beschwerde gegen eine Versorgungsausgleichsentscheidung bzgl. einer Realteilung; Voraussetzungen einer Anwendbarkeit der Tabellen der Barwertverordnung (BarwertVO) bei nicht volldynamischen Versorgungsanrechten

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
25.06.2007
Aktenzeichen
11 UF 39/07
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2007, 49709
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:2007:0625.11UF39.07.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Osnabrück - 09.03.2007 - AZ: 72 F 176/05 S

Fundstellen

  • FamRZ 2007, 1743-1745 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW-RR 2008, 12-14 (Volltext mit red. LS)
  • OLGReport Gerichtsort 2008, 108-110

In der Familiensache
...
hat der 11. Zivilsenat - 3. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Oldenburg
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ...,
die Richterin am Oberlandesgericht ... und
den Richter am Oberlandesgericht ...
am 25. Juni 2007
beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2) wird das Urteil des Amtsgerichts ? Familiengericht ? Osnabrück vom 9. März 2007 im Ausspruch zum Versorgungsausgleich geändert und insoweit wie folgt neu gefasst:

Zu Lasten der Versorgungsanrechte des Antragsgegners bei der Beteiligten zu 2) (Verwaltungsnummer...) werden im Wege der Realteilung Versorgungsanrechte auf eine berufsständische Versorgung mit denselben vertragsrechtlichen Bedingungen in Höhe von monatlich 333,96 EUR, bezogen auf den 31.05.2005, auf dem Versicherungskonto der Antragstellerin bei der Beteiligten zu 2) (Verwaltungsnummer...) begründet.

Auf dem Versicherungskonto Nr. ... der Antragstellerin bei der Beteiligten zu 1) werden Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 110,99 EUR, bezogen auf den 31.05.2005 begründet, davon

  • in Höhe von monatlich 4,31 EUR zu Lasten der Versorgungsanrechte des Antragsgegners bei der Beteiligten zu 3) (LZVA...) und

  • in Höhe von monatlich 106,68 EUR zu Lasten der Versorgungsanrechte des Antragsgegners bei der Beteiligten zu 4) (Vers.-Nr. ...).

Der Monatsbetrag der zu begründenden Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte umzurechnen.

Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Die Parteien tragen ihre eigenen außergerichtlichen Kosten sowie je 1/2 der weiteren im Beschwerdeverfahren entstandenen Kosten nach einem Beschwerdewert von 2.000 EUR.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

1

I.

1)

Nach den vom Amtsgericht im Einzelnen unter Bezugnahme auf die Auskünfte der Versorgungsträger dargelegten, vom Senat überprüften und von den Verfahrensbeteiligten insoweit nicht angegriffenen Feststellungen haben die Parteien in der Ehezeit (01.08.1996 bis 31.05.2005; § 1587 Abs. 2 BGB) u.a. die nachstehend aufgeführten, in Monatsbeträgen angegebenen Versorgungsanrechte erworben, die jeweils eine Altersversorgung vorsehen und das Risiko der Berufs- und Erwerbsunfähigkeit abdecken. Ein Versicherungsfall ist bisher nicht eingetreten:

2

Antragstellerin (Ehefrau; geb. 27.12.1961):

Rentenanwartschaften bei der Beteiligten zu 1)11,52 EUR,
Ärzteversorgung bei der Beteiligten zu 2)622,22 EUR,
3

Antragsgegner (Ehemann; geb. 31.05.1951)

Zusatzversorgung bei der Beteiligten zu 3)16,24 EUR,
Zusatzversorgung bei der Beteiligten zu 4)401,65 EUR.
4

Der Antragsgegner hat außerdem (ebenso wie die Antragstellerin) Versorgungsanrechte bei der Beteiligten zu 2) erworben. Ihre Höhe hat das Amtsgericht mit 1.483,81 EUR angenommen. Die Satzung der Beteiligten zu 2) sieht in § 46 die Durchführung des Versorgungsausgleichs zu Lasten der bei ihr begründeten Anrechte im Wege der Realteilung gem. § 1 Abs. 2 VAHRG vor.

