Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 17.05.2019, Az.: 7 A 919/19
Asyl; Gesundheit; Grundversorgung; Kardiomyopathie; Klageabweisung als offensichtlich unbegründet; Lage; Marokko; Myokarditis; Offensichtlichkeitsurteil; Verfassungsrechtliche Anforderungen; Zöliakie
Bibliographie
- Gericht
- VG Oldenburg
- Datum
- 17.05.2019
- Aktenzeichen
- 7 A 919/19
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2019, 70109
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
In Marokko existiert ein funktionierendes öffentliches Gesundheitssystem, das auch für mit-tellose Personen erreichbar ist und grundsätzlich die Behandelbarkeit weitgehend aller Krankheiten gewährleistet. Es wird durch ein privates System mit höherem Standard er-gänzt.
Tenor:
Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Kläger die Klage zurückgenommen haben.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kläger tragen die außergerichtlichen Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Die Kläger begehren im Wesentlichen die Verpflichtung der Beklagten zur Zuerkennung subsidiären Schutzes und zur Feststellung von Abschiebungsverboten.
Der Kläger wurde am ... 1982 in Tanger (Marokko) und die Klägerin, seine Ehefrau, am ... 1988 ebenfalls dort geboren.
Am ... 2018 kam in Celle (Deutschland) ihr gemeinsames Kind ... zur Welt, das nicht verfahrensbeteiligt ist und bei dem Bundesamt ein eigenes Asylverfahren betreibt (Az. BAMF: 7472605-252).
Die Klägerin ist nicht vollständig gesund und nimmt Medikamente zur Behandlung eines Zustandes nach Herzmuskelentzündung ein; ferner ist die Klägerin allergisch gegen Gluten (Übersetzungen der vorgelegten medizinischen Unterlagen siehe Seite 172 ff. Beiakte 3), nämlich wörtlich: „Trägerin der Zöliakie und benötigt eine glutenfreie Behandlung“ (Seite 178 Beiakte 3). Es liegen Befundungen labortechnischer und echokardiografischer Art in Übersetzung vor (vgl. z.B. Seite 187 Beiakte 3). Nach dem Bericht des Allgemeinen Krankenhauses Celle vom 11. April 2018 (Seite 234 Beiakte 3) wurde die Klägerin dort am 11. April 2018 zur Entbindung aufgenommen und wurde die Tochter ... geboren. Nach dem vorläufigen Entlassungsbrief des Akademischen Lehrkrankenhauses der Medizinischen Hochschule Hannover, AKH Celle, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, vom 13. April 2018 (Seite 235 ff. Beiakte 3) hatte sich die Klägerin dort vom 11. bis 17. April 2018 aufgehalten. Es kam zu einer Frühgeburt. In der Anamnese für den Säugling heißt es ebendort, dass die Klägerin an Zöliakie und Kardiomyopathie (Zustand nach Myokarditis) leide und ASS 100 und Betaxolol einnehme (Seite 235 Beiakte 3). Im weiteren Arztbrief der Frauenklinik, Perinatalzentrum Level 1, der AKH Celle vom 16. April 2018 heißt es (Seite 237 ff. Beiakte 3) hinsichtlich der Klägerin, dass das Wochenbett komplikationslos verlaufen sei.
Mit im Generalkonsulat von Spanien in Tanger ausgestellten Schengen-Visa reisten die Kläger zunächst aus Marokko nach Spanien aus und von dort aus auf dem Luftweg nach Deutschland ein, wo sie am 21. März 2018 im Ankunftszentrum Bad Fallingbostel Asylantrag stellten.
Der Kläger gab am 21. März 2018 in Fallingbostel, Blatt 51 ff. und Blatt 56 ff. der Beiakte 3, an, Marokko am 9. März 2018 verlassen zu haben und am 12. März 2018 in Deutschland eingetroffen zu sein. Reisepass und Personalausweis habe er verbrannt und die Heiratsurkunde in Marokko gelassen. Verwandtschaft lebe in Tanger. Er habe Abitur und zwei Jahre lang Wirtschaft studiert. Außerdem habe er Aushilfstätigkeiten, z.B. in einem Supermarkt oder einem Fast-Food-Lokal, ausgeübt. Die Klägerin bestätigte im Wesentlichen die Angaben des Klägers (Seite 64 ff. Beiakte 3). Auch Verwandtschaft ihrerseits lebe in Tanger.
Am 29. März 2018 wurden die Kläger weiter in Fallingbostel angehört (Seite 103 ff. Beiakte 3).
