Amtsgericht Nordenham
Urt. v. 10.03.2008, Az.: 3 C 264/07
Anspruch auf Freistellung von der Kostenforderung seiner Prozessbevollmächtigten
Bibliographie
- Gericht
- AG Nordenham
- Datum
- 10.03.2008
- Aktenzeichen
- 3 C 264/07
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2008, 37297
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:AGNOHAM:2008:0310.3C264.07.0A
Rechtsgrundlagen
- § 1365 BGB
- § 14 Abs. 2 RVG
- § 717 Abs. 2 ZPO
Fundstelle
- FamRZ 2009, 46-47 (Volltext mit red. LS)
In dem Rechtsstreit
...
hat das Amtsgericht Nordenham
im schriftlichen Verfahren gemäß §128 ZPO mit Schriftsatzfrist bis zum 25.02.2008
durch
den Richter am Amtsgericht Dr. Nowak
für Recht erkannt:
Tenor:
- 1.)
Die Beklagte wird unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt,
- a)
den Kläger von der Kostenforderung seiner Prozessbevollmächtigten ... in Höhe von 1.890,91 € freizustellen und
- b)
an den Kläger 144,47 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz zu zahlen.
- 2.)
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
- 3.)
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Parteien sind getrennt lebende Eheleute. Der Kläger war Alleineigentümer des Wohnhauses Im E. 5 in S-K und wollte den Grundbesitz verkaufen. Mit Schreiben vom 14.09.2006, etwa drei Monate nach der Trennung der Parteien, ließ die Beklagte dem Grundbuchamt mitteilen, der Kläger verfüge im Falle der Veräußerung des Grundstücks über sein Vermögen im Ganzen, so dass sie zustimmen müsse; dabei erfolgte die Mitteilung ausdrücklich in der Absicht, das Grundbuchamt darüber zu informieren, dass die Immobilie nicht ohne die notwendige Zustimmung der Ehefrau veräußert werde; wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 14.09.2006 verwiesen (Bl. 8 d.A.). Das Vermögen des Klägers ist seit Mitte September 2006 nicht mehr, sondern weniger geworden, weil diverse Rechtsstreitigkeiten mit zum Teil erheblichen Streitwerten geführt wurden, welche der Kläger aus eigener Tasche bezahlen muss. Vor dem Landgericht Oldenburg erlangte der Kläger zum Aktenzeichen 13 O 2762/06 gegen seinen Sohn Heinrich einen Titel über 50.000,00 €.
Nachdem der Kläger dann im März 2007 zwecks Verkaufs des Grundstücks einen Makler eingeschaltet hatte, ließ die Beklagte auch diesen und den Notar informieren, eine Veräußerung ohne ihre Zustimmung sei unzulässig. Der Kläger schaltete daraufhin seinen Bevollmächtigten ein, welcher den Makler und den Notar telefonisch und schriftlich informierte, die Zustimmung seiner Ehefrau sei tatsächlich nicht erforderlich. Schließlich wurde am 21.03.2007 der Kaufvertrag mit einem Kaufpreis 92.000,00 € beurkundet. Der Makler äußerte noch mit Schreiben vom 26.03.2007 Bedenken wegen des möglichen Zustimmungserfordernisses der Beklagten. Nachdem diese bereits mit Schreiben vom 19.03.2007 aufgefordert worden war, rechtsverbindlich zu erklären, die beabsichtigte Veräußerung des Grundbesitzes bedürfe nicht ihrer Zustimmung, nahm sie dann mit Schreiben vom 27.03.2007 ihre Bedenken zurück. Der Bevollmächtigte des Klägers erstellte eine Gebührenrechnung über einen Betrag in Höhe von 1.890,91 €; wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 4 d.A. verwiesen.
Außerdem hat die Beklagte gegen den Kläger aus dem für vorläufig vollstreckbar erklärten Unterhaltsurteil 1. Instanz wegen einer Forderung von 5.709,89 € die Zwangsvollstreckung betrieben. Mit einem vorläufigen Zahlungsverbot wurde die Hausbank des Klägers als Drittschuldnerin in Anspruch genommen, die sofort alle Konten dicht gemacht hat, wodurch der Kläger in große Not geriet. Daraufhin beauftragte der Kläger seinen Bevollmächtigten mit dieser Angelegenheit, der auch entsprechende Tätigkeit entfaltete. Die Beklagte verlangte die Auszahlung eines bei dem Bevollmächtigten des Klägers hinterlegten Betrages von 5.000,00 €. Ferner verlangte sie die Auszahlung eines bei dem Amtsgericht hinterlegten Betrages von 4.500,00 €. Nach Abschluss des Berufungsverfahrens musste die Beklagte wenige Tage später anerkennen, 4.802,87 € erstatten zu müssen. Hierfür hat der Kläger seinem Bevollmächtigten 144,47 € zahlen müssen; wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 64 d.A. Bezug genommen.
