Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 21.10.2009, Az.: 5 A 27/08
Abwägung; Einbürgerung; Kulturverein; PKK; Sicherheitsüberprüfung; Verein; Vorstand; Vorstandsmitgliedschaft; erhebliche Belange; kurdischer Kulturverein
Bibliographie
- Gericht
- VG Braunschweig
- Datum
- 21.10.2009
- Aktenzeichen
- 5 A 27/08
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2009, 43836
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGBRAUN:2009:1021.5A27.08.0A
Rechtsgrundlagen
- 11 1 Nr 2 a.F. StAG
- 9 I a.F. StAG
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Ein Unterstützen i.S.d. § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG a.F. setzt voraus, dass die Förderung der verfassungsfeindlichen Bestrebung dem Einbürgerungsbewerber subjektiv zurechenbar ist. Ein Unterstützen liegt deswegen nicht vor, wenn der Einbürgerungsbewerber die verfassungsfeindliche Bestrebung nicht fördern wollte und er nicht erkannt hat, dass sein Handeln die verfassungsfeindliche Bestrebung fördert. Hier: Einzelfall eines Anspruchs auf Einbügerung trotz früherer Mitgliedschaft im Vorstand eines kurdischen Kulturvereins, der möglicherweise Bezüge zur PKK aufweist.
- 2.
Der einen Einbürgerungsanspruch nach § 10 StAG a.F. hindernde Ausschlussgrund des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG a.F. reicht für die Annahme erheblicher Belange i.S.d. § 9 Abs. 1 StAG a. F. für sich allein nicht aus. Erhebliche Belange stehen einer Einbürgerung i.S.d. § 9 Abs. 1 StAG a.F. nur dann entgegen, wenn eine Abwägung der konkreten Umstände des Einzelfalles ergibt, dass die Bedenken gegen die Einbürgerung gegenüber dem gesetzlich anerkannten Interesse an einer einheitlichen Staatsangehörigkeit in Ehe und Familie deutlich überwiegen.
Tenor:
Der Beklagte wird unter Aufhebung seines Bescheides vom 6. Februar 2008 verpflichtet, die Klägerin in den deutschen Staatsverband einzubürgern.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 10 000,- Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt ihre Einbürgerung.
Die im Jahr 1966 geborene Klägerin ist syrische Staatsangehörige kurdischer Volkszugehörigkeit. Im Oktober 1993 reisten die Klägerin und ihr Ehemann Herr F. - ihr Prozessbevollmächtigter im vorliegenden Klageverfahren - mit den in Syrien geborenen Söhnen G., H. und I. F. in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ein und beantragten ihre Anerkennung als Asylberechtigte.
Herr F. verwies zur Begründung seines Asylbegehrens im Wesentlichen darauf, dass er aufgrund seiner aktiven Tätigkeit für die Kurdische Volksunionpartei in seinem Heimatland Syrien politisch verfolgt werde. Die Klägerin hat im Asylverfahren keine eigenen Asylgründe geltend gemacht, sondern vorgetragen, selbst nicht politisch aktiv gewesen zu sein und keiner politischen Partei angehört zu haben. Sie habe ihr Heimatland nur deswegen verlassen, weil sie weiterhin mit ihrem Ehemann zusammen leben wolle.
Mit Bescheid vom März 1994 stellte das damalige Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge für Herrn F. Abschiebungsschutz gemäß § 51 Abs. 1 AuslG a.F. in Bezug auf Syrien fest. Darüber hinaus erkannte das Bundesamt Herrn F. mit dem Bescheid als Asylberechtigten an und gewährte der Klägerin sowie G., H. und I. F. Familienasyl gemäß § 26 AsylVfG. Insoweit wurde der Bescheid jedoch durch das Urteil des Verwaltungsgerichts Braunschweig vom 27. Juni 1995 aufgehoben (Az.: 4 A 4146/94). Ein Berufungsverfahren gegen dieses Urteil bei dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht endete nach Rücknahme der Berufung im September 2005 (Az. des Berufungsverfahrens beim Nds. OVG: 2 LB 586/01).
Der Aufenthalt der Klägerin in der Bundesrepublik Deutschland war während ihres Asylverfahrens gemäß § 55 AsylVfG gestattet. Einen Aufenthaltstitel erhielt sie erstmals im Juni 2005. Seit September des Jahres 1999 war die Klägerin als Lehrkraft für muttersprachlichen Unterricht in arabischer und kurdischer Sprache tätig, zunächst aufgrund von befristeten Verträgen mit der Bezirksregierung Braunschweig. Mittlerweile ist sie in einem unbefristeten Beschäftigungsverhältnis bei der Landesschulbehörde angestellt und erhielt aus ihrer Tätigkeit zuletzt ein Nettoeinkommen von ca. 1 800 Euro monatlich.
Herr F. wurde im Juni 2004 in den deutschen Staatsverband eingebürgert. Die in der Bundesrepublik Deutschland geborenen Kinder der Klägerin und ihres Ehemanns - J. und K. F. - erhielten im September 2005 die deutsche Staatsangehörigkeit.
Im Juni 2006 beantragte die Klägerin bei dem Beklagten für sich und ihre drei Söhne G., H. und I. F. die Einbürgerung in den deutschen Staatsverband. G., H. und I. F. wurden daraufhin eingebürgert.
