Oberlandesgericht Braunschweig
Beschl. v. 07.06.2021, Az.: 8 U 23/21
Erwerb eines vermeintlich vom Dieselskandal betroffenen VW Passat mit einem Motor der Baureihe EA 288; Begriff der Sittenwidrigkeit; Zulässigkeit eines Thermofensters
Bibliographie
- Gericht
- OLG Braunschweig
- Datum
- 07.06.2021
- Aktenzeichen
- 8 U 23/21
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2021, 63784
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Braunschweig - 11.08.2020 - AZ: 11 O 1087/18 (196)
Rechtsgrundlagen
- § 826 BGB
- § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO
In dem Rechtsstreit
des Herrn S. M., .......,
- Klägers und Berufungsklägers -
Prozessbevollmächtigte:
...... Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, .....,
Geschäftszeichen: ......
g e g e n
die V. AG, vertreten durch den Vorstand, dieser vertreten durch den Vorsitzenden,
.......,
- Beklagte und Berufungsbeklagte -
Prozessbevollmächtigte:
F. B. D. Rechtsanwälte Steuerberater Partnerschaftsgesellschaft mbB, ........,
Geschäftszeichen: ............
hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Braunschweig durch den Vorsitzenden Richter
am Oberlandesgericht X, den Richter am Oberlandesgericht Y und die Richterin am Oberlandesgericht
Z am 07. Juni 2021 beschlossen:
Tenor:
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 11. August 2020 - Az.: 11 O 1087/18 - in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 10. November 2020 wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
IV. Der Wert des Streitgegenstandes im Berufungsrechtszug wird auf die Wertstufe bis 30.000,- € festgesetzt.
Gründe
A.
Der Kläger nimmt die Beklagte nach dem Kauf eines V. P. Variant Highline 2,0 l (110 kW) mit einem Motor des Typs EA 288 (Euro 6) auf Schadensersatz und Feststellung in Anspruch.
Wegen des Sach- und Streitstandes und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (LGU, Seite 2 f., Bl. 135 f. d.A.) Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und ausgeführt, dass dem Kläger keine Ansprüche auf Schadensersatz gemäß § 826 BGB oder einem sonstigen Rechtsgrund zustünden. Der Kläger sei für den von ihm geltend gemachten Schadensersatzanspruch darlegungs- und beweisbelastet. Er habe eine sittenwidrige Schädigungshandlung der Beklagten bereits nicht schlüssig dargetan. Die Behauptung des Klägers, bei Motoren des Typs EA 288 liege eine unzulässige Abschalteinrichtung - wie bei Motoren des Typs EA 189 - vor, sei ins Blaue hinein erfolgt. Zwar dürfe eine Partei auch Tatsachen behaupten, über die sie keine genaue Kenntnis habe, die sie aber nach Lage der Dinge für wahrscheinlich halte. Es liege allerdings eine prozessual unzulässige Ausforschung vor, wenn diese Behauptung ohne greifbare Anhaltspunkte erfolge. Dies sei hier der Fall. Anhaltspunkte dafür, dass bei Motoren des Typs EA 288 eine unzulässige Abschalteinrichtung - ähnlich wie bei Motoren des Typs EA 189 - vorliege -, habe der Kläger nicht vorgetragen. Soweit der Kläger behaupte, dass der Verdacht bestehe, dass bei Überschreitung eines bestimmten Drehzahlniveaus die Wirksamkeit der Abgasreinigung herabgesetzt werde, fehle es an Angaben dazu, worauf sich ein solcher Verdacht gründe. Anknüpfungstatsachen, über die sich das Gericht ein rechtliches Bild machen könne und die dem Beweis zugänglich seien, habe der Kläger nicht dargetan. Vielmehr sei sein Sachvortrag erkennbar aus der Luft gegriffen. Der angebotene Sachverständigenbeweis sei daher nicht zu erheben gewesen. Dies gelte auch deshalb, weil mangels konkreter Anknüpfungstatsachen keine Umstände vorlägen, die ein Sachverständiger überprüfen könne.