Dabei erklärte der Kläger, mit dem spanischen Visum von Málaga nach Bremen gereist zu sein, nachdem er zuvor von Tanger das Schiff nach Tarifa in Spanien genommen habe. Seinen Reisepass habe er verbrannt. Das Leben in Deutschland sei schöner als in Spanien, wo die Marokkaner nicht gemocht würden, sie würden dort generell abgelehnt. Auch etwaige Asylanträge würden dort einfach ohne Prüfung abgelehnt, er sei dort kein faires Verfahren erwarten. Weiter gab er an (Seite 108 ff. Beiakte 3), Maliki zu sein und auch freitags die Moschee besucht zu haben wie auch an anderen Tagen, wenn zum Gebet gerufen worden sei. Seinen Reisepass habe er in Spanien verbrannt. Auf Frage, wie er dann ins Flugzeug gelangt sei, gab er an, in Málaga noch seinen Reisepass gehabt zu haben und ihn erst später in Bremen außerhalb des Flughafens verbrannt zu haben. Er habe zuletzt in Tanger acht Jahre lang in einer Mietwohnung mit 45 m² gelebt. Befragt nach den Gründen für seine Ausreise aus Marokko gab er an (Seite 110 ff. Beiakte 3), wegen der Krankheit der Klägerin – seiner Frau – gekommen zu sein. Diese sei oft krank gewesen – ständig krank – und er habe sie zum Arzt gebracht. Diese hätten gesagt, dass die Klägerin Gas im Magen hätte und ihr Tabletten gegeben. Diese hätten nicht geholfen. Zwei Jahre später hätte seine Frau eine Totgeburt gehabt. Dies sei noch ein weiteres Mal geschehen. Die Ärzte hätten nicht helfen können. Danach habe seine Frau einen Herzinfarkt bekommen. Ein aufgesuchter Kardiologe habe gesagt, dass sie nach Europa zu einer medizinischen Behandlung sollten. Dies hatte er allerdings nie vorgehabt. In der Hauptstadt Rabat, wo auch seine Schwester lebe, sei er dann bei Ärzten gewesen; es seien die besseren Ärzte in Marokko. Er habe sich dort mit seiner Frau einen Monat etwa bei seiner Schwester aufgehalten und sie seien ständig zu Ärzten gegangen. Aber auch die hätten nicht herausgefunden, welche Krankheit seine Frau hätte, obwohl sie unterschiedliche Teste und Untersuchungen gemacht hätten. Sie hätten auch Gewebsproben seiner Frau entnommen und nach Frankreich zur Untersuchung geschickt. Dies habe Unsummen von Geld gekostet. Er sei selber nicht derjenige, der all dieses Geld hätte; seine Firma hätte ihm immer nur Verträge für sechs Monate gegeben. Am Ende hätten die Ärzte dann gesagt, dass seine Frau – die Klägerin – an einer Glutenunverträglichkeit leide. Auch müsse sie immer Medikamente wegen der Herzkrankheit nehmen sowie zusätzlich eine Diät wegen der Glutenallergie. Im Marokko gäbe es aber keine Firma, die glutenfreies Essen herstelle, und Importessen koste doppelt so viel wie in den Ländern Europas. Sie seien auch hierhergekommen, weil seine Frau sicher ihr Kind bekommen solle, ohne erneut eine Fehlgeburt zu erleiden. Auch habe er wissen wollen, ob sein zukünftiges Kind diese Krankheit geerbt hätte. Er könne es sich nicht leisten, dass das Kind auch eine glutenfreie Ernährung benötige. Dies seien seine Ausreisegründe. Er sei (also) wegen der Gesundheit seiner Frau und seines zukünftigen Kindes hierhergekommen, er wolle hier auch arbeiten und hier Geld verdienen. Dazu legte der Kläger ärztliche Behandlungsberichte vor.
Die Klägerin bestätigte dies im Wesentlichen (Seite 113 ff. Beiakte 3). Sie leide an einer Herzentzündung und habe Zöliakie. Deshalb sei sie in ärztlicher Behandlung. Sie nehme wegen der Herzkrankheit ASS 100 und Kerlone 20 mg (vgl. Betaxolol zur Blutdrucksenkung) ein. Inzwischen sei sie im 9. Schwangerschaftsmonat. Weiter ergänzte sie (Seite 118 ff. Beiakte 3), im Jahr 2011 geheiratet zu haben. In Tanger lebe noch ihre Verwandtschaft. Die finanziellen Möglichkeiten hätten es ihnen in Marokko nicht erlaubt, ihre gesundheitliche Situation zu verbessern. Sie hätten die Behandlung nicht bezahlen können. Die Zöliakie sei in Marokko völlig unbekannt. Sie bekomme dort keine Lebensmittel für sich. Alles, was sie essen dürfe, müsse immer aus dem Ausland kommen. Bei der Herzerkrankung handele es sich um eine Entzündung am Herzen. In Marokko sei sie ständig beim Arzt gewesen. Dies hätten sie immer alles privat in Marokko bezahlen müssen. Dies habe auch mit der Krankheit und der Diät zu tun, die sie machen müsse. Wenn sie sich an die Diät halte, sei die Krankheit nicht so schlimm. Da sie schon zwei Kinder durch Frühgeburten verloren habe, sei die aktuelle Schwangerschaft der größte Grund, weshalb sie nach Deutschland gekommen seien. Sie seien nach Deutschland gekommen, damit es ihnen besser gehe. Sie wolle nicht zurückkehren, damit sich die Situation nicht verschlechtere. Auf Nachfrage erklärte die Klägerin weiter (Seite 114 ff. der Beiakte 3), dass der Kläger die Reisepässe verbrannt habe - er habe dies in Deutschland getan, er habe die Papiere genommen und einfach verbrannt. Bei den Asylbehörden in Spanien hätten sie sich nicht gemeldet. Ihr Ziel nach Ausreise aus Marokko sei aber auch nicht Spanien gewesen. Deshalb wolle sie auch nicht nach Spanien.
Die Beklagte leitete ein Dublin-Verfahren zur Überführung der Kläger nach Spanien ein.
Mit Dublin-Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, Bochum, vom 13. April 2018 (Seite 193 ff. Beiakte 3) lehnte die Beklagte die Asylanträge der Kläger als unzulässig ab, stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht vorlägen und ordnete ihre Abschiebung nach Spanien an.
Dagegen richtete sich die am 26. April 2018 vor dem Verwaltungsgericht Braunschweig – 4 A 351/18 – erhobene Klage der Kläger.
Nach Verweisung des gerichtlichen Verfahrens vom Verwaltungsgericht Braunschweig an das Verwaltungsgericht Lüneburg lief die Überstellungsfrist nach Spanien ab, hob die Beklagte ihren o.a. Dublin-Bescheid mit der Überstellungsverfügung der Kläger nach Spanien auf (vgl. dazu Seite 290 der Beiakte 3, Vermerk vom 22. Oktober 2018) und kündigte eine Entscheidung nach nationalem Recht an (Schriftsatz der Beklagten vom 22. Oktober 2018, Seite 291 Beiakte 3).
Danach stellte das Verwaltungsgericht Lüneburg mit seinem Beschluss vom 7. Januar 2019 – 6 A 293/18 – das dortige Klageverfahren ein.