Auf Anfrage des Beklagten teilte das damalige Niedersächsische Landesamt für Verfassungsschutz (im Folgenden: Verfassungsschutz) dem Beklagten im Februar 2007 mit, dass es sicherheitsmäßige Bedenken gegen die Einbürgerung der Klägerin geltend mache und begründete dies im Wesentlichen wie folgt: Ihm lägen Anhaltspunkte vor, die die Annahme rechtfertigten, die Klägerin habe die mit einem vereinsrechtlichen Betätigungsverbot belegte "Arbeiterpartei Kurdistans" PKK bzw. deren Nachfolgeorganisationen (im Folgenden nur noch: PKK) unterstützt. Sie sei im August 2003 als Beisitzerin in den Vorstand des kurdischen Kulturvereins L. e.V. in M. gewählt worden. Aus dem Vorstand ausgeschieden sei die Klägerin ausweislich des Vereinsregisters am 23. November 2005. Der Verein L. e.V. sei Mitgliedsverein des Dachverbandes "Föderation der Kurdischen Vereine in Deutschland" (YEK-KOM). Nach seinen Erkenntnissen sei davon auszugehen, dass der Verein L. e.V. eine Agitationsplattform für die PKK biete. Ihm lägen Erkenntnisse vor, dass in der Vergangenheit - auch während des Zeitraums, in dem die Klägerin Vorstandsmitglied gewesen ist - in dessen Räumlichkeiten Veranstaltungen mit einem PKK-Bezug durchgeführt worden seien.
Im April 2007 hörte der Beklagte die Klägerin hierzu an. Die Klägerin führte bei dieser Gelegenheit aus, sie sei nicht Mitglied des Vereins L. e.V. gewesen. Sie sei in den Vorstand gewählt worden, weil sie einen Sprachkurs in kurdischer und arabischer Sprache angeboten habe. Ihre einzige Motivation sei gewesen, die Integration kurdischer Frauen durch die Sprachkurse zu unterstützen. Sie habe die Kurse aber bald aufgegeben, da die hiermit verbundene Belastung neben ihrer beruflichen Tätigkeit und der Versorgung ihrer Familie zu groß geworden sei. An der Vorstandsarbeit habe sie sich nicht beteiligt und von der Planung oder Durchführung der vom Verfassungsschutz genannten Veranstaltungen habe sie nichts mitbekommen. Von der Einschätzung des Verfassungsschutzes, dass der Verein L. e.V. die PKK unterstütze, sei sie überrascht. Sie sei nicht politisch interessiert. Die Klägerin bekannte sich in einer Loyalitätserklärung zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung und erklärte, dass sie keine Bestrebungen verfolge oder unterstütze bzw. verfolgt oder unterstützt habe, die gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihre Mitglieder zum Ziele haben oder durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden.
Mit Bescheid vom 6. Februar 2008 lehnte der Beklagte den Antrag der Klägerin ab und begründete dies im Wesentlichen wie folgt: Ihre Einbürgerung komme unter Berücksichtigung des Ausschlussgrundes in § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG a.F. nicht in Betracht. Der Verein L. e.V. weise eine Nähe zur PKK auf und seine Aktivitäten seien als PKK-gesteuert zu qualifizieren. Er gehe davon aus, dass die Klägerin dies gekannt und sie die PKK mit ihrer Vorstandstätigkeit im Verein aktiv unterstützt habe. Er halte ihre gegenteilige Einlassung nicht für glaubhaft. Dass der Verein L. e.V. Bezüge zur PKK aufweise, könne ihr bei der Vorstandstätigkeit nicht entgangen sein. Zudem würden Vorstandstätigkeiten im Allgemeinen nur solchen Personen übertragen, deren Loyalität zur Ideologie eines Vereins gesichert erscheint. Sie habe sich von einer Unterstützung der PKK auch nicht glaubhaft distanziert.
Am 15. Februar 2008 hat die Klägerin Klage erhoben, die sie im Wesentlichen wie folgt begründet: Es sei richtig, dass sie Beisitzerin im Vorstand des Vereins L. e.V. gewesen sei. Ihr sei jedoch zu keiner Zeit bewusst gewesen, dass der Verein Aktivitäten der PKK unterstütze. Sie habe derartige Aktivitäten zu keiner Zeit wahrgenommen. Ihre Motivation zur Mitarbeit im Verein sei ausschließlich gewesen, die Integration ihrer kurdischen Mitbürgerinnen zu unterstützen, indem sie im Zeitraum von ca. August 2003 bis Oktober 2003 ehrenamtlich Sprachkurse (in kurdischer, arabischer und deutscher Sprache) angeboten habe. Im Vorstand habe sie zu keiner Zeit aktiv mitgearbeitet, insbesondere sei sie in die Planung und Durchführung anderer Veranstaltungen als ihrer Sprachkurse nicht eingebunden gewesen. Seit Ende des Jahres 2003 besuche sie den Verein nur äußerst selten aus beruflichen Gründen sowie zu Trauerfeiern oder Kulturfesten. Zu (Vorstands-) Mitgliedern des Vereins habe sie keinen privaten Kontakt. Für die PKK sei sie zu keiner Zeit tätig geworden. Sie sei weder in ihrer Heimat noch in Deutschland jemals politisch aktiv gewesen. Sie könne versichern, dass sie auch in Zukunft die PKK nicht unterstützen werde.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 6. Februar 2008 zu verpflichten, sie in den deutschen Staatsverband einzubürgern.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
und verweist zur Begründung im Wesentlichen auf den Bescheid vom 6. Februar 2008. Hinsichtlich der Veranstaltungen, die seiner Ansicht nach die Nähe des Vereins L. e.V. zur PKK belegen, verweist er auf Auflistungen in Schreiben des Verfassungsschutzes vom 2. Februar 2007 und 8. Oktober 2008 sowie in seinem Schriftsatz vom 1. September 2009. Die Aktivitäten des Vereins L. e.V. mit einem Bezug zur PKK dürften der Klägerin als Vorstandsmitglied nicht entgangen sein, schon deswegen, weil diese zum Teil auch öffentlichkeitswirksam in der Zeitung "Özgur Politika" beschrieben worden seien. Einige der Veranstaltungen mit einem PKK-Bezug müssten der Klägerin bereits wegen ihrer Größenordnung aufgefallen sein. Er bzw. der Verfassungsschutz hätten allerdings keinerlei Erkenntnisse darüber, dass die Klägerin sich über die Vorstandsmitgliedschaft im Verein L. e.V. hinaus für die PKK engagiert oder persönlich an Veranstaltungen mit einem PKK-Bezug teilgenommen habe.
Das Gericht hat die Klägerin insbesondere zu Art, Umfang und Dauer ihrer Tätigkeit im Verein L. e.V. informatorisch angehört. Bei der Anhörung hat das Gericht die aktuellen Auszüge aus dem Vereinsregister des Amtsgerichts Hildesheim zum Verein L. e.V. berücksichtigt, ausweislich derer die Klägerin noch bis Ende des Jahres 2007 als Beisitzerin im Vorstand geführt wurde, sowie die dort vom Verein eingereichten Protokolle der jährlichen Mitgliederversammlungen. Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen N., O., P. Q., R. und S. Q.. Wegen des Ergebnisses der Anhörung und der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 21. Oktober 2009, wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte, die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten und die Ausländer- und Asylakten der Klägerin und ihres Ehemannes verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet. Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 6. Februar 2008 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Einbürgerung in den deutschen Staatsverband gemäß § 9 Abs. 1 i.V.m. § 8 StAG a.F.
Der Anspruch der Klägerin auf Einbürgerung beurteilt sich anhand der bis zum 28. August 2007 geltenden Fassungen von § 9 Abs. 1 i.V.m. § 8 StAG, da gemäß § 40c StAG auf Einbürgerungsanträge, die bis zum 30. März 2007 gestellt worden sind, die §§ 8 bis 14 und 40c weiter in ihrer vor dem 28. August 2007 geltenden Fassung anzuwenden sind, soweit sie günstigere Bestimmungen enthalten. Diese Vorschrift findet zugunsten der Klägerin Anwendung.
Gemäß § 9 Abs. 1 StAG a.F. sollen Ehegatten oder Lebenspartner Deutscher unter den Voraussetzungen des § 8 eingebürgert werden, wenn sie ihre bisherige Staatsangehörigkeit verlieren oder aufgeben oder ein Grund für die Hinnahme von Mehrstaatigkeit nach Maßgabe von § 12 vorliegt (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 StAG a.F.) und gewährleistet ist, dass sie sich in die deutschen Lebensverhältnisse einordnen (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 StAG a.F.), es sei denn, der Einbürgerung stehen erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland entgegen, insbesondere solche der äußeren oder inneren Sicherheit sowie der zwischenstaatlichen Beziehungen.
Die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 StAG a.F. liegen hinsichtlich der Klägerin vor. Der Ehemann der Klägerin ist Deutscher. Hinsichtlich der syrischen Staatsangehörigkeit der Klägerin besteht ein Grund für die Hinnahme von Mehrstaatigkeit i.S.v. § 9 Abs. 1 Nr. 1 StAG a.F. Denn Syrien verweigert regelmäßig die Entlassung seiner Staatsbürger aus der syrischen Staatsangehörigkeit i.S.v. § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 StAG (vgl. auch die Ergänzenden Bemerkungen zu Nr. 12.1.2.2 der Vorläufigen Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Inneren zum Staatsangehörigkeitsrecht vom Oktober 2007 - VAH-BMI -). Ein Entlassungsantrag des Einbürgerungsbewerbers ist in einem solchen Fall nach der Neufassung des § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 StAG nicht mehr erforderlich. Es ist hinreichend gewährleistet, dass sich die Klägerin in die deutschen Lebensverhältnisse einordnen wird i.S.v. § 9 Abs. 1 Nr. 2 StAG a.F. Die Klägerin hält sich seit mehr als drei Jahren auf der Grundlage eines Aufenthaltstitels berechtigterweise in der Bundesrepublik Deutschland auf, weist genügende Kenntnisse der deutschen Sprache auf - hiervon konnte sich die Kammer in der mündlichen Verhandlung vom 21. Oktober 2009 überzeugen - und hat sich, wie ihre Tätigkeit als Lehrerin zeigt, in beruflicher Hinsicht voll integriert.
Der Einbürgerung der Klägerin stehen erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland nicht entgegen i.S.v. § 9 Abs. 1 StAG a.F. Das Vorliegen dieses Merkmals ist gerichtlich voll überprüfbar, da es sich bei dieser Ausschlussklausel um eine (negative) Tatbestandsvoraussetzung handelt (vgl. BVerwG, U. v. 31.03.1987 - 1 C 29/84 -, juris Rn. 32; Marx in: GK-StAR, Stand: August 2009, § 9 StAG Rn. 83 ff., m.w.N.). Der Beklagte hat die Einbürgerung der Klägerin gemäß § 9 StAG a.F. mit der Begründung abgelehnt, diese komme wegen ihrer Mitgliedschaft im Vorstand des Vereins L. e.V. unter Berücksichtigung des Ausschlussgrundes in § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG a.F. nicht in Betracht. Dem folgt das Gericht nicht. Aus der Vorstandsmitgliedschaft der Klägerin im Verein L. e.V. resultieren keine ihrer Einbürgerung entgegenstehenden erheblichen Belange i.S.d. § 9 Abs. 1 StAG a.F.
Zu den Belangen i.S.d. § 9 StAG zählen alle öffentlichen Interessen, die bei der Entscheidung über eine Einbürgerung - in Richtung auf ihre Ablehnung - rechtserheblich sein können. Die von § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG a.F. geschützten (Sicherheits-)Interessen gehören unzweifelhaft hierzu (vgl. BVerwG, U. v. 31.03.1987, a.a.O., juris Rn. 36; VG Stuttgart, U. v. 21.07.2008 - 11 K 1941/08 -, juris Rn. 39).
Der Einbürgerung der Klägerin stehen jedoch keine erheblichen Belange entgegen, weil die Klägerin die PKK - und somit eine Vereinigung, die verfassungsfeindliche Bestrebungen i.S.d. § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG a.F. verfolgt (vgl. insoweit VG Braunschweig, U. v. 28.02.2007 - 5 A 270/04 -; VG Oldenburg, a.a.O., juris Rn. 19; Verfassungsschutzbericht 2008 des Bundesministeriums des Innern, S. 270 ff.) - mit ihrer Tätigkeit im Verein L. e.V. nicht i.S.d. § 11 StAG unterstützt oder unterstützt hat.
Als Unterstützen i.S.d. § 11 StAG kommt zwar grundsätzlich jede Tätigkeit in Betracht, die sich in irgendeiner Weise positiv auf die Betätigungsmöglichkeiten der (verfassungsfeindlichen) Vereinigung auswirkt - namentlich deren innere Organisation und den Zusammenhalt fördert, ihrem Fortbestand oder der Verwirklichung ihrer durch § 11 StAG inkriminierten Ziele dient und damit ihre potenzielle Gefährlichkeit festigt und das Gefährdungspotenzial stärkt (vgl. BVerwG, U. v. 22.02.2007 - 5 C 20/05 -, juris Rn. 18; VG Braunschweig, a.a.O.; Berlit, a.a.O, § 11 StAG Rn. 96). Die Unterstützung der verfassungsfeindlichen Bestrebung muss dem Einbürgerungsbewerber jedoch auch subjektiv zurechenbar sein. Nur solche Handlungen, die er erkennbar und von seinem Willen getragen zum Vorteil der verfassungsfeindlichen Bestrebung vornimmt, können ein Unterstützen sein. Nur wenn für den Einbürgerungsbewerber erkennbar ist, dass er mit seinem Handeln die verfassungsfeindliche Vereinigung und deren Bestrebungen unterstützt, und er seine Unterstützungshandlung dennoch fortsetzt, weil er die Förderung der verfassungsfeindlichen Bestrebungen in seinen Willen aufgenommen hat, kann von einem Unterstützen ausgegangen werden (vgl. BVerwG, U. v. 22.02.2007 - 5 C 20/05 -, juris Rn. 18; VG Braunschweig, a.a.O.; Berlit, a.a.O, § 11 StAG Rn. 96).
Die Klägerin hat mit ihrer Tätigkeit im Verein L. e.V. die PKK nicht unterstützt, weil ihr eine hiermit verbundene - mittelbare - Förderung der PKK nach diesem Maßstab nicht subjektiv zurechenbar ist. Das Gericht glaubt der Klägerin, dass sie eine Nähe des Vereins L. e.V. zur PKK nicht erkannt hat und sie mit ihrer Tätigkeit im Verein die PKK nicht - auch nicht mittelbar - unterstützen wollte. Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung geht das Gericht davon aus, dass die Klägerin mit ihrer Tätigkeit im Verein L. e.V. ausschließlich das Ziel verfolgt hat, die Integration ihrer kurdischen Mitbürgerinnen zu fördern und für den von ihr angebotenen Sprachunterricht zu werben. Es kann deswegen offen bleiben, ob der Verein L. e.V. als Unterstützerverein der PKK anzusehen ist.
Motivation der Klägerin für ihre Tätigkeit im Verein L. e.V. ist gewesen, die Integration ihrer kurdischen Mitbürgerinnen zu fördern. Ihre diesbezügliche Einlassung hält die Kammer nach dem persönlichen Eindruck in der mündlichen Verhandlung und unter Berücksichtigung aller sonstigen Umstände für glaubhaft. Sie steht in Einklang mit ihrem bisherigen Lebenslauf. Sowohl in ihrem beruflichen Wirken als auch in früherer ehrenamtlicher Tätigkeit hat sie sich um die Integration und (Sprach-)Förderung ihrer kurdischen Mitbürger gekümmert. Für die Glaubhaftigkeit ihrer Einlassung spricht des Weiteren, dass die Klägerin in politischen Zusammenhängen nicht aufgefallen ist - weder in der Zeit vor ihrer Tätigkeit beim Verein L. e.V. noch während dieser Zeit oder danach. Dem Verfassungsschutz liegen keinerlei Erkenntnisse über eine aktive kurdisch-politische Tätigkeit oder Überzeugung der Klägerin oder ihren Besuch einer politischen Veranstaltung vor, obwohl er den Verein L. e.V. - offensichtlich intensiv - beobachtet hat. Die Klägerin hat vielmehr bereits während des Asylverfahrens erklärt, politisch nicht interessiert zu sein und hat keine eigene politische Verfolgung geltend gemacht, obwohl sich eine (behauptete) politische Tätigkeit in diesem Zusammenhang günstig hätte auswirken können. Sämtliche Zeugen haben die Einlassung der Klägerin bestätigt und sie ausschließlich mit ihrem Engagement für die Sprachförderung in Verbindung gebracht.