Auch die Behauptung des Klägers, das streitgegenständliche Fahrzeug sei mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung in Form eines Thermofensters ausgestattet, erweise sich nicht als schlüssig. Bei dem sogenannten Thermofenster handele es sich schon nicht um eine versteckte Einrichtung. Der Kläger sei der Behauptung der Beklagten, dass Thermofenster in sämtlichen in der EU zugelassenen Dieselfahrzeugen eingesetzt würden, schon nicht entgegengetreten. Dasselbe gelte für die Behauptung der Beklagten, dass der Zweck der Thermofenster darin bestehe, den Motor zu schützen und die Fahrsicherheit zu garantieren. Bei den Thermofenstern handele es sich um eine allgemein anerkannte und von sämtlichen Herstellern eingesetzte Einrichtung. Der Einsatz einer solchen Einrichtung widerspreche nicht dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht denkenden Menschen. Für eine sittenwidrige Schädigung durch ihren Einsatz sei daher kein Raum. Selbst wenn diese technische Einrichtung aufgrund ihrer konkreten Ausgestaltung unzulässig sein sollte, so hätte dies allenfalls einen vertraglich zu regulierenden Sachmangel zur Folge, jedoch keine sittenwidrige Schädigung. Auf die Frage, ob es sich bei dem konkreten Thermofenster um eine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne des Art. 5 VO-EG 715/2007 handele, komme es daher nicht an.
Mangels Begründetheit der Klage in der Hauptsache stehe dem Kläger auch kein Zinsanspruch und kein Anspruch auf die Feststellung zu, dass sich die Beklagte im Verzug der Annahme befinde. Die Hilfsanträge seien ebenfalls unbegründet.
Der Kläger hat gegen dieses ihm am 17.08.2020 zugestellte (Bl. 141 d.A.) Urteil mit Schriftsatz vom 04.09.2020 bei dem Oberlandesgericht Braunschweig eingegangen am 07.09.2020 (Bl. 152 d.A.), Berufung eingelegt und diese gleichzeitig begründet.
Der Kläger ist der Ansicht, dass das Landgericht seine Klage zu Unrecht abgewiesen habe. Es habe die Anforderungen an die Substantiierung seines Sachvortrags überspannt. Es habe den Klagevortrag zudem in wesentlichen Aspekten nicht gewürdigt. Bei dem Motor des Typs EA 288 handele es sich um das Nachfolgemodell des "Skandalmotors EA 189". Auch in diesem sei eine Abschaltvorrichtung verbaut, die mit EU-Recht nicht vereinbar sei. Das Landgericht habe unberücksichtigt gelassen, dass die Europäische Wettbewerbskommission gegen die Beklagte wegen verbotener Absprachen im Zusammenhang mit der Emissionskontrolle ermittele. Eine temperaturabhängige Regelung des Emissionskontrollsystems sei sehr wohl als Abschalteinrichtung zu qualifizieren. Diese sei nach der europäischen Abgasverordnung (EG) Nr. 715/2007 nicht zulässig. Allein der Umstand, dass offensichtlich jeder Hersteller eine gleichartige konstruktive Maßnahme ergriffen habe, mache eine verbotene Handlung nicht legal. Der Kläger ist der Ansicht, dass er ausreichend konkret zu der behaupteten Manipulation vorgetragen habe. Er verweist auf eine sogenannte Sammelvorlage des Landgerichts Stuttgart in einem Verfahren gegen die D. AG. Unter Bezugnahme auf einen Artikel in der Zeitschrift Auto Motor Sport vom 19.09.2019 führt er aus, dass das Fahrzeug sehr wohl über eine Fahrzykluserkennung verfüge. Bei Messungen der Deutschen Umwelthilfe an einem V. G. 7 1,6 TDI, der mit dem gleichen streitgegenständlichen Motortyp ausgestattet sei, hätten sich Überschreitungen der Grenzwerte der erlaubten Stickoxide in Höhe des Dreifachen ergeben. Eine dreifache Überschreitung der Grenzwerte von Stickoxiden habe sich auch bei Messungen an einem A. A3 2,0 TDI mit einem Motor EA 288 ergeben. Die Fahrzeuge seien so auszurüsten, dass sie unter "normalen Betriebsbedingungen" die