5

2)

Die Anrechte der Parteien bei den Beteiligten zu 1) und 2) hat das Amtsgericht als volldynamisch behandelt. Die Anrechte des Antragsgegners bei den Beteiligten zu 3) und 4) in Höhe von insgesamt 417,89 EUR hat es als nur im Leistungsstadium dynamisch angesehen und nach Tabelle 1 der BarwertVO i.d.F. vom 3.5.2006 (im angefochtenen Urteil versehentlich mit Datum vom 7.4.2006 angegeben) i.V.m. Anm. 2 (Erhöhung der Werte um 50%) umgerechnet in Rentenanrechte von insgesamt 242,03 EUR.

6

Auf der Grundlage der genannten Beträge hat das Amtsgericht einen Ausgleichsbetrag von insgesamt 546,05 EUR errechnet. Hiervon hat es (mangels Möglichkeit eines Ausgleichs gem. § 1587b Abs. 1, 2 BGB) zunächst in Höhe von 425,04 EUR einen Ausgleich im Wege der Realteilung gem. § 1 Abs. 2 VAHRG vorgenommen unter Einbeziehung der beiderseitigen Anrechte auf Ärzteversorgung sowie der Rentenanrechte der Antragstellerin. Die danach verbleibenden Anrechte des Antragsgegners bei der Zusatzversorgung hat das Amtsgericht gem. § 1 Abs. 3 VAHRG ausgeglichen durch Begründung von Rentenanrechten in Höhe von insgesamt 121,01 EUR (4,84 EUR zu Lasten der Anrechte bei der Beteiligten zu 3), 116,17 EUR zu Lasten der Anrechte bei der Beteiligten zu 4)).

7

3)

Mit der zulässigen Beschwerde macht die Beteiligte zu 2) geltend, das bei ihr bestehende Anrecht des Antragsgegners sei ? entsprechend ihrer vom Amtsgericht missverstandenen Auskunft vom 09.01.2006 ? mit einem (ehezeitlich erworbenen) Betrag von 1.143,57 (statt 1.483,57) EUR in die Ausgleichsbilanz einzustellen.

8

II.

1)

Das Amtsgericht hat auf Grund eines offenkundigen, in der Beschwerdeschrift im Einzelnen dargelegten Fehlers die Ärzteversorgung des Antragsgegners zu hoch angesetzt. Richtig ist der Betrag von 1.143,57 EUR.

9

Die Einsetzung dieses Betrages in die Versorgungsbilanz führt jedoch nicht nur zu einer Veränderung des Ausgleichsbetrages gem. § 1 Abs. 2 VAHRG (Realteilung), sondern ? als weitere mit dem Rechtsmittel verbundene Folge ? auch zu einer Überprüfung (und Veränderung) des Ausgleichsbetrages gem. § 1 Abs. 3 VAHRG (analoges Quasi-Splitting). Anders wäre es nur, wenn es sich im konkreten Fall bei dem Ausgleich gem. § 1 Abs. 2 bzw. § 1 Abs. 3 VAHRG um selbständige, voneinander unabhängige Teilentscheidungen handelte, die dementsprechend auch gesondert anfechtbar wären (ausführlich hierzu Jansen/Wick, FGG, 3. Aufl., § 53b FGG, Rn. 76). Das ist denkbar, etwa wenn ausschließlich Anrechte des insgesamt Ausgleichspflichtigen auszugleichen sind; dann erfolgt je nach der für die betreffenden Anrechte geltenden Ausgleichsform ein getrennter Ausgleich gem. § 1 Abs. 2 bzw. § 1 Abs. 3 VAHRG.