Die Klägerin hat zur Überzeugung der Kammer mit ihrer Tätigkeit im Verein L. e.V. auch nicht eine mittelbare Unterstützung der PKK bezweckt oder in Kauf genommen. Eine nach Einschätzung des Verfassungsschutzes gegebene Nähe des Vereins zur PKK hat sie nicht erkannt. Entgegen der Einschätzung des Beklagten geht die Kammer insbesondere nicht davon aus, dass die Klägerin eine Nähe des Vereins zur PKK bereits aufgrund der dort durchgeführten Veranstaltungen mit inhaltlichem Bezug zur PKK erkannt hat bzw. hätte erkennen müssen. Das Gericht glaubt der Klägerin, dass sie nur äußerst selten und - nachdem ihre Sprachkurse beendet waren - nur zu allgemeinen Kulturfesten im Verein gewesen ist und bei diesen seltenen Gelegenheiten nichts von politischen Veranstaltungen mitbekommen hat. Diese Einlassung haben sämtliche Zeugen bestätigt. Dass die Klägerin bei ihren seltenen Besuchen im Verein von politischen Veranstaltungen mit inhaltlichem Bezug zur PKK Kenntnis erlangen musste, ist nicht ersichtlich, zumal für die Klägerin kein Grund zu einem besonderen Misstrauen gegenüber dem Verein L. e.V. bestand. Der Verein war nicht nur von offizieller Seite nicht verboten. Vielmehr wurde und wird der Verein von Behörden - auch von dem Beklagten - in erheblichem Umfang als Ansprechpartner und Kooperationspartner in Integrationsfragen genutzt.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass die Klägerin Mitglied im Vorstand des Vereins L. e.V. gewesen ist.
Nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung sieht es die Kammer zunächst als erwiesen an, dass die Klägerin spätestens seit der Mitgliederversammlung vom Oktober 2005 faktisch aus dem Vorstand ausgeschieden war und in keiner Weise mehr in die Vorstandsarbeit des Vereins eingebunden gewesen ist. Obwohl sie vom Vereinsregister noch bis zum Jahr 2007 als Vorstandsmitglied geführt wurde, haben sowohl die Vereins- und Vorstandsmitglieder als auch die Klägerin selbst sie nicht mehr als Mitglied des Vorstandes betrachtet. Die Klägerin hat dies glaubhaft bekundet und wurde durch sämtliche Zeugen hierin bestätigt. So hat beispielsweise Herr T. O. ausgeführt, die Klägerin habe an den Treffen des Vereinsvorstandes nicht teilgenommen, weil sie kein Vorstandsmitglied gewesen sei. Hierbei hat er sich auf die Zeit seiner Vorstandsmitgliedschaft ab Oktober des Jahres 2006 bezogen, zu der die Klägerin im Vereinsregister noch als Vorstandsmitglied geführt wurde. Der Verein hatte das Ausscheiden der Klägerin aus dem Vorstand im Schreiben an das Vereinsregister beim Amtsgericht Hildesheim vom 8. November 2005 mitgeteilt. Die Kammer geht davon aus, dass das Vereinsregister die Klägerin nur im Hinblick auf die Regelung in § 7 Abs. 1 Satz 4 2. Halbsatz der Vereinssatzung noch nach dem Jahr 2005 als Beisitzerin geführt hat, weil der Verein keinen nachfolgenden Beisitzer mitgeteilt hat.
Aufgrund Ihrer Wahl im August 2003 ist die Klägerin zuvor zwar Vorstandsmitglied gewesen ist. Die Kammer glaubt der Klägerin aber, dass sie keine aktive Vorstandsarbeit geleistet hat, die über die Förderung der Integration ihrer kurdischen Mitbürgerinnen hinausging, und sie trotz dieser "Vorstandstätigkeit" keine Kenntnis von einer politischen Ausrichtung und einer - möglicherweise gegebenen - Nähe des Vereins zur PKK erlangt hat. Die Einlassung der Klägerin, ihre "Vorstandstätigkeit" habe sich darauf beschränkt, die Sprachkurse für kurdische Frauen durchzuführen, ist schlüssig und glaubhaft. Sie steht in Einklang mit dem Eindruck, den die Kammer von der Organisation der Vereins- und Vorstandstätigkeit der Jahre 2003 und 2004 gewonnen hat. Diese war nach der Aussage von Herrn N. in den Jahren 2003 und 2004 wenig strukturiert. Das Vereinsleben beruhte darauf, dass jeweils Einzelpersonen Engagement zeigten und selbstständig Verantwortung für Teilbereiche des Vereinslebens übernahmen. (Regelmäßige) Vorstandstreffen fanden nicht statt. Hiernach kann nicht angenommen werden, dass mit der Vorstandsmitgliedschaft (automatisch) eine Information aller Vorstandsmitglieder über sämtliche Aktivitäten des Vereins verbunden gewesen ist. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Verantwortlichkeit für bestimmte Tätigkeitsfelder jeweils bestimmten Einzelpersonen zugeordnet gewesen ist, ohne dass der gesamte Vorstand involviert war. Angesichts dieser Vereinsstruktur, ist die Einlassung der Klägerin, sie habe mit ihrer Wahl in den Vorstand ausschließlich die Übernahme der Verantwortung für die Sprachkurse verbunden, stimmig. Zusätzlich spricht hierfür, dass sich nach dem Eindruck der Kammer das Vereinsleben in großem Maße nach Geschlechtern getrennt vollzogen hat. Auch vor diesem Hintergrund erweist sich die von der Klägerin beschriebene Konzentration ihrer "Vorstandstätigkeit" auf ihre für die kurdischen Frauen angebotenen Sprachkurse als schlüssig.