Mit Schreiben des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, Bad Fallingbostel, vom 30. Januar 2019 wandte sich die Beklagte an die Klägerin und wies darauf hin, dass aus den Unterlagen hinsichtlich der Tochter ... hervorgehe, dass sie – die Klägerin – an Kardiomyopathie und Zöliakie leide. Die Beklagte gab darin der Klägerin Gelegenheit, innerhalb von zwei Wochen nach Zugang des Schreibens eines oder mehrere fachärztliche Atteste über ihre gesundheitlichen Beschwerden einzureichen und formulierte die Fragestellungen, die von dem Attest zu beantworten wären (aktueller Gesundheitszustand, Behandlung, Medikamentierung, Folgen bei Abbruch der Behandlung, insbesondere in Marokko). Zugleich wies es sinngemäß (am Ende dieses Anschreibens, Seite 314 der Beiakte 3) auf die Möglichkeit einer Fristverlängerung hin und darauf, dass nach Aktenlage entschieden werde, wenn innerhalb der gesetzten Frist keine Reaktion erfolge. Das Schreiben wurde der Klägerin am 2. Februar 2019 zugestellt (Seite 318 Beiakte 3). Die Klägerin hat innerhalb der gesetzten Frist kein fachärztliches Attest über etwaige gesundheitliche Beschwerden bei der Beklagten (dem Bundesamt) eingereicht, oder ansonsten überhaupt reagiert, und zwar auch in der darauffolgenden Zeit nicht (Seite 322 Beiakte 3).
Mit Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, Bad Fallingbostel, vom 14. März 2019 lehnte die Beklagte die Asylanerkennung und Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft sowie des subsidiären Schutzstatus der Kläger ab, stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorlägen, forderte die Kläger unter Abschiebungsandrohung nach Marokko zur Ausreise innerhalb von 30 Tagen auf und befristete das Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG.
In den Gründen gab die Beklagte zunächst das Vorbringen der Kläger, insbesondere aus der persönlichen Anhörung bei dem Bundesamt vom 29. März 2018, wieder und hielt sodann fest, dass die Voraussetzungen für die Asylanerkennung und die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht vorlägen, weil schon keinerlei persönliche Verfolgungshandlungen oder entsprechende Befürchtungen hinsichtlich Marokko vorgetragen seien, vielmehr ausdrücklich auf die gesundheitlichen Beschwerden der Klägerin und die sich aus den Behandlungskosten ergebenen wirtschaftlichen Schwierigkeiten abgestellt worden sei. Auch seien die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus nicht erfüllt, zumal den Klägern in Marokko weder die Verhängung noch die Vollstreckung der Todesstrafe drohe und auch nicht von Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung auszugehen sei. Ferner sei eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit der Kläger infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes nicht zu befürchten.
Auch lägen Abschiebungsverbote nicht vor. So führten die derzeitigen humanitären Bedingungen in Marokko auch nicht zu der Annahme, dass eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliege; die hierfür von EGMR geforderten hohen Anforderungen an den Gefahrenmaßstab (im Sinne einer Extremgefahr) seien nicht erfüllt, weshalb auch ein Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 5 AufenthG nicht anzunehmen sei, zumal der Kläger gesund und erwerbsfähig sei. Auch habe die Klägerin es nicht möglich gemacht, indem sie nämlich keine Unterlagen über ihre Erkrankungen vorgelegt habe, hier abzuklären, wie hoch tatsächlich etwaige Behandlungskosten in Marokko wären. Danach sei auch unter Berücksichtigung aller weiteren Umstände festzuhalten, dass eine Unterschreitung des wirtschaftlichen Existenzminimums der Kläger bei einer Rückkehr nach Marokko nicht zu befürchten sei.
Auch hinsichtlich § 60 Abs. 7 AufenthG lägen - insbesondere angesichts der geltend gemachten Glutenunverträglichkeit (Zöliakie) und Herzerkrankung - die Voraussetzungen nicht vor. Auch hier habe es die Klägerin selber sich zuzuschreiben, die Gelegenheit zur vertiefenden Darstellung unter Vorlage eines fachärztlichen Attestes nicht wahrgenommen zu haben. Schließlich gebe es auch in Marokko ein funktionierendes Gesundheitswesen und war die Klägerin zu 2. auch tatsächlich vor ihrer Ausreise aus Marokko bereits jahrelang in ärztlicher Behandlung, und zwar nicht nur allein in ihrer Herkunftsstadt Tanger, sondern auch in Rabat. Sie habe mithin offensichtlich die medizinischen Möglichkeiten ihres Herkunftslandes verstanden zu nutzen. Schließlich seien auch die eingenommenen Medikamente ASS 100 und Kerlone 20 mg in Marokko erhältlich und finanzierbar, zumal es sich um verhältnismäßig preisgünstige Präparate handele.
Ferner sei die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots auf 30 Monate angemessen.
Der Bescheid wurde am 19. März 2019 zugestellt (Seite 360 Beiakte 3).
Die Kläger haben am 28. März 2019 Klage erhoben und Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe gestellt.
Zur Begründung ihrer Klage beziehen sie sich zunächst auf ihre Angaben in der persönlichen Anhörung vom 29. März 2018. Weiter bringen sie (Schriftsatz vom 8. Mai 2019) vor, während an den geltend gemachten Ansprüchen auf Asylanerkennung und Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht mehr festgehalten werde, lägen aber die Voraussetzungen für die Gewährung subsidiären Schutzes angesichts dessen vor, dass der Klägerin in Marokko eine weitere gesundheitliche Behandlung versagt bliebe. Die dortige durchgeführte ärztliche Behandlung habe zu keinem Erfolg geführt und dies sei dort letztlich Folge schlechter humanitärer Bedingungen. Danach ergäbe sich bereits das Vorliegen eines Abschiebungsverbotes iSv. § 60 Abs. 5 AufenthG. Ebenso sei ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthG begründet.
Die Kläger beantragen,
die Beklagte zu verpflichten, ihnen den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen, festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen, über die Befristungsentscheidung der Beklagten zum Einreise- und Aufenthaltsverbot unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes neu zu entscheiden und
den Bescheid der Beklagten vom 14. März 2019 aufzuheben, soweit er dem entgegensteht.
Die Beklagte beantragt (bezugnehmend auf ihren Bescheid),
die Klage abzuweisen.
Mit Beschluss vom 6. Mai 2019 hat das Gericht den Antrag der Kläger auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe aus den Gründen des angegriffenen Bescheides abgelehnt. Mit weiterem Beschluss vom 9. Mai 2019 hat das Gericht diesen Beschluss überprüft und es abgelehnt, ihn abzuändern.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Beiakten 1 bis 6 verwiesen; sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Soweit die Kläger mit Schriftsatz vom 8. Mai 2019 ihre Klage teilweise, nämlich gerichtet auf Asylanerkennung und Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (ursprüngliche Klageanträge zu 1. und zu 2.), zurückgenommen haben, war das Verfahren gemäß § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO mit der Kostenfolge aus § 155 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG einzustellen.