Der Kläger ist der Ansicht, aufgrund der Mitteilungen der Beklagten an das Grundbuchamt und den Makler über das angebliche Zustimmungserfordernis habe er sich anwaltlicher Hilfe bedienen müssen und die Beklagte müsse letztlich für die entstandenen Kosten einstehen. Er behauptet, sowohl Makler als auch Notar seien ob der Erklärung der Beklagten in Bezug auf ihre angeblich notwendige Zustimmung äußerst verunsichert und die Durchführung der Beurkundung ungewiss gewesen.
Er beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, ihn von der Kostenforderung seiner Prozessbevollmächtigten RAe. Melchers & Partner in Höhe von 1.890,91 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 11.05.2007 freizustellen und ihm 144,47 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht, mit ihrem Verhalten niemals zurechenbar eine anwaltliche Tätigkeit auf Seiten des Klägers hervorgerufen zu haben. Die Mitteilung an das Grundbuchamt sei allein deshalb erfolgt, weil sie davon ausgegangen sei, die Immobilie sei das alleinige Vermögen des Klägers. Nachträglich habe sich herausgestellt, dass der Anspruch des Klägers gegen seinen Sohn nicht werthaltig sei. Auch sei es keinesfalls erforderlich gewesen, einen Rechtsanwalt einzuschalten und habe ihre Mitteilung habe letztlich auch gar keinen Einfluss auf die Beurkundung und Abwicklung des Rechtsgeschäfts genommen.
Das Gericht hat zur Angemessenheit der Kostenrechnung gemäß Beschluss vom 17.12.2007 ein Gebührengutachten eingeholt. Wegen des Ergebnisses wird auf das Gutachten der Rechtsanwaltskammer für den Oberlandesgerichtsbezirk Oldenburg vom 22.01.2008 (Bl. 114-119 d.A.) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und weitaus überwiegend begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Freistellung von der Kostenforderung seiner Prozessbevollmächtigten in Höhe von 1.890,91 € und auf Zahlung von 144,47 € aus dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes (§§280, 1353 BGB). Danach kann der Gläubiger Ersatz des entstehenden Schadens verlangen, wenn der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis verletzt. Hier waren die Parteien zwar nicht durch ein vertragliches Schuldverhältnis, sondern durch ein gesetzliches Schuldverhältnis, nämlich die Ehe, miteinander verbunden und dadurch auch zu besonderer Rücksichtnahme, nicht zuletzt auch in finanzieller Hinsicht, verpflichtet.
Gegen diese Verpflichtung hat die Beklagte allerdings in vorwerfbarer Weise verstoßen, so dass sie im Ergebnis dem Kläger gegenüber zum Ersatz des daraus entstandenen Schadens verpflichtet ist. Zutreffend ist sicherlich die Auffassung der Beklagten, das Zustimmungserfordernis des §1365 BGB diene dem Zweck, mögliche Ansprüche gegen den Kläger zu sichern. Die konkrete Vorgehensweise entsprach jedoch nicht dem Gesetz.
Unstreitig hat die Beklagte nämlich nach der Trennung der Parteien durch Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 14.09.2006 gegenüber dem Grundbuchamt Nordenham erklärt, der Kläger würde im Falle einer Veräußerung der Immobilie Stadland, Bl. 1073, über sein Vermögen im Ganzen verfügen und könne dies nur mit ihrer Zustimmung tun, welche indessen nicht erteilt sei. Das Schreiben ging beim Grundbuchamt ein und wurde gemäß einem handschriftlichen Vermerk des zuständigen Rechtspflegers vom 18.09.2006 bis zu einem eventuellen Eingang eines Antrags vorsorglich in einer Hülle aufbewahrt. Als der Kläger dann im März 2007 einen Makler einschaltete, ließ die Beklagte auch diesen informieren, eine Veräußerung ohne ihre Zustimmung sei unzulässig. Als der Makler Bedenken hinsichtlich der Durchführung der Beurkundung anmeldete, die er auch sogar noch nach der Beurkundung in seinem Schreiben vom 26.03.2007 an den Bevollmächtigten des Klägers aufrecht erhielt, durfte der Kläger angesichts dieser Situation seinen Bevollmächtigten einschalten, um die Angelegenheit mit dem Makler und dem Notar zu klären und die Beurkundung sowie die weitere Abwicklung sicherzustellen.
