Oberlandesgericht Braunschweig
Urt. v. 13.09.1993, Az.: 3 U 11/93

Bibliographie

Gericht
OLG Braunschweig
Datum
13.09.1993
Aktenzeichen
3 U 11/93
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1993, 24465
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGBS:1993:0913.3U11.93.0A

Fundstellen

  • ZBB 1993, 264
  • ZIP 1994, 1684
  • ZIP 1993, A114 (Kurzinformation)
  • ZIP 1993, 1462-1466 (Volltext mit red. LS)

In dem Rechtsstreit

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Braunschweig durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ... sowie die Richter am Oberlandesgericht ... und ... auf die mündliche Verhandlung vom 16. August 1993

für Recht erkannt:

Tenor:

  1. Auf die Berufung der Klägerin wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des Landgerichts ... vom 1.12.1992 abgeändert und wie folgt neu gefaßt:

    Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 61.598,97 DM nebst 6,25 % Zinsen seit dem 16.6.1990 zu zahlen, und zwar Zug um Zug gegen Übereignung von nominell 75.000,- DM 6,25 % Bond Finance (DM) 88/93, Kenn-Nr. 484333, Depot-Nr. 3721188600 der Beklagten, und Übertragung der der Depot-Nr. 3721188600 der Beklagten gutgebrachten 5.450 Stammaktien der Southern Equities Corp., Kenn-Nr. 865075, sowie 12.464 STHN Equities Corp. Pref., Kenn-Nr. 885239, sowie Abtretung aller Prospekthaftungsansprüche gegen die BHF betr. den Emissionsprospekt zu den Bond-Anleihen 88/93.

    Die zu den Zinsen weitergehende Klage wird abgewiesen.

    Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch die Klägerin mit Sicherheitsleistung in Höhe von 85.000,- DM abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

    Die Beklagte ist in Höhe von 61.598,97 DM beschwert, die Klägerin ist in Höhe von 770,- DM beschwert.

Tatbestand:

1

Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche wegen pflichtwidriger Anlageberatung der Beklagten.

2

Seit Jahren unterhielten die Klägerin und ihr Ehemann bei der Beklagten ein Oder-Konto und ein Sparbuch. Geldanlagen erfolgten in Form von Sparbüchern, Sparkassenbriefen oder Kapitalbriefen bei anderen Banken.

3

Anfang Juni 1989 suchte der Ehemann der Klägerin die Geschäftsräume der Beklagten auf. Der Prokurist ... der bei der Beklagten die Anlageberatung durchführte, sprach mit dem Ehemann der Klägerin darüber, daß die Eheleute höhere Zinsen als bei dem Erwerb von Sparbriefen/Kapitalbriefen in verschiedenen Arten erzielen wollten. Er wies auf DM-Auslandsanleihen hin, und zwar die 150.000.000,- DM 6,25 % Inhaber-Teilschuldverschreibung von 1988/1993 und die 175.000.000,- DM 6,5 % Inhaber-Teilschuldverschreibung von 1988/1993 unter unbedingter und unwiderruflicher Garantie der Bond Corporation Holdings Limited, Perth, Westaustralien. Der Emissionsprospekt war am 3.3.1989 im Handelsblatt veröffentlicht und u.a. von der Berliner Handels- und Frankfurter Bank unterzeichnet worden. Die Verzinsung war jährlich zum 15.6. (erstmals am 15.6.1989) vorgesehen, die Endfälligkeit auf den 15.6.1993 datiert. "nannte dem Ehemann der Klägerin die BHF und bezeichnete sie als namhafte deutsche Bank. Sodann empfahl Kirsten die Anlage in Bond-Anleihen, wobei er sich auf den Prospekt und einen Bericht der Brokerfirma Morgan Stanley über die Bond Corporation Holdings von Ende Mai 1989 stützte. ... rechnete mit einer Gefährdung der Bond-Anleihen nicht und war der Meinung, daß die Anleihe aufgrund der seriösen Gewährsbanken und Gewährsfirmen verkauft werden konnte. Weitere Erkenntnisse über die Anleiheschuldnerin waren bei der Beklagten nicht vorhanden. Die Eheleute erhielten nach Zeichnung des Kaufauftrags vom 2.6.1989 durch den Ehemann der Klägerin (Bl. 45) für die 6,25 % Anleihe zum Nominalwert von insgesamt 75.000,- DM eine Abrechnung mit Wertstellung 6.6.1989 mit einem Erwerbspreis in Höhe von 60.248,60 DM (nominal 71.000,- DM) sowie per 7.6.1989 mit einem Endbetrag von 3.400,86 DM (nominal 4.000,- DM, Bl. 12).

4

Die Zinsen wurden am 15.6.1989 bedient. Die Eheleute erhielten auf ihren Zinscoupon am 15.6.1990 für 1989/1990 4.687,50 DM.

5

Unter dem 20.11.1990 (B. 13) unterrichtete die Beklagte die Eheleute wie alle anderen Zeichner der lt. Inhaberschuldverschreibung von einer Presseveröffentlichung der BHF vom 5.11.1990 und wies daraufhin, daß die Eheleute berechtigt seien, die Schuldverschreibungen (zum Nennbetrag zuzüglich aufgelaufener Zinsen vorzeitig) zu kündigen. In der den Eheleuten weiter zugegangenen Voranzeige der Deutschen Kassenverein AG vom 2.11.1990 hieß es, daß die Emittentin fällige Zinsen nicht gezahlt habe.