Die Klage im Übrigen, über die das Gericht nach Übertragungsbeschluss der Kammer vom 1. April 2019 durch den Einzelrichter entscheidet, ist unbegründet.
Der angegriffene Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, Bonn, vom 14. März 2019 – 7445696-252 – ist insgesamt rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten.
Die Voraussetzungen der geltend gemachten Ansprüche auf (ursprünglich Asyl, Flüchtlingseigenschaft und jetzt noch) subsidiären Schutz sowie auf Feststellung des Vorliegens eines Abschiebungshindernisses gemäß § 60 Abs. 5, 7 Satz 1 AufenthG sind nicht erfüllt und die Verpflichtungsklage ist insoweit unbegründet, § 113 Abs. 1 und 5 VwGO.
Dasselbe gilt hinsichtlich der Nebenentscheidungen im angegriffenen Bescheid (Abschiebungsandrohung, Befristung), hinsichtlich derer die klageweisen Angriffe ebenfalls erfolglos bleiben, § 113 Abs. 1 und 5 VwGO.
Angesichts der zutreffenden Begründungen im angegriffenen Bescheid, die auch das klageweise Vorgebrachte der Kläger bereits vorwegnehmend richtig würdigen, bezieht sich das Gericht zur Begründung des Urteils gemäß § 77 Abs. 2 AsylG auf diese Gründe und macht sich diese hierfür zu Eigen, zumal sie in Einklang mit den folgenden einschlägigen Entscheidungen des Gerichts (juris, jeweils mit weiteren Nachweisen und Erkenntnismitteln) stehen:
- Gerichtsbescheid vom 13. Februar 2018 - 7 A 119/18
- Gerichtsbescheid vom 3. April 2018 - 7 A 121/18
- Urteil vom 20. April 2018 - 7 A 127/18
- Beschluss vom 2. Mai 2018 - 7 B 1821/18
- Urteil vom 6. Dezember 2018 - 7 A 1229/18
- Urteil vom 5. Februar 2019 - 7 A 4566/18
Weiter verweist das Gericht entsprechend § 77 Abs. 2 AsylG auf die Gründe seines Prozesskostenhilfebeschlusses vom 9. Mai 2019.
Insgesamt bestätigend, ergänzend und weiterführend hält das Gericht noch Folgendes fest.
Das Königreich Marokko ist eine autokratische Monarchie mit Garantien der Gewaltenteilung und der demokratischen Regierungsführung sowie umfassenden bürgerlichen und politischen Rechten in seiner Verfassung. Allerdings lautet die unantastbare Staatsdevise „Allah, al-Watan, al-Malik“ (Gott, Vaterland, König). Dies bedeutet, dass Kernelemente der marokkanischen Politik mit Unveränderbarkeitscharakter der Islam als Staatsreligion, die territoriale Integrität einschließlich der Westsahara und die Monarchie als Staatsform sind. Verfassungsrechtlich besonders geschützt ist die Rolle des Königs und des Islam. Dabei ist der König zugleich oberste weltliche und oberste geistliche Autorität. Die Verfassung von 2011 enthält institutionelle und materielle Vorgaben, deren Umsetzung schrittweise vorankommt.
Das Justizsystem ist unvollständig. Seine Schwächen sind die Unabhängigkeit der Richter, die Korruptionsprävention und die Modernisierung der Justizverwaltung, an welchen gearbeitet wird. Die Exekutive will rechtsstaatliche Grundsätze achten. Es gibt staatliche und nichtstaatliche Organisationen, die die Einhaltung der rechtsstaatlichen Grundsätze prüfen.
Die Meinungs- und Pressefreiheit werden nicht in vollem Umfang garantiert, sind allerdings ausgeprägt und werden in Anspruch genommen. Lediglich hinsichtlich der roten Linien der marokkanischen Politik – der Islam als Staatsreligion, die territoriale Integrität einschließlich der Westsahara und die Monarchie – wird strafrechtlich geahndet. In diesem Bereich sind auch Einschränkungen der Versammlungs- und Vereinsfreiheit zu gewärtigen.
Staatlich angeordnete und systematische Folter findet nicht statt, wohl wird von Einzelfällen berichtet. Die marokkanische Regierung indessen lehnt den Einsatz der Folter ab. Sie bemüht sich um Prävention und geht Vorwürfen von Misshandlungen nach.
Die Religionsfreiheit wird eng begrenzt gewährt – der Islam ist Staatsreligion und Missionieren ist strafbewehrt. Konversion ist nicht vorgesehen, allerdings auch kein Strafrechtstatbestand.
Strafbewehrt ist jeder außereheliche Geschlechtsverkehr. Insoweit findet Strafverfolgung aber nur in wenigen Fällen statt. Die Homosexualität ist ebenfalls strafbewehrt. Aber sie wird nur bei öffentlichem Ausleben verfolgt. Die Fallzahlen für Strafverfolgung von außerehelichem einvernehmlichen Geschlechtsverkehr jeglicher Art sind nicht gesichert.
Die Situation in Gefängnissen entspricht nicht internationalen Standards, auch wenn ein Gesetzentwurf mit neuen Standardmindestregeln als Entwurf vorgelegt wurde.
Diese Beschreibung der allgemeinen Lage in Marokko fußt insbesondere auf den Mitteilungen des Auswärtigen Amtes, z.B. dem
„Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Königreich Marokko (Stand: März 2017)“,
Auswärtiges Amt, Berlin, vom 10. März 2017, der hinreichend ausführlich, detailliert und aktuell ist und inhaltlich durch die jüngeren Lageberichte vom 14. Februar 2018 (Stand: November 2017) und vom 21. Dezember 2018 (Stand: November 2018) bestätigt wird.
