Landgericht Göttingen
Beschl. v. 15.03.1991, Az.: 6 T 55/91
Antrag auf Festsetzung einer Beratungsgebühr; Anspruch auf zusätzliche Beratungsgebühr; Vorliegen einer besonderen Aktivität des beratenden Anwalts; Erledigung eines Rechtsstreits ohne gerichtliche Rechtshängigkeit
Bibliographie
- Gericht
- LG Göttingen
- Datum
- 15.03.1991
- Aktenzeichen
- 6 T 55/91
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1991, 16196
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGGOETT:1991:0315.6T55.91.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Hann.Münden - 19.02.1991 - 9 UR II b 110/89
Rechtsgrundlagen
- § 132 Abs. 2 BRAGO
- § 132 Abs. 3 BRAGO
Fundstelle
- JurBüro 1992, 093-93 (Volltext mit amtl. LS u. Anm.)
In der Beratungshilfesache
hat die 6. Zivilkammer des Landgerichts Göttingen
auf die Beschwerde des Beschwerdeführers vom 21.02.1991
gegen den Beschluß des Amtsgerichts Hann. Münden vom 19.02.1991
durch
den Vizepräsidenten des Landgerichts ...,
den Richter am Landgericht ... und
den Richter ...
am 15. März 1991
beschlossen:
Tenor:
Auf die Beschwerde wird der angefochtene Beschluß sowie der Beschluß des Amtsgerichts Münden vom 07.02.1991 dahin abgeändert, daß dem Kläger auf seinen Festsetzungsantrag vom 05.02.1991 weitere 144,21 DM zugebilligt werden.
Gründe
Der Beschwerdeführer beriet den Antragsteller in der Zeit von Oktober 1989 bis Januar 1990 in einer Auseinandersetzung mit dem Sozialamt der Stadt ... Für die Einlegung eines Widerspruchs vom 21.11.1989 gegen den Bescheid des Sozialamtes vom 26.10.1989 rechnete der Beschwerdeführer unter dem 21.11.1989 eine Beratungsgebühr gemäß § 132 Abs. 2 BRAGO in einer Gesamthöhe von 117,99 DM ab, die auch antragsgemäß zugebilligt wurde.
Nachdem der Beschwerdeführer unter dem 28.12.1989 in derselben Sache aufgrund einer Antrage des Sozialamtes der Stadt ... vom 07.12.1989 in einem dreiseitigen Schreiben kosten für Arbeitsmittel aufgeschlüsselt und begründet sowie Fahrtkosten bezüglich des Antragstellers substantiiert hatte und nachdem die Stadt ... mit Bescheid vom 12.01.1990 die laufende Hilfe zum Lebensunterhalt gegenüber dem ursprünglich angefochtenen Bescheid vom 26.10.1989 erheblich zugunsten des Antragstellers verbessert hatte, beantragte der Beschwerdeführer unter dem 05.02.1991 eine Beratungsgebühr gemäß § 132 Abs. 3 BRAGO in Höhe von insgesamt 144,21 DM. Diesen Antrag wies der Rechtspfleger beim Amtsgericht Mann. Münden mit Beschluß vom 07.02.1991 zurück, weil keine besondere Beratungstätigkeit vorliege, die über das normale Maß hinausgehe und eine Gebühr über § 132 Abs. 2 BRAGO hinaus rechtfertige. Nachdem auch der Abteilungsrichter beim Amtsgericht Mann. Münden mit Beschluß vom 19.02.1991 die Erinnerung als unbegründet zurückgewiesen hatte, legte der Beschwerdeführer unter dem 21.02.1991 Beschwerde ein.
Die gemäß §§ 133, 128 Abs. 4 BRAGO zulässige Beschwerde hat auch Erfolg.
Die Kammer vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, daß eine zusätzliche Gebühr nach § 132 Abs. 3 BRAGO über die durch die allgemeine Tätigkeit des beratenden Anwalts nach § 132 Abs. 2 BRAGO verdiente Gebühr hinaus nur dann in Betracht kommt, wenn auch eine dementsprechende über die allgemeine Beratungstätigkeit hinausgehende besondere Aktivität des beratenden Anwalts vorliegt, die zur Erledigung eines Rechtsstreits ohne gerichtliche Rechtshängigkeit geführt hat (vgl. auch Finanzgericht Baden-Württemberg in JurBüro 1983, Seite 704 mit zustimmender Anmerkung von Mümmler m.w.N.; Bundesverfassungsgericht in JurBüro 1986, Seite 215; LG Berlin. JurBüro 1989, S. 1270; Mümmler, JurBüro 1988 S. 1609 ff; v. Eicken in Gerold-Schmidt, BRAGO. 10. Aufl. Rdn. 7 zu § 24). Im vorliegenden Fall hält es die Kammer für vertretbar, diese Voraussetzungen als gegeben anzusehen. Der Beschwerdeführer hat nicht nur einen begründeten Widerspruch gegen den Bescheid des Sozialamtes der Stadt ... unter dem 21.11.1989 verfaßt, bezüglich dessen er gemäß § 132 Abs. 2 BRAGO abgerechnet hat, sondern darüber hinaus auf Besondere Antrage des Sozialamtes vom 07.12.1989 mit Schreiben vom 28.12.1989 ausführliche Auskünfte über Arbeitsmittel und Fahrtkosten des Antragstellers erteilt. Dabei geht die Kammer davon aus, daß dieses Antwortschreiben vom 28.12.1989 weitere Korrespondenz bzw. Rücksprache mit dem Antragsteller erfordert haben. Durch diese Tätigkeit hat der Beschwerdeführer weitere Aktivitäten im Rahmen der Beratung des Antragstellers entwickelt die über das normale Maß einer Rechtsberatung hinausgehen und eine zusätzliche Gebühr nach § 132 Abs. 3 BRAGO rechtfertigen. Durch seine zusätzlichen Bemühungen hat der Beschwerdeführer über die Einlegung und Begründung des Widerspruchs hinaus eine Beendigung des Rechtsstreits zwischen dem Antragsteller und dem Sozialamt der Stadt ... ohne gerichtliche Inanspruchnahme erreicht.