6

Daraufhin beauftragte die Klägerin die Beklagte unter dem 26.11.1990 wie im Senatstermin von beiden Parteien übereinstimmend vorgetragen ..., die Anleihe zu kündigen. Die Beklagte gab die Kündigung unter dem 21.1.1991 weiter.

7

Im Mai 1991 wurde auf eine Versammlung der Gläubiger der Anleiheschuldnerin hingewiesen. In dem Depotauszug von Juni 1991 (Anlage 3 zum Sitzungsprotokoll vom 16.8.1993) wies die Beklagte einen Kurswert von maximal 19.500,- DM aus.

8

Auf den Nennbetrag der Anleihe wurden der Klägerin wie im Senatstermin von beiden Parteien übereinstimmend vorgetragen zum 15.6.1993 2.050,49 DM gutgeschrieben. Zusätzlich wurden dem Depot der Klägerin bei der Beklagten gemäß einem Sheme of Arrangement 5450 Stammaktien der SEC als Nachfolgegesellschaft der Bond Corp, sowie 12.464 rückzahlbare Vorzugsaktien der SEC gutgebracht (Anlagen 1 und 2 zum Sitzungsprotokoll vom 16.8.1993 sowie Anlage zur Berufungserwiderung vom 6.6.1983).

9

Die Klägerin hat geltend gemacht, daß ihr Ehemann seine (etwaigen) Schadensersatzansprüche an sie abgetreten hat (Bl. 11, 48); die Beklagte hat diese Abtretung unter Hinweis auf die Kauforder mit Nichtwissen bestritten.

10

Die Klägerin hat zur Sache vorgetragen, ... habe von sich aus sofort die Bond-Anleihen angeboten (Bl. 50). Ihr Ehemann habe ausdrücklich eine absolut risikolose, sichere Geldanlage gewünscht (Bl. 5 und 58), es sei ihm auf die Sicherheit der Geldanlage besonders angekommen (Bl. 4). Er habe bei dem Gespräch mit ... betont, er suche keine spekulativen Anleihen (Bl. 3), er als Rentner müsse das restliche Vermögen unter allen Umständen sicher anlegen, jede Art von unsicherer Geldanlage sei für ihn und seine Ehefrau die nur noch kurze Zeit berufstätig sei nicht machbar. ... habe auf die völlige Risikolosigkeit der Bond-Anleihen hingewiesen und diese als "Schnäppchen" bezeichnet (Bl. 3). Die BHF-Bank sei als Garantiebank bezeichnet worden (Bl. 4) oder es sei jedenfalls gesagt worden, daß die BHF-Bank hinter der Anleihe stehe (Bl. 52). Um ein Währungsrisiko sei es nicht gegangen (Bl. 54).

11

Der Beklagten habe sich aufgrund folgender Umstände die mangelnde Bonität zu den Bond-Anleihen aufdrängen müssen:

  • Am 28.09.1988 veröffentlichte der Australienkorrespondent der Börsenzeitung einen Artikel unter der Überschrift "Die Alan-Bond-Gruppe Gigantonomanie auf Pump".

  • Im Dezember 1988 wurde das Rating der Bond-Corporation auf "B" heruntergestuft.

  • Am 14.04.1989 reagierte der Schweizer Kapitalmarkt auf negative Berichte über Alan Bond.

  • Mitte April 1989 stufte die Gesellschaft "Australian Rating" die Bond-Corporation auf den Wert "CCC" zurück.

  • Im April-Heft 1989 des Manager-Magazins erschien ein Foto des australischen Unternehmers Alan Bond mit einem negativen Bildtext.

  • In der Financial Times erschien am 07.04.1989 ein Artikel mit der Überschrift "Bond sells interestin BHP Gold" (in dem es unter anderem heißt, daß die Unternehmensgruppe Bond unter finanziellem und anderem Druck stehe).

  • Weitere kritische Beiträge erschienen in der Financial Times unter dem 08.04.1989, dem 15.04.1989 und dem 19.04.1989.

12

Die Klägerin hat darauf abgestellt, daß sie bei einer Festgeldanlage im Juni 1989 einen Zins von 7,5 % erreicht haben würde.

13

Sie hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, 63.649,46 DM nebst 7,5 % Zinsen dyrauf seit dem 15.6.1989 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übertragung der bei der Beklagten verwahrten Wertpapiere im Nennwert von 75.000,00 DM 6,25 % Bond Finance (DM-Anleihe) 88/91 Wertpapierkennummer 484.333.

14

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

15

Die Beklagte hat die ihr obliegenden Beratungspflichten als erfüllt angesehen (Bl. 43). Sie hat sich darauf gestützt, daß ihr Mitarbeiter ... die Bond-Anleihe als eine Anlagemöglichkeit unter anderen informationshalber erwähnt habe. Es sei ihr nicht bekannt gewesen, daß die Klägerin und ihr Ehemann eine Geldanlage mit Rentencharakter gesucht hätten und eine spekulative Anleihe nicht in Betracht gekommen sei (Bl. 40). Anfang Juni 1989 hätten keine Erkenntnisse über Risiken der Bond-Anleihe vorgelegen, negative Informationen seien zu diesem Zeitpunkt nicht veröffentlicht worden (Bl. 42). Auf die Sicherheit der Geldanlage sei es nicht besonders angekommen (Bl. 43). Sie hat gemeint, sie habe auf den Emissionsprospekt (Bl. 69 f), die amtlich testierten und geprüften, börsennotierten Angaben, die Börsenzulassung und den Bericht von Morgan Stanley vertrauen dürfen (Bl. 42 Mitte und 43 oben). Weder mit der Klägerin noch mit deren Ehemann sei über Bond-Anleihen als unsichere Geldanlage gesprochen worden (Bl. 43).