Dass die Klägerin ausweislich des Vereinsregisters im Jahr 2004 zur Schriftführerin des Vereins bestellt wurde, steht der Einschätzung des Gerichts nicht entgegen. Die Klägerin hat glaubhaft bestritten, zur Schriftführerin bestellt worden zu sein, und wird hierin durch die Aussage von Herrn N. bestätigt. Allerdings war sie im Vereinsregister als Schriftführerin eingetragen, nachdem ihre Wahl im Protokoll der Mitgliederversammlung vom September 2004 beschrieben wurde. Nach Einschätzung des Gerichts ist es jedoch nicht unwahrscheinlich, dass das Protokoll in der von Herrn N. beschriebenen Weise fehlerhaft zustande gekommen ist. Letztlich bedarf dies jedoch keiner Entscheidung. Denn es ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin - ihre Bestellung zur Schriftführerin unterstellt - in den Jahren 2004/2005 stärker als zuvor in die Vorstandsarbeit eingebunden gewesen ist und sie hierdurch eine Nähe des Vereins zur PKK erkannt hat. Vielmehr hat Herr N. ausgesagt hat, er habe während dieser Zeit - in der er 1. Vorsitzender des Vereins gewesen ist - mit der Klägerin nicht zusammengearbeitet, und die Aufgaben der Schriftführerin habe Frau U. Q. erledigt, die im Jahr 2005 als Schriftführerin im Vereinsregister eingetragen wurde.
Unabhängig von Vorstehendem würden aus der Vorstandsmitgliedschaft der Klägerin im Verein L. e.V. selbst dann keine ihrer Einbürgerung entgegenstehenden erheblichen Belange i.S.d. § 9 Abs. 1 StAG a.F. resultieren, wenn sich nicht vollständig ausschließen ließe, dass die Klägerin die PKK mit ihrer Tätigkeit im Verein unterstützt hat. Die in diesem Fall im Rahmen von § 9 StAG a.F. gebotene Abwägung anhand der konkreten Umstände des Einzelfalles würde ergeben, dass ihre Einbürgerung Belange im Sinne der Vorschrift nicht (mehr) in solcher Weise berührt, dass die qualitative Schwelle der Erheblichkeit erreicht wird.
Ob einer Einbürgerung erhebliche Belange entgegenstehen i.S.d. § 9 Abs. 1 StAG a.F., beurteilt sich anhand einer Abwägung der konkreten Umstände des Einzelfalles, auch wenn die Voraussetzungen von § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG a.F. erfüllt sind. Der einen Einbürgerungsanspruch nach § 10 StAG a.F. hindernde Ausschlussgrund des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG a.F. reicht für die Annahme erheblicher Belange i.S.d. § 9 Abs. 1 StAG a.F. für sich allein nicht aus (vgl. BayVGH, U. v. 27.05.2003 - 5 B 00.1819 -, juris Rn. 30; VG Stuttgart, a.a.O, juris Rn. 37; a.A. bspw. VG Ansbach, U. v. 16.06.2004 - An 15 K 04.00072 -, juris Rn. 46). Zwar zählen die von § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG a.F. geschützten Interessen zu den Belangen i.S.v. § 9 Abs. 1 StAG a.F. Allerdings kann § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG a.F. nicht undifferenziert auf einen Einbürgerungsanspruch nach § 9 StAG a.F. angewendet werden und die hierin enthalten materiellen Wertungen nicht gänzlich übernommen werden. Dies wäre mit der besonderen und von § 10 StAG a.F. verschiedenen Schutzrichtung von § 9 StAG a.F. nicht zu vereinbaren.
Während § 10 StAG a.F. ganz allgemein der Integration langjährig im Bundesgebiet lebender Ausländer dient, steht die Einbürgerungsermächtigung des § 9 StAG a.F. im Zusammenhang mit dem Grundrecht des Art. 6 Abs. 1 GG, nach dem Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stehen. Sie bezweckt eine Stärkung der Einheit und des Zusammenhalts in Ehe und Familie und soll so zur Verwirklichung der verfassungsrechtlichen Wertentscheidung des Art. 6 Abs. 1 GG beitragen. Die gemeinsame Bindung der Familienangehörigen an eine bestimmte staatliche Gemeinschaft stärkt die Einheit und den Zusammenhalt der Familie und beugt unerwünschten Konflikten zwischen der Familienbindung und der Treue gegenüber dem Heimatstaat vor. Besitzen beide Ehegatten die deutsche Staatsangehörigkeit, ist zudem das Recht zum gemeinsamen Aufenthalt im Bundesgebiet und damit eine wesentliche Grundlage der familiären Einheit sogar unentziehbar gesichert. Das Gesetz misst diesem Schutz von Ehe und Familie auch nicht etwa nur geringes Gewicht bei, was daraus folgt, dass es bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen einen grundsätzlichen Rechtsanspruch auf Einbürgerung gewährt (vgl. zu Vorstehendem BayVGH, a.a.O., juris Rn. 30, VG Stuttgart, a.a.O., juris Rn. 38 m.w.N.).
