Amtsgericht Oldenburg (Oldenburg)
Beschl. v. 08.06.2000, Az.: 61 IK 21/99

Bedingung eines Antrags auf Restschuldbefreiung; Einigungsversuch zwischen Gläubiger und Schuldner im Verbraucherinsolvenzverfahren als Teil des außergerichtlichen und das gerichtlichen Schuldenbereinigungsplanverfahrens

Bibliographie

Gericht
AG Oldenburg (Oldenburg)
Datum
08.06.2000
Aktenzeichen
61 IK 21/99
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2000, 30989
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:AGOLDBG:2000:0608.61IK21.99.0A

Fundstellen

  • NZI 2001, 68
  • ZInsO 2000, 411

Amtlicher Leitsatz

Im Verbraucherinsolvenzverfahren kann der Antrag auf Restschuldbefreiung vom Schuldner nur in Verbindung mit einem eigenen Eröffnungsantrag gestellt werden. Nur aufgrund eines Fremdantrags ist damit eine Restschuldbefreiung nicht möglich.

Tenor:

Der Antrag des Schuldners auf Erteilung einer Restschuldbefreiung wird auf seine Kosten als unzulässig zurückgewiesen.

Gründe

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Die Gläubigerin beantragte mit Antrag vom [...] die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners. Der Schuldner ist zwar selbstständig wirtschaftlich tätig, unterfällt aufgrund des Umfang des Geschäftsbetriebs aber den Regelungen über das Verbraucherinsolvenzverfahren nach § 304 ff. InsO.

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Auf den Insolvenzeröffnungsantrag bestimmte das Gericht einen Termin zur Anhörung des Schuldners. Zugleich mit der Ladung zu diesem Termin übersandte das Gericht ein Hinweisschreiben, das u.a. auf die Möglichkeit einer Restschuldbefreiung hinweist, und ein Merkblatt zum Verbraucherinsolvenzverfahren und zur Restschuldbefreiung. In dem erteilten Hinweis heißt es u.a.: "Die Insolvenzordnung sieht nach den §§286 ff. InsO die Möglichkeit einer Restschuldbefreiung für natürliche Personen vor. Dies ist aber nur nach einem vorangehenden Insolvenzverfahren auf der Grundlage eines eigenen Insolvenzantrags von Ihnen möglich. [....] Das nähere hierzu entnehmen Sie bitte dem beigefügten "Merkblatt zur Verbraucherinsolvenz und zur Restschuldbefreiung".

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In dem durchgeführten Anhörungstermin wurde der Schuldner durch den Richter nochmals mündlich über den Verlauf des Insolvenzverfahrens und die Restschuldbefreiung unterrichtet. Ausweislich des Anhörungsprotokolls erklärte der Schuldner daraufhin: "Ich stelle heute hier noch keinen eigenen Antrag. Ich werde aber das außergerichtliche Einigungsverfahren im Hinblick auf die Restschuldbefreiung beginnen. Ich behalte mir auch vor, einen eigenen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens je nach Lage des vorliegenden Fremdverfahrens zu stellen".

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Einen Eigenantrag hat der Schuldner in der Folgezeit nicht gestellt.

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Mit Beschluss vom 14.04.2000 wurde aufgrund des Fremdantrages das Verbraucherinsolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet. In dem

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am 30.05.2000 anberaumten Prüfungstermin stellte der Schuldner den Antrag, ihm nach Maßgabe der §§ 286 ff. InsO Restschuldbefreiung zu erteilen.

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Der Antrag ist unzulässig, weil der Antrag auf Restschuldbefreiung im Verbraucherinsolvenzverfahren abweichend von § 286 Abs. 1 S. 2 InsO zwingend nur in Verbindung mit einem eigenen Antrag des Schuldners auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen gestellt werden kann (zum Meinungstand in der Literatur vgl: Kübler/Prütting/Wenzel, InsO, § 306 Rn. 3f f.; FK/Grote, § 306 Rn. 19ff.).

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Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 305 Abs. 1 InsO, wonach der Schuldner mit dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens den Restschuldbefreiungsantrag vorzulegen oder zu erklären hat, dass keine Restschuldbefreiung beantragt werden soll. Der Restschuldbefreiungsantrag ist in der Sonderform des Verbraucherinsolvenzverfahrens damit obligatorisch mit dem Eigenantrag verbunden und kann ohne einen solchen auch nicht an anderer Stelle des Verfahrens nachgeholt werden. Die Regelung des § 305 Abs. 1 Nr. 2 InsO ist insofern lex specialis zu § 286 Abs. 1 S. 2 InsO. Hierüber ist der Schuldner schriftlich und noch einmal mündlich im Anhörungstermin belehrt worden.

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Die sachliche Rechtfertigung für die Verbindung des Restschuldbefreiungs- mit dem Eigenantrag des Schuldners im Verbraucherinsolvenzverfahren liegt zum einen in der Bedeutung der Restschuldbefreiung für die Gläubiger und zum anderen in der gesetzlich gewollten besonderen Förderung des Versuchs einer gütlichen Schuldenbereinigung ohne gerichtliches Verfahren zwischen Gläubigern und Schuldner.

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Für die Gläubiger ist es von erheblicher Bedeutung, ob sie nach Abschluss eines Insolvenzverfahrens wieder unbeschränkt gegen den Schuldner vorgehen können (§201 Abs. 1 InsO), oder ob sie im Hinblick auf die angestrebte Restschuldbefreiung des Schuldners für die Dauer der Wohlverhaltensperiode Vollstreckungsbeschränkungen unterworfen sind (§ 294 Abs. 1 InsO). Dies müssen sie vor allem bei Vergleichsangeboten des Schuldners für eine einvernehmliche Regelung wissen, um den Wert eines solchen Angebots wirtschaftlich kalkulieren zu können. Im Regelinsolvenzverfahren ist das Instrument für eine einverständliche, privatautonome Regelung vor allem der Insolvenzplan. Über den Weg der Befriedigung der Gläubiger entweder durch eine vollständige Liquidation des schuldnerischen Vermögens oder eine andere Art der Befriedigung, namentlich vor allem eine wirtschaftliche Sanierung auf der Grundlage eines Plans, entscheidet im Regelinsolvenzverfahren aber erst die Gläubigerversammlung im Berichtstermin (§ 157 InsO). Deshalb ist es im Regelinsolvenzverfahren auch ausreichend, wenn die Gläubiger die Information, ob der Schuldner ein Restschuldbefreiungsverfahren anstrebt, im Berichtstermin erlangen, § 287 Abs. 1 S. 2 InsO.

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Im Verbraucherinsolvenzverfahren ist der Einigungsversuch zwischen Gläubigern und Schuldner vorgezogen in das außergerichtliche und das gerichtliche Schuldenbereinigungsplanverfahren. Deshalb müssen die Gläubiger diese Informationen auch früher bekommen, nämlich bevor sie sich zu dem Schuldenbereinigungsplan erklären. Dies ist der Grund dafür, dass das Gesetz in § 305 Abs. 1 Nr. 2 InsO die Erklärung des Schuldners zugleich mit seinem

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Eröffnungsantrag verlangt, wenn ein Einigungsversuch auf der Grundlage eines Schuldenbereinigungsplans durchgeführt werden soll.

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Und diesen Einigungsversuch will die Insolvenzordnung gerade im Verbraucherinsolvenzverfahren priorisieren und ihn nicht in das Belieben des Schuldners stellen. Würde aber der Restschuldbefreiungsantrag des Schuldners im Verbraucherinsolvenzverfahren von einem Eigenantrag abgekoppelt und isoliert auch bei einem Fremdantrag auch noch wie vorliegend im Prüfungstermin zugelassen, würden gerade diese gesetzlichen Bemühungen um eine einverständliche und im Erfolgsfall kostengünstige Einigung zwischen Gläubigern und Schuldner unterlaufen. Es wäre für die Schuldner in der Regel ein Leichtes, einen Gläubiger zu veranlassen, den Insolvenzantrag zu stellen, um sich das außergerichtliche und das gerichtliche Schuldenbereinigungsverfahren zu ersparen. Dies wäre eine nicht akzeptable Ungleichbehandlung gegenüber denjenigen, die sich dem - oftmals leider langdauernden - außergerichtlichen Verfahren vor einer Schuldnerberatungsstelle oder einer anderen geeigneten Person unterziehen und hierfür ggf. auch noch Kosten aufwenden müssen.

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Aus diesem Grunde empfiehlt die von der 70. Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister eingesetzte Bund-Länder-Arbeitsgruppe "Insolvenzrecht in ihrem Bericht zur 71. Justizministerkonferenz auch eine ausdrückliche gesetzliche Klarstellung, "dass der Schuldner bzw. die Schuldnerin einen Antrag auf Restschuldbefreiung nur in Verbindung mit einem eigenen Eröffnungsantrag stellen kann" (S. 63 d. Berichts, veröffentlicht unter

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http://www.mi.nrw.de/Aktuelles/lnsolvenzrechtsreform).

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dass der Schuldner praktisch oftmals bei einem nicht erwarteten Fremdantrag Schwierigkeiten haben wird, das außergerichtliche Verfahren innerhalb der Frist nach § 305 Abs. 3 S. 2 InsO zu erledigen, ist allgemein bekannt und muss durch eine sachangemessene Handhabung der Fristsetzung durch das Gericht bewältigt werden. Begrüßenswert ist allerdings, dass die Bund-Länder-Arbeitsgruppe auch ausdrücklich eine angemessene Fristverlängerung empfiehlt.

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Der vorliegend erst im Prüfungstermin gestellte Antrag des Schuldners auf Restschuldbefreiung ist deshalb unzulässig.

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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 4 InsO, 91 ZPO.