16

Das Landgericht hat am 10.11.1992 Beweis erhoben durch Vernehmung des Ehemanns der Klägerin (Bl. 71 ff) und des Prokuristen ... (Bl. 75 f) und hat am 1.12.1992 die Klage abgewiesen. Es hat seine Entscheidung, auf deren vollen Wortlaut mit den dortigen Bezugnahmen verwiesen wird, im wesentlichen darauf gestützt, es sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht bewiesen, daß der Zeuge ... die BHF-Bank als Garantiebank bezeichnet und die Bond-Anleihen marktschreierisch (in einer den Tatsachen nicht entsprechenden Weise) angepriesen habe. Daneben hat das Landgericht eine Ersatzpflicht der Beklagten verneint, da ein Risiko nicht erkennbar gewesen sei und die Beklagte (durch den Zeugen ...) nicht vor dem Erwerb der Anleihe habe warnen oder eine umfassende Aufklärung habe durchführen müssen.

17

Die Klägerin wendet sich gegen dieses ihr am 7.12.1992 zugestellte Urteil mit der am 7.1.1993 eingegangenen Berufung, die nach entsprechender Fristverlängerung rechtzeitig am 4.3.1993 begründet worden ist.

18

Die Berufung macht geltend, der Börsenprospekt sei unvollständig gewesen. Es hätten für die Beurteilung des Sachwertes wesentliche Angaben gefehlt (Bl. 106 f), so die Aufnahme weiterer erheblicher Fremdmittel in Milliardenhöhe, die Warnung einer Mehrheit von australischen Finanzanalysten seit Herbst 1988 wie es der internationalen Wirtschaftspresse zu entnehmen gewesen sei ..., die Ratingherabstufung von B-Minus auf B am 14.12.1988: Im September 1988 sei in der Frankfurter Börsenzeitung vor der Anlage in Bond-Papieren gewarnt worden (Bl. 110). Der Zeuge ... habe auf den Emissionsprospekt hingewiesen und keine Zweifel an der Sicherheit der Anleihe gehabt (Bl. 109).

19

Den zunächst geltend gemachten Zinsanspruch für die Zeit vom 15.6.1989 bis zum 15.6.1990 verfolgt die Berufung nicht weiter.

20

Die Klägerin beantragt,

  1. das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 61.598,97 DM nebst 7,5 % Zinsen darauf seit dem 16.6.1990 zu zahlen und zwar Zug um Zug gegen Übertragung der bei der Beklagten verwahrten Wertpapiere im Nennwert von 75.000,- DM, 6,25 % Bond Finance (DM-Anleihe) 88/93, Wertpapier-Kennnummer 484.333 sowie Abtretung etwaiger Prospekthaftungsansprüche der Klägerin gegen die BHF-Bank.

21

Die Beklagte beantragt,

  1. die Berufung zurückzuweisen.

22

Mit der Berufungserwiderung macht die Beklagte geltend, der Ehemann der Klägerin habe festverzinsliche, quellensteuerfreie Wertpapiere erwerben wollen. U.a. seien Bond-Anleihen angeboten worden. Über die Frage des ausländischen Schuldners und davon, daß es sich nicht um eine öffentliche Anleihe handele, sei gesprochen worden. Der Zeuge ... habe auf die Emissionsbanken hingewiesen und erklärt, eine Gefahr für ein Währungsrisiko gebe es nicht. Ohne Einschränkung habe der Zeuge die Anleihe nicht empfohlen. Herr ... habe die Informationen erhalten, die bei der Beklagten bekannt gewesen seien; die Eigenschaften und Risiken der empfohlenen Anlage seien anhand der zur Verfügung stehenden Quellen und zwar des von seriösen Gewährsbanken getragenen Emissions-, Börsenprospekts, der die Vermutung der Vollständigkeit für sich habe und der durch einen positiven Bericht des renommierten Hauses Morgan Stanley vom 24.5.1989 (in der Anlage zum Schriftsatz vorgelegt) bestätigt worden sei überprüft und als empfehlenswürdig empfunden worden. Es habe sich nicht um als spekulativ einzustufende Papiere gehandelt. Es sei nicht Pflicht des Anlageberaters, den Emissionsprospekt auf Vollständigkeit und Richtigkeit zu überprüfen. Die Ereignisse um die Bond-Gruppe seien nicht seit Herbst 1988 undurchsichtig geworden. Der Schluß des Artikels in der Börsen-Zeitung vom September 1988 sei eher positiv gewesen.

23

In Höhe von 2050,49 DM haben die Parteien in dem Senatstermin die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt.

24

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags in der Berufungsinstanz wird auf die vor dem Senat gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Gründe

25

Die Berufung hat nach dem unstreitigen Sachvortrag im wesentlichen Erfolg; es sind wie im Senatstermin erörtert lediglich statt verlangter 7,5 %, nur 6,25 % Zinsen zuzusprechen.

26

Die Beklagte ist verpflichtet, der Klägerin 61.598,97 DM als verbliebenem Gesamtabrechnungsbetrag zu erstatten und darauf Zinsen ab 16.6.1990 zu zahlen Zug um Zug gegen Übereignung der Anleihepapiere sowie wie ebenfalls im Senatstermin eingehend erörtert der aufgrund des Sheme of Arrangement der Klägerin gutgebrachten Papiere sowie der Abtretung aller etwaiger Prospekthaftungsansprüche gegen die BHF betr. den Emissionsprospekt zu den Bond-Anleihen. Die Klägerin hat mit ihrem Zug um Zug Antrag bereits selbst zum Ausdruck bringen wollen und gebracht, daß der Beklagten bei Zahlung des Abrechnungsbetrages für die Bond-Papiere alle damit im Zusammenhang stehenden Wertpapiere zukommen sollen.