Hinsichtlich der Gesundheitsversorgung in Marokko heißt es dort wörtlich (Seite 22):
1.3. Medizinische Versorgung
Die medizinische Grundversorgung ist vor allem im städtischen Raum weitgehend gesichert. Medizinische Dienste sind kostenpflichtig und werden bei bestehender gesetzlicher Krankenversicherung von dieser, vorbehaltlich eines Eigenanteils, erstattet. Es gibt ein an ein Beschäftigungsverhältnis geknüpftes Kranken- und Rentenversicherungssystem (CNSS). Nicht arbeitende enge Familienangehörige sind familienversichert. Seit 2015 können sich unter bestimmten Umständen auch Studenten und sich legal im Land aufhaltende Ausländer versichern lassen. Mittellose Personen können auf Antrag bei der Präfektur eine „Carte RAMED“ erhalten. Bei Vorlage dieser Karte sind Behandlungen kostenfrei. Es gibt einen großen qualitativen Unterschied zwischen öffentlicher und (teurer) privater Krankenversorgung. Selbst modern ausgestattete medizinische Einrichtungen garantieren keine europäischen Standards. Insbesondere das Hilfspersonal ist oft unzureichend ausgebildet, Krankenwagen sind in der Regel ungenügend ausgestattet. Die Notfallversorgung ist wegen Überlastung der Notaufnahmen in den Städten nicht immer gewährleistet, auf dem Land ist sie insbesondere in den abgelegenen Bergregionen unzureichend.
Chronische und psychiatrische Krankheiten oder auch HIV/AIDS-Dauerbehandlungen lassen sich in Marokko vorzugsweise in privaten Krankenhäusern behandeln. Bei teuren Spezialmedikamenten soll es in der öffentlichen Gesundheitsversorgung bisweilen zu Engpässen kommen. Bei entsprechender Finanzkraft ist allerdings fast jedes lokal produzierte oder importierte Medikament erhältlich.
Ferner stützt sich das Gericht auf weitere Quellen, insbesondere den Inhalt der Beiakte 6 mit folgenden Unterlagen:
- „Focus Marokko Gesundheitsversorgung“, Schweizerische Eidgenossenschaft, Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement EJPD, Staatssekretariat für Migration SEM, Sektion Analysen, Bern-Wabern, 25. Februar 2015, 34 Seiten
- „LÄNDERINFORMATIONSBLATT MAROKKO (Juni 2013)“, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge BAMF / Internationale Organisation für Migration IOM, 31 Seiten
- „Länderinformationsblatt Marokko 2018“, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge BAMF / Internationale Organisation für Migration IOM, 18 Seiten
- Internettexte (Wikipedia) zu Zöliakie, Kardiomyopathie und Myokarditis
Daraus und unter Berücksichtigung weiterer Erkenntnisse, z.B. aus der Rechtsprechung, ergibt sich, dass nicht nur die Voraussetzungen des subsidiären Schutzes und von § 60 Absatz 5 AufenthG hier offensichtlich nicht erfüllt sind, sondern dass insbesondere auch das Vorliegen eines Abschiebungshindernisses im Sinne von § 60 Absatz 7 Satz 1 AufenthG nicht in Betracht gezogen werden kann.
Weil schon subsidiärer Schutz angesichts der Lage in Marokko und des Vorbringens der Kläger hier nicht greifen kann, kommt es wegen gleicher Voraussetzungen der Gefahr auf § 60 Abs. 5 AufenthG, Art. 3 EMRK auch nicht an, zumal das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 14. März 2019 - 11 LA 8/18 -, Vnb., wörtlich Folgendes, dem das erkennende Gericht hier insoweit folgt, festgehalten hat:
„Soweit § 60 Abs. 5 AufenthG die völkerrechtliche Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland wiederholt, bei aufenthaltsbeendenden Maßnahmen die Gefahr der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung zu berücksichtigen (Art. 3 EMRK), ist der sachliche Regelungsbereich weitgehend identisch mit dem Schutzbereich des § 60 Abs. 2 AufenthG, § 4 Abs. 1 AsylG (BVerwG, Urt. v. 31.1.2013 - 10 C 15/12 -, BVerwGE 146, 12, juris, Rn. 36). Daher scheidet bei Verneinung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 AufenthG, § 4 Abs. 1 AsylG regelmäßig aus denselben tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen auch ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG in Bezug auf Art. 3 EMRK aus (BVerwG, Urt. v. 31.1.2013 - 10 C 15/12 -, a.a.O., juris, Rn. 36). Dass hier ausnahmsweise eine divergierende Bewertung in Betracht kommt, hat der Kläger nicht geltend gemacht und ist auch nicht ersichtlich.“
So liegt der Fall. Es sind mithin weder die Voraussetzungen für die Gewährung subsidiären Schutzes noch die Feststellung des Vorliegens eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG erfüllt. Auch liegt ein Abschiebungshindernis im Sinne von § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG nicht vor.
Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Diese ist u.a. dann gegeben, wenn mit überwiegender Wahrscheinlichkeit alsbald nach der Rückkehr ins Heimatland die wesentliche oder gar lebensbedrohliche Verschlimmerung einer Krankheit zu erwarten ist (§ 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG; vgl. BVerwG, Urteil vom 25. November 1997 - 9 C 58.97 - BVerwGE 105, 383 <387> juris), wobei in zeitlicher Hinsicht ein Prognosezeitraum von etwa einem Jahr angemessen ist (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 22. März 2006 - 10 LA 287/05 - <Seite 6>). Zu berücksichtigen ist dabei, ob dem Ausländer die erforderlichen therapeutischen Maßnahmen individuell zugänglich sind, insbesondere finanziert werden können (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 2002 - 1 C 1.02 - NVwZ-Beilage 2003, 53, juris). Es ist aber nicht erforderlich, dass die Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist (§ 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG). Die Gefahr muss zudem nicht nur im Heimatort des Betroffenen, sondern landesweit bestehen (§ 60 Abs. 7 Satz 4 AufenthG; vgl. BVerwG, Urteil vom 15. April 1997 - 9 C 38.96 - BVerwGE 104, 265 <267>). Diese Voraussetzungen decken sich insoweit mit der bisherigen ständigen Rechtsprechung in der Kammer (vgl. Urteil vom 8. November 2016 - 7 A 3449/16 -, Vnb., Beschlüsse vom 9. April 2015 - 7 B 1548/15 -, vom 27. Januar 2016 - 7 B 283/16 -, vom 1. Juni 2016- 7 B 1888/16 -, und Urteil vom 25. November 2016 - 7 A 5498/16 -, jeweils juris; siehe auch OVG Lüneburg, Beschluss vom 19. August 2016 - 8 ME 87/16 - juris).
Generell und bei grundsätzlicher Betrachtung sind nach Allem weitgehend alle Krankheiten und Beschwerden bei gedachter Rückkehr nach Marokko behandelbar und erfüllen in der Regel nicht die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Aufenthaltsgesetz. Daran hält das Gericht im und als Grundsatz fest. Auch ist insoweit dem angegriffenen Bescheid vollständig zu folgen und auf diesen zu verweisen.
Allerdings muss insoweit berücksichtigt werden, dass die Frage, ob die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz angesichts einer Erkrankung bei dem jeweiligen Ausländer vorliegen, nur einer Beurteilung anhand der jeweiligen Fallumstände, insbesondere des konkreten Krankheitsbildes, der konkreten notwendigen medizinischen Behandlungen und deren individueller Verfügbarkeit im Herkunftsstaat zugänglich ist, die grundsätzlich nicht „abstrakt“ für eine Vielzahl von Fällen gleichsam vorab vorgenommen werden kann (Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichtes vom 11. August 2015 - 8 LA 145/15 -, Vnb., mwN.).
Die insoweit gebotene Einzelfallbetrachtung führt zu keinem anderen Ergebnis und verhilft der Klage auch insoweit nicht zum Erfolg. Hier ist maßgeblich zu berücksichtigen, dass im Einzelfall der Klägerin angesichts der gesetzlichen Regelung in § 77 Abs. 1 AsylG zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt des Gerichts die Wertungen im angegriffenen Bescheid nicht überholt sind (etwa weil sich der Prozessstoff verändert hätte o.ä., was nicht der Fall ist).
Die Kläger vermochten das Gericht nicht vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 AufenthG zu überzeugen; es lag nicht einmal Beweiserheblichkeit vor. Eine etwaige Beweiserhebung kam nicht in Betracht.
Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Schriftsatzes der Klägerseite vom 8. Mai 2019 und auch der dort geltend gemachten gesundheitlichen Aspekte. Insoweit kommt es nicht auf die dort erstrebte Beweisaufnahme und / oder Einholung einer Auskunft an. Denn auch von Klägerseite wird dem Grunde nach nicht bestritten, dass grundsätzlich in Marokko ein funktionierendes Gesundheitssystem vorhanden ist. Dies ergibt sich schon aus den vorliegenden Lageberichten des Auswärtigen Amtes. Nach den Angaben des Auswärtigen Amtes ist die medizinische Grundversorgung im städtischen Raum jedenfalls weitgehend gesichert. Bei Mittellosigkeit können auch die Kosten erlassen werden. Sogar chronische und psychiatrische Krankheiten lassen sich in Marokko behandeln (vgl. hierzu als Beispiel das Urteil des Verwaltungsgerichtes Würzburg vom 28. September 2018 – W 2 K 16.30415, juris, mwN.). Das Gericht geht nach bisheriger, hinreichend belastbarer und ausführlicher Erkenntnislage davon aus, dass die geltend gemachten Erkrankungen der Klägerin, insbesondere Zöliakie und Kardiomyopathie (Zustand nach Myokarditis) behandelbar sind. Demgegenüber stellt sich der avisierte Beweisantrag als unzulässiger Ausforschungsantrag dar. Zudem muss sich insbesondere die Klägerin darauf verweisen lassen, dass ein Anspruch auf eine Behandlung nach westeuropäischen Standards nicht erwartet und verlangt werden darf. Auch ist sie tatsächlich behandelt worden (und konnte dort auch mit Zöliakie leben).
Insgesamt wird auch nicht ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis geltend gemacht, sondern allenfalls ein ggf. von der Ausländerbehörde zu prüfendes inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis. Es ist nicht glaubhaft gemacht, dass ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis im Sinne von § 60 Abs. 5 und / oder Abs. 7 AufenthG in Rede stünde, zu dessen Prüfung die Beklagte befugt und verpflichtet sei. Diese wären allenfalls von der Ausländerbehörde, z.B. auch mit Blick auf eine etwaige Reise(un)fähigkeit, evtl. zu prüfen (vgl. ausführlich zur Differenzierung zwischen zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernissen im Sinne von § 60 Abs. 5, Abs. 7 AufenthG und den bloß inlandsbezogenen Vollstreckungshindernissen: Beschluss des Gerichts vom 16. Februar 2017 – 7 B 983/17 – in juris, mwN).
Jedenfalls liegen die strengen Voraussetzungen für die Annahme eines zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisses gem. § 60 Abs. 7, Abs. 5 AufenthG, nicht (und erst Recht nicht für die laut Schriftsatz vom 8. Mai 2019 noch begehrte Gewährung subsidiären Schutzes) vor. Schon gar nicht wäre glaubhaft dargetan, eine Rückführung nach Marokko bedeute, dass die Kläger(in) gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde(n), vgl. bspw. BVerwG, Urteil vom 29. September 2011 - BVerwG 10 C 24.10 – juris.
So ist es auch nicht Sinn und Zweck der abschiebungsrechtlichen Vorschriften, soweit sie zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse überhaupt im Ansatz begründen könnten, eine Einreise oder einen Aufenthalt zu asylfremden Zwecken wie etwa der Wahrung der Familieneinheit, der Verbesserung der wirtschaftlichen Lage und / oder der gesundheitlichen Versorgung zu ermöglichen oder gar zu fördern. Der Abschiebungsschutz dient auch nicht dazu, eine bestehende Erkrankung optimal zu behandeln oder ihre Heilungschancen zu verbessern. Es besteht kein Anspruch auf Teilhabe am medizinischen Fortschritt oder Standard in Deutschland. Für Krankheiten ist geklärt, dass ein Ausländer eine über die erforderliche Grund- und Notversorgung hinausgehende Therapie nicht beanspruchen kann, sondern sich auf das im Herkunftsstaat vorhandene Behandlungsniveau verweisen lassen muss (vgl. etwa BVerwG, U. v. 31. Januar 2013 – 10 C 15.12 – BVerwGE 146, 12/20 f. Rn. 23 ff.).