Vorgaben der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 erfüllten, was nicht der Fall sei. Wenn die Abgasreinigung aufgrund des "Thermofensters" nur bei kühlen Temperaturen, mithin in 7 Monaten im Jahr, nicht oder nur eingeschränkt aktiv sei, liege ein Verstoß gegen die gesetzlichen Vorschriften vor. Die Beklagte habe auch nicht substantiiert dargetan, dass das sogenannte Thermofenster dem Zweck diene, Schäden am Motor abzuwenden. Es gehe nicht darum, die gesetzlichen Vorschriften dem anzupassen, was gerade an Technik vorhanden sei. Die Beklagte habe auch schuldhaft gehandelt. Man habe sich bewusst entschieden, gesetzliche Vorgaben nicht zu erfüllen. Es obliege der Beklagten darzulegen, wer innerhalb ihres Unternehmens welche Entscheidungen getroffen habe, um sich von einem etwaigen Vorsatzvorwurf zu entlasten. Dem sei die Beklagte nicht nachgekommen. Sie könne sich auch nicht über die Bewertung des "Thermofensters" als eine unzulässige Abschalteinrichtung geirrt haben. Insgesamt sei das Verhalten der Beklagten als sittenwidrig zu bewerten. Dass das Kraftfahrtbundesamt im Hinblick auf temperaturbedingte Abschalteinrichtungen eine "mildere" Meinung vertrete, könne die Beklagte nicht entlasten. Entscheidend sei, dass das streitgegenständliche Fahrzeug objektiv nicht den Zulassungsvorschriften entspräche. Es komme nicht darauf an, ob die Beklagte auch die Behörde hinter das Licht geführt habe. Weiter erhebt der Kläger den Vorwurf der "Akustikfunktion", die ebenfalls einen unzulässigen Einfluss auf das Emissionskontrollsystem ausübe. Ein Schaden sei dem Kläger daher entstanden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 11.08.2020 - 11 O 1087/18 - abzuändern und
1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 33.800,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen Zug-um-Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs mit der Fahrgestellnummer ............. sowie Zug-um-Zug gegen Erstattung von Nutzungen in Höhe von 7.436,00 EUR;
2. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Fahrzeugs im Annahmeverzug befinde;
hilfsweise,
1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen in das Ermessen des Gerichts zu stellenden Schadensersatz in Höhe von 10.140,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen;
2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger alle Schäden zu ersetzen, die diesem im Zusammenhang mit dem Kauf des streitgegenständlichen Fahrzeugs entstanden sind oder zukünftig entstehen werden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung als unzulässig zu verwerfen,
hilfsweise,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte ist der Auffassung, dass die Berufung bereits unzulässig sei, weil sie nicht auf den konkreten Streitfall zugeschnitten sei. Die Berufungsbegründung bestehe aus Textbausteinen, die keinen Bezug zum landgerichtlichen Urteil aufwiesen. Die Berufung sei zudem unbegründet. Das angefochtene Urteil enthalte weder unrichtige noch unvollständige Feststellungen. Auch in der Berufungsbegründung habe der Kläger keine konkreten Anhaltspunkte dargelegt, die auf den Verbau einer "unzulässigen Abschalteinrichtung" in dem streitgegenständlichen Fahrzeug mit einem Motor des Typs EA 288 schließen ließen. Er trage lediglich "ins Blaue hinein" vor, dass sein Fahrzeug von einer unzulässigen Abschalteinrichtung betroffen sei. Das streitgegenständliche Fahrzeug sei von keinem vom Kraftfahrtbundesamtes angeordneten Rückruf wegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung erfasst. Vielmehr ergäben die Felduntersuchungen der Behörde, dass keine Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass Fahrzeuge mit