Amtsgericht Verden
Urt. v. 21.09.2005, Az.: 2 C 180/05 (I)
Bibliographie
- Gericht
- AG Verden
- Datum
- 21.09.2005
- Aktenzeichen
- 2 C 180/05 (I)
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2005, 43635
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:AGVERDN:2005:0921.2C180.05I.0A
Fundstelle
- NZV 2006, 312
In dem Rechtsstreit
...
hat das Amtsgericht Verden auf die mündliche Verhandlung vom 24.08.2005 durch den Richter am Amtsgericht ...
für Recht erkannt:
Tenor:
- 1.)
Die Beklagten werden verurteilt als Gesamtschuldner, an den Kläger 1 343,56 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.11.2004 zu zahlen.
- 2.)
Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits als Gesamtschuldner.
- 3.)
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger verlangt von den Beklagten Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall.
Am 08.07.2004 befuhr der Kläger mit seinem landwirtschaftlichen Gespann bestehend aus einer Zugmaschine Fendt, amtliches Kennzeichen ..., mit Anhänger, amtliches Kennzeichen ..., von der Eitzer Straße kommend den Berliner Ring und beabsichtigte von diesem nach links in die Siemensstraße abzubiegen. Zur gleichen Zeit befuhr der Beklagte zu 1) mit seinem Pkw Audi A6, amtliches Kennzeichen ..., der bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversichert ist, den Berliner Ring in gleicher Fahrrichtung und begann das klägerische Gespann zu überholen. Zwischen beiden Fahrzeugen fuhr die Zeugin ... mit ihrem Pkw. Es herrschte sehr starker Regen.
Im Einmündungsbereich kam es Zusammenstoß der Fahrzeuge.
Der Kläger behauptet, er habe sein Gespann vor der Siemensstraße abgestoppt, sich vergewissert dass kein Gegenverkehr kam, zweimal nach rückwärts den Blick in den Rückspiegel geworfen und, als er den Weg für frei befunden hätte den Abbiegevorgang eingeleitet. Als er die Gegenfahrbahn schon überquert hatte und sich mit den Vorderrädern im Bereich der Siemensstraße hätte er bemerkt, dass der Beklagte zu 1) zum Überholen angesetzt hatte und die Gefahr drohte, dass der Beklagte zu 1) in die Zugmaschine des Klägers fahren würde. Deshalb habe er, der Kläger, instinktiv das Lenkrad nach rechts herum gerissen, habe aber eine Kollision nicht mehr vermeiden können.
Der Kläger ist der Ansicht, dass aus diesen Gründen eine ihn betreffende Mithaftung ausscheiden würde.
Auf den unstreitigen Schadensbetrag des Klägers in Höhe von 3 773,17 € nebst einer Auslagenpauschale von 20,00 € zahlte die Beklagte zu 2) einen Betrag von 2 528,78 €. Der Kläger macht den Differenzbetrag in Höhe von 1 264,39 € nebst vorgerichtlicher Anwaltskosten geltend.
Der Kläger beantragt,die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 1 264,39 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.11.2004 sowie 79,17 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.11.2004 zu zahlen. Die Beklagten beantragen,die Klage abzuweisen. Die Beklagten behaupten, der Beklagte zu 1) habe nicht sehen können, dass der Kläger den linken Blinker gesetzt hätte und bestreiten, dass er vor dem Abbiegen sich zur Fahrbahnmitte hin eingeordnet hätte und seiner zweiten Rückschaupflicht genügt hätte. Aufgrund der Länge des Gespannes und weil der Beklagte zu 1) beim Überholen vorher das Fahrzeug der Zeugin ... noch überholen musste, hätte die vorgeschriebene letzte Rückschaupflicht den Kläger veranlasst, dass überholende Beklagtenfahrzeug wahrzunehmen.
Die Beklagten sind der Ansicht, dass den Kläger zum einen eine erhöhte Betriebsgefahr treffen würde und im Übrigen aufgrund seines Mitverschuldens eine Haftung in Höhe von 1/3 angemessen sei.
Zur weiteren Sachdarstellung wird auf den Akteninhalt und insbesondere die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen inhaltlich Bezug genommen.
Es ist Beweis erhoben worden gemäß Beweisbeschluss vom 24.08.2005. Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom gleichen Tage sowie die beigezogenen Bußgeldakten des Landkreises Verden Az: 32 2.02410870 inhaltlich Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagten aus dem Verkehrsunfall vom 08.07.2004 Schadensersatzansprüche gemäß §§ 7, 17, 18 StVG, 823 Abs. 1 BGB, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 1 Abs. 2, 5 Abs. 3 Nr. 1 und 2 StVO beziehungsweise i.V.m. § 3 Pflichtversicherungsgesetz.
Der Beklagte zu 1) hat ein Überholmanöver durchgeführt, an einem Bereich wo zum einen die Verkehrsregelung Überholverbot bestand und zum anderen eine unklare Verkehrslage vorlag. Im Unfallbereich besteht ein Überholverbot in dem auf beiden Seiten die entsprechenden Verkehrsschilder aufgestellt sind. Zum anderen hätte der Beklagte zu 1) aus dem langsamer werden der vor ihm fahrenden Zeugin ... schließen müssen, dass hierfür Gründe in dem vor der Zeugin fahrenden landwirtschaftlichen Gespann bestanden, auch hätte er bei genügender Aufmerksamkeit, insbesondere im Hinblick auf den herrschenden starken Regenfall, das linke Blinklicht des Gespannes sehen müssen.
Ein Mitverschulden des Klägers scheidet aus. Als der Kläger begann, nach links auszuscheren, um in die Siemensstraße abzubiegen, musste er, als er unmittelbar zuvor seiner zweiten Rückschaupflicht genügte, das klägerischen Fahrzeug noch nicht gesehen haben, da er aufgrund der langsamen Geschwindigkeit des Gespannes einerseits und der erheblichen Beschleunigung des Beklagten zu 1) andererseits ein Überholmanöver noch nicht bemerken konnte.
Im Übrigen ist das besonders erhebliche Verschulden auf Klägerseite der in einer Zone des Überholverbotes im innerörtlichen Verkehr einen Pkw und ein davor fahrendes landwirtschaftliches Gespann überholen wollte derartig überwiegend, dass eine Haftung des Klägers aus Mitverschulden und Betriebsgefahr nicht zum Zuge kommt. Der Beklagte zu 1) hat hier vorsätzlich verkehrswidrig gehandelt.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.