Für die Entscheidung dieses Rechtsstreits ohne maßgebliche Bedeutung ist letztlich der Umstand, aus welcher Motivation heraus die Beklagte tätig geworden ist und ob die Voraussetzungen für die Anwendung des §1365 BGBüberhaupt vorlagen, was zwischen den Parteien jedenfalls streitig war. Zwar ist es zutreffend, dass grundsätzlich bei jeder Veräußerung eines Grundstücks die Frage des §1365 BGB stellt, wenn der Veräußerer verheiratet ist, so dass letztlich diese Frage möglicherweise sowieso aufgetreten wäre. Darauf kommt es hier jedoch überhaupt nicht in entscheidender Weise an. Die Beklagte hatte nämlich bereits längst vor einer ernstlichen Verkaufsabsicht des Klägers dem Grundbuchamt Mitteilung gemacht, ohne sich zuvor auf zuverlässige Art und Weise über die konkrete Vermögenssituation ihres damals getrennt lebenden Ehemannes zu vergewissern. Hierdurch und durch die spätere Mitteilung an Makler und Notar hat sie auch zurechenbar den Anlass geschaffen, dass der Kläger seinen Bevollmächtigten einschalten musste, um die Angelegenheit einer Klärung zuzuführen, zumal ja auch die Beklagte anwaltlich vertreten war. Durch die zwischenzeitlich erfolgte Beurkundung vor dem Notar ändert sich die Beurteilung nicht entscheidend, denn die Eintragung im Grundbuch war ja schließlich noch nicht erfolgt.
Die Beklagte hat ihre Bedenken erst unter dem 27.03.2007 zurückgenommen, nachdem der Kläger seinen Bevollmächtigten längst eingeschaltet hatte. Der Hinweis der Bevollmächtigten der Beklagten in ihrem Schreiben vom 11.05.2007, der Kläger habe im Rahmen einer entsprechenden Erklärung im Kaufvertrag deutlich machen können, dass er mit der Übertragung der Immobilie nicht über sein Vermögen im Ganzen verfüge, ist als solches sicherlich zutreffend, ändert indessen nichts daran, dass die Mitteilung der Beklagten an das Grundbuchamt bzw. Notar und Makler dem Kläger erlaubte, sich zu der Bereinigung der Situation anwaltlicher Hilfe zu bedienen.
Für den Fall, dass die Beklagte sich nicht sicher war, ob denn die Voraussetzungen des §1365 BGB hier überhaupt vorlagen, hätte sie gegenüber dem Kläger Auskunft über sein Vermögen verlangen können und müssen, damit sie die Frage der Zustimmungsbedürftigkeit einer eventuellen Veräußerung des Grundstücks zuverlässig beurteilen kann. Auf die zwischen den Parteien streitigen Fragen, ob der Kläger die Beklagte an seinem Vermögen, insbesondere Grundbesitz teilhaben ließ oder nicht, ist hier völlig ohne Bedeutung. Darauf hat die Beklagte im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft grundsätzlich auch überhaupt keinen Anspruch. Unabhängig davon lässt der Vortrag der Parteien auch vermuten, dass die Beklagte nicht so vermögenslos ist, wie sie hier gerne darstellen möchte.
Die geltend gemachten Gebühren von 1.890,91 € sind auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Das gemäß §14 Abs. 2 RVG eingeholte Gebührengutachten der Rechtsanwaltskammer für den Oberlandesgerichtsbezirk Oldenburg vom 22.01.2008 kam nachvollziehbar und überzeugend zu dem Ergebnis, dass die in Ansatz gebrachten Gebühren in Höhe einer 1,5-fachen Geschäftsgebühr nicht überzogen sind, sondern billigem Ermessen entsprechen und damit gerechtfertigt sind. Insbesondere ist die Überschreitung der Kappungsgrenze von 1,3 gerechtfertigt, weil hier die anwaltliche Tätigkeit der Bevollmächtigten des Klägers umfangreicher als bei der derartigen Mandaten üblich war. Dabei war hier maßgeblich zu berücksichtigen, dass die von der Beklagten verursachte Situation rechtlich und tatsächlich nicht einfach zu lösen, andererseits aber eilig war.
Was die weitere Gebühren in Höhe von 144,47 € angeht, hat die Beklagte dem Kläger diesen Betrag gemäß §717 Abs. 2 ZPO zu erstatten. Danach ist der Kläger zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der dem Beklagten durch die Vollstreckung des Urteils entstanden ist, wenn ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil aufgehoben oder abgeändert wird. So aber liegt es hier, denn die Beklagte hat aus dem für vorläufig vollstreckbar erklärten erstinstanzlichen Urteils bereits die Zwangsvollstreckung betrieben, während sich später herausstellte, dass diese Urteil so keinen Bestand hatte. Die Höhe der Gebühren war ebenfalls nicht zu beanstanden. Es handelt sich um eine 0,3-Verfahrensgebühr, bei der es sich um eine Festgebühr handelt.
Die Klage ist jedoch unbegründet, soweit der Kläger Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 11.05.2007 auf den Betrag von 1.890,91 € verlangt. Insoweit ist keine Anspruchsgrundlage ersichtlich. Der Kläger hat nichts dazu vorgetragen, wann eine solche Kostenrechnung erteilt worden ist und wann gegebenenfalls Verzug eingetreten sein könnte, zumal ja nicht Zahlung, sondern lediglich Freistellung begehrt wird.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§91, 709 ZPO.