Insgesamt sind gemessen an Voranstehendem und damit insbesondere den Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG die geltend gemachten Störungen der Klägerin
- nicht schwerwiegend genug;
- ihre Nichtbehandlung zöge keine schwerwiegendsten Folgen nach sich;
- die Folgen eines Behandlungsabbruchs träten auch in zeitlicher Hinsicht nicht unmittelbar ein;
- sie sind auch grundsätzlich in Marokko behandelbar;
- für ihre Behandlung, insb. auch für besondere glutenfreie Ernährung und Diät, Medikamentierung, sorgt bereits das öffentliche Gesundheitswesen hinreichend und
- kann die Klägerin im Verbund mit dem Ehemann, seiner Erwerbstätigkeit, der umfangreichen Verwandtschaft in Tanger und auch Rabat hinreichend für sich sorgen und dazu auch die notwendigen Mittel aufbringen,
- wie ihre Vergangenheit in Marokkos dies nämlich auch schon bereits bewiesen hat.
Der gesamte geltend gemachte Gesundheitsaspekt ist so niedrigschwellig, dass sich die Klagweisung als offensichtlich unbegründet aufdrängt, § 78 Abs. 1 AsylG. Dies gilt erst Recht, weil die Klägerin es nicht einmal unternommen hat, eine fachärztliche Befundung ihrer Störungen in Deutschland vornehmen zu lassen und dem Gericht vorzulegen, so wie sie schon auch auf das entsprechende und sachgerechte Anschreiben des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, Bad Fallingbostel, vom 30. Januar 2019, nicht reagiert hat.
Allerdings liegen insoweit nicht zuletzt auch in Ansehung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Februar 2019 – 2 BvR 1193/18 – juris, Asylmagazin 4/2019, S. 111 f., derzeit noch Zweifel vor, ob die Abweisung der Klage als offensichtlich unbegründet allen verfassungsrechtlichen Anforderungen vollumfänglich genügen würde, und soll die Möglichkeit, das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht jedenfalls durch Stellung eines Antrags auf Zulassung der Berufung noch anzurufen, nicht abgeschnitten werden, obwohl die Klägerseite bereits sehr frühzeitig im Verfahren durch Verfügung des Gerichts auf die Anwendbarkeit von § 78 Abs. 1 AsylG aufmerksam gemacht worden war.
Dies gilt auch, obwohl die Einreise der Kläger nach und der weitere Aufenthalt in Deutschland asylfremden Motiven geschuldet waren und sind. Dazu hatte das Gericht in seinem Urteil vom 23. November 2018 – 7 A 3744/18 – Vnb, wörtlich Folgendes festgehalten (Auszug):
„Schließlich ist es nicht Sinn und Zweck der abschiebungsrechtlichen Vorschriften, soweit sie zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse begründen könnten (hier angesichts der gesundheitlichen Problematik des Klägers zu 1. insbesondere § 60 Abs. 7 AufenthG), eine Einreise oder einen Aufenthalt zu asylfremden Zwecken wie etwa der Wahrung der Familieneinheit, der Verbesserung der wirtschaftlichen Lage und / oder der gesundheitlichen Versorgung zu ermöglichen oder gar zu fördern. Hier aber tritt der reine Versorgungszweck hinsichtlich der medizinischen Betreuung und Versorgung des Klägers zu 1. nicht nur offen zu Tage, sondern ist von diesem auch unumwunden anlässlich seiner Anhörungen eingeräumt und zudem von der Klägerin zu 2. bestätigt worden. Mithin verfolgten die Kläger schon bei Einreise nach Deutschland und verfolgen sie insgesamt asylfremde Zwecke (vgl. dazu schon den Beschluss des erkennenden Gerichtes vom 12. September 2016 – 7 B 4233/16 – Vnb. und ebenso sein Urteil vom 15. Mai 2018 – 7 A 908/18 – mit Nds. OVG, Beschluss vom 13. Juli 2018 – 11 LA 339/18 – jeweils Vnb.). Die daneben dargetane (und unglaubhafte, s.o.) Verfolgungslegende stellt nur unbeachtliches Beiwerk dar.“
Daran hält das Gericht fest und dies gilt auch hier.
Schließlich weist das Gericht angesichts der Möglichkeit, dass ein in Deutschland lebendes Kind der Kläger - Tochter ... - im Besitz eines Aufenthaltstitels sein sollte oder in Zukunft wäre, auf Folgendes hin: Damit wird nicht etwa zugleich das Vorliegen eines zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisses begründet. Dies ist vielmehr eine Fragestellung, die die zuständige Ausländerbehörde mit Blick auf das Vorliegen eventueller inländischer Vollstreckungshindernisse betrifft. Das Vorbringen, Vater bzw. Mutter eines Kindes mit Besitz oder in Erwartung eines Aufenthaltstitels zu sein, ist asyl- und flüchtlingsrechtlich irrelevant. Ein Vorbringen, Kontakt zum eigenen Kind haben können zu müssen, das ein Aufenthaltsrecht habe oder erhalten werde, greift im vorliegenden asylrechtlichen Verfahren nicht durch. Vielmehr handelt es sich um eine (insoweit: rein) ausländerrechtliche Angelegenheit, deren weitere Prüfung außerhalb der Zuständigkeit der Beklagten liegt und welche vielmehr bei der zuständigen Ausländerbehörde angesiedelt ist. Soweit die Kläger vorbringen wollten, in Erwartung eines entsprechenden abgeleiteten ausländerrechtlichen Aufenthaltsrechtes zu stehen, verhilft dies der Klage und vorliegendem Eilantrag mithin nicht zum Erfolg, so schon: Gerichtbescheid vom 30. Januar 2018 - 7 A 114/18 - Vnb. Insbesondere liegen insoweit keine zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG vor. Allerdings müssen die Ausländerbehörden bei der Entscheidung über aufenthaltsbeendende Maßnahmen die familiären Bindungen des betroffenen Ausländers an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, pflichtgemäß berücksichtigen – dem entspricht ein Anspruch