10

Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) befasst sich ihrem Inhalt nach zwar lediglich mit der Entscheidung bezüglich der Realteilung. Gleichwohl wird durch sie der Prüfungsumfang des Beschwerdegerichts nicht auf diesen Teil der angefochtenen Entscheidung begrenzt, weil in den Ausgleich nach § 1 Abs. 2 bzw. § 1 Abs. 3 VAHRG zu saldierende Anrechte des Ausgleichsberechtigten (hier: aus der gesetzlichen Rentenversicherung und der Ärzteversorgung; s.o.) einzubeziehen sind und dadurch Wechselwirkungen zwischen den beiden Ausgleichsformen eintreten. Denn die Verrechnung der Gegenanrechte des Ausgleichsberechtigten erfolgt grundsätzlich nicht entsprechend einer bestimmten Rangfolge, sondern nach der sog. Quotierungsmethode (BGH NJW 1994, 4, 49; FamRZ 2001, 477, 478; 2005, 1530 [BGH 20.07.2005 - XII ZB 289/03]; st. Rspr.; ausführlich dazu Staudinger/Rehme, Neubearb. 2004, § 1 VAHRG, Rn. 36 ff.). Das Amtsgericht hat demgegenüber im Ergebnis einen vorrangigen, nämlich ungekürzten Ausgleich gem. § 1 Abs. 3 VAHRG vorgenommen, während der Ausgleich gem. § 1 Abs. 2 VAHRG nur in durch Verrechnung mit sämtlichen Gegenanrechten gekürzter Weise erfolgte. Ein Grund für diese (oder eine andere, im Einzelfall mögliche) Abweichung von der Quotierungsmethode ist nicht erkennbar.

11

Es bleibt deshalb (gemäß der Quotierungsmethode) bei der verhältnismäßigen Verrechnung der Anrechte der Antragstellerin mit sämtlichen Anrechten des Antragsgegners mit der Folge (auch) einer Veränderung der Entscheidung zu § 1 Abs. 3 VAHRG.

12

2)

Eine zutreffende Anwendung der Quotierungsmethode setzt voraus, dass das Wertverhältnis der Anrechte korrekt bestimmt, mithin der Wert jedes einzelnen Anrechts richtig ermittelt wird. Der Senat hat deshalb von Amts wegen die Wertermittlung durch das Amtsgericht überprüft. Dies führt teilweise zu deutlich abweichenden Beträgen:

13

a)

Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Amtsgericht die Frage der Dynamik beurteilt (vgl. zur Ärzteversorgung BGH FamRZ 1996, 95, zur Zusatzversorgung u.a. BGH FamRZ 2005, 1532 m.w.N.).

14

Die möglichen Änderungen der Bewertung auf Grund des RV-AltgrAG (Rentenversicherungs-Altersgrenzenanpassungsgesetz) vom 20.4.2007, insbesondere im Zusammenhang mit der Anhebung der Altersgrenzen, konnte das Amtsgericht noch nicht berücksichtigen. Der Senat lässt sie ebenfalls außer Betracht, weil die konkreten Auswirkungen noch nicht abschätzbar sind. Eine etwaige wesentliche Änderung muss ggf. im Abänderungsverfahren gem. § 10a VAHRG erfasst werden.

15

b)

Die nicht volldynamischen Anrechte des Antragsgegners aus den Zusatzversorgungen bei den Beteiligten zu 3) und 4) hat das Amtsgericht mit Hilfe der BarwertVO umgerechnet. Dies entspricht dem Gesetz (§ 1587a Abs. 3 Nr. 2, Abs. 4 BGB). Der Senat hält die Anwendung der Tabellen der BarwertVO jedoch zumindest im vorliegenden Fall für unvertretbar:

16

aa)

