Amtsgericht Wolfsburg
Beschl. v. 13.03.2006, Az.: 25 IN 21/05
Bibliographie
- Gericht
- AG Wolfsburg
- Datum
- 13.03.2006
- Aktenzeichen
- 25 IN 21/05
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2006, 45259
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:AGWOLFB:2006:0313.25IN21.05.0A
Fundstellen
- NZI 2007, 19
- ZInsO 2006, 764-765 (Volltext mit amtl. LS)
Gründe
Der Anweisungsbeamte hatte dem Vergütungsantrag in vollem Umfang entsprochen, allerdings nur einen Stundensatz i.H.v. 65,- Euro für angemessen gehalten, während der Sachverständige einen Stundensatz i.H.v. 80,- Euro in Ansatz gebracht hatte.
Wegen des geltend gemachten erhöhten Stundensatzes ging der Anweisungsbeamte - zu Recht - von einem zulässigen Antrag auf richterliche Festsetzung gemäß § 4 JVEG aus.
Der Stundensatz eines isoliert als Gutachter in einem Insolvenzeröffnungsverfahren tätigen Sachverständigen ist regelmäßig auf 80,-Euro festzusetzen.
Dieses folgt indirekt aus § 9 Absatz 2 JVEG, der gesetzlich regelt, dass derjenige Sachverständige in Insolvenzsachen, der gleichzeitig auch als vorläufiger Insolvenzverwalter tätig ist, mit einem Stundensatz von 65.- Euro honoriert wird.
Die teilweise in Literatur und Rechtsprechung vertretene Auffassung, damit habe der Gesetzgeber auch den Fall des "isolierten Sachverständigen geregelt oder regeln wollen, geht fehl. Obergerichtlich hat sich, soweit ersichtlich, zuletzt das OLG Bamberg (Beschluss vom 25.01.2005, NJW-RR 2005, 563 ff. [OLG Bamberg 25.01.2005 - 1 W 1/05]) für einen Stundensatz von 65.- Euro auch für den isolierten Sachverständigen ausgesprochen. Die Argumente des OLG Bamberg vermögen indes nicht zu überzeugen. Wenn der Gesetzgeber mit der Regelung des § 9 Absatz 2 JVEG auch die Honorierung eines isolierten Sachverständigen hätte regeln wollen und somit eine Vereinfachung der Rechtsanwendung beabsichtigt hätte, wäre es ihm ein Leichtes gewesen, eben genau das explizit zu tun und auch die Bezahlung des isolierten Sachverständigen einer Honorargruppe zuzuordnen. Obwohl ihm - worauf auch das OLG Bamberg zutreffend hinweist - das Problem bekannt war hat er aber genau das nicht getan, sondern nur die Ansprüche des gleichzeitig als Sachverständigen tätigen vorläufigen Verwalters geregelt. Daraus ist eher der Schluss zu ziehen, dass folglich die Ansprüche des isolierten Sachverständigen anders festzusetzen sind als mit 65.-Euro!
Soweit das OLG Bamberg ausführt, eine höhere Entlohnung des isolierten Sachverständigen würde zu einer Ungleichbehandlung führen, kann dem erst recht nicht gefolgt werden. Das würde voraussetzen, dass der Fall des isolierten Sachverständigen gleich dem des auch als vorläufiger Verwalter tätigen Sachverständigen wäre - genau das ist aber nicht der Fall, wie vor allem die nachfolgenden Erwägungen zeigen!
Vor allem ist die Annahme falsch, dass bei einem isolierten Sachverständigen der durch einen (im Vergleich zu einem vorläufigen Verwalter) geringeren Kenntnisstand eventuell erforderliche erhöhte Aufwand dadurch ausgeglichen werde, dass der isolierte Sachverständige für die Erstellung des Gutachtens eine höhere Stundenzahl aufzuwenden haben würde. Der Aufwand für die Ermittlung des erforderlichen Sachverhalts, für die Beurteilung der Fakten und die Erstellung des Gutachtens ist in beiden Fällen genau derselbe. Der auch als vorläufiger Verwalter tätige Sachverständige erhält allerdings für seine Tätigkeit als vorläufiger Verwalter die volle Vergütung, hierin sind die Tätigkeiten, die er als Sachverständiger ohnehin entfalten musste, im Wesentlichen enthalten. Die Vergütung als vorläufiger Verwalter wird hierdurch nicht gekürzt, offensichtlich hat sich stattdessen der Gesetzgeber zu der Auffassung durchgerungen, dass die Vergütung als Sachverständiger in solchen Fällen auf 65.- Euro zu kürzen ist.
Diesem Argument ist auch das OLG München in seiner Entscheidung vom 15.06.2005 ( ZIP 2005, 1329 f. [OLG München 15.06.2005 - 11 W 1423/05]) gefolgt, in der es festgestellt hat, dass der isolierte Sachverständige in der Regel eine höhere Vergütung erhalten muss als die "verkürzte" (!) Vergütung aus § 9 Absatz 2 JVEG. Das OLG München hielt eine Einstufung in die Honorargruppe 7 mit 80,- Euro für angemessen.
Indirekt hat auch das Bundesverfassungsgericht in einem Beschluss vom 29.11.2005 (1 BvR 2035/05, ZinsO 2006, 83 ff.) diese Auffassung bestätigt. Es hat nämlich festgestellt, dass die Eingruppierung des Sachverständigen in Insolvenzsachen, der gleichzeitig auch als vorläufiger Verwalter tätig sei, gemäß § 9 Absatz 2 JVEG auf 65.- Euro je Stunde nur scheinbar eine Gleichstellung mit den Sachverständigen der Honorargruppe 4 des § 9 Absatz 1 JVEG ("Fußböden", "Heizungs-, Klima- und Lüftungstechnik", "Holzbau") darstelle, weil "die Sachverständigenvergütung in der Sonderkonstellation des § 9 Absatz 2 JVEG ergänzt wird durch einen Teil der Vergütung als vorläufiger Insolvenzverwalter, so dass sich bei wirtschaftlicher Betrachtung letztlich eine höhere Vergütung ergibt". Damit hat nach Auffassung des Gerichts das Bundesverfassungsgericht klar zum Ausdruck gebracht, dass der Sachverständige in Insolvenzsachen eben nicht gleich zu setzten ist mit Sachverständigen aus der Honorargruppe 4, sondern höher einzustufen.
Das alles führt dazu, dass nach Auffassung des Gerichts die Vergütung eines isolierten Sachverständigen in Insolvenzsachen in aller Regel höher zu bemessen ist als 65,- Euro. Wie das OLG München hält das erkennende Gericht eine Einstufung in die Honorargruppe 7 mit 80,- Euro für grundsätzlich angemessen.
Konkrete Anhaltspunkte im vorliegenden Fall, die eine Abweichung nach unten oder oben gebieten würden, sind nicht ersichtlich.
Da dem Sachverständigen bereits 747,60 Euro angewiesen wurden, bleibt noch ein Restbetrag i.H.v. 158,05 Euro anzuweisen.
Diese Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei.