Arbeitsgericht Verden
Beschl. v. 20.06.2016, Az.: 1 Ca 32/15 B
Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf; Bemessung der Höhe einer betrieblichen Altersversorgung aufgrund Arbeitseinkommens hinsichtlich der sog. "gespaltenen Rentenformel"; Einkommen aus einer Teilzeitbeschäftigung; Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeitsfragen
Bibliographie
- Gericht
- ArbG Verden
- Datum
- 20.06.2016
- Aktenzeichen
- 1 Ca 32/15 B
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2016, 20439
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:ARBGVER:2016:0620.1CA32.15B.0A
Rechtsgrundlagen
- Art. 267 AEUV
- Art. 2 Abs. 2 Buchst. a) RL 2000/78/EG
- Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 RL 2000/78/EG
- Art. 6 Abs. 2 RL 2000/78/EG
- Art. 4 RL 2006/54/EG
- Art. 5 RL 2006/54/EG
- § 2 BetrAVG
Fundstellen
- EzA-SD 17/2016, 13
- NZA-RR 2016, 494-495
Tenor:
- I.
Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden gemäß Artikel 267 AEUV folgende Fragen vorgelegt:
- 1.
- a)
Ist das einschlägige Unionsrecht, insbesondere § 4 Nr. 1 und 2 der Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit im Anhang der Richtlinie 97/81 zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit in der durch die Richtlinie 98/23 geänderten Fassung sowie Artikel 4 der Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 05.07.2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen i.V.m. der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27.11.2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf, dahin auszulegen, dass es nationalen gesetzlichen Bestimmungen oder Gepflogenheiten entgegensteht, die bei der Bemessung der Höhe einer betrieblichen Altersversorgung zwischen Arbeitseinkommen unterscheiden, das unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung liegt, und solchem, das oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze liegt (sog. "gespaltene Rentenformel"), und hierbei das Einkommen aus einer Teilzeitbeschäftigung nicht so behandeln, dass sie zunächst das für eine entsprechende Vollzeitbeschäftigung zu zahlende Einkommen ermitteln, hieraus den Anteil oberhalb und unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze ermitteln und dieses Verhältnis dann auf das reduzierte Einkommen aus der Teilzeittätigkeit übertragen?
Falls die Frage zu 1. a) verneint wird:
- b)
Ist das einschlägige Unionsrecht, insbesondere § 4 Nr. 1 und 2 der Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit im Anhang der Richtlinie 97/81 zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit in der durch die Richtlinie 98/23 geänderten Fassung sowie Artikel 4 der Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 05.07.2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen i.V.m. der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27.11.2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf, dahin auszulegen, dass es nationalen gesetzlichen Bestimmungen oder Gepflogenheiten entgegensteht, die bei der Bemessung der Höhe einer betrieblichen Altersversorgung zwischen Arbeitseinkommen unterscheiden, das unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung liegt, und solchem, das oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze liegt (sog. "gespaltene Rentenformel"), und bei einer Beschäftigten, die teilweise in Vollzeit, teilweise in Teilzeit gearbeitet hat, keine nach Zeitabschnitten (z.B. einzelnen Kalenderjahren) unterteilte Betrachtungsweise vornehmen, sondern einen einheitlichen Beschäftigungsgrad für die Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses ermitteln und die gespaltene Rentenformel erst auf die hieraus resultierende Durchschnittsvergütung anwenden?
- 2.
Ist das einschlägige Unionsrecht, insbesondere das in Art. 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankerte und durch die Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf, insbesondere deren Art. 1, 2 und 6, konkretisierte Verbot der Diskriminierung wegen des Alters, dahin auszulegen, dass es nationalen gesetzlichen Bestimmungen oder Gepflogenheiten entgegensteht, die eine betriebliche Altersrente in der Höhe vorsehen, die dem Verhältnis der Dauer der Betriebszugehörigkeit zu der Zeit vom Beginn der Betriebszugehörigkeit bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht (ratierliche Berechnung nach dem m/n-tel Prinzip), und die hierbei eine Höchstbegrenzung anrechnungsfähiger Dienstjahre vornehmen, mit der Folge, dass Arbeitnehmer, die in jüngeren Lebensjahren ihre Betriebszugehörigkeit zurückgelegt haben, eine geringere Betriebsrente erhalten als Mitarbeiter, die ihre Betriebszugehörigkeit in einem höheren Lebensalter zurückgelegt haben, obwohl bei beiden Mitarbeitern die gleiche Dauer der Betriebszugehörigkeit vorliegt?
Gründe
1. Sachverhalt des Ausgangsverfahrens
Die am 03.04.1965 geborene Klägerin war bei der Beklagten und deren Rechtsvorgängerin vom 01.01.1990 bis zum 31.05.2014 als Sales Trainee, Bezirksleiterin/Einzelhandel, als Market Activity Manager im Direktmarketing, als Brandmanager sowie als In-Market Manager beschäftigt.
Vom 01.01.1990 bis zum 26.05.1996 befand sich die Klägerin in einem Vollzeitarbeitsverhältnis. Vom 27.05.1996 bis zum 30.03.1999 nahm die Klägerin Erziehungsurlaub (Elternzeit). Am 31.03.1999 bestand für einen Tag zwischen den Parteien ein Vollzeitarbeitsverhältnis. Vom 01.04.1999 bis zum 31.01.2006 arbeitete die Klägerin bei der Beklagten in einem Abrufarbeitsverhältnis mit 50 % des Umfanges der Tätigkeit eines Vollzeitbeschäftigten. Vom 01.02.2006 bis zum 31.03.2011 arbeitete die Klägerin ebenfalls in Teilzeit mit einem Teilzeitgrad von 62,50 %. Für die Zeit vom 01.04.2011 bis zum 30.04.2014 belief sich der Teilzeitgrad auf 75 %, für den Monat Mai 2014 auf 50 %.
Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten mit Vollendung des 55. Lebensjahres einen Anspruch auf eine betriebliche Altersversorgung (Altersrente, Ruhegeld). Rechtsgrundlage hierfür war zunächst der in der Rechtsform einer Betriebsvereinbarung zustande gekommene Pensionsplan vom 01.01.1989. Für Mitarbeiter wie die Klägerin, deren Arbeitsverhältnis mit der Beklagten vor dem 01.01.2006 begann, gilt der Pensionsplan heute in der Fassung der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 06.11.2008 (Anlage B 6, Bl. 98 ff d.A.).
Die Beklagte hat die Höhe der unverfallbaren Anwartschaft der Klägerin auf Altersrente ab Vollendung des 55. Lebensjahres auf dem "Berechnungsbogen zur Ermittlung der unverfallbaren Anwartschaft auf Altersrente" (Anlage B 12, Bl. 112 d.A.) wie folgt ermittelt:
"I. Name des Arbeitnehmers: K ..., U...
