Oberlandesgericht Braunschweig
Beschl. v. 03.03.1998, Az.: 1 WF 10/98
Kostentragungspflicht bei vorzeitiger Beendigung der Vollstreckungsmaßnahme; Begriff der vermeidbaren oder zwecklosen Vollstreckungsmaßnahmen; Stellung eines Vollstreckungsantrages ohne Einräumung eines ausreichenden Zeitraumes zur Sicherheitsleistung
Bibliographie
- Gericht
- OLG Braunschweig
- Datum
- 03.03.1998
- Aktenzeichen
- 1 WF 10/98
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1998, 18770
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGBS:1998:0303.1WF10.98.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG ... - 16.12.1997 - AZ: 250 F 5213/97
Rechtsgrundlagen
- § 788 Abs. 1 ZPO
- § 232 BGB
Fundstelle
- InVo 1999, 191-192
Verfahrensgegenstand
Vollstreckungskosten
Prozessführer
Herr ...
Prozessgegner
Frau ...
In der Familiensache
hat der 1. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts ...
durch
die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht ...
sowie die Richter am Oberlandesgericht ... und ...
am 03. März 1998
beschlossen:
Tenor:
Auf die Beschwerde des Schuldners wird der Beschluß des Amtsgerichts ... vom 16. Dezember 1997 abgeändert.
Die Kosten des Vollstreckungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Die Gläubigerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Beschwerdewert wird auf die Wertstufe bis zu 1.200,00 DM festgesetzt.
Gründe
Die sofortige Beschwerde ist nach § 793 ZPO statthaft, weil eine isolierte Entscheidung über Vollstreckungskosten ergangen ist, und auch im übrigen zulässig. Es handelt sich nicht um eine sofortige Beschwerde nach § 91 a ZPO, weil der angefochtene Beschluß nicht im Hauptsacheverfahren ergangen ist, sondern in einem Vollstreckungsverfahren nach § 887 ZPO, auf das die Vorschrift des § 91 a ZPO keine Anwendung findet; vielmehr bestimmt sich die Kostenpflicht nach der Vorschrift des § 788 ZPO (vgl. Stein/Jonas - Münzberg, ZPO, 21. Aufl. 1995, § 788 Rdnr. 21).
Nach § 788 Abs. 1 ZPO trägt, wenn eine Vollstreckungsmaßnahme vorzeitig beendet wurde, grundsätzlich der Schuldner die Kosten, ohne daß es eines besonderen Ausspruchs hierüber bedarf. Dies betrifft jedoch nur die Kosten, soweit sie notwendig waren, während vermeidbare oder zwecklose Vollstreckungskosten vom Gläubiger zu tragen sind.
Um solche Kosten handelt es sich hier, da der von der Gläubigerin gestellte Vollstreckungsantrag voreilig und im übrigen auch inhaltlich unrichtig war. Die Gläubigerin hat dem Schuldner zu kurze Fristen gesetzt, um seiner Verpflichtung zur Sicherheitsleistung nachzukommen. Der Schuldner hat, nachdem das Anerkenntnisurteil am 30.06.1997 verkündet und ihm am 03.07.1997 zugestellt worden war und nachdem er die Kreditablehnung der Norddeutschen Landesbank erhalten hatte, am 11.07.1997, wie er unbestritten vorgetragen hat, beim Post- Spar- und Darlehensverein einen Kreditantrag gestellt, der schließlich angenommen wurde, und hat daraus die Hinterlegungssumme finanziert. Dabei haben die Auszahlungsvoraussetzungen erst mit Erteilung der Notarbestätigung am 14.08.1997 vorgelegen, ohne daß dem Schuldner irgendwelche Verzögerungen vorzuwerfen wären. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Gläubigerin den Vollstreckungsantrag aber bereits gestellt.
Es mag sein, daß der Schuldner mitverantwortlich für die Einleitung des Vollstreckungsverfahrens zu machen ist. Daß er Sicherheit in Form der Hinterlegung leisten wollte, hat er der Gläubigerin erst mit Schreiben vom 01.09.1997 mitgeteilt. Seine Angebote zur Eintragung und anschließenden Abtretung von Eigentümergrundschulden und später zur Übertragung einer Eigentumswohnung entsprachen nicht seiner Verpflichtung zur Sicherheitsleistung nach § 232 BGB. Die Eigentümergrundschulden hätten die Verkehrswerte der beiden Wohnungen gemäß §§ 238 Abs. 1, 1807 Abs. 1. Nr. 1 BGB allenfalls zu 60 % ausschöpfen dürfen (Palandt-Diederichsen, BGB, 57 Aufl. 1998, § 1807 Rdnr. 3), und zwar entgegen der Auffassung des Schuldners unter Anrechnung der nominellen Höhe der im Range vorgehenden Belastungen, weil sich die Valutierung der vorgehenden Grundschulden zu Lasten der Gläubigerin hätte ändern können; nach dem eigenen Vorbringen des Schuldners zu den Verkehrswerten der Wohnungen, an denen die Grundschulden bestellt werden sollten, hätte die Belastung weit mehr als 60 % des Verkehrswertes erreicht.
Dies ändert aber nichts daran, daß, wie der vom Schuldner vorgetragene Ablauf zeigt, es schon objektiv kaum möglich war, die geschuldete Sicherheit bis zur Stellung des Vollstreckungsantrages am 12.08.1997 zu leisten, und zwar auch dann, wenn der Schuldner eine andere Wahl als die der Hinterlegung getroffen hätte; so hätte ein Eintragungsverfahren beim Grundbuchamt mit Sicherheit ebenfalls nicht unerhebliche Zeit in Anspruch genommen.
Der von der Gläubigerin gestellte Antrag entspricht darüber hinaus nicht der gesetzlichen Regelung. Zwar konnte die Gläubigerin für den Vollstreckungsantrag in entsprechender Anwendung des § 264 Abs. 1 BGB eine bestimmte Art der Sicherheitsleistung wählen. Diese mußte aber dem § 232 BGB entsprechen. Nach dieser Vorschrift konnte die Gläubigerin jedoch nicht die Bestellung von Grundschulden zu ihren Gunsten, wie sie es beantragt hat, beanspruchen, sondern entweder die Bestellung von Hypotheken oder aber die Verpfändung von Grundschulden, die zuvor für den Schuldner hätten eingetragen werden müssen.
Nach allem erscheint es angemessen, wenn die Gläubigerin zumindest ihre eigenen Kosten im Vollstreckungsverfahren selbst trägt. Einen weitergehenden Beschwerdeantrag hat der Schuldner nicht gestellt.
Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 91 ZPO, der zwar nicht im erstinstanzlichen Vollstreckungsverfahren, wohl aber im Rechtsmittelverfahren Anwendung findet. Der Beschwerdewert bestimmt sich nach den der Gläubigerin durch den Vollstreckungsantrag entstandenen Kosten, gegen deren Auferlegung sich der Schuldner mit der Beschwerde wendet.
Streitwertbeschluss:
Der Beschwerdewert wird auf die Wertstufe bis zu 1.200,00 DM festgesetzt.