27

1.

Soweit der Klägerin nicht von vornherein die geltend gemachten Ansprüche zuzuordnen sind, ist sie jedenfalls kraft Abtretung aller Ansprüche des Ehemannes aktivlegitimiert.

28

Daß eine Abtretung der infragestehenden Ersatzansprüche erfolgt ist, ergibt sich aus der glaubhaften und glaubwürdigen Erklärung des Ehemannes, der in erster Instanz vernommen worden ist und durch den Prozeßbevollmächtigten der Klägerin im Senatstermin eine von ihm unterzeichnete schriftliche Bestätigung hat überreichen lassen (Anlage zum Protokoll vom 16.8.1993).

29

Daß die Eheleute, die gemeinsam ihre Rechte mit größtmöglicher Erfolgsaussicht verfolgen wollten, daran interessiert gewesen sind, dem Ehemann eine Zeugenfunktion geben zu können, steht der Wirksamkeit der Abtretung nicht entgegen.

30

Zudem ist unstreitig, daß der Wertpapierankauf über ein Oder-Konto abgewickelt werden sollte und worden ist. Die Beklagte hat in der gesamten Korrespondenz die Eheleute gemeinsam ("oder") angesprochen. Das Depot der Eheleute bei der Beklagten wurde und wird in gleicher Weise als Oder-Depot geführt worden. Die Abrechnung des Wertpapierkaufs ist an die Eheleute als "Oder-Berechtigte" ergangen.

31

Die Inhaber eines Oder-Kontos sind indes Gesamtgläubiger i.S.d. § 428 BGB und als solche jeder für sich aus eigenem Recht hinsichtlich des gesamten Guthabens selbständig forderungsberechtigt. Die Befugnis jedes Inhabers, über das Konto ohne Mitwirkung des anderen Inhabers selbständig verfugen zu können (§ 429 Abs. 3 S. 2 BGB) beruht auf eigener Forderungsinhaberschaft, nicht auf einer gegenseitig eingeräumten Ermächtigung. Jeder Ehepartner ist in voller Höhe ersatzberechtigt. Das alleinige Gläubigerrecht der Klägerin erfaßt damit die vollen Ersatzansprüche gegen die Beklagte. Deswegen kommt es nicht mehr entscheidend darauf an, daß ansonsten Berechtigungen zugunsten der Klägerin nach allgemeinen Regeln eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter zu beachten wären.

32

2.

Die Beklagte verletzte durch ihren Prokuristen als Erfüllungsgehilfen bei der Anlageberatung gegenüber der Klägerin wie gegenüber deren Ehemann die aus einem Beratungsvertrag zur Geldanlage folgenden Sorgfaltspflichten. Die Berufung macht mit Recht geltend, daß der Mitarbeiter der Beklagten nicht allein aufgrund des Börsenprospekts und der Analyse einer amerikanischen Broker-Firma eine Kaufempfehlung aussprechen durfte. Dabei treffen die Beklagte alle Pflichten hinsichtlich der Geldanlage in gleicher Weise gegenüber dem Ehemann wie gegenüber der Ehefrau. Der Klägerin ist weder eine eigene noch eine ihr durch das Verhalten des Ehemannes zurechenbare Nachlässigkeit entgegenzuhalten (§ 254 Abs. 1 BGB); sie hat den eingetretenen Schaden nicht geringer halten können.

33

a)

Im Juni 1989 ist es zu einer schuldrechtlichen Beziehung zwischen den Parteien gekommen, die die Beklagte zur sorgfältigen Beratung und Erteilung von Auskünften bei der Vermittlung einer Kapitalanlage verpflichtete. Beratungspflichten treffen denjenigen, der Auskünfte erteilt, die für den Empfänger erkennbar von erheblicher Bedeutung sind und die dieser erkennbar zur Grundlage für ihn wesentlicher, wirtschaftlicher Entschlüsse oder Maßnahmen machen will (vgl BGHZ 74, 103 = NJW 1979, 1449). Dies gilt zumal dann, wenn der Auskunftsgeber wie die Beklagte in besonderer Weise sachkundig ist und wie die Beklagte mit der eigenen Sachkunde besonders hervortritt oder wenn bei diesem wie bei der Beklagten angesichts der Provisionen ein eigenes wirtschaftliches Interesse einfließt.

34

Das Angebot zum Abschluß eines Beratungsvertrages seitens der Beklagten (vgl. BGH WPM 1993, 1455) mag zunächst unmittelbar der Ehemann der Klägerin angenommen haben. Soweit zugrundegelegt wird, daß der Ehemann ausschließlich für sich selbst handelt, greift aus den angeführten Gründen zugunsten der Klägerin die Abtretung durch. Der Sache nach ist aber der durch die Aufnahme des Beratungsgesprächs stillschweigend zustandegekommene Beratungsvertrag jedenfalls auch zugunsten der Klägerin wirksam geworden (vgl. unter 1).

