Landgericht Göttingen
Urt. v. 21.09.2017, Az.: 12 O 58/16

Arzt; Behandlung; Krankenhausapotheke; Rückforderung; Umsatzsteuer; ungerechtfertigte Bereicherung; Versicherung; Zytostatika

Bibliographie

Gericht
LG Göttingen
Datum
21.09.2017
Aktenzeichen
12 O 58/16
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2017, 54257
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Ein in einem Krankenhaus ambulant behandelter Patient bzw. aus übergegangenem Recht dessen Krankenversicherung hat gegen das Krankenhaus, das in Unkenntnis der später ergangenen Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 24.09.2014 - Az. V R 19/11) für die entgeltliche Abgabe von individuell zubereiteter Zytostatika steuerrechtlich zu Unrecht Umsatzsteuer berechnet, eingezogen und an die Finanzbehörden weitergeleitet hat, unter dem Gesichtspunkt ungerechtfertigter Bereicherung gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB einen Anspruch auf Rückzahlung der entrichteten Umsatzsteuer, solange eine anderweitige steuerrechtliche Festsetzung der Umsatzsteuer zugunsten des Krankenhauses möglich ist.

Tenor:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 26.780,26 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus einem Betrag in Höhe von 15.473,30 € seit dem 01.12.2015 und aus einem weiteren Betrag in Höhe von 11.306,96 € seit dem 21.01.2017 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von der Beklagten aus übergegangenem Recht die