Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 26.06.1979, Az.: 3 K 286/77

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
26.06.1979
Aktenzeichen
3 K 286/77
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1979, 17699
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:1979:0626.3K286.77.0A

Tatbestand:

1

Am 7. Dezember 1976 hat der bei der Klägerin angestellte Kraftfahrer S. im Auftrag der Klägerin einen Lastkraftwagen (LKW) mit einem Tiefladeanhänger von einer Baustelle in Spet. auf einer öffentlichen Straße nach Spec. überführt. Beide Fahrzeuge waren nicht allgemein für den Verkehr zugelassen. Bei dem Transport verwendete S. ein rotes Kennzeichenpaar, das ihm nebst dem zugehörigen, nicht ausgefüllten Kraftfahrzeugschein von dem Ehemann der Geschäftsführerin der Klägerin für die Überführung ausgehändigt worden war. Der Kraftfahrzeugschein ist von S. nicht ausgefüllt worden.

2

Das beklagte Finanzamt (FA) sah hierin die widerrechtliche Benutzung der beiden Fahrzeuge und setzte die Kraftfahrzeugsteuer mit einem an die Klägerin gerichteten Bescheid auf insgesamt DM 1.009,50 fest. Gegen den Steuerbescheid wendet sich die Klägerin nach erfolglosem Vorverfahren mit der Klage, zu deren Begründung sie vorträgt:

3

Bei dem Auftrag zur Überführung der beiden Fahrzeuge und der Aushändigung der roten Kennzeichen sei der Ehemann der Geschäftsführerin selbstverständlich davon ausgegangen, daß S. die beiden Fahrzeuge in zwei getrennten Fahrten überführen und die erforderlichen Eintragungen im Kraftfahrzeugschein machen solle. Das sei auch S. klar gewesen. Es sei stets so gehandhabt worden, daß der Fahrer den Schein für das rote Kennzeichen und das Verzeichnis der Scheine ausfüllt. Daraus, daß S. dann vorschriftswidrig beide Fahrzeuge in einem Arbeitsgang überführt und auch den zugehörigen Schein nicht ausgefüllt habe, könne ihr -; der Klägerin -; nicht der Vorwurf einer widerrechtlichen Benutzung gemacht werden.

4

Die Klägerin beantragt,

den Kraftfahrzeugsteuerbescheid vom 19. Juli 1977 und den Einspruchsbescheid vom 7. September 1977 aufzuheben.

5

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

6

Es begründet den Antrag wie folgt:

7

Da der zu dem roten Kennzeichen gehörige Kraftfahrzeugschein nicht ausgefüllt worden sei, seien beide Fahrzeuge widerrechtlich benutzt worden. Die Steuer sei deshalb zu Recht erhoben worden.

Gründe

8

Die Klage ist nicht begründet.

9

Nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Kraftfahrzeugsteuergesetz (KraftStG) unterliegt die widerrechtliche Benutzung eines Kraftfahrzeugs und eines Kraftfahrzeuganhängers der Steuer. Ein Fahrzeug wird widerrechtlich benutzt, wenn es auf einer öffentlichen Straße ohne Zulassung und ohne bestimmungsgemäße Verwendung eines roten Kennzeichens gefahren wird (vgl. Egl., Kraftfahrzeugsteuer Kommentar, 2. Aufl., Abschn. 8). Diese Voraussetzung ist im Streitfall sowohl für den LKW als auch für den Anhänger gegeben. Beide Fahrzeuge waren nicht für den Verkehr auf öffentlichen Straßen zugelassen und ihre Fahrt war auch nicht durch das verwendete rote Kennzeichen gedeckt.

10

Bei der Fahrt von Spet. nach Spec. handelte es sich um eine Überführungsfahrt im Sinne von § 28 Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO). Für sie war eine Zulassung nicht erforderlich, wenn rote Kennzeichen an den Fahrzeugen geführt wurden. Für die zwei gleichzeitig überführten Fahrzeuge hätte es zweier Kennzeichen bedurft. Da der Fahrer nur ein Kennzeichenpaar angebracht hatte, war zumindest eines der beiden Fahrzeuge nicht mit einem Kennzeichen versehen.