Wegen dieses besonderen Schutzzwecks sind nur solche Belange erheblich i.S.d. § 9 StAG a.F., die ein deutliches Übergewicht haben gegenüber dem in § 9 StAG a.F. gesetzlich anerkannten und grundsätzlich zur Einbürgerung führenden Interesse an einer einheitlichen Staatsangehörigkeit in Ehe und Familie. Die Ausschlussklausel des § 9 StAG a.F. hindert die Einbürgerung folglich nur, wenn ihr Belange entgegenstehen, die nach den Umständen des Einzelfalles Vorrang gegenüber dem erstrebten Schutz von Ehe und Familie beanspruchen. Die gebotene Abwägung ist hierbei nicht lediglich nach abstrakten Merkmalen vorzunehmen, sondern nach den konkreten Gegebenheiten des Einzelfalles. Der einschlägige Belang ist in seiner jeweiligen konkreten Erscheinung zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, U. v. 31.03.1987 - 1 C 29/84 -, juris Rn. 38).
Bei dieser Abwägung ist zu berücksichtigen, dass § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG a.F. auf verschiedenen Ebenen mit unterschiedlichem Gewicht als Ausschlussgrund für einen Einbürgerungsanspruch nach § 10 Abs. 1 StAG a.F. wirken kann. Ein (früheres) Unterstützen einer verfassungsfeindlichen Bestrebung kann (sicher) feststehen, es kann ein (graduell unterschiedlich starker) Verdacht hierfür gegeben sein oder es kann - wenn sicherheitsrelevante Aktivitäten seit längerem nicht mehr feststellbar sind - an einem Abwenden i.S.d. Vorschrift fehlen. Diesen Unterschieden und dem unterschiedlichen Gewicht der Varianten muss im Rahmen der Einzelfallbetrachtung bei § 9 StAG a.F. Rechnung getragen werden. Insbesondere wenn sicherheitsrelevante Aktivitäten eines Einbürgerungsbewerbers seit längerem nicht mehr feststellbar sind, kann dies dazu führen, dass erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland seiner Einbürgerung nicht mehr entgegenstehen, selbst wenn es ihm nicht gelungen ist, sein Abwenden i.S.d. § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG a.F. glaubhaft zu machen. Darf ein Einbürgerungsanspruch nach § 10 Abs. 1 StAG a.F. in einen solchem Fall bestehender Unklarheit zwar noch beschränkt werden, kann dies im Rahmen von § 9 Abs. 1 StAG a.F. wegen des aus Art. 6 Abs. 1 GG herrührenden einbürgerungsrechtlichen Wohlwollensgebot nur im Einzelfall geschehen, wenn eine persönlich vom Einbürgerungsbewerber ausgehende aktuelle Sicherheitsgefährdung feststellbar ist (vgl. VG Stuttgart, a.a.O., juris Rn. 43 ff.).
Nach diesem Maßstab stehen der Einbürgerung der Klägerin keine erheblichen Belange i.S.d. § 9 Abs. 1 StAG a.F. entgegen. Die nach dem Ausscheiden der Klägerin aus dem Vorstand des Vereins, angesichts des Zeitablaufs und der Einlassung der Klägerin zu ihrer Einstellung gegenüber der PKK verbleibende "Reste" der von § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG a.F. betroffenen Sicherheitsbelange sind nicht hinreichend gewichtig, um gegenüber dem gemäß Art. 6 GG geschützten Interesse an einer einheitlichen Staatsangehörigkeit in einer Familie deutlich zu überwiegen. Eine von der Klägerin persönlich ausgehende aktuelle Sicherheitsgefährdung vermag das Gericht nicht zu erkennen.
Hierbei berücksichtigt das Gericht einerseits, dass auf der Grundlage der hierzu ergangenen Rechtsprechung anderer Gerichte hinsichtlich der Klägerin zwar die Voraussetzungen von § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG a.F. vorliegen, falls man eine PKK-Nähe des Vereins L. e.V. unterstellt. Denn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte i.S.d. Vorschrift bestehen hiernach regelmäßig bereits wegen des formalen Gesichtspunktes der Vorstandsmitgliedschaft eines von der PKK gesteuerten Vereins, ohne dass die Einbürgerungsbehörde die subjektive Einstellung des Einbürgerungsbewerbers zu den Zielen des Vereins belegen müsste (vgl. bspw. VG Oldenburg, U. v. 19.09.2007 - 11 A 4065/05 -, juris Rn. 22; OVG Rheinland-Pfalz, U. v. 04.07.2005 - 7 A 12260/04 -, juris Rn. 31; vgl. Hess. VGH, B. v. 06.01.2006 - 12 UZ 3731/04 -, juris Rn. 9). Der Gesetzgeber hat die Ausschlussgründe des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG a.F. bewusst weit vorverlagert in Handlungsbereiche, die strafrechtlich (noch) nicht beachtlich sind und für sich betrachtet auch noch keine unmittelbare Gefährdung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellen (vgl. BVerwG, U. v. 22.02.2007 - 5 C 20/05 -, juris Rn. 19, VG Braunschweig, U. v. 28.02.2007 - 5 A 270/04 -, Berlit, a.a.O., § 11 StAG Rn. 66 m.w.N.).
