Amtsgericht Lingen
Urt. v. 21.06.2006, Az.: 19 F 133/06 UE

Anspruch auf nachehelichen Unterhalt

Bibliographie

Gericht
AG Lingen
Datum
21.06.2006
Aktenzeichen
19 F 133/06 UE
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2006, 38359
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:AGLINGE:2006:0621.19F133.06UE.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
OLG Oldenburg - 26.09.2006 - AZ: 12 UF 74/06
BGH - 30.07.2008 - AZ: XII ZR 177/06
BGH - 08.10.2008 - AZ: XII ZR 177/06

Verfahrensgegenstand

Abänderung

In der Familiensache
...
hat das Amtsgericht Lingen (Ems)
auf die mündliche Verhandlung vom 21.06.2006
durch
den Richter am Amtsgericht ...
für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1.

    Die Klage wird abgewiesen.

  2. 2.

    Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

  3. 3.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung hinsichtlich der Kostenentscheidung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 1.500,00 Euro abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in dieser Höhe leistet.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt Abänderung eines Vergleichs über nachehelichen Unterhalt vom 22.3.2005, der im Scheidungstermin beim Amtsgericht Meppen zu Aktenzeichen 16 F 67/03 abgeschlossen wurde dahingehend, dass der Ehemann an die Ehefrau monatlich im Voraus ab Rechtskraft der Ehescheidung nachehelichen Unterhalt von 600,00 Euro zu zahlen hat.

2

Vergleichsgrundlagen waren ein Nettoeinkommen des Ehemannes von 2.980,00 Euro abzgl. 261,00 Eliro Krankenversicherung und abzgl. 5 % berufsbedingter Aufwendungen. Ein dem Ehemann angerechneter Wohnvorteil von 450,00 Euro hob sich auf mit den vom Ehemann getragenen Zinsbelastungen für drei BHW-Darlehn in Höhe von auch 450,00 Euro. Das Einkommen der Ehefrau wurde mit 1.131,00 Euro abzgl. 5 % berufsbedingter Aufwendungen festgestellt. Hinzugerechnet wurden 100,00 Euro an möglicher Miete für eine Eigentumswohnung der Ehefrau in Polen. Bei 3/7-Teilung der Einkommensdifferenz von 1.408,00 Euro ergab sich ein gerundeter monatlicher Unterhaltsanspruch von 600,00 Euro.

3

Der Kläger macht geltend, infolge seiner Wiederverheiratung am 15.10.2005 und infolge nunmehr zu zahlender Unterhaltsleistungen für das am 1.12.2003 von seiner jetzigen Ehefrau in Polen geborene Kind ...sei er nicht mehr leistungsfähig, um alle Unterhaltsansprüche zu erfüllen. Zudem müsse er für seine Ehefrau an Krankenversicherungsprämien monatlich 208,93 Euro und an Krankenversicherungsprämien für die Tochter ... monatlich 32,72 Euro entrichten. Sein eigener Krankenversicherungsbeitrag sei auf 266,09 Euro gestiegen.

4

Der ihm angerechnete Wohnvorteil von 450,00 Euro könne nur noch mit 200,00 Euro angenommen werden, da er die Wohnung nicht mehr allein nutze.

5

Der Kläger beantragt,

den vor dem Amtsgericht Meppen - Familiengericht - geschlossenen Unterhaltsvergleich vom 22.3.2005, Az.: 16 F 67/03 S, dahingehend abzuändern, dass er ab Oktober 2005 an die Beklagte keinen nachehelichen Unterhalt mehr zu zahlen hat,

6

hilfsweise

für den Fall des Obsiegens, die Beklagte des Weiteren zu verurteilen, an ihn ab Rechtshängigkeit den ab Oktober 2005 gezahlten Unterhalt in Höhe von 5.400,00 Euro an ihn zurück zu zahlen.