Motoren der Baureihe EA 288 (EU 6) von Abgasmanipulationen betroffen seien. Der Kläger habe weder erstinstanzlich noch in seiner Berufungsbegründung ausreichende Anknüpfungstatsachen für seine Behauptung vorgetragen. Die EG-Typengenehmigung für das Fahrzeug sei wirksam. Die Emissionsgrenzwerte der Abgasnorm EU 6 seien eingehalten. Das in dem Motortyp EA 288 enthaltene Abgasrückführungssystem werde beim normalen Fahrbetrieb gegenüber dem Prüfstandbetrieb nicht verringert. Die Beklagte habe dem Kraftfahrtbundesamt die Entwicklung und die neueste technische Ausgestaltung der Abgasrückführung in ihren Dieselmodellen (auch im EA 288) im Rahmen eines Technik-Workshops im Jahr 2016 vorgestellt. Das KBA sei dabei über die konkrete Ausgestaltung der Abgasrückführung einschließlich ihrer Applikationsrichtlinien zum Bauteileschutz, insbesondere das Thermofenster, in Kenntnis gesetzt worden. Felduntersuchungen der Behörde hätten die Einhaltung der Emissionsgrenzwerte bestätigt. Das Kraftfahrtbundesamt habe 2019 daher ausdrücklich klargestellt, dass nach Prüfung seitens der Behörde keine unzulässige Fahrzykluserkennung vorliege. Die Abgasrückführung sei im streitgegenständlichen Fahrzeug zwischen -24°C bis zu +70° C zu 100% aktiv. Im normalen Fahrbetrieb führe der konfigurierte Temperaturbereich bei den in Europa herrschenden klimatischen Bedingungen dazu, dass die Abgasrückführung bei allen Fahrten aktiv sei. Sie werde nur bei absoluten Extremtemperaturen zum Motorschutz und zum sicheren Betrieb des Fahrzeugs außer Kraft gesetzt. Eine Abrampung gäbe es nicht. Die tatbestandlichen Voraussetzungen einer unzulässigen Abschalteinrichtung seien daher nicht erfüllt. Der Einsatz von Thermofenstern sei notwendiger Bestandteil eines jeden Dieselfahrzeugs. Der Motortyp EA 288 sei mit Motoren des Typs EA 189 zudem nicht vergleichbar. Fahrzeuge mit EA 288-Aggregat der Abgasnorm EU 6 verfügten über eine ungekühlte Hochdruck-Abgasrückführung (HD-AGR) und über ein gekühltes Niederdruck-Abgasrückführungssystem (ND-AGR). Demgegenüber werde in EA 189-Fahrzeugen nur eine gekühlte Hochdruck-Abgasrückführung verwendet. Soweit der Kläger auf Messergebnisse der Deutschen Umwelthilfe verweise, seien diese für die Entscheidung nicht relevant. Die Messungen beträfen nicht den streitgegenständlichen Fahrzeugtyp. Auf nicht näher spezifizierte Messwerte im Realbetrieb komme es im Rahmen der Zulassung nicht an. Relevant sei allein der Prüfbetrieb im sogenannten NEFZ. Auch der Vortrag des Klägers zur Akustikfunktion könne der Klage nicht zum Erfolg verhelfen. Bereits im Dezember 2015 habe die Beklagte dem KBA mitgeteilt, dass auch in dem Nachfolgemodell EA 288 in den Motorsteuergeräten eine Fahrkurve hinterlegt sei, dass diese aber nicht zu einer Optimierung des NOx-Emissionen im Prüfstandbetrieb genutzt werde. Sie habe keinen Einfluss auf die Emissionen des Aggregates. Auch die weiteren Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch seien nicht dargetan. Es fehle insbesondere an dem von § 826 BGB vorausgesetzten Schädigungsvorsatz der Beklagten. Eine den Zulassungsbehörden generell bekannte und anerkannte Funktionsweise können keinen Schädigungsvorsatz begründen. Die Beklagte habe auch nicht im Sinne des § 263 StGB getäuscht. Eine unerlaubte Handlung sei der Beklagten nicht vorzuwerfen.
Mit Hinweisbeschluss vom 29.04.2021 (Bl. 360 ff. d.A.) hat der Senat den Kläger darauf hingewiesen, dass er beabsichtige, die Berufung durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen, weil sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg habe und auch die weiteren Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 bis 4 ZPO vorlägen.