Geburtsdatum: 03.04.1965
Eintrittsdatum: 01.01.1990
Austrittsdatum: 31.05.2014
Erreichen der festgesetzten Altersgrenze von 65 Jahren 03.04.2030
II. Rentenfähiger Jahresverdienst und Beitragsbemessungsgrenze:
2011 66.000,00 € 2012 67.200,00 € 2013 ___________________ ____________ 69.600,00 € Durchschnitt 119.168,00 € *) 67.600,00 €
*) gem. Vereinbarung vom 26.10.2004
Teilzeitgrad 71,50 %
durchschn. Verdienst bis zur BBG (1) = 67.600,00 €
durchschn. Verdienst oberhalb der BBG (2) = 17.605,12 €
III. Theoretische Altersrente:
je Dienstjahr 0,6 % von (1) = 405,60 €
je Dienstjahr 2,0 % von (2) = 352,10 € Summe p.a. = 757,70 €
je Dienstjahr mtl. 1/12 = 63,14 €
Dauer der theoretisch möglichen Betriebszugehörigkeit bis zur Altersgrenze:
vom 01.01.1990 bis zum 30.04.2030 = 484 vollendete Monate
davon anrechenbar (max. jedoch 35 Jahre = 420 Monate) 420
420/12 Jahre mal 63,14 € = 2.209,96 €
Dauer der theoretisch möglichen Betriebszugehörigkeit bis Alter 55:
vom 01.01.1990 bis zum 30.04.2010 = 364 vollendete Monate
davon anrechenbar (max. jedoch 35 Jahre = 420 Monate) 364
364/12 Jahre mal 63,14 € = 1.915,30 €
Abzug für Rentenbeginn vor Vollendung des 60. Lebensjahres:
59,0 mal 0,25 % = 14,75 % = - 282,51 €
vorgezogene Altersrente ab 01.05.2020 mtl. 1.632,79 €
IV. Dauer der tatsächlich erreichten Betriebszugehörigkeit bis zum Austritt:
vom 01.01.1990 bis zum 31.05.2014 = 293 angefangene Monate
V. Das Verhältnis der erreichten zur theoretisch möglichen Betriebszugehörigkeit ist auf den Rentenbetrag anzuwenden, den der Arbeitnehmer ohne das vorherige Ausscheiden erhalten würde. Hierbei sind jedoch die Bemessungsgrößen auf den Zeitpunkt des Ausscheidens festzuschreiben.
293 ./. 484 Monate = 60,54 %
VI. Nach § 2 BetrAVG (Betriebsrentengesetz) beträgt die Höhe der unverfallbaren An wartschaft auf Altersrente ab Vollendung der Altersgrenze
60,54 % von 2.209,96 € = 1.337,85 €
auf Altersrente ab Vollendung des 55. Lebensjahres
60,54 % von 1.632,79 € 988,44 €"
Die Klägerin ist hingegen der Auffassung, ihr stehe mit Vollendung des 55. Lebensjahres eine Betriebsrente von 1.340,-- € monatlich zu.
2. Nationale Vorschriften
§ 2 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung - (Betriebsrentengesetz, BetrAVG) - lautet:
"§ 2 Höhe der unverfallbaren Anwartschaft
(1) Bei Eintritt des Versorgungsfalles wegen Erreichens der Altersgrenze, wegen Invalidität oder Tod haben ein vorher ausgeschiedener Arbeitnehmer, dessen Anwartschaft nach § 1 b [BetrAVG] fortbesteht, und seine Hinterbliebenen einen Anspruch mindestens in Höhe des Teiles der ohne das vorherige Ausscheiden zustehenden Leistung, der dem Verhältnis der Dauer der Betriebszugehörigkeit zu der Zeit vom Beginn der Betriebszugehörigkeit bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht; an die Stelle des Erreichens der Regelaltersgrenze tritt ein früherer Zeitpunkt, wenn dieser in der Versorgungsregelung als feste Altersgrenze vorgesehen ist, spätestens der Zeitpunkt der Vollendung des 65. Lebensjahres, falls der Arbeitnehmer ausscheidet und gleichzeitig eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung für besonders langjährig Versicherte in Anspruch nimmt.
..."
§ 4 Abs. 1 des Gesetzes über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge - Teilzeit- und Befristungsgesetz - lautet:
"§ 4 Verbot der Diskriminierung
(1) Ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer darf wegen der Teilzeitarbeit nicht schlechter behandelt werden als ein vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer, es sei denn, dass sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Einem teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer ist Arbeitsentgelt oder eine andere teilbare geldwerte Leistung mindestens in dem Umfang zu gewähren, der dem Anteil seiner Arbeitszeit an der Arbeitszeit eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers entspricht.
..."
§ 159 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) lautet:
"§ 159 Beitragsbemessungsgrenzen
Die Beitragsbemessungsgrenzen in der allgemeinen Rentenversicherung sowie in der knappschaftlichen Rentenversicherung ändern sich zum 1. Januar eines jeden Jahres in dem Verhältnis, in dem die Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Abs. 2 Satz 1) im vergangenen zu den entsprechenden Bruttolöhnen und -gehältern im vorvergangenen Kalenderjahr stehen. Die veränderten Beträge werden nur für das Kalenderjahr, für das die Beitragsbemessungsgrenze bestimmt wird, auf das nächsthöhere Vielfache von 600 aufgerundet."
3. Vorschriften des Unionsrechts
§ 4 Nr. 1 bis 4 der Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit im Anhang der Richtlinie 97/81 zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit in der durch die Richtlinie 98/23 geänderten Fassung lautet:
"§ 4 Grundsatz der Nichtdiskriminierung
1. Teilzeitbeschäftigte dürfen in ihren Beschäftigungsbedingungen nur deswegen, weil sie teilzeitbeschäftigt sind, gegenüber vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten nicht schlechter behandelt werden, es sei denn, die unterschiedliche Behandlung ist aus objektiven Gründen gerechtfertigt.
2. Es gilt, wo dies angemessen ist, der Pro-rata-temporis-Grundsatz.
3. Die Anwendungsmodalitäten dieser Vorschrift werden von den Mitgliedstaaten und/oder den Sozialpartnern unter Berücksichtigung der Rechtsvorschriften der Gemeinschaft und der einzelstaatlichen gesetzlichen und tarifvertraglichen Bestimmungen und Gepflogenheiten festgelegt.
4. Wenn dies aus sachlichen Gründen gerechtfertigt ist, können die Mitgliedstaaten nach Anhörung der Sozialpartner gemäß den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften, Tarifverträgen oder Gepflogenheiten und/oder die Sozialpartner gegebenenfalls den Zugang zu besonderen Beschäftigungsbedingungen von einer bestimmten Betriebszugehörigkeitsdauer, der Arbeitszeit oder Lohn- und Gehaltsbedingungen abhängig machen. Die Zugangskriterien von Teilzeitbeschäftigten zu besonderen Beschäftigungsbedingungen sollten regelmäßig unter Berücksichtigung des in § 4 Nr. 1 genannten Grundsatzes der Nichtdiskriminierung überprüft werden.
..."
Die Artikel 4 und 5 der Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 05.07.2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen lauten:
"Artikel 4 Diskriminierungsverbot
Bei gleicher Arbeit oder bei einer Arbeit, die als gleichwertig anerkannt wird, wird mittelbare und unmittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts in Bezug auf sämtliche Entgeltbestandteile und -bedingungen beseitigt.
Insbesondere wenn zur Festlegung des Entgelts ein System beruflicher Einstufung verwendet wird, muss dieses System auf für männliche und weibliche Arbeitnehmer gemeinsamen Kriterien beruhen und so beschaffen sein, dass Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts ausgeschlossen werden.
Artikel 5 Diskriminierungsverbot
Unbeschadet des Artikels 4 darf es in betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit keine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts geben, insbesondere hinsichtlich
a) des Anwendungsbereichs solcher Systeme und die Bedingungen für den Zugang zu ihnen,
b) der Beitragspflicht und der Berechnung der Beiträge,
c) der Berechnung der Leistungen, einschließlich der Zuschläge für den Ehegatten und für unterhaltsberechtigte Personen, sowie der Bedingungen betreffend die Geltungsdauer und die Aufrechterhaltung des Leistungsanspruchs.
..."
Artikel 21 Absatz 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union lautet:
"Artikel 21 Nichtdiskriminierung
(1) Diskriminierungen insbesondere wegen des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der ethnischen oder sozialen Herkunft, der genetischen Merkmale, der Sprache, der Religion oder der Weltanschauung, der politischen oder sonstigen Anschauung, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung sind verboten."
Die Artikel 1, 2 und 6 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27.11.2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf lauten:
"Artikel 1 Zweck
Zweck dieser Richtlinie ist die Schaffung eines allgemeinen Rahmens zur Bekämpfung der Diskriminierung wegen der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung in Beschäftigung und Beruf im Hinblick auf die Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung in den Mitgliedstaaten.
Artikel 2 Der Begriff "Diskriminierung"
(1) Im Sinne dieser Richtlinie bedeutet "Gleichbehandlungsgrundsatz", dass es keine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung wegen eines der in Artikel 1 genannten Gründe geben darf.
(2) Im Sinne des Absatzes 1
a) liegt eine unmittelbare Diskriminierung vor, wenn eine Person wegen eines der in Artikel 1 genannten Gründe in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde;
b) liegt eine mittelbare Diskriminierung vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen mit einer bestimmten Religion oder Weltanschauung, einer bestimmten Behinderung, eines bestimmten Alters oder mit einer bestimmten sexuellen Ausrichtung gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn:
i) Diese Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt, und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich, oder
ii) der Arbeitgeber oder jede Person oder Organisation, auf die diese Richtlinie Anwendung findet, ist im Falle von Personen mit einer bestimmten Behinderung aufgrund des einzelstaatlichen Rechts verpflichtet, geeignete Maßnahmen entsprechend den in Artikel 5 enthaltenen Grundsätzen vorzusehen, um die sich durch diese Vorschrift, dieses Kriterium oder dieses Verfahren ergebenden Nachteile zu beseitigen.
...
Artikel 6 Gerechtfertigte Ungleichbehandlung wegen des Alters
(1) Ungeachtet des Artikels 2 Absatz 2 können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass Ungleichbehandlungen wegen des Alters keine Diskriminierung darstellen, sofern sie objektiv und angemessen sind und im Rahmen des nationalen Rechts durch ein legitimes Ziel, worunter insbesondere rechtmäßige Ziele aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung zu verstehen sind, gerechtfertigt sind und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind.
Derartige Ungleichbehandlungen können insbesondere Folgendes einschließen:
a) Die Festlegung besonderer Bedingungen für den Zugang zur Beschäftigung und zur beruflichen Bildung sowie besondere Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, einschließlich der Bedingungen für Entlassung und Entlohnung, um die berufliche Eingliederung von Jugendlichen, älteren Arbeitnehmern und Personen mit Fürsorgepflichten zu fördern oder ihren Schutz sicherzustellen;
b) Die Festlegung von Mindestanforderungen an das Alter, die Berufserfahrung oder das Dienstalter für den Zugang zur Beschäftigung oder für bestimmte mit der Beschäftigung verbundene Vorteile;
c) Die Festsetzung eines Höchstalters für die Einstellung aufgrund der spezifischen Ausbildungsanforderungen eines bestimmten Arbeitsplatzes oder aufgrund der Notwendigkeit einer angemessenen Beschäftigungszeit vor dem Eintritt in den Ruhestand.
(2) Ungeachtet des Artikels 2 Absatz 2 können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit die Festsetzung von Altersgrenzen als Voraussetzung für die Mitgliedschaft oder den Bezug von Altersrente oder von Leistungen bei Invalidität einschließlich der Festsetzung unterschiedlicher Altersgrenzen im Rahmen dieser Systeme für bestimmte Beschäftigte oder Gruppen bzw. Kategorien von Beschäftigten und die Verwendung im Rahmen dieser Systeme von Alterskriterien für versicherungsmathematische Berechnungen keine Diskriminierung wegen des Alters darstellt, solange dies nicht zur Diskriminierung wegen des Geschlechts führt. ..."
4. Entscheidungserheblichkeit der Auslegung des Unionsrechts
Die Klägerin ist der Auffassung, dass die von der Beklagten gemäß den Bestimmungen des Pensionsplans vorgenommene Berechnung ihrer unverfallbaren Anwartschaft auf eine betriebliche Altersrente die Klägerin als Teilzeitbeschäftigte - und damit auch wegen ihres Geschlechts - gegenüber Vollzeitbeschäftigten ungerechtfertigt benachteilige. Sie meint, dass der Berechnung zunächst das Jahresgehalt bei Vollzeitbeschäftigung, welches im Falle der Klägerin 119.168,00 EUR beträgt, zugrunde zu legen sei. Dieses Gehalt sei in einen Anteil bis zur und einen Anteil oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung aufzuteilen. Der Anteil bis zur Beitragsbemessungsgrenze sei mit 0,6 %, der oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze liegende Teil sei mit 2,0 % zu berechnen. Erst im Anschluss hieran dürfe die Beklagte eine Reduzierung der ermittelten Beträge gemäß dem Teilzeitgrad (d.h., dem durchschnittlichen Beschäftigungsgrad) der Klägerin von 71,5 % vornehmen. Hingegen sieht der Pensionsplan der Beklagten in einem ersten Rechenschritt eine Reduzierung des bei durchgängiger Vollzeitbeschäftigung erzielten Jahresgehalts gemäß dem Teilzeitgrad der Klägerin und erst anschließend eine Bewertung der Anteile bis zur und oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze vor.
Die Berechnungsweise der Klägerin führt im Ergebnis zu einer höheren unverfallbaren Anwartschaft auf eine betriebliche Altersrente als die nach den Regelungen des Pensionsplans vorgenommene Berechnung der Beklagten. Der Klägerin steht die begehrte höhere unverfallbare Anwartschaft auf Altersrente dann zu, wenn die Berechnungsweise der Beklagten die Klägerin als Teilzeitbeschäftigte bzw. als Frau schlechter behandelt, ohne dass diese unterschiedliche Behandlung aus objektiven Gründen gerechtfertigt ist.
Das Bundesarbeitsgericht sieht in derartigen kollektivrechtlichen Regelungen keine unzulässige Benachteiligung wegen Teilzeitarbeit und auch keine unzulässige mittelbare Diskriminierung wegen des Geschlechts (BAG 11.12.2012 - 3 AZR 588/10 - NZA 2013, 572).
Dementsprechend ist die Frage entscheidungserheblich, ob das Unionsrecht, insbesondere die im Tenor zu Ziffer 1 genannten Rahmenvereinbarungen und Richtlinien, nationalen Gepflogenheiten entgegensteht, welche die dargestellte und auch von der Beklagten vorliegend angewandte Berechnungsweise nicht als Diskriminierung ansehen. Stellt der Gerichtshof fest, dass eine Diskriminierung der Klägerin wegen ihrer Teilzeittätigkeit bzw. wegen ihres Geschlechts vorliegt, so kann die Klägerin von der Beklagten eine höhere Betriebsrente fordern.
Die Klägerin ist des Weiteren der Auffassung, dass das in § 2 BetrAVG niedergelegte und von der Beklagten angewendete Prinzip der zeitratierlichen Berechnung in Verbindung mit der Festlegung im Pensionsplan, dass Versorgungsanwartschaften nur bis zu einer bestimmten Dauer der Betriebszugehörigkeit - im vorliegenden Fall 35 Jahre - erworben werden können, sie wegen ihres Alters diskriminiere. Die Berechnungsweise der Beklagten führe dazu, dass sie im Vergleich zu lebensälteren Arbeitnehmern trotz gleicher Dauer der Betriebszugehörigkeit eine niedrigere Betriebsrente erhalte.
Das Bundesarbeitsgericht sieht in der Berechnungsweise, wie sie von der Beklagten vorgenommen wird, keine unzulässige Benachteiligung wegen des Alters (BAG 19.07.2011 - 3 AZR 434/09 - AP BetrVG § 2 Nr. 65 und öfter).
Dementsprechend ist auch die Frage entscheidungserheblich, ob das in Artikel 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankerte und durch die Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27.11.2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf, insbesondere deren Artikel 1, 2 und 6, konkretisierte Verbot der Diskriminierung wegen des Alters nationalen Gepflogenheiten entgegensteht, welche die dargestellte und auch von der Beklagten vorliegend angewandte Berechnungsweise nicht als Diskriminierung wegen des Alters ansehen. Stellt der Gerichtshof fest, dass eine Diskriminierung der Klägerin wegen ihres (jüngeren) Alters vorliegt, so kann die Klägerin von der Beklagten auch unter dem Gesichtspunkt der Altersdiskriminierung eine höhere Betriebsrente fordern.
5. Gegenstand der Vorlagefragen
a) Zur Vorlagefrage 1. a):
aa) Der Pensionsplan der Beklagten unterscheidet zwischen Gehältern, die unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze und solchen, die oberhalb dieser Grenze liegen. Die Beitragsbemessungsgrenze ist im deutschen Sozialversicherungsrecht der Betrag, bis zu dem Arbeitsentgelt eines gesetzlich Versicherten für Beiträge zu den Sozialversicherungen, insbesondere zur gesetzlichen Rentenversicherung, herangezogen wird. Der Teil des Einkommens, der die jeweilige Beitragsbemessungsgrenze übersteigt, bleibt für die Beitragsberechnung außer Betracht. Die oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze liegenden Einkommensanteile bleiben folgerichtig bei der späteren Bemessung der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung unberücksichtigt.
Mit der betrieblichen Altersversorgung wird eine Ergänzung zu den Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung geschaffen. Der Pensionsplan der Beklagten verfolgt dabei das Ziel, den während der Erwerbstätigkeit bestehenden Lebensstandard des Arbeitnehmers möglichst vollständig - proportional - im Alter abzubilden. Dementsprechend sieht der Pensionsplan der Beklagten auch eine Berücksichtigung der Gehaltsbestandteile des Arbeitnehmers vor, die oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze liegen. Da die oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze liegenden Gehaltsbestandteile bei der gesetzlichen Rente keinerlei Berücksichtigung finden, besteht insoweit ein höherer Bedarf des Arbeitnehmers an betrieblicher Altersversorgung, wenn er seinen Lebensstandard im Alter halten will. Diesem Umstand trägt der Pensionsplan der Beklagten durch Verwendung einer sogenannten "gespaltenen Rentenformel" Rechnung. Hierbei werden die oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze liegenden Gehaltsbestandteile mit einem deutlich höheren Prozentsatz als die Gehaltsbestandteile unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze bewertet - im konkreten Fall mit 2,0 % statt 0,6 %.
bb) Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Beklagte einen Rechenweg verwendet, bei dem zu Lasten der Klägerin ein zu geringer Anteil des rentenfähigen Jahresverdienstes mit dem höheren Prozentsatz von 2,0 % bewertet werde. Während die Beklagte zunächst den für die Klägerin maßgeblichen rentenfähigen Jahresverdienst auf der Basis einer Vollzeittätigkeit ermittelt, diesen sodann aufgrund der zeitweiligen Teilzeittätigkeit der Klägerin reduziert (im Fall der Klägerin: Teilzeitgrad von 71,5 % als Durchschnitt des gesamten Arbeitsverhältnisses, wobei die Beklagte die Elternzeit und die Elternteilzeit zu Gunsten der Klägern unberücksichtigt gelassen hat), den so ermittelten Betrag - im Fall der Klägerin sind dies 85.205,12 EUR - in einen Anteil unterhalb und oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze aufspaltet und erst hierauf die unterschiedlichen Prozentsätze anwendet, ist die Klägerin der Auffassung, bereits das für sie maßgebliche Vollzeiteinkommen (von 119.168,00 EUR) sei in einen unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze liegenden Teil von 67.600,00 EUR und einen oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze liegenden Teil von 51.568,00 EUR aufzuspalten, und bereits hierauf seien die unterschiedlichen Prozentsätze des Pensionsplanes anzuwenden. Erst im Anschluss hieran sei die zeitweilige Teilzeittätigkeit der Klägerin zu berücksichtigen, indem eine Quotierung mit dem Teilzeitgrad stattfinde. Während sich unter Zugrundelegung des Rechenweges der Beklagten eine monatliche Altersrente von 988,44 EUR ergibt, beträgt die Betriebsrente beim Rechenweg der Klägerin 1.340,31 EUR monatlich.
cc) Die Klägerin argumentiert, durch die Quotierung des ruhegeldfähigen Arbeitseinkommens aufgrund zeitweiliger Teilzeitbeschäftigung, die sich im Falle der Klägerin ausschließlich auf das ruhegeldfähige Arbeitseinkommen oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze auswirke, entstehe eine sachlich nicht gerechtfertigte Schlechterstellung. Einem teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer sei Arbeitsentgelt oder eine andere teilbare geldwerte Leistung mindestens in dem Umfang zu gewähren, der dem Anteil seiner Arbeitszeit an der Arbeitszeit eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers entspreche. Teilzeitarbeit unterscheide sich von der Vollzeitarbeit nur in quantitativer, nicht aber in qualitativer Hinsicht. Eine geringere Arbeitszeit dürfe daher grundsätzlich auch nur quantitativ, nicht aber qualitativ anders abgegolten werden als Vollzeitarbeit. Diese Grundsätze seien auch für Leistungen der betrieblichen Altersversorgung anzuwenden. Zulässig sei lediglich eine proportionale Berücksichtigung von Teilzeitbeschäftigung. Die im Falle der Klägerin erfolgte Betriebsrentenberechnung beschränke sich nicht lediglich auf eine proportionale Berücksichtigung von Teilzeitarbeit zu Vollzeitarbeit, da die Quotierung ausschließlich im Einkommensbereich oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze wirke. Ein Mitarbeiter, der zeitweise in Teilzeit gearbeitet habe und dessen ruhegeldfähiges Einkommen deutlich oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze liege, habe grundsätzlich den gleichen Versorgungsbedarf wie ein Mitarbeiter, der in Vollzeit beschäftigt gewesen sei. Der Zweck der hier in Rede stehenden gespaltenen Rentenformel, den im Einkommensbereich über der Beitragsbemessungsgrenze bestehenden erhöhten Versorgungsbedarf über die hierfür vorgesehene höhere Leistung abzudecken, da dieser Teil der Bezüge nicht durch die gesetzliche Altersrente abgesichert sei, bestehe inhaltsgleich bei einem Teilzeitbeschäftigten.
