Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 22.01.2024, Az.: 3 W 113/23

Beschwerde gegen die Festsetzung des Streitwerts für die Auskunftsklage des Nacherben gegen den Vorerben

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
22.01.2024
Aktenzeichen
3 W 113/23
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2024, 10244
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
LG Oldenburg - 06.11.2023 - AZ: 4 O 1971/23

Fundstellen

  • JurBüro 2024, 81-82
  • MDR 2024, 450
  • ZAP EN-Nr. 122/2024
  • ZAP 2024, 158-159
  • ZEV 2024, 183-184

Amtlicher Leitsatz

Zum Streitwert einer Auskunftsklage des Nacherben gegen den Vorerben.

Der Streitwert der Auskunftsklage nach § 2121 BGB richtet sich auch bei mehreren Nacherben nach einem Bruchteil des gesamten Nachlasswertes und wird regelmäßig mit einem Anteil zwischen 1/10 und 1/4 der Hauptforderung bewertet.

Die voraussichtliche Erbquote des auskunftsbegehrenden Nacherben findet bei der Bemessung des Streitwertes keine Berücksichtigung.

In der Beschwerdesache
AA, Ort1,
Beklagte und Beschwerdeführerin,
Prozessbevollmächtigter:
(...),
Geschäftszeichen: (...)
gegen
BB, Ort2,
Kläger und Beschwerdegegner,
Prozessbevollmächtigte:
(...),
Geschäftszeichen: (...)
hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg durch die Richterin am Oberlandesgericht (...), den Richter am Oberlandesgericht (...) und den Richter am Oberlandesgericht (...)
am 22. Januar 2024
beschlossen:

Tenor:

Die Streitwertbeschwerde der Beklagten vom 06.11.2023 gegen den Beschluss des Landgerichts Oldenburg wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

I.

Der Kläger ist der Sohn des am TT.MM.2022 verstorbenen CC (Erblassers). Gemeinsam mit seiner Ehefrau, der Beklagten, errichtete der Erblasser am 03.12.2006 ein gemeinsames und notariell beurkundetes Testament, in welchem sie sich gegenseitig zu befreiten Vorerben und die drei Kinder des Erblassers einschließlich des Klägers zu Nacherben zu je 1/3 einsetzten.

Nach dem Tod des Erblassers nahm der Kläger die Beklagte auf Auskunft über die zum Nachlass gehörenden Erbschaftsgegenstände in Anspruch. Auf das Anerkenntnis der Beklagten hat das Landgericht sie mit Anerkenntnisurteil vom 19.09.2023 antragsgemäß verurteilt, ihr die Kosten des Rechtsstreits auferlegt und den Streitwert auf 20.000 EUR festgesetzt. Bei der Wertfestsetzung orientierte sich das Landgericht an den Angaben des Klägers in der Klagschrift.

Gegen die Wertfestsetzung wandte sich die Beklagte mit Schriftsatz vom 12.10.2023. Der gesamte Nachlasswert belaufe sich auf 163.507,68 EUR. Der Streitwert der Auskunftsklage sei vorliegend mit 1/10 bis 1/4 des Nachlasswertes zu bewerten. Hiervon entfielen entsprechend der Erbquote des Klägers 1/3 auf den Streitwert, womit dieser zwischen 5.450,26 EUR und 13.645,64 EUR liege.

Hiergegen wandte der Kläger ein, dass die Erbquote des Klägers bei der Wertfestsetzung außer Acht zu bleiben habe. Die Auskunftsklage diene nicht nur zu Ermittlung des eigenen späteren Nacherbenanspruchs, sondern auch zur Prüfung, ob Sicherungsrechte nach §§ 2127 bis 2130 BGB geltend zu machen seien. Diese könnten sich auch auf den gesamten Nachlass erstrecken und auch nur von einem der Miterben geltend gemacht werden.

Mit Beschluss vom 18.10.2023 hat das Landgericht den Streitwert neu auf 24.526,15 EUR festgesetzt. Der Streitwert sei mit einem Bruchteil des Nachlasswertes zu bemessen, welcher vorliegend mit 15 % zu bemessen sei. Der Wert bestimme sich entsprechend der zutreffenden Auffassung des Klägers nach dem gesamten Nachlasswert.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der Streitwertbeschwerde, begehrt die Wertfestsetzung auf 5.450,26 EUR und wiederholt und vertieft sein bisheriges Vorbringen. Bei der Wertfestsetzung sei auch die Erbquote zu berücksichtigen.

Das Landgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 30.11.2023 nicht abgeholfen.

II.