35

Ob der Ehemann der Klägerin an den Zeugen ... herangetreten ist oder der Zeuge an den Ehemann, als er diesen mit dem Sparbuch in der Hand in der Schalterhalle auf der Suche nach einem Berater sah, ist belanglos. Jedenfalls ist nach dem unstreitigen Vorbringen der Parteien zwischen den unmittelbar Beteiligten deutlich gewesen, daß die Eheleute für eine bestimmte Anlageentscheidung die besonderen Kenntnisse und Verbindungen der Beklagten in Anspruch nehmen wollten und sich die Beklagte durch ihren Prokuristen bereit fand, die gewünschte Tätigkeit zu erbringen. Darin wurzelt der Vertrag, in dessen Folge auch zugunsten der Klägerin für die Beklagte Auskunfts- und Beratungspflichten erwachsen sind (vgl. BGHZ 100, 117 = NJW 1987, 1815).

36

b)

Die Aufklärungsbedürftigkeit der Eheleute steht außer Frage. Diese ist gerade Gegenstand des Vertrages. Die Beklagte verpflichtete sich, die Eheleute und damit auch die Klägerin bei der Anlageentscheidung zu unterstützen.

37

c)

Der Bundesgerichtshof hat den Pflichtenstandard bei der Anlagenberatung durch Banken dahin bestimmt, daß eine Bank ihre Kunden "anlegergerecht" unter Berücksichtigung des ggfs. zu erfragenden Wissensstandes des Kunden über Anlagegeschäfte der vorgesehenen Art und der Risikobereitschaft des Kunden über die Eigenschaften und Risiken des Anlageobjekts beraten muß, soweit diese für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben können. Bei der Aufnahme ausländischer Wertpapiere in das Anlageprogramm muß die Bank eine eigene Bonitätsprüfung durchführen und sich anhand der Veröffentlichungen in der deutschen Wirtschaftspresse wie anhand ausländischer Quellen über die Güte der Papiere informieren. Sie darf sich nicht (allein) auf eine Börsenzulassung verlassen und damit begnügen, den Zulassungsprospekt zur Kenntnis zu nehmen (BGH WPM 1993, 1455).

38

Die Beklage ist ihrer so kennzeichnenden Pflichtenstellung nach ihrem eigenen Vorbringen nicht gerecht worden.

39

Der Zeuge ... hätte den Eheleuten nicht wie tatsächlich geschehen die Bond-Anleihe empfehlen dürfen.

40

aa)

Die Empfehlung war nicht anlegergerecht.

41

Die empfohlene Anlage muß auf die persönlichen Verhältnisse des Kunden zugeschnitten sein. Es ist bedeutsam, ob das in Aussicht genommene Geschäft eine sichere Geldanlage sein oder spekulativen Charakter haben soll.

42

Bei allen unterschiedlichen Darstellungen der Parteien zu dem Gesprächsverlauf im einzelnen ist jedenfalls als zwischen den Parteien unstreitig wie es im Senatstermin näher erörtert worden ist zugrundezulegen, daß die Eheleute nicht etwa angesichts einer Chance auf erheblichen Gewinn ein Verlustrisiko eingehen wollten. Vielmehr wollten sie ein solches Risiko gerade vermeiden; die Beklagte selbst sah die Bond-Anleihe nicht als spekulatives Papier an, sie ging (zur Zeit des Anlagegeschäfts) letztlich selbst davon aus, daß die Bond-Anleihe "sicher" war.

43

Inwieweit ein Währungsrisiko angesprochen worden ist, mag dahinstehen. Daraufkommt es bei einer DM-Auslandsanleihe nicht an. Wenn der Zeuge ... ein Währungsrisiko verneinte, ändert dies nichts an den sonstigen Pflichtverletzungen.

44

In der gleichzeitig verkündeten Senatsentscheidung in dem Rechtsstreit 3 U 175/92, an dem die Beklagte ebenfalls beteiligt ist, geht es primär um eine fehlerhafte, weil unvollständige oder irreführende Antwort eines Mitarbeiters auf eine ausdrückliche Frage nach der Bonität einer ausländischen Anleiheschuldnerin. Ein Insolvenzrisiko hat auch hier letztlich den wesentlichen Schaden herbeigeführt; infolge der Insolvenz ist zum Fälligkeitstag eine Rückzahlung des Nennbetrages nicht möglich gewesen. Die Besonderheiten des Sheme of Arrangement wirken sich lediglich bei der Schadensbemessung aus.

45

Wenn in dieser Sache der Mitarbeiter der Beklagten daraufhingewiesen haben sollte, es handele sich um eine ausländische Schuldnerin und nicht um eine öffentliche Anleihe, hat die Beklagte nicht für einen Fehler wegen einer irreführenden Mitteilung zu dem tatsächlichen Kursrisiko einzustehen. Das stellt sie aber nicht schlechthin haftungsfrei.

46

Die Eheleute wollten wie bereits angesprochen eine sichere Anlageform. Erfahrungen mit Industrieanleihen und ähnlichen Papieren hatten sie nicht. Dies war der Beklagten bewußt und bekannt. Der Beklagten wurde wie im Senatstermin erörtert ein Sparbuch vorgelegt, das bei der Beklagten geführt wurde. Von diesem Sparbuch wurde der Erwerbspreis abgebucht. Für eine Annahme, daß sich die Eheleute spekulativen Börsenpapieren zuwenden wollten, bestand nicht die geringste Veranlassung. Zudem hätte die Beklagte insoweit im Zweifelsfall nachzufragen gehabt.

47

Der unterschiedliche Sprachgebrauch im Sachvortrag der Parteien zur Sicherheit und Spekulation spiegelt nur die umgangssprachliche Spannbreite zwischen Gewißheit bis hin zur reinen Spekulation wieder. Daraus leitet sich zugunsten der Beklagten nichts her. Börsenwirtschaftlich gibt am ehesten das Rating den Charakter einer Anlage zwischen sicher und spekulativ wieder. Gerade darum hat sich die Beklagte aber damals nicht gekümmert.