Mit Schriftsatz vom 01.06.2021 (Bl. 370 ff. d.A.) hat der Kläger zu dem Hinweisbeschluss des Senats Stellung genommen. Er vertritt weiterhin die Auffassung, dass geklärt werden müsse, welcher Art die von der Beklagten verwendeten Abschalteinrichtungen sind und ob diese unter die Ausnahmevorschrift des Art. 5 Abs. 2 Satz 2 lit. a - c der Verordnung Nr. 715/2007/EG fielen. Soweit die Beklagte vorgetragen habe, dass das AGR-System bei Außentemperaturen von - 24 °C bis + 70 °C aktiv sei, sei dies schon aus technischen Gründen nicht möglich, was sich aus dem vorgelegten Gutachten der Professoren B. u.a. (Anlage KB 3) ergebe. Es werde auch bestritten, dass die Beklagte das Kraftfahrtbundesamt als Genehmigungsbehörde von den Auswirkungen der Programmierung der Abgasreinigung, insbesondere bei kühlen und kalten Temperaturen, in Kenntnis gesetzt habe. Die verwendete Abgasrückführung sei bei kühlen und kalten Temperaturen nicht in der Lage, eine ausreichende Abgasreinigung herbeizuführen. Das SCR-System sei nicht ausreichend dimensioniert. Es müsse davon ausgegangen werden, dass die Beklagte insoweit vorsätzlich gehandelt habe. Die Beklagte sei im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast verpflichtet, vorzutragen, welche Informationen sie im Rahmen des Genehmigungsverfahrens dem Kraftfahrtbundesamt zur Verfügung gestellt habe. Im Übrigen werde auf den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 19.01.2021 - VI ZR 433/19 - Bezug genommen.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
B.
I.
Die Berufung des Klägers ist zulässig, da sie die Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 und Nr. 3 ZPO erfüllt. Dies gilt unbeschadet der Tatsache, dass die Berufungsbegründung zum Teil aus Textbausteinen besteht, die keinen konkreten Bezug zum angefochtenen Urteil haben und andere Fahrzeugtypen betreffen. Die Berufung ist auch form- und fristgemäß eingelegt worden.
Sie ist jedoch unbegründet. Zur Begründung wird zwecks Vermeidung von Wiederholungen auf den Hinweisbeschluss des Senates vom 29. April 2021 (Bl. 360 ff. d.A.) Bezug genommen. Der Senat hält an seinen dortigen Ausführungen auch unter Berücksichtigung der Stellungnahme des Klägers in seinem Schriftsatz vom 01.06.2021 fest. Der Kläger geht in seiner Stellungnahme nicht auf die einzelnen Erwägungen des Hinweisbeschlusses ein, sondern wiederholt im Wesentlichen seine Ausführungen aus der Berufungsbegründung. Soweit der Kläger seine Auffassung wiederholt, dass es sich bei dem verwendeten Thermofenster um eine unzulässige Abschalteinrichtung handele und dafür auf eine Entscheidung des EuGH verweist, verkennt er, dass der Senat in dem Hinweisbeschluss die Frage, ob hier tatsächlich eine unzulässige Abschalteinrichtung vorliege, ausdrücklich offen gelassen hat, weil es auf diese Frage nicht ankommt. Es sind weitere Umstände zur Bewertung der Sittenwidrigkeit des Verhaltens der Beklagten maßgeblich, die auch vom Bundesgerichtshof (vgl. den Beschluss vom 09.03.2021 - VI ZR 889/20 -, WM 2021, 652, Tz. 25 ff.) in einer vergleichbaren Konstellation angeführt worden sind. Mit diesen auch in dem Hinweisbeschluss des Senats dargelegten Argumenten setzt sich der Kläger in seiner Stellungnahme nicht auseinander, so dass zur Vermeidung von Wiederholungen auf den Inhalt des Hinweisbeschlusses zur Begründung der Zurückweisungsentscheidung Bezug genommen wird.