Der Senat hat in seiner Entscheidung vom 28.7.2006 (FamRZ 2006, 1389 = NJW 2006, 2784) im Einzelnen begründet, dass (auch) die Umrechnungsfaktoren der BarwertVO i.d.F. vom 3.5.2006 verfassungswidrig und unanwendbar sind. Der BGH hat mit Beschluss vom 20.9.2006 (FamRZ 2007, 23 = NJW 2007, 375) ausgesprochen, dass die Umrechnung "regelmäßig" nach der BarwertVO zu erfolgen habe, allerdings unter der einschränkenden Voraussetzung, dass eine etwaige (grundsätzlich hinzunehmende) Unterbewertung in einem angemessenen Verhältnis zu den Praktikabilitätszielen (pauschalierende Bewertung, Rechtseinheit) steht (FamRZ 2007, 23, 27; vgl. ferner FamRZ 2007, 996, 999). Den unbestimmten Rechtsbegriff des "angemessenen Verhältnisses" hat der BGH, soweit ersichtlich, bisher nicht näher eingegrenzt. Dadurch wird die praktische Umsetzung seiner Rechtsprechung erheblich erschwert. Maßstab für eine den Kriterien des BGH entsprechende Kontrollüberlegung kann im Rahmen des geltenden Systems nur das Zurückbleiben des nach der BarwertVO errechneten Wertes hinter dem künftigen tatsächlichen Versorgungswert sein (Halbteilungsgrundsatz im materiellen, an den künftigen tatsächlichen, nicht an fiktiven Werten ausgerichteten Sinne; OLG Oldenburg, FamRZ 2006, 1389, 1390 unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BVerfG). Eine Unterbewertung in einer Größenordnung von häufig bis zu 50% (teilweise darüber hinaus) steht nach Auffassung des Senats nicht mehr in einem "angemessenen Verhältnis". Es ist nicht erkennbar, dass der BGH diese insbesondere von Bergner (z.B. FPR 2006, 55; NJW 2006, 1558 [OLG Bremen 02.03.2006 - 2 U 20/02]; vgl. ferner FPR 2007, 142, 146 ff; Rehme, FuR 2006, 112) in Tabellen und Beispielen belegten groben Unterbewertungen in seine Überlegungen zur Anwendbarkeit der BarwertVO einbezogen hat (das Gleiche gilt, soweit erkennbar, für die sonstigen eine Anwendbarkeit der BarwertVO bejahenden Entscheidungen, z.B. OLGE Frankfurt, Celle und Nürnberg, FamRZ 2006, 1545, 1762, 1846). Eine pauschale Billigung, wie sie in der Formulierung der "regelmäßigen Anwendbarkeit" der Tabellen der BarwertVO angedeutet sein könnte, erscheint mit dem Halbteilungsgrundsatz unvereinbar. Jedenfalls ist es auch nach der Rechtsprechung des BGH dem Richter nicht verwehrt, im Einzelfall zu prüfen, ob das "angemessene Verhältnis" im vorstehend bezeichneten Sinne gewahrt ist.

17

Es mag vertretbar sein, aus Gründen der Praktikabilität (Einheitlichkeit de Rechtsprechung, vor allem übergangsweise im Hinblick auf die beabsichtigte Strukturreform des Versorgungsausgleichs) in bestimmten Fallgruppen auf die Angemessenheitsprüfung zu verzichten. Der Senat hat eine solche bei den Amtsgerichten verbreitete Handhabung gebilligt in Fällen, in denen die Parteien sich auf Grund ihres Alters voraussichtlich noch lange vor dem Eintritt des Versorgungsfalles befinden (diese Entscheidungen werden überdies nach jetziger Senatspraxis verbunden mit dem ausdrücklichen Hinweis auf die Vorläufigkeit einer Entscheidung in Anwartschaftsfällen und die Möglichkeit einer künftigen erheblichen, ggf. gem. § 10a VAHRG umzusetzenden Änderung der Bewertung nach Eintritt des Leistungsfalles; vgl. dazu Rehme FPR 2007, 117, 119 f. unter Hinweis auf BGH, FamRZ 2007, 23, 27). Im vorliegenden Fall ist der Antragsgegner 56 Jahre alt, d.h. in einem Alter, in dem gemäß § 10a Abs. 5 VAHRG ein Abänderungsverfahren eingeleitet werden könnte. Schon dies könnte Anlass für eine Angemessenheitsprüfung sein. Hinzu kommt, dass es sich bei den Zusatzversorgungen bei den Beteiligten zu 3) und 4) mit einem Betrag von nominal insgesamt 417,89 EUR nicht um bloße Randversorgungen handelt, die im Verhältnis zu den übrigen Versorgungsanrechten des Antragsgegners nur untergeordnete Bedeutung haben.

