Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 23.07.2001, Az.: HEs 49/01

6 Monate; Abwarten; Anklageerhebung; Anklageschrift; Aufhebungsgrund; Beschleunigungsgrundsatz; Haftbefehlsaufhebung; Mitbeschuldigter; Sechsmonatsfrist; Staatsanwaltschaft; Untersuchungshaftfortdauer; Verfahrensverzögerung; Verschulden; wichtiger Grund; Zuwarten; Übernahmenachricht

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
23.07.2001
Aktenzeichen
HEs 49/01
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2001, 40499
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

Der Haftbefehl des Amtsgerichts Varel vom 22.01.2001 wird aufgehoben.

Gründe

1

I. Der Angeklagte wurde am 21.01.2001 vorläufig festgenommen und befindet sich seit dem 22.01.2001 aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Varel vom selben Tage in Untersuchungshaft. Nach Abschluss der polizeilichen Ermittlungen gingen die Akten am 01.03.2001 bei der Staatsanwaltschaft Oldenburg ein, die sie mit Verfügung vom 05.03.2001 an die Staatsanwaltschaft Bremen - Zweigstelle Bremerhaven - übersandte mit der Bitte um Übernahme und Verbindung mit einem dort anhängigen Verfahren. Mit Verfügung vom 20.03.2001 übernahm die Staatsanwaltschaft Bremen lediglich das Verfahren gegen die beiden Mittäter des Angeklagten und verfügte die Rücksendung der Akten zur weiteren Bearbeitung des Verfahrens gegen den Angeklagten. Die Akten gingen bei der Staatsanwaltschaft Oldenburg am 29.03.2001 wieder ein. Die am 21.05.2001 gefertigte Anklageschrift lag am 01.06.2001 dem Amtsgericht Varel vor. Am 29.06.2001 eröffnete das Amtsgericht das Hauptverfahren und setzte Hauptverhandlungstermin auf den 16.08.2001 fest.

II.

2

Die Haftprüfung nach den §§ 121, 122 StPO führt zu dem Ergebnis, dass der Haftbefehl aufzuheben ist.

3

Zwar liegen die allgemeinen Voraussetzungen der Untersuchungshaft gemäß § 112 StPO vor, jedoch sind die besonderen Voraussetzungen des § 121 Abs. 1 StPO für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus nicht gegeben. Wichtige Gründe, die ein Urteil noch nicht zugelassen haben, liegen nicht vor. Das Verfahren weist vermeidbare Verzögerungen auf, die die weitere Untersuchungshaft nicht zulassen.

4

Zunächst sind die gegen den Angeklagten und die zwei weiteren Mitangeklagten geführten polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen mit der gebotenen Beschleunigung geführt worden. Der weitere Verfahrensablauf nach der Ablehnung der Übernahme des Verfahrens gegen den Angeklagten durch die Staatsanwaltschaft Bremen ist jedoch mit dem in Haftsachen nach Art. 2 Satz 2 GG zu beachtenden Beschleunigungsgrundsatz (BVerfGE 20, 45, 50 [BVerfG 03.05.1966 - 1 BvR 58/66]) unvereinbar und musste zur Aufhebung des Haftbefehls führen. Obwohl die Akten bereits am 29.03.2001 wieder eingegangen waren, hat die Staatsanwaltschaft Oldenburg Anklage erst am 21.05.2001 erhoben. Erhebliche Gründe dafür, warum nicht - wie in Bremen - bereits Mitte April Anklage erhoben werden konnte, sind nicht ersichtlich. Die Staatsanwaltschaft hat nicht mit dem nötigen Nachdruck das Verfahren gegen den Angeklagten weiterbetrieben, so dass es aufgrund der Anklageschrift vom 21.05.2001 erst Ende Juni 2001 zur Terminsanberaumung auf den 16.08.2001 kam. Wäre die Sache mit der gebotenen Beschleunigung behandelt worden, hätte sie aller Voraussicht nach innerhalb der 6-Monatsfrist abgeschlossen werden können. Die Hauptverhandlung gegen den Mittäter M... fand bereits am 15.06.2001 statt und endete mit einer rechtskräftigen Verurteilung.

5

Da die Strafverfolgungsbehörde nicht alle zumutbaren Maßnahmen getroffen hat, um die Anklage zu erheben und ein Urteil herbeizuführen, musste der Haftbefehl aufgehoben werden.