dd) Die Beklagte ist der Argumentation der Klägerin unter Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil v. 11.12.2012 - 3 AZR 588/10 - , NZA 2013, 572, insb. Rdnr. 27 bis 31) entgegengetreten. Das Bundesarbeitsgericht hebt hervor, Sinn und Zweck der gespaltenen Rentenformel sei es, den im Einkommensbereich über der Beitragsbemessungsgrenze bestehenden erhöhten Versorgungsbedarf über die hierfür vorgesehene Leistung abzudecken, da dieser Teil der Bezüge nicht durch die gesetzliche Altersrente abgesichert sei. Demgegenüber bestehe für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die wegen der Teilzeitarbeit typischerweise ein rentenfähiges Einkommen unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze erzielten, keine Versorgungslücke in der gesetzlichen Rentenversicherung, da ihr gesamtes Einkommen durch die gesetzliche Altersrente abgesichert sei. Dies rechtfertige die unterschiedliche Behandlung von Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigten.
ee) Das vorlegende Gericht hält die Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts für überzeugend. Der Argumentation der Klägerin liegt die - nach Ansicht des vorlegenden Gerichts unzutreffende - Auffassung zugrunde, es sei zunächst die im Vollzeitgehalt abgebildete Wertigkeit der Tätigkeit zugrunde zu legen und auf dieser Grundlage eine Aufspaltung in einen unterhalb und einen oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze liegenden Gehaltsbestandteil vorzunehmen. Diese Anteile seien sodann auch bei der Rentenberechnung nach der gespaltenen Rentenformel zugrunde zu legen, um die Wertigkeit der Tätigkeit adäquat abzubilden. Demgegenüber stellt das Bundesarbeitsgericht bei der Ermittlung des Versorgungsbedarfs zutreffend darauf ab, dass Ziel der Betriebsrente sei, den Lebensstandard zu erhalten, wie er sich zur Zeit der aktiven Tätigkeit des Arbeitnehmers dargestellt hat und in den Bezügen des Arbeitnehmers der tatsächlichen Höhe nach in Erscheinung getreten ist. Liegen beispielsweise die Bezüge eines Arbeitnehmers aufgrund fortwährender Teilzeittätigkeit stets unter der Beitragsbemessungsgrenze, dann findet sich der Lebensstandard dieses Arbeitnehmers in der gesetzlichen Altersrente - zuzüglich der Betriebsrente von 0,6 % je Dienstjahr nach dem Pensionsplan der Beklagten - vollständig abgebildet. Der Lebensstandard war zur Zeit der aktiven Tätigkeit nie durch ein höheres Einkommen geprägt.
ff) Hinzu kommt, dass der Arbeitgeber für sämtliche unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze liegenden Gehaltsbestandteile Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung abgeführt hat. Die Betrachtungsweise der Klägerin führt dazu, dass von der Beklagten verlangt würde, für Teile des unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze liegenden Gehalts der Klägerin zusätzlich zu den Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung noch den erhöhten Prozentsatz von 2,0 % gemäß Pensionsplan in Ansatz zu bringen und damit letztlich auch für diese Gehaltsbestandteile eine entsprechend erhöhte Betriebsrente zu leisten.
gg) Nach Auffassung des vorlegenden Gerichts ist der Gerichtshof dazu berufen, darüber zu entscheiden, ob die von der Klägerin behauptete diskriminierende Schlechterstellung aufgrund ihrer Teilzeittätigkeit vorliegt, und ob das einschlägige Unionsrecht, insbesondere § 4 Nr. 1 und 2 der Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit im Anhang der Richtlinie 97/81 zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit in der durch die Richtlinie 98/23 geänderten Fassung sowie ggf. auch Artikel 4 der Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 05.07.2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen in Verbindung mit der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27.11.2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf, dahin auszulegen ist, dass es die von der Beklagten in Ausführung der Regelung des Pensionsplans praktizierte Berechnungsweise verbietet und stattdessen die von der Klägerin ins Feld geführte Berechnungsweise gebietet, um die Klägerin als Teilzeitbeschäftigte nicht zu diskriminieren.
b) Zur Vorlagefrage 1 b):
aa) Nach Auffassung des vorlegenden Gerichts könnte allerdings insoweit eine Benachteiligung der Klägerin als Teilzeitbeschäftigte vorliegen, als das von der Beklagten verwendete Berechnungssystem keine nach Zeitabschnitten, z.B. einzelnen Kalenderjahren, unterteilte Betrachtungsweise vornimmt, sondern einen einheitlichen Beschäftigungsgrad für die Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses ermittelt und die gespaltene Rentenformel erst auf die hieraus resultierende Durchschnittsvergütung anwendet.
bb) In einem erheblichen Teil der Zeiträume, in denen die Klägerin in Teilzeit gearbeitet hat, lag ihr Einkommen unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze. Der Umstand, dass die Beklagte einen einheitlichen Beschäftigungsgrad für die Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses ermittelt, hat rechnerisch zur Folge, dass das hohe Einkommen, das die Klägerin während der Jahre ihrer Vollzeittätigkeit erzielt hat, gleichmäßig auf die gesamte Beschäftigungsdauer verteilt wird, und dass damit auch diejenigen Einkommensteile, die der Klägerin in den Zeiten ihrer Teilzeittätigkeit bis zur Beitragsbemessungsgrenze fehlten, gleichsam "aufgefüllt" werden. Auf diese Weise werden Gehaltsbestandteile, die bei jahresbezogener Betrachtungsweise oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze gelegen hätten, nunmehr so behandelt, als seien sie unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze angesiedelt. Das bedeutet gleichzeitig, dass Gehaltsbestandteile, für die die Beklagte seinerzeit, weil sie oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze lagen, keine Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung für die Klägerin abgeführt hat, nunmehr so behandelt werden, als sei eine solche Beitragsabführung erfolgt und dementsprechend auch ein Rentenanspruch entstanden.
cc) Das vorlegende Gericht ist der Auffassung, dass die Klägerin nur bei einer nach Zeitabschnitten, insbesondere einzelnen Kalenderjahren, unterteilten Betrachtungsweise diskriminierungsfrei gestellt wird. Die Vorgehensweise der Beklagten, die einen einheitlichen Beschäftigungsgrad für die Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses ermittelt und die gespaltene Rentenformel erst auf die hieraus resultierende Durchschnittsvergütung anwendet, stellt nach Auffassung des vorlegenden Gerichts eine Diskriminierung der Klägerin als Teilzeitbeschäftigte und auch eine Diskriminierung der Klägerin als Frau dar, da überwiegend Frauen Teilzeittätigkeit ausüben.
c) Zur Vorlagefrage 2):
aa) Soweit die Klägerin eine Altersdiskriminierung geltend macht, sind zunächst einige Erläuterungen zu den in Deutschland gebräuchlichen Typen von Versorgungszusagen erforderlich. Lineare Versorgungszusagen bestimmen, dass die später zu zahlende Betriebsrente für jedes absolvierte Dienstjahr (Beschäftigungsjahr) einen bestimmten Prozentsatz des Gehalts des Arbeitnehmers beträgt, z.B. 0,6 %. Bei der sogenannten degressiven Versorgungszusage werden die ersten Dienstjahre mit höheren Versorgungsanteilen belegt als spätere Dienstjahre. Dies kann beispielsweise durch Zugrundelegung eines höheren Prozentsatzes für die ersten Dienstjahre geschehen, aber auch durch die Zusage eines Sockelbetrages. Bei der progressiven Zusage hingegen werden die ersten Dienstjahre mit einem geringeren Faktor, spätere Dienstjahre dagegen mit einem höheren Faktor belegt. Während Anfangs- und spätere Dienstjahre bei der degressiven und der progressiven Versorgungszusage gezielt unterschiedlich behandelt werden, gewichtet die lineare Versorgungsordnung sämtliche Dienstjahre gleich. Die streitgegenständliche Versorgungsordnung ist linear.