18

bb)

Der Senat hält es deshalb im konkreten Fall, sofern die Tabellen der BarwertVO nicht generell für unanwendbar erachtet werden, für geboten, entsprechend der Rechtsprechung des BGH zu prüfen, ob ihre Anwendung zu einem (noch) vertretbaren Ergebnis führt. Dies ist zu verneinen:

19

Bei der Ermittlung des "tatsächlichen" künftigen Versorgungswertes (hier zunächst im Rahmen des Vergleichs mit der Wertermittlung nach der BarwertVO) wendet der Senat aus den in der Entscheidung FamRZ 2006, 1389, 1391 genannten Gründen die von Bergner entwickelten Tabellen mit Dynamisierungsfaktoren an (in der letzten veröffentlichten Fassung der Beilage zu NJW 2007, Heft 4, S. 26). Die (von Bergner nicht berücksichtigte) geringfügige Rentenerhöhung zum 1.7.2007 (Anhebung des aktuellen Rentenwerts von seit 2003 26,13 auf demnächst 26,27 EUR) gibt keinen Anlass zu einer Modifizierung der Tabellenwerte. Die rechnerischen Auswirkungen sind minimal (z.B. bei einer Rente von bisher 40 Entgeltpunkten = 1.045,20 EUR Anhebung um 5,60 EUR auf 1.050,80 EUR). Der nahe liegende Einwand, die Tabellen von Bergner seien bereits jetzt durch die tatsächliche Entwicklung überholt, verkennt den Zweck derartiger Tabellen. Es geht nicht um eine centgenaue Vorwegnahme des künftigen Versorgungswertes, sondern (nur) um eine möglichst weitgehende Annäherung (die notwendig unter dem Vorbehalt künftiger, nach derzeitigem Sachstand aber allenfalls geringfügiger Änderungen steht); dies dient (anders als die groben Wertverzerrungen auf Grund der BarwertVO) auch dem Ziel, unnötige Abänderungsverfahren zu vermeiden. Im Übrigen könnte, sofern der Gesetzgeber sich für eine Reform des Versorgungsausgleichs entsprechend den Vorschlägen von Bergner entschließen würde (anstelle der rechtspolitisch rückschrittlich erscheinenden Orientierung am Gedanken des Zugewinnausgleichs auf Stichtagsbasis; so das Eckpunktepapier des BMJ vom 28.11.2006; ausführlich dazu das Schwerpunktthema in FPR 2007, Heft 4, u.a. Bergner, a.a.O, 142; Rehme, a.a.O., 117), eine Modifizierung der Rentenpolitik und eine darauf beruhende Anpassung der Dynamisierungsfaktoren unschwer im Wege von Änderungsverordnungen umgesetzt werden.

20

Die Zusatzversorgungen in Höhe von insgesamt 417,89 EUR hat das Amtsgericht nach der BarwertVO rechnerisch zutreffend in einen dynamisierten Betrag von 242,03 EUR umgerechnet. Die Bewertung nach der Tabelle von Bergner (Beilage zu NJW 2007, Heft 4, S. 26) ergibt bei einem Dynamisierungsfaktor von 0,9095 (bei einem angenommenen Leistungsfall bei dem 1951 geborenen Antragsgegner im Jahre 2016 mit Vollendung des 65. Lebensjahres, d.h. wiederum ohne Berücksichtigung einer möglichen Anhebung der Altersgrenze für den Beginn der Ärzteversorgung; s. dazu oben 2) a) a.E.) einen Betrag von insgesamt (x 417,89 EUR =) 380,07 EUR. Dieser Betrag übersteigt den nach der BarwertVO ermittelten Wert um ca. 57%. Eine solche Wertverzerrung ist (jedenfalls außerhalb des Bereichs von Randversorgungen) unvertretbar.

21

cc)

Die Zusatzversorgungen des Antragsgegners bei den Beteiligten zu 3) und 4) sind danach nicht nach der BarwertVO, sondern mit Hilfe der Dynamisierungsfaktoren unzurechnen. Dies ergibt für die Zusatzversorgung bei der Beteiligten zu 3) einen Betrag von (16,24 EUR x 0,9095 =) 14,77 EUR, für die Zusatzversorgung bei der Beteiligten zu 4) in Höhe von (401,65 EUR x 0,9095 =) 365,30 EUR (insgesamt 380,07 EUR).

22

c)

Der Antragsgegner hat danach in der Ehezeit volldynamische bzw. umgerechnete Versorgungsanrechte in Höhe von insgesamt 1.523,64 EUR erworben (Beteiligte zu 2): 1.143,57 EUR; Beteiligte zu 3) und 4):14,77 bzw. 365,30 EUR). Dem stehen ehezeitliche (volldynamische) Versorgungsanrechte der Antragstellerin in der vom Amtsgericht festgestellten Höhe von insgesamt 633,74 EUR gegenüber (Beteiligte zu 1): 11, 52 EUR; Beteiligte zu 2): 622,22 EUR).

23

3)

Die Differenz der beiderseitigen Versorgungsanrechte errechnet sich mit (1.523,64 ./. 633,74 =) 889,90 EUR, der Gesamtausgleichsbetrag zu Lasten des Antragsgegners mit 444,95 EUR.

24

Der Ausgleich ist, soweit möglich, im Wege der (in der Satzung der Beteiligten zu 2) zugelassenen) vorrangigen Realteilung gem. § 1 Abs. 2 VAHRG durchzuführen. Dabei sind jedoch die Gegenanrechte der Antragsgegnerin im Wege der Quotierungsmethode zu verrechnen (s.o. zu 1)), d.h. entsprechend dem Wertverhältnis aller auf der dritten Ausgleichsstufe (hier: gem. § 1 Abs. 2 und § 1 Abs. 3 VAHRG) auszugleichenden Anrechte des Antragsgegners.

25

Dies ergibt für die Realteilung folgende Berechnung (vgl. auch das Beispiel bei Staudinger/Rehme, a.a.O., § 1 VAHRG, Rn. 48):

  1. a)

    Nach § 1 Abs. 2 VAHRG auszugleichendes Anrecht 1.143,57 EUR

  2. b)

    Gesamtbetrag der Anrechte der dritten Ausgleichsstufe 1.523,64 EUR

  3. c)

    Verhältnis a) zu b) 75,055%

  4. d)

    75,055% x 444,95 EUR (Gesamtausgleichsbetrag) 333,96 EUR

26

Zu Lasten der Zusatzversorgung bei der Beteiligten zu 3) errechnet sich folgender Ausgleichsbetrag:

  1. a)

    Nach § 1 Abs. 3 VAHRG auszugleichendes Anrecht 14,77 EUR

  2. b)

    Gesamtbetrag der Anrechte (wie vorstehend) 1.523,64 EUR

  3. c)

    Verhältnis a) zu b) 0,969%

  4. d)

    0,969% x 444,95 EUR (Gesamtausgleichsbetrag) 4,31 EUR

27

Zu Lasten der Zusatzversorgung bei der Beteiligten zu 4) errechnet sich folgender Ausgleichsbetrag:

  1. a)

    Nach § 1 Abs. 3 VAHRG auszugleichendes Anrecht 365,30 EUR

  2. b)

    Gesamtbetrag der Anrechte (wie vorstehend) 1.523,64 EUR

  3. c)

    Verhältnis a) zu b) 23,975%

  4. d)

    23,975% x 444,95 (Gesamtausgleichsbetrag) 106,68 EUR.

28

4)

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den § 93a ZPO und §§ 21, 49 GKG.

29

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde war gem. § 621e Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 543 Abs. 2 Nr. 1, 2 ZPO geboten zur weiteren Klärung des Anwendung der BarwertVO i.d.F. vom 3.5.2006.