Die zulässige Streitwertbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Das Landgericht war hierbei berechtigt, die ursprünglich mit Anerkenntnisurteil vom 19.09.2023 erfolgte Wertfestsetzung auf 20.000 EUR auf Anregung der Beklagten nach § 63 Abs. 3 Nr. 1 GKG von Amts wegen zu ändern. Gegen die dann mit Beschluss vom 18.10.2023 erfolgte Wertfestsetzung auf 24.526,15 EUR erhob die Beklagte die zulässige Beschwerde (§ 68 Abs. 1 GKG).

In der Sache selbst hat das Landgericht den Streitwert mit zutreffender Begründung auf 15 % des Nachlasswertes festgesetzt und hierbei dessen Erbquote außeracht gelassen.

Im Rahmen einer Auskunftsklage des Nacherben gegen den Vorerben nach § 2121 BGB bemisst sich der Gebührenstreitwert nach §§ 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, 3 ZPO nach dem wirtschaftlichen Interesse des Nacherben an der begehrten Auskunft. Dieses bestimmt sich nach einem Bruchteil des Nachlasswertes und wird regelmäßig mit einem Anteil zwischen 1/10 und 1/4 der Hauptforderung bewertet (vgl. BeckOK ZPO/Wendtland, 51. Ed. 1.12.2023, ZPO § 3 Rn. 15 m.w.N.; Trappe in Beck´sche Online-Formulare Erbrecht, 41. Edition 2023, Stand: 01.09.2023, Kap. 9.3.2.3, Rn. 7). Die Bewertung des wirtschaftlichen Interesses des Klägers an der Auskunftserteilung durch das Landgericht mit 15 % des Nachlasswertes begegnet keine Bedenken und wird mit der Streitwertbeschwerde nicht angegriffen.

Der Wert bestimmt sich nach dem gesamten Nachlasswert. Teilweise wird in der Literatur zwar auch vertreten, dass sich der Streitwert der Auskunftsklage nach dem wirtschaftlichen Interesse des Klägers entsprechend seiner Erbquote bestimmt (vgl. de Leve in Klinger, Münchener Prozessformularbuch: Erbrecht 5. Auflage 2021, Kap. M I. 1., Rn. 8 - ohne weitere Begründung). Hiergegen spricht allerdings, dass die Auskunftsklage nach § 2121 BGB nicht der Vorbereitung der Geltendmachung eigener Zahlungsansprüche gegen den Vorerben dient. Dies stellt einen wesentlichen Unterschied zu der Auskunftsklage des Pflichtteilsberechtigen gegen den Erben nach § 2314 BGB dar. Der Streitwert dieser Auskunftsklage richtet sich nach einem Bruchteil des späteren Leistungsanspruchs, für dessen Bestimmung auf die Pflichtteilsquote abzustellen ist (vgl. Birkenheier in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 10. Aufl., § 2314 BGB (Stand: 03.01.2024), Rn. 187). Vielmehr dient der Auskunftsanspruch nach § 2121 BGB zum einen dem berechtigten Interesse des Nacherben, Kenntnis über die zur Erbschaft gehörenden Gegenstände zu erhalten um im Weiteren prüfen zu können, ob er weitere Informations-, Kontroll- oder Sicherungsrechte nach §§ 2122, 2123, 2127 bis 2129 BGB ausübt. Zum anderen dient der Anspruch dem Schutz des Vorerben vor Ersatzansprüchen und betont auch dessen treuhänderische Stellung (vgl. Weidlich in Grüneberg, 83. Aufl., 2024, § 2121, Rn. 1); Schlinker in jurisPK-BGB, aaO, § 2121, Rn. 1).

Im Falle einer aus mehreren Nacherben bestehende Erbengemeinschaft kann jeder der Nacherben die Informations-, Kontroll- und Sicherungsrecht - ggf. auch gegen den Willen der Mit-Nacherben - allein gegen den Vorerben geltend machen. Die Ansprüche umfassen dann im Regelfall den gesamte Nachlasswert (vgl. Burandt/Rojahn/Lang, 4. Aufl. 2022, BGB § 2128 Rn. 6 f.) und sind mithin nicht auf die Höhe der Erbquote des Mit-Nacherben beschränkt. Durch den Auskunftsanspruch nach § 2121 BGB verfolgt der Mit-Nacherbe mithin nicht nur die eigenen Interessen in Hinblick auf seine Nacherbschaft, sondern wird zumindest auch für die Nacherbengemeinschaft tätig und kann in der Folge unabhängig von seiner eigenen Erbquote Maßnahmen über die gesamte Höhe des Nachlasses treffen. Sein Interesse an der Auskunft bestimmt sich mithin nach dem gesamten Nachlasswert und nicht lediglich nach seiner Erbquote. Hiervon ging das Landgericht zutreffend aus.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 68 Abs. 3 GKG