bb) Das deutsche Betriebsrentenrecht ordnet in § 2 BetrAVG eine sogenannte ratierliche Kürzung (auch "pro-rata-temporis-Methode", "Quotierungsprinzip", "ratierliche Methode" oder "m/n-tel-Verfahren" genannt) an. Die Vorschrift unterstellt, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine Versorgung im Hinblick darauf zusagt, dass dieser bis zur vereinbarten Altersgrenze im Betrieb beschäftigt bleibt. In Anwendung von § 2 BetrAVG ist zunächst derjenige Rentenanspruch zu ermitteln, der sich ergäbe, wenn der Arbeitnehmer nicht vorzeitig ausgeschieden, sondern bis zum Erreichen der vereinbarten Altersgrenze beschäftigt geblieben wäre (sog. "fiktiver Höchstanspruch"). Sodann wird die tatsächliche Beschäftigungszeit zu derjenigen Beschäftigungszeit ins Verhältnis gesetzt, die der Arbeitnehmer ohne das vorzeitige Ausscheiden bis zum Erreichen der Altersgrenze noch absolviert hätte (sog. "Unverfallbarkeitsquotient"). Der im ersten Rechenschritt ermittelte Höchstanspruch wird dann mit dem Unverfallbarkeitsquotienten multipliziert, um die Höhe der Betriebsrente bzw. der Anwartschaft hierauf zu ermitteln. Die Methode der ratierlichen Kürzung bewirkt bei Anwendung auf Ansprüche nach einer linearen Versorgungsordnung per se keine vom Lebensalter abhängigen, unterschiedlichen Ergebnisse. Ist ein Arbeitnehmer beispielsweise zehn Jahre in einem Betrieb tätig und sieht dessen Versorgungsordnung eine feste Altersgrenze von 65 Jahren und eine Rente von 1 % des Gehalts für jedes Dienstjahr vor, so ergibt sich dieselbe Höhe der Betriebsrente, gleich in welchem Lebensalter der Arbeitnehmer seine Dienstjahre im Betrieb zurücklegt. Es sei auf folgendes Rechenbeispiel verwiesen:
- Der Arbeitnehmer ist vom 25. bis zum 35. Lebensjahr bei dem Arbeitgeber beschäftigt. Hätte er bis zum 65. Lebensjahr gearbeitet, stünde ihm ein fiktiver Höchstanspruch von 40 % des Gehalts zu. Seine tatsächliche Dienstzeit beträgt nur zehn Jahre, sie ist ins Verhältnis zu setzen zur Dienstzeit, die ohne vorzeitiges Ausscheiden erreichbar gewesen wäre, also 40 Jahre, somit beträgt der Unverfallbarkeitsquotient 10/40 oder 1/4. 1/4 des fiktiven Höchstanspruchs sind 10 % des Gehalts.
- Ist der Arbeitnehmer vom 45. bis zum 55. Lebensjahr beschäftigt, so ergibt sich folgende Berechnung: Wäre der Arbeitnehmer nicht ausgeschieden, sondern hätte er bis zum 65. Lebensjahr gearbeitet, so hätte er einen fiktiven Höchstanspruch von 20 % des Gehalts. Seine tatsächliche Dienstzeit beträgt jedoch nur zehn statt zwanzig Jahre, so dass sich ein Unverfallbarkeitsquotient von 1/2 ergibt. 20 % x 1/2 sind 10 % des Gehalts.
- Bei einer Tätigkeit vom 55. bis zum 65. Lebensjahr ist eine ratierliche Kürzung nicht vorzunehmen, da der Arbeitnehmer bis zum Erreichen des Rentenalters gearbeitet hat. Hier ergibt sich unmittelbar aus der Berechnung, dass ein Rentenanspruch in Höhe von 10 % des Gehaltes besteht.
cc) Die ratierliche Kürzung führt jedoch zu unterschiedlichen, vom Lebensalter des Arbeitnehmers abhängigen, Ergebnissen, wenn die lineare Versorgungszusage mit einer Höchstbegrenzung anrechnungsfähiger Dienstjahre kombiniert wird. Eine solche Höchstbegrenzung dient dem Zweck, Rentenansprüche langjährig beschäftigter Mitarbeiter aus wirtschaftlichen Gründen auf ein bestimmtes Maß zu begrenzen. So hat eine Höchstgrenze von 35 Dienstjahren - die auch die Versorgungsordnung der Beklagten vorsieht - zur Folge, dass bei einem Arbeitnehmer, der vom 20. bis zum 65. Lebensjahr im Betrieb arbeitet, nur 35 der insgesamt 45 absolvierten Dienstjahre rentenwirksam werden. Das Bundesarbeitsgericht hält derartige Höchstgrenzen für wirksam (BAG 19.07.2011 - 3 AZR 434/09 und 3 AZR 571/09; 11.12.2012 - 3 AZR 634/10; 30.09.2014 - 3 AZR 998/12). Auch nach der Auffassung des vorlegenden Gerichts liegt in der primären Zielrichtung solcher Höchstgrenzen keine diskriminierende oder aus sonstigen Rechtsgründen zu beanstandende Verfahrensweise. Die Anwendung einer Höchstgrenze führt jedoch im Rahmen der ratierlichen Kürzung zu dem Nebeneffekt, dass vorzeitig ausscheidende Arbeitnehmer, die in jüngeren Jahren ihre Betriebszugehörigkeitszeiten zurückgelegt haben, eine geringere Betriebsrente beanspruchen können als solche, die eine gleich lange Betriebszugehörigkeitszeit in höheren Lebensjahren zurückgelegt haben. Für das obige Berechnungsbeispiel ergeben sich bei Anwendung einer Höchstgrenze von 35 Jahren folgende abweichende Werte:
- Wer vom 25. bis zum 35. Lebensjahr im Betrieb tätig ist, hätte theoretisch eine Betriebszugehörigkeitszeit von 40 Jahren erreichen können. Anrechenbar sind davon jedoch aufgrund der Höchstgrenze nur 35 Jahre. Bei einem Anspruch auf 1 % des Gehalts pro Dienstjahr entspricht dies 35 %. Der Unverfallbarkeitsquotient (10 tatsächliche Dienstjahre im Verhältnis zu 40 erreichbaren Dienstjahren) beträgt 1/4. Somit ergibt sich ein Anspruch in Höhe von (35 % x 1/4 =) 8,75 % des Gehalts.
- Ist der Arbeitnehmer vom 45. bis zum 55. Lebensjahr beschäftigt, hätte er theoretisch eine Betriebszugehörigkeitszeit von 20 Jahren erreichen können. Dieser Wert liegt unter der Höchstgrenze von 35 Jahren, so dass die Höchstgrenze hier ohne Einfluss bleibt. Es greift die unter bb) dargestellte Berechnung, der Arbeitnehmer kann 10 % des Gehalts als Betriebsrente beanspruchen.
- Auch bei einer Beschäftigung vom 55. bis zum 65. Lebensjahr ist die Höchstgrenze ohne Einfluss. Auch hier kann der Arbeitnehmer, wie unter bb) dargestellt, 10 % des Gehalts als Betriebsrente beanspruchen.