48

Die ohne eigene, eingehende Ermittlungen über die wirkliche Bonität der ausländischen Emittentin ausgesprochene Kaufempfehlung war danach verfehlt.

49

bb)

Der Zeuge ... hat der Beklagten zuzurechnen die gebotene sachgemäße Ab- und Aufklärung unterlassen. Er hat nicht, wie erforderlich, darauf hingewiesen, daß ihm infolge fehlender eigener Informationen die Sach- und Fachkompetenz zur Empfehlung, die Bond-Anleihe zu erwerben, fehlte. Der Zeuge hätte erklären müssen, die Bank könne die Bonität der Emittentin nicht abschließend einschätzen. Daran hat er es schuldhaft fehlen lassen; dies gilt selbst dann, wenn der Ehemann der Klägerin nicht ausdrücklich nach der Bonität der Anleiheschuldnerin im Hinblick auf die Rückzahlung am Fälligkeitstag fragte, weil diese Frage nach dem mit dem Erwerb der Anleihe verbundenen Risiko unmittelbar verknüpft ist und das gesamte Anlagegeschäft von dieser Frage mitbestimmt war.

50

Die Beklagte hat schriftsätzlich mehrfach herausstellen lassen, die Börsenzulassung sei entscheidend und für sie entscheidend gewesen. Sie hat insoweit pflichtwidrig die Bond-Anleihe ohne eigene Prüfung in ihre Angebotspalette aufgenommen und sich allein auf den Emissionsprospekt verlassen. Die Börsenzulassung und der Zulassungsprospekt dürfen nicht allein zum Maßstab für die Beratung gemacht werden (BGH WPM 1993, 1455) Die davon abweichende, prononciert von der Beklagten vertretene Auffassung setzt sich in Widerspruch zu der überzeugenden höchstrichterlichen Rechtsprechung.

51

Die erforderliche aktuelle Information ist nicht dadurch eingeholt worden, daß die Äußerung einer Brokerfirma vorlag. Der Bericht eines Brokers genügt nicht. Auch ein Wirtschaftsprüfertestat reicht nicht aus, um davon sprechen zu können, daß eine eigene Prüfung stattgefunden hat. Die in der Wirtschaftspresse vorhandenen Veröffentlichungen hätten insgesamt ausgewertet werden müssen (BGH a.a.O.). Die sich aus dem Prospekt ergebende Verschuldung hat neben anderen Faktoren berücksichtigt werden müssen.

52

Wie der Bundesgerichtshof in dem den Parteien bekannten und mit ihnen im Senatstermin erörterten Urteil vom 6.7.1993 XI ZR 12/93 (a.a.O.) ausgeführt hat, sind die kritischen Stimmen in der Wirtschaftspresse zu beachten gewesen. Diese Stimmen sind bei der Beklagten nicht bekannt gewesen. Die warnenden Hinweise durch die Berichte in der Börsen-Zeitung im Juli 1988 und am 28.9.1988 wie auch die Warnung vor der hohen Verschuldung in der Financial Times im Oktober 1988 sowie die Berichte, im Handelsblatt im Oktober und November 1988 und der Bericht in der FAZ am 14.11.1988 durften gerade auch bei dem Down-Rating der Australian Ratings Agency den Eheleuten nicht verschwiegen werden.

53

Durch das eigene Angebot hatte die Beklagte den Anschein eigener Prüfung und Beurteilung erweckt, an denen es tatsächlich aber fehlte.

54

Einer Beweisaufnahme des Senats zu den Umständen, die vorstehend für die Frage nach warnenden Hinweisen berücksichtigt worden sind, bedarf es nicht. Alle diese Umstände sind in dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 6.7.1993 ausgewiesen. Insoweit unterscheidet sich die Lage des Streitfalls nicht von der dort maßgebenden Entscheidungslage. Es handelt sich um allgemein zugängliche Erkenntnisquellen.

55

Den wirtschaftlichen Interessen, die mit einigen Veröffentlichungen verfolgt worden sein mögen, ist nicht im einzelnen nachzugehen. Für die Beklagte galt es, vor der Anlageempfehlung aufgrund einer Auswertung von verschiedenen Veröffentlichungen, ggfs. einer Meinungspalette eine wirkliche eigene Prüfung vorzunehmen, auf die gestützt der Kunde Informationen erhalten konnte, die er erwarten durfte.

56

Das Verschulden der Beklagten wird nicht dadurch infragegestellt, daß ihre Vorgehensweise der damaligen Bankpraxis entsprochen haben mag. Gepflogenheiten, die dem maßgebenden Pflichtenstandard nicht genügen, vermögen nicht zu entlasten.

57

Soweit der erkennende Senat in seinem Urteil vom 27. 1. 1992 3 U 158/791 ausgeführt hat, die Beklagte habe am 2.6.1989 davon ausgehen dürfen, daß es sich bei der Bond-Anleihe um ein "normales" Papier gehandelt und kein Anlaß bestanden habe, den kritischen Artikel in der Börsen-Zeitung (vom 28.9.1988) zur Sprache zu bringen und in Wirtschaftszeitungen nach (älteren) Artikeln über die Bond-Gruppe zu suchen, bedeutet dies für den hier zu entscheidenden Streitfall nicht, daß die Beklagte sorgfaltsgemäß handelte. Der Senat hat damals angesprochen, eine weitere Überprüfung sei nur veranlaßt gewesen, wenn die für die Beklagte tätige Person Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit des Emissionsprospektes gehabt hätte; von dessen Richtigkeit habe ausgegangen werden dürfen. Der Bundesgerichtshof hat in dem Urteil vom 6.7.1993 (a.a.O.) dem Emissionsprospekt aus überzeugenden Gründen eine andere Bedeutung zugemessen. Zudem ist dem Senat damals eine wesentlich schmalere Erkenntnisbasis unterbreitet worden. Die jetzt bezeichneten kritischen Stimmen sind dem Senat damals nicht alle vorgetragen worden.