7

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

8

Sie hält die Klage für unschlüssig, da der Kläger nicht dargestellt habe, wie sich die Geschäftsgrundlage des Vergleichs geändert habe.

Entscheidungsgründe

9

Die Klage ist unbegründet. Der Kläger ist entgegen seinem Vorbringen nicht außerstande, den Unterhaltsbedarf der Beklagten und den eigenen Unterhaltsbedarf und den seiner neuen Ehefrau und der Tochter ... durch seine aktuellen Einkommensverhältnisse zu decken.

10

Der nach den ehelichen Lebensverhältnissen zum Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung bestimmte Unterhaltsbedarf der Beklagten ergibt sich aus dem Vergleich vom 22.3.2005. Dabei ist zutreffend auf das Nettoeinkommen des Klägers nach der Steuerklasse I ohne Freibetrag nach Abzug des für den Kläger entfallenden Krankenversicherungsbeitrages und 5 % berufsbedingte Aufwendungen abgestellt worden. Zugleich festgestellt worden ist der für den Kläger entfallende Wohnvorteil, der sich nicht ändert durch seine Wiederverheiratung und die Aufnahme des gemeinsamen Kindes ... in seinem Haus.

11

Konkrete Änderungen des Einkommens der Beklagten hat der Kläger nicht dargelegt. Somit ist der Bedarf der Beklagten an Aufstockungsunterhalt weiterhin mit 600,- Euro anzunehmen.

12

Der Kläger ist nach seinen Einkommensverhältnissen auch in der Lage, diesen Unterhaltsbedarf der Beklagten neben einem angemessenen Familienunterhalt für seine neue Ehefrau, seine am 1.12.2003 geborene Tochter ... und sich selbst sicherzustellen. Denn ausgehend von dem im Vorverfahren nachgewiesenen Bruttoeinkommen des Kläger für 2004 von 50.923,59 Euro zzgl. eines Familienzuschlags nach Stufe II mit monatlich 195,33 Euro errechnet sich ein Jahresbruttoeinkommen des Klägers nunmehr von 53.286,00 Euro. Dies - versteuert nach der von ihm eingeräumten Steuerklasse III mit einem Kinderfreibetrag - führt zu einem voraussichtlichen Nettoeinkommen von 43.986,00 Euro, monatsdurchschnittlich mithin 3.665,00 Euro. Abzusetzen sind 150,00 Euro berufsbedingte Aufwendungen und die vom Kläger für sich, seine Ehefrau und ... gezahlten Krankenversicherungsprämien mit 508,00 Euro. Es verbleibt ein bereinigtes Einkommen von über 3.000,00 Euro. Abzgl. des nach den ehelichen Lebensverhältnissen bestimmten Bedarfs der Beklagten von 600,00 Euro verbleiben für den Kläger, seine neue Ehefrau und ... 2.400,00 Euro. Aus diesem restlichen Einkommen kann der Kläger den angemessenen Unterhalt seiner neuen Familie und sich selbst sicherstellen, ohne dass sein angemessener Selbstbehalt beeinträchtigt wäre. Daher ergibt sich eine Rangproblematik zwischen der Beklagten und der neuen Ehefrau nicht. Vorsorglich wird der Kläger darauf hingewiesen, dass für den Fall, dass er nachweisen würde, dass er außerstande ist, allen Unterhaltsberechtigten Unterhalt zu zahlen, dann ginge gem. §1582 Abs. 1 Satz 2 die Beklagte der neuen Ehefrau vor, da die Ehe des Klägers mit der Beklagten aufgrund der im Jahre 1978 erfolgten Eheschließung von langer Dauer war. Diese Problematik stellte sich aber nicht, da der Kläger ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Lebensunterhaltes Unterhaltszahlungen bzw. Leistungen für die Beklagte, seine jetzige Ehefrau und die am 1.12.2003 ... erbringen kann.

13

Somit war die Klage mit der Kostenfolge aus §91 ZPO abzuweisen.

14

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§708 Nr. 11, 711 ZPO.