Der beschriebene Nebeneffekt der Höchstbegrenzung anrechnungsfähiger Dienstjahre tritt immer dann auf, wenn das Eintrittsalter des sodann vorzeitig ausscheidenden Arbeitnehmers geringer ist als die Differenz aus der festen Altersgrenze und der Höchstbegrenzung in Jahren. So erhalten bei dem oben gewählten Beispiel einer festen Altersgrenze von 65 Jahren und einer Höchstbegrenzung anrechnungsfähiger Dienstjahre von 35 Jahren diejenigen vorzeitig ausscheidenden Arbeitnehmer eine geringere Betriebsrente, deren Beschäftigungsverhältnis bereits vor dem 30. Lebensjahr begonnen hat. Abstrakt lässt sich sagen, dass der benachteiligende Effekt umso höher ausfällt, je jünger der Arbeitnehmer bei Eintritt in das Arbeitsverhältnis war, je kürzer die Betriebszugehörigkeitszeiten währten, und je geringer die Zahl der anrechnungsfähigen Dienstjahre in der Höchstbegrenzung bestimmt wird.
dd) Auch im Fall der Klägerin wirkt sich die Höchstbegrenzung anrechnungsfähiger Dienstjahre zu deren Nachteil aus. Statt der von der Beklagten ermittelten unverfallbaren Anwartschaft auf Altersrente ab Vollendung der Altersgrenze von 1.337,85 Euro ergibt sich ohne Höchstbegrenzung folgende Berechnung: 60,54 % von 2.546,65 Euro = 1.541,74 Euro. Bei der von der Klägerin beanspruchten Altersrente ab Vollendung des 55. Lebensjahres fallen die Unterschiede noch gravierender aus, da die Anwendung der Höchstbegrenzung sich hier in doppelter Weise mindernd auswirkt. Reduziert man die ab Vollendung der Altersgrenze (von 65 Jahren) erdiente unverfallbare Anwartschaft von 1.541,74 Euro um den Abzug für den Rentenbeginn vor Vollendung des 60. Lebensjahres, der im Fall der Klägerin 14,75 % beträgt, ergibt sich eine Anwartschaft von 1.314,31 Euro statt der durch die Beklagte ermittelten 988,44 Euro. Bei dieser Berechnung ist die oben erörterte etwaige Diskriminierung der Klägerin als Teilzeitbeschäftigte unberücksichtigt geblieben.
ee) Die ratierliche Kürzung führt in Verbindung mit einer Höchstbegrenzung anrechnungsfähiger Dienstjahre nach Auffassung des vorlegenden Gerichts zu einer Diskriminierung der Klägerin wegen ihres Alters. Sie verstößt gegen das in Art. 21 der Charta der Grundrechte verankerte und durch die Richtlinie 2000/78 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf, insbesondere deren Art. 2 und 6 Abs. 1, konkretisierte Verbot.
(1) Eine unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters liegt nach Art. 2 Abs. 2 Buchst. a) der Richtlinie 2000/78 vor, wenn eine Person wegen ihres Alters in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Im Zusammenspiel mit einer Höchstbegrenzung anrechnungsfähiger Dienstjahre bewirkt die nach § 2 BetrAVG vorzunehmende ratierliche Kürzung nach Auffassung des vorlegenden Gerichts eine unmittelbare Diskriminierung jüngerer Arbeitnehmer. Die Folge, dass jüngere Arbeitnehmer eine geringere Anwartschaft erhalten, ergibt sich unmittelbar und zwingend und muss nicht erst durch empirische Betrachtungen, beispielsweise durch Heranziehung von Statistiken, ermittelt werden.
(2) Das Bundesarbeitsgericht (BAG 19.07.2011 - 3 AZR 434/09 und 3 AZR 571/09; 11.12.2012 - 3 AZR 634/10; 30.09.2014 - 3 AZR 998/12) ist der Auffassung, es liege eine nur mittelbare Diskriminierung vor (das BVerfG - 29.05.2012 - 1 BvR 3201/11 - hält diese Bewertung des BAG für "vertretbar"). Jedoch ist auch eine mittelbare Diskriminierung nur bei Vorliegen der in Art. 2 Abs. 2 Buchst. b) i) und ii) genannten Erfordernisse oder bei Rechtfertigung z.B. nach Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78 zulässig.
(3) Eine Rechtfertigung nach Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78 scheidet vorliegend von vornherein aus. Der Gerichtshof hat entschieden, dass die Vorschrift, da sie den Mitgliedstaaten gestattet, eine Ausnahme vom Verbot der Diskriminierung aus Gründen des Alters vorzusehen, eng auszulegen ist (EuGH 26.09.2013 - C-476/11 - HK Danmark). Der Wortlaut von Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78 sowie deren allgemeine Systematik sprechen nach dieser Entscheidung dafür, dass diese Vorschrift nur in den dort abschließend angeführten Fällen Anwendung finden soll. Die hier in Rede stehende Höhe einer Anwartschaft auf eine Altersversorgungsleistung fällt nicht unter die in Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78 genannten Fälle.
(4) Gemäß Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78 stellt eine Ungleichbehandlung wegen des Alters keine Diskriminierung dar, sofern sie objektiv und angemessen ist und im Rahmen des nationalen Rechts durch ein legitimes Ziel, worunter insbesondere rechtmäßige Ziele aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung zu verstehen sind, gerechtfertigt ist und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind. Solche Ziele liegen entgegen der Argumentation in Rechtsprechung und Literatur nach Auffassung des vorlegenden Gerichts nicht vor.
(5) Die unterschiedliche Behandlung von jüngeren und älteren Arbeitnehmern wird im Wesentlichen mit drei Argumenten gerechtfertigt: Die Höchstbegrenzung anrechnungsfähiger Dienstjahre in Verbindung mit der ratierlichen Kürzung diene der Honorierung der Betriebstreue; älteren Menschen solle mit dieser Regelung der Wechsel des Arbeitsplatzes erleichtert werden; der Versorgungsbedarf verdichte sich in höherem Alter, er sei dann wegen der Rentennähe stärker ausgeprägt (vgl. Höfer, Anm. zu BAG v. 19.07.2011, AP Nr. 65 zu § 2 BetrAVG). Alle drei Argumente sind jedoch nicht stichhaltig. Der Arbeitnehmer, der im ersten der oben aufgeführten Beispiele vom 25. bis 35. Lebensjahr bei der Arbeitgeberin tätig wird, hat dieselbe Dauer zurückgelegt wie derjenige, der vom 35. bis 45. Lebensjahr dort arbeitet, beide scheiden überdies vor Erreichen der Altersgrenze aus. Ein Unterschied in der gezeigten "Betriebstreue" ist nicht erkennbar; dennoch erfolgt eine unterschiedliche Behandlung der beiden Arbeitnehmer bei der Bemessung ihrer Betriebsrentenanwartschaft. Das Argument der Honorierung von Betriebstreue überzeugt außerdem deshalb nicht, weil das Ausscheiden des Arbeitnehmers nicht stets von ihm selbst gewollt oder verursacht ist, sondern beispielsweise auch auf betriebsbedingten Gründen beruhen kann. Solch ein Arbeitnehmer wollte betriebstreu sein, konnte es aber aus beim Arbeitgeber liegenden Gründen nicht. Es leuchtet nicht ein, weshalb auch er eine Kürzung seiner Anwartschaft soll hinnehmen müssen, wenn angeblich die Betriebstreue mit der in Rede stehenden Regelung honoriert werden soll. Das Argument, älteren Arbeitnehmern solle ein Arbeitsplatzwechsel erleichtert werden, weil diese dazu eher in der Lage seien, wenn sie eine hohe unverfallbare Anwartschaft mitnehmen könnten, ist ebenfalls nicht stichhaltig. Die in Rede stehende Regelung führt nicht zu einer Erhöhung der Anwartschaft älterer Arbeitnehmer, sondern zu einer Verringerung der Anwartschaft jüngerer Arbeitnehmer. Schließlich passt auch die Überlegung, die Regelung wolle den stärker ausgeprägten Versorgungsbedarf älterer Arbeitnehmer berücksichtigen, nicht. Solch ein Ziel kann durch eine progressive Versorgungszusage erreicht werden. Eine lineare Versorgungszusage will ältere Arbeitnehmer offenkundig nicht besonders fördern.