In der Abwägung der konkreten Umstände des Einzelfalles spricht jedoch gegen die Annahme "erheblicher Belange", dass aus der Vorstandsmitgliedschaft der Klägerin zum einen nur ein vager Verdacht hinsichtlich einer inhaltlich wenig schwerwiegenden Unterstützungshandlung für die PKK resultiert. Innerhalb der oben vorgenannten Varianten im Rahmen von § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG a.F. ist er seinem Grade nach auf niedrigstem Niveau einzuordnen. Es gibt hinsichtlich der Klägerin keine über ihre Vorstandsmitgliedschaft hinausgehenden Anhaltspunkte, die den Verdacht ihrer Unterstützung der PKK bestätigen oder gar bestärken könnten. Dem Beklagten und dem Verfassungsschutz liegen keinerlei zusätzliche personenbezogene Erkenntnisse über die Klägerin vor. Die Klägerin ist weder im Rahmen von Veranstaltungen im Verein mit einem inhaltlichen Bezug zur PKK aufgefallen, obwohl davon auszugehen ist, dass jedenfalls die politischen Aktivitäten des Vereins L. e.V. vom Verfassungsschutz beobachtet wurden, noch sonst jemals in anderen Zusammenhängen. Die Klägerin war zudem nur vergleichsweise kurze Zeit Vorstandsmitglied und hat in der Vorstandsarbeit jedenfalls keine tragende Rolle gespielt. Die Klägerin ist spätestens seit dem Oktober 2005 faktisch aus dem Vorstand des Vereins ausgeschieden. Sicherheitsrelevante Bedenken sind deswegen seit geraumer Zeit nicht mehr feststellbar.
In der Abwägung der konkreten Umstände des Einzelfalles spricht des Weiteren gegen die Annahme "erheblicher Belange", dass keine Anhaltspunkte ersichtlich sind, die nahelegen, die Klägerin könne beabsichtigen, die PKK zukünftig zu unterstützen. Ihre Einlassung kommt vielmehr einem "Abwenden" i.S.d. § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG a.F. jedenfalls nahe. Für ein Abwenden ist die nachvollziehbare Schilderung eines Lernprozesses erforderlich, aufgrund dessen mit hinreichender Sicherheit die zukünftige Verfolgung oder Unterstützung von Bestrebungen i.S.d. § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG a.F. - auch unter Berücksichtigung der durch die Einbürgerung erworbenen gesicherten Rechtsposition - auszuschließen ist. Die Klägerin hat erklärt, weder im Allgemeinen noch in speziell kurdischen Angelegenheiten politisch interessiert oder aktiv zu sein. Mit den Anliegen der PKK sei sie nicht vertraut. Sie habe ihre Tätigkeit im Verein eingestellt, weil sich ihre Interessen auf ihre Familie und ihren Beruf beschränkten. Diese Angaben sind schlüssig, auch vor dem Hintergrund ihrer Angaben im Asylverfahren, in dem die Klägerin sich ebenfalls nicht auf eigene politische Aktivitäten berufen hatte. Dass das faktische Ausscheiden der Klägerin aus dem Vorstand spätestens zum Oktober 2005 (nur) in Hinblick auf eine angestrebte Einbürgerung erfolgte, ist nicht ersichtlich.
Die weiteren Voraussetzungen für einen Anspruch der Klägerin gemäß § 9 Abs. 1 i.V.m. 8 StAG a.F. sind erfüllt.
Die von § 9 Abs. 1 StAG a.F. in Bezug genommenen Voraussetzungen von § 8 StAG a.F. liegen vor. Insbesondere erfüllt die Klägerin nicht einen Ausweisungsgrund gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StAG i.V.m. § 54 Nr. 5 AufenthG, weil bereits nicht ersichtlich ist, dass ihre frühere Vorstandsmitgliedschaft noch eine hinreichende gegenwärtige Gefährlichkeit i.S.d. Vorschrift begründet.
Weil die Voraussetzungen von § 9 Abs. 1 StAG a.F. i.V.m. § 8 StAG a.F. vorliegen, hat die Klägerin einen Anspruch auf ihre Einbürgerung und nicht nur auf eine neue - ermessensfehlerfreie - Entscheidung des Beklagten hierüber. Bei Vorliegen der Voraussetzungen begründet § 9 StAG a.F. i.V.m. § 8 StAG einen grundsätzlichen Rechtsanspruch auf Einbürgerung. Eine Versagung der Einbürgerung im Wege einer Ermessensentscheidung der Behörde kommt nur in atypischen Fallkonstellationen in Betracht. Belange i.S.d. § 9 Abs. 1 StAG a.F., die mangels Erheblichkeit der Einbürgerung nicht entgegenstehen, begründen regelmäßig keinen Ausnahmefall (vgl. BVerwG, U. v. 16.05.1983 - 1 C 28/81 -, juris Rn. 33). Vorliegend sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, die einen Ausnahmefall begründen könnten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.
Streitwertbeschluss:
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG und orientiert sich insoweit an der Empfehlung des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (vgl. NVwZ 2004, 1327 ff., hier: II. Nr. 42.1).