11

Daß dieses Fahrzeug in verkehrsrechtlichem Sinn unerlaubt und damit im kraftfahrzeugsteuerlichen Sinn widerrechtlich benutzt worden ist, bedarf keiner weiteren Erläuterung.

12

Der Senat ist darüberhinaus der Auffassung, daß auch das zweite Fahrzeug, das unter Benutzung des roten Kennzeichens befugt und damit steuerfrei hätte gefahren werden können, im Streitfall widerrechtlich -; weil ohne rotes Kennzeichen -; benutzt worden ist. Denn die rechtmäßige Benutzung eines Fahrzeugs mit rotem Kennzeichen erfordert nicht nur das Anbringen der Kennzeichenschilder am Fahrzeug, sondern auch die Eintragung des Fahrzeugs in dem dafür vorgesehenen besonderen Fahrzeugschein. Rote Kennzeichen, die unter den Voraussetzungen des § 28 Abs. 3 StVZO von der Zulassungsstelle ausgegeben werden, sind zur Verwendung an verschiedenen Fahrzeugen bestimmt.

13

Für welches Fahrzeug und für welche spezielle Fahrt sie später gebraucht werden, ist im Zeitpunkt der Übergabe des Kennzeichens von der Zulassungsstelle an den Benutzer noch nicht im einzelnen festgelegt. Erst durch die Eintragung der in § 28 Abs. 3 StVZO vorgeschriebenen Angaben im Fahrzeugschein wird die verkehrsrechtlich und steuerrechtlich erforderliche Beziehung zwischen dem Kennzeichen und dem Fahrzeug hergestellt. Die Benutzung eines nicht zugelassenen Fahrzeugs ist auch dann widerrechtlich, wenn zwar die roten Kennzeichenschilder angebracht werden, der zugehörige Fahrzeugschein aber nicht ausgefüllt wird.

14

Im Streitfall kann es deshalb dahingestellt bleiben, welches der beiden Fahrzeuge mit den roten Kennzeichenschildern versehen war. Da für keines der Fahrzeuge ein Fahrzeugschein ausgefüllt worden war, war die Benutzung beider Fahrzeuge widerrechtlich im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 3 KraftStG.

15

Die durch die widerrechtliche Benutzung ausgelöste Kraftfahrzeugsteuer hat die Klägerin zu tragen. Es kommt nicht darauf an, ob es im Betrieb der Klägerin üblich ist, die Fahrzeugscheine durch die Fahrer ausfüllen zu lassen. Auch wenn es so sein sollte, handeln die Fahrer nur unselbständig mit Wirkung für und gegen die Klägerin. Sie ist als Empfängerin der Kennzeichen für die Erfüllung der damit verbundenen Pflichten verantwortlich. Nach § 28 Abs. 3 StVZO hatte die Klägerin -; vertreten durch ihre Geschäftsführerin -; vor Antritt der Fahrt in die Fahrzeugscheine die vorgeschriebenen Angaben einzutragen. Diese Aufgabe kann sie auf ihre Arbeitnehmer übertragen. Unterlassen diese Personen jedoch die vorschriftsmäßigen Eintragungen, so muß die Klägerin auch dann für die steuerlichen Folgen aufkommen, wenn der betreffende Arbeitnehmer schuldhaft gehandelt hat. Denn die Kraftfahrzeugsteuer erfaßt den objektiven Tatbestand der widerrechtlichen Benutzung des Fahrzeugs. Dieser Tatbestand ist für die Klägerin erfüllt, wenn -; wie im Streitfall -; ihr gehörende Fahrzeuge im Rahmen ihres Betriebs widerrechtlich benutzt werden. Der steuerpflichtige Benutzer ist dann nicht der Fahrer, sondern die Klägerin.

16

Das FA hat somit zu Recht die Kraftfahrzeugsteuer gegen die Klägerin festgesetzt, so daß die Klage mit der Kostenfolge aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) abzuweisen war.