(6) Die Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts (BAG 19.07.2011 - 3 AZR 434/09 und 3 AZR 571/09; 11.12.2012 - 3 AZR 634/10; 30.09.2014 - 3 AZR 998/12) können ebenfalls nicht überzeugen. Es erklärt zur Begründung, Ziel der gesetzlichen Regelung sei es, "für die Berechnung der Höhe der unverfallbaren Anwartschaften bei vorzeitigem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis eine Regelung zu finden, die dem verbreiteten Verständnis des Betriebsrentenrechts gerecht wird, wie es den üblichen Versorgungsordnungen zugrunde liegt". Ein bloßes "verbreitetes Verständnis" ist aber noch kein sachlich begründetes Ziel, wie es Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78 fordert. Die weitere Darlegung des Bundesarbeitsgerichts, die vom Arbeitgeber zu erbringende betriebliche Altersversorgung werde als Gegenleistung für die gesamte Betriebszugehörigkeit zwischen dem Beginn des Arbeitsverhältnisses und dem Erreichen der festen Altersgrenze aufgefasst, geht an der Problematik vorbei. Nicht die ratierliche Kürzung als solche wirkt diskriminierend, sondern ihr im Zusammenspiel mit einer Höchstbegrenzung anrechnungsfähiger Dienstjahre bewirkter Effekt der Benachteiligung jüngerer Arbeitnehmer gegenüber älteren Arbeitnehmern bei vorzeitigem Ausscheiden.
(7) Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes ist eine Maßnahme nur dann geeignet, die Verwirklichung des geltend gemachten Ziels zu gewährleisten, wenn sie tatsächlich dem Anliegen gerecht wird, es in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen (EuGH 21.07.2011 - C-159/10 und C-160/10, Fuchs und Köhler). Daher steht Unionsrecht einer Regelung zur betrieblichen Altersvorsorge, bei der ein Arbeitgeber als Teil des Entgelts altersabgestufte Rentenversicherungsbeiträge zahlt, dann nicht entgegen, wenn die sich hieraus ergebende Ungleichbehandlung wegen des Alters zur Erreichung eines legitimen Ziels angemessen und erforderlich ist (EuGH 26.09.2013 - C-476/11 - HK Danmark). Die ratierliche Kürzung in Verbindung mit einer Höchstbegrenzung anrechnungsfähiger Dienstjahre hat aber nicht das Anliegen, ältere Arbeitnehmer besser zu stellen. Ihr liegt nicht einmal die gezielte Absicht zugrunde, die Anwartschaften jüngerer, vorzeitig ausscheidender, Arbeitnehmer zu kürzen. Die Höchstbegrenzung anrechnungsfähiger Dienstjahre will eine (legitime) Beschränkung der Rentenansprüche besonders langjährig betriebszugehöriger Arbeitnehmer verhindern. Die Schlechterstellung jüngerer, vorzeitig ausscheidender Arbeitnehmer ist ein zufälliger, nicht intendierter Nebeneffekt. Die Regelung des § 2 BetrAVG in Verbindung mit Höchstbegrenzungsregelungen anrechenbarer Dienstjahre erreicht die Schlechterstellung jüngerer Arbeitnehmer daher nicht in kohärenter und systematischer Weise.
ff) Das vorlegende Gericht verkennt nicht, dass es nach Auffassung des Gerichtshofes Sache des vorlegenden Gerichts ist, zu prüfen, ob eine Maßnahme geeignet ist, die Verwirklichung eines legitimen Ziels zu gewährleisten, und ob sie tatsächlich dem Anliegen gerecht wird, es in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen (EuGH 26.09.2013 - C-476/11 - HK Danmark). Erfolgt diese Prüfung durch die höchstrichterliche nationale Rechtsprechung jedoch nicht in der vom Gerichtshof geforderten Weise, so erscheint nach Auffassung des vorlegenden Gerichts eine Beurteilung der Frage durch den Gerichtshof selbst angezeigt.
6. Gewährung von Vertrauensschutz
Das vorlegende Gericht bittet den Gerichtshof der Europäischen Union, auch dazu Stellung zu nehmen, ob in dem Fall, dass er entscheiden sollte, dass nationale gesetzliche Bestimmungen oder Gepflogenheiten im Sinne der Vorlagefragen zu 1. und 2. mit Unionsrecht unvereinbar sind, die Wirkungen eines solchen Urteils zeitlich begrenzt werden müssen.
Ausnahmsweise kann sich der Gerichtshof der Europäischen Union nach seiner ständigen Rechtsprechung aufgrund des allgemeinen gemeinschaftsrechtlichen Grundsatzes der Rechtssicherheit veranlasst sehen, mit Wirkung für alle Betroffenen die Möglichkeit einzuschränken, sich auf die Auslegung, die er einer Bestimmung gegeben hat, mit dem Ziel zu berufen, in gutem Glauben begründete Rechtsverhältnisse in Frage zu stellen (EuGH 12.02.2009 - C-138/07 - Cobelfret, EuGH 15.03.2005 - C-209/03 - Bidar, jeweils m.w.N.). Eine solche Beschränkung ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs nur dann zulässig, wenn zwei grundlegende Kriterien erfüllt sind, nämlich guter Glaube der Betroffenen und die Gefahr schwerwiegender Störungen (EuGH 12.02.2009 - C-138/07 - Cobelfret). Vor der Vorabentscheidung muss eine objektive und bedeutende Unsicherheit hinsichtlich der Tragweite der Unionsrechtsbestimmungen bestanden haben, die einzelne Unionsbürger und nationale Behörden zu einem mit der Unionsregelung unvereinbaren Verhalten veranlasste (EuGH 15.03.2005 - C-209/03- Bidar).
Das vorlegende Gericht stellt die Frage, ob die oben dargestellte Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ebenfalls einen Umstand darstellt, der den Gerichtshof veranlassen könnte, die Wirkungen seiner Entscheidung zeitlich zu beschränken. Die Urteile des Bundesarbeitsgerichts können bei Arbeitgebern das Vertrauen erweckt haben, die ratierliche Kürzung in Verbindung mit einer Höchstbegrenzung anrechnungsfähiger Dienstjahre sei unionsrechtskonform. Die Gesamtdotierung betrieblicher Altersversorgungssysteme mag hiervon beeinflusst worden sein.
Für den Fall, dass der Gerichtshof keinen Anlass sieht, die Wirkungen seines Urteils zeitlich zu beschränken, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob es aus Sicht des Gerichtshofs mit Unionsrecht vereinbar ist, wenn die innerstaatlichen Gerichte auf der Grundlage nationalen Rechts Vertrauensschutz gewähren, welche Voraussetzungen hierfür vorliegen müssen und nach welchen Grundsätzen die Gewährung von Vertrauensschutz ausgestaltet werden muss.