Es bleibt dabei, dass die Beklagte das Thermofenster dem Kraftfahrtbundesamt vollständig offengelegt hat, was bereits die für die Annahme des Tatbestandes des § 826 BGB erforderliche besondere Verwerflichkeit des Verhaltens der Beklagten ausschließt. Ein Bestreiten mit Nichtwissen reicht insoweit nicht aus, weil der Kläger für alle Voraussetzungen seines Schadensersatzanspruchs darlegungs- und beweisbelastet ist. Der Kläger hat keine konkreten Tatsachen für die behauptete Täuschung des Kraftfahrtbundesamtes bei der Prüfung und Genehmigung des Thermofensters vorgetragen. Die Beklagte hat bereits erstinstanzlich mit Schriftsatz vom 13.07.2020 (Seite 9, Bl. 121 d.A.) vorgetragen, dass sie das Kraftfahrtbundesamt über die konkrete Ausgestaltung der Abgasrückführung einschließlich ihrer Applikationsrichtlinien zum Bauteileschutz, insbesondere über das Thermofenster, in Kenntnis gesetzt habe und dass seitens des KBA keinerlei Beanstandungen wegen des Einsatzes einer unzulässigen Abschalteinrichtung erfolgt seien. Im Rahmen eines Technik-Workshops am 22.01.2016 sei dem KBA die neueste technische Ausgestaltung der Abgasrückführungstechnologie (AGR-Technologie), die die Beklagte in ihren Dieselaggregaten, insbesondere im EA 288-Aggregat einsetze, vorgestellt worden. Mit Schreiben vom 29.12.2015 hatte die Beklagte dem KBA zudem mitgeteilt, dass auch beim Nachfolgeaggregat des EA 189, dem EA 288, eine Fahrkurve im Motorsteuergerät hinterlegt sei, diese aber nicht zu einer Optimierung der NOx-Emissionen im Prüfstandbetrieb genutzt werde, also keinen Einfluss auf Emissionen des Aggregats nehme. Die Beklagte hat ihrer sekundären Darlegungslast damit genügt. Der Kläger hat keinen Beweis für seine gegenteilige Behauptung angetreten. Er beschränkt sich insoweit auf Mutmaßungen und Schlussfolgerungen.
Die vom Kläger zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 19.01.2021 - VI ZR 433/19 - (NJW 2021, 921 ff.) - betrifft ein Fahrzeug eines anderen Herstellers mit einem anderen Motor, nämlich einen PKW M.-B. mit einem Dieselmotor der Baureihe OM 651. Der dortige Sachverhalt ist mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. Es trifft auch nicht zu, dass die Beklagte die Behauptung des Klägers, dass die Zulassungsbehörde nie substantiiert aufgeklärt worden sei, nicht substantiiert bestritten habe. Das Gegenteil ist der Fall.
II.
Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senates durch Urteil. Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten, weil von ihr keine weiteren entscheidungserheblichen Erkenntnisse zu erwarten sind.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Regelung der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 Satz 2 ZPO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 3 ZPO, 47, 48 GKG. Dabei ist die von dem Kläger in Ansatz gebrachte Nutzungsentschädigung in Höhe von 7.436,00 EUR von der Klageforderung in Höhe von 33.800,00 EUR in Abzug zu bringen. Die Nutzungsentschädigung ist als Vorteil vom Ersatzanspruch nach § 249 BGB abzuziehen, ohne dass es einer Gestaltungserklärung oder Einrede des Schuldners bedarf. Es handelt sich um einen Fall der Anrechnung, die auch im Rahmen der Streitwertberechnung vorzunehmen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 23.02.2021 - VI ZR 1191/20 -, Tz. 6, juris). Der Klageantrag zu 2. betrifft die Feststellung des Annahmeverzuges. Ihm kommt kein eigenständiger wirtschaftlicher Wert zu (vgl. BGH, Beschluss vom 20.06.2017 - XI ZR 109/17 - Rdn. 4, juris). Die Hilfsanträge zu 1. und 2. betreffen denselben Streitgegenstand und bleiben hinter dem Hauptantrag zurück. Sie sind daher nicht streitwerterhöhend zu berücksichtigen (§ 45 Abs. 1 Satz 2 GKG).