58

Die Beklagte hätte in dem konkreten Beratungsgespräch mithin schon wegen der unterbliebenden ernsthaften eigenen Risikoprüfung nicht die Information und Anlageempfehlung geben dürfen, die der Zeuge ... in erster Instanz selbst verdeutlicht hat. Der Zeuge hat bekundet, er habe die Bond-Anleihe(n) angeboten, die Anleihe sei insbesondere wegen der Quellensteuer (für die Eheleute) interessant gewesen, er habe die Anleihe(n) empfohlen. Das Landgericht hat aufgrund der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme den Eindruck gewonnen, daß der Zeuge ... die Bond-Anleihen dem Zeugen ... (aufgrund der vorliegenden Informationen) empfohlen hat. Nach der Berufungserwiderung ist die Empfehlung auf der Basis des Börsenprospekts zudem im Kern unstreitig.

59

d)

Der Aufklärungsmangel ist schadensursächlich.

60

Es spricht schon eine Vermutung dafür, daß die Eheleute bei dem gebotenen Hinweis davon abgesehen hätten, die Bond-Anleihe zu erwerben. Die Beklagte ist demgegenüber dafür beweispflichtig, daß der Schaden auch bei gehöriger Aufklärung eingetreten wäre (vgl. BGH WPM 1984, 221, 222; 1992, 1935, 1937). Dazu fehlt es an jedem vereinzelten Sachvortrag mit Beweisantritt.

61

Nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme ist vielmehr festzustellen, daß es ohne die unverantwortbare Anlageempfehlung nicht zum Kauf gekommen wäre. Wenn die Eheleute pflichtgemäß aufgeklärt worden wären, wäre die Schuldverschreibung nicht erworben worden. Auch wenn der Zeuge ... darauf hingewiesen hat, er habe andere Anlagemöglichkeiten genannt, ist nicht etwa zugrundezulegen, daß die Anlage unabhängig von jeder Anlageempfehlung in gleicher Weise vorgenommen worden wäre. Vielmehr schließt sich die Aussage des Ehemannes der Klägerin, der wie angeführt sorgfaltswidrige Hinweis des Zeugen ... auf die Größe der Firma in Australien und darauf, daß bislang keine DM-Anleihe notleidend geworden sei, (Bl. 73/74) habe den Ausschlag zum Erwerb der Bond-Anleihe gegeben, an die Sachdarstellung der Beklagten und die Bekundung ihres Mitarbeiters an. Aus der Bekundung des Ehemannes folgt, daß der Kauf nur aufgrund der Kaufempfehlung und der deswegen zugrundegelegten Sicherheit getätigt worden ist. Die Frage der Quellensteuerfreiheit hat wie aus der überzeugenden Aussage des Ehemannes der Klägerin hervorgeht nicht eine, solche Bedeutung gehabt, daß der Gesichtspunkt der sicheren Geldanlage deswegen in den Hintergrund trat. Der Zeuge hat plausibel gemacht, daß er aufgrund der Angaben des Mitarbeiters der Beklagten davon ausgegangen ist, daß die Anleihe sehr sicher war. Soweit er mehr (höhere) Zinsen erhalten wollte als auf dem Sparbuch, ist dies naheliegend; andernfalls hätte es einer Beratung über eine Anlage nicht bedurft. Über Steuern soll nach der glaubhaften Bekundung des Zeugen gar nicht gesprochen worden sein.

62

e)

Der rechtliche Ansatz des Landgerichts geht fehl.

63

Das Landgericht will eine Haftung der Bank bei der Durchführung des Anlagengeschäfts nur annehmen, wenn Anleihen unter Umständen angepriesen werden, die in keinem Verhältnis zu den (wirklichen) Tatsachen stehen. Die Darstellung eines positiven Bildes hält das Landgericht nicht für vorwerfbar. Damit verkürzt es die Sorgfalts- und Aufklärungspflichten der Beklagten bei der Anlageberatung und -vermittlung.

64

Zutreffend hat das Landgericht darauf gesehen, daß unrichtige, wahrheitswidrige Informationen haftungsbegründend wirken können. Darauf braucht indes für den Streitfall nicht näher eingegangen zu werden. Es bedarf auch keiner Entscheidung dazu, ob der Zeuge ... sagen durfte (und gesagt hat), hinter der Bond-Anleihe stehe eine namhafte deutsche Bank (wie die Berufung anführt, Bl. 112), oder ob er nicht zugleich bemerken mußte, daß die Commerzbank und die Bayerische Hypotheken- und Wechselbank (abweichend von anderen Fällen) nicht beteiligt waren, und den Kaufinteressenten darauf hinweisen mußte. Weiter ist es nicht wesentlich, ob der Ehemann aufgrund der Erläuterungen des Zeugen ... im laienhaften Verständnis die BHF als "Garantiebank" bewertete und der Zeuge ... einem solchen Eindruck hätte entgegenwirken muß.

65

3.