des Ausländers auf angemessene Berücksichtigung dieser Bindungen (BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 5. Juni 2013 – 2 BvR 586/13 –, juris). Die Frage, inwieweit eine Trennung vom ggfls. aufenthaltsberechtigten Kinde droht, ist nicht im Asylverfahren durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (bzw. anschließend das Verwaltungsgericht) zu klären. Zwar verweist § 60 Abs. 5 AufenthG auf die Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), die in Artikel 8 EMRK das Familienleben schützt. Indes bezieht sich der Verweis in § 60 Abs. 5 AufenthG aber nur auf solche Abschiebungshindernisse, die in Gefahren begründet liegen, welche dem Ausländer im Zielstaat der Abschiebung drohen ("zielstaatsbezogene" Abschiebungshindernisse). Hindernisse, die einer Vollstreckung der Ausreisepflicht entgegenstehen, weil andernfalls ein geschütztes Rechtsgut im Bundesgebiet verletzt würde ("inlandsbezogene" Vollstreckungshindernisse), fallen dagegen nicht unter § 60 Abs. 5 AufenthG. Der Umfang der in § 24 Abs. 2 AsylG geregelten Pflicht zur Sachaufklärung der Antragsgegnerin im Asylverfahren, ob Abschiebungsverbote vorliegen, wird insoweit von vornherein auf das Vorliegen von zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernissen reduziert. Denn für die Durchführung der Abschiebung und auch für die Entscheidung über alle inlandsbezogenen und sonstigen tatsächlichen Vollstreckungshindernisse ist die Ausländerbehörde zuständig. Zu den ausschließlich von der Ausländerbehörde zu prüfenden Vollstreckungshindernissen gehört auch ein etwaiges Verbot, durch die Abschiebung eine mit Artikel 6 GG und Artikel 8 EMRK nicht vereinbare Trennung von Familienmitgliedern zu bewirken (BVerwG, Urteil < zur Vorgängervorschrift § 53 Absatz 4 AuslG > vom 11. November 1997 - 9 C 13.96 -, BVerwGE 105, 322-328 = juris, Rn. 8 ff.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13. Dezember 2012 - A 2 S 1995/12 -, juris, Rn. 15; VG Düsseldorf, Urteil vom 24. April 2015 – 13 K 5706/13.A –, juris). Da das Bundesamt für die Beklagte demnach über inlandsbezogene Vollstreckungshindernisse von vornherein nicht entscheidet, kann ihre Entscheidung insoweit auch keine Bindungswirkung für die Ausländerbehörde erzeugen. Dementsprechend sieht auch § 43 Abs. 3 AsylG vor, dass die Ausländerbehörde über die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung entscheidet, wenn Eltern und ihre minderjährigen Kinder gleichzeitig einen Asylantrag gestellt haben, um die gemeinsame Ausreise der Familie zu ermöglichen. Mithin ist zusammenfassend festzuhalten, dass Hindernisse, die einer Vollstreckung der Ausreisepflicht entgegenstehen, weil andernfalls ein geschütztes Rechtsgut im Bundesgebiet verletzt würde ("inlandsbezogene" Vollstreckungshindernisse), hier: eventuell zukünftig die Wahrung der Familieneinheit, nicht § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG unterfallen. Zu solchen ausschließlich von der Ausländerbehörde zu prüfenden Vollstreckungshindernissen gehört auch ein etwaiges Verbot, durch die Abschiebung eine mit Art. 6 GG und Art. 8 EMRK nicht vereinbare Trennung von Familienmitgliedern zu bewirken (VG Düsseldorf, Beschluss vom 23. Januar 2015 – 13 L 3224/14.A –, juris, Rn. 18). Darauf müssen sich die Kläger verweisen lassen (so schon insgesamt: Beschluss vom 16. Februar 2017 - 7 B 983/17 -, juris). Sofern sie sodann insoweit u.U. auch selber eine Aufenthaltserlaubnis ggfls. erhalten sollten, was das Gericht hier nicht beurteilt, geschweige denn etwa bejahen würde, sondern nur hypothetisch für die hierzu anzustellenden Erwägungen unterstellt, so macht dies auch nicht die im vorliegenden Asylverfahren ausgesprochene Abschiebungsandrohung sozusagen im Nachhinein rechtswidrig, sondern vielmehr „gegenstandslos“; diese entfaltet sodann insoweit keine Rechtswirkung mehr (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 16. Juni 2004 - 1 C 20.03 -, juris, und im Anschluss daran Gerichtsbescheid des angerufenen Gerichts vom 3. Juni 2016 - 7 A 2134/16 -). Durch eine - wiederum: hier nur hypothetisch gedachte – den Klägern womöglich nachträglich erteilte bzw. hier eventuell später erst noch zu erteilende Aufenthaltserlaubnis zur Wahrung der Familieneinheit wird also die im angegriffenen Bescheid vom 14. März 2019 enthaltene Abschiebungsandrohung gegenstandslos (VG Stade, Urteil v. 22. Juni 2017 - 3 A 276/15 -; VG Frankfurt, Urteil v. 29. Juni 2011 – 1 K 362/11.F.A -, juris Rn. 15-18; siehe bereits BVerwG, Urteil v. 21. September 1999 - 9 C 12/99 -, juris; OVG Hamburg, Beschluss v. 19. November 1993, juris, Rn. 19-20; Urteil des Gerichts vom 23. Januar 2018 - 7 A 72/18 -). Auf die im Bescheid enthaltene Abschiebungsandrohung könnte dann eine Abschiebung nicht mehr gestützt werden. Die Gegenstandlosigkeit muss gleichermaßen für die hier im angegriffenen Bescheid enthaltene Befristungsentscheidung bezüglich des Einreise- und Aufenthaltsverbotes gelten, da eine Ausreisepflicht sodann nicht mehr existiert. Das für die Klage erforderliche allgemeine Rechtsschutzbedürfnis besteht in diesen Fällen sodann nicht mehr (vgl. die zitierte Rspr., aaO.).
Nach Allem war die Klage mit der Kostenfolge aus §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83b AsylG, 167 Abs. 2 VwGO abzuweisen (zum zurückgenommenen Teil der Klage siehe oben).