Eine Mitschuld trifft die Eheleute nicht, weder allein noch gemeinsam. Die Klägerin und ihr Ehemann hatten keine Sachkunde oder Erkenntnismöglichkeiten, um die es gerade ging. Dies macht auch die Beklagte, die ein Angebot und eine Empfehlung abgab, nicht geltend. Der Kurs von 84,25 mußte die Eheleute nicht aufmerksam machen; dieser Kurs gab auch der Beklagten keinen Anlaß, besondere Umsicht walten zu lassen.

66

4.

Soweit die Klägerin begehrt, so gestellt zu werden, als hätte sie ihre tatsächliche Anlageentscheidung nicht getroffen, und die Vorteile ersetzt erhalten will, die sie durch eine anderweitige Anlage erzielt hätte, hat sie im wesentlichen Erfolg.

67

Da die Klägerin infolge der auf die Verletzung der Aufklärungspflicht zurückzuführenden Anlage den dafür eingesetzten Kaufpreis einbüßt, muß die Beklagte nach § 249 BGB dafür aufkommen. Nach dieser Norm ist der Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn die pflichtgemäße Aufklärung erfolgt wäre, die Beklagte pflichtgemäß gehandelt hätte. Dann wären wie dargelegt die Anteile nicht gekauft worden; dementsprechend ist (zumindest) der volle Kaufpreis zu ersetzen. Ob der Schaden nicht eigentlich in dem Nominalbetrag besteht, bedarf keiner Entscheidung.

68

Der durch das Sheme of Arrangement 1993 erlangte Betrag in Höhe von 2.050,49 DM ist abgesetzt. Die dabei der Klägerin angelasteten Spesen bleiben unberücksichtigt, weder hat die Klägerin diesen Betrag von 20,- DM ersetzt verlangt noch mindert dieser Aufwand den Schaden der Klägerin.

69

Zinsen sind am 15.6.1989 dem Veräußerer zugeflossen; in die Kaufabrechnung sind dagegen Minuszinsen bis zum 15.6.1989 eingestellt worden, die ebenfalls zugunsten der Klägerin zu berücksichtigen sind.

70

Zutreffend knüpft die Klägerin zum Zinsbegehren weiter daran an, daß der zu ersetzende Schaden den entgangenen Gewinn umfaßt (§ 252 BGB). Der Begriff des entgangenen Gewinns erfaßt alle Vermögensvorteile, die im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses noch nicht zum Vermögen des Verletzten gehören, ihm aber ohne dieses Ereignis zugeflossen wären. Als entgangen gilt der Gewinn, der nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen insbesondere den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte. Es genügt der Nachweis der Wahrscheinlichkeit, das heißt es muß nach den Umständen des Falles wahrscheinlicher sein, daß der Gewinn ohne das haftungsbegründende Ereignis erzielt worden wäre, als daß er nicht erzielt worden wäre. Gegenüber der Vermutung dafür, daß der Gewinn gemacht worden wäre, trägt der Schädiger die Beweislast dafür, daß der Gewinn gleichwohl nicht erzielt worden wäre. Zuvor hat der Anspruchsteller die Tatsachen darzulegen und ggfs. zu beweisen, aus denen sich die Wahrscheinlichkeit der Gewinnerzielung ergeben soll. Diese Beweislast ist durch § 287 ZPO gemildert.

71

Gegen die Höhe des von der Klägerin geltendgemachten Zinssatzes führt die Beklagte im einzelnen nichts an. Gleichwohl ist nicht auf die von der Klägerin zugrundegelegte Festgeldanlage abzustellen. Eine etwaige Festgeldanlage hat nach den eigenen Vorstellungen der Klägerin zu jener Zeit (und auch später) nicht in Rede gestanden, jedenfalls fehlt es an jeder vereinzelten, nachvollziehbaren Sachdarstellung dazu. Andererseits ist der Zins nicht durch die üblichen Sparzinsen begrenzt. Der Vortrag der Klägerin ist bei dem Schweigen der Beklagten konkret genug, um nach dem Maß des § 252 BGB darauf wie im Senatstermin ohne Widerspruch durch die Beklagte erörtert abstellen zu können, daß es zu dem Zinssatz von 6,25 % Anlagenmöglichkeiten zunächst vom Anlagezeitpunkt bis zum Fälligkeitszeitpunkt der Bond-Anleihe, aber auch darüber hinaus gegeben hätte. Steuerliche Auswirkungen können außer Betracht bleiben. Die Parteien tragen dazu nichts vor; anrechnungsfähige Steuervorteile sind nicht erkennbar.

72

Die Pflicht zur Abtretung der etwaigen Prospekthaftungsansprüche folgt aus § 255 BGB, wobei es der Klägerin anheimsteht, etwaige weitergehende Ansprüche gegen die BHF überprüfen zu lassen. Die weitere Zug um Zug Verurteilung entspricht dem Klagantrag.

73

Die Nebenentscheidungen beruhen auf ...91, 91 a, 92, 708 Nr. 10, 711, 546 Abs. 2 S. 1 ZPO. Soweit die Parteien den Rechtsstreit angesichts der der Klägerin zugutegekommenden Zahlung übereinstimmend für erledigt erklärt haben, fallen die Kosten nach billigem Ermessen im Hinblick auf den voraussichtlichen Ausgang des Rechtsstreits der Beklagten zur Last. Ohne diese Zahlung wäre die Beklagte insoweit ersatzpflichtig gewesen.

74

Soweit die Klägerin die Berufung zu den Zinsen zurückgenommen und soweit unter gleichzeitiger Zurückweisung der Berufung die Klage wegen der geringen Zinsdififerenz abgewiesen wird, ist die Zuvielforderung verhältnismäßig gering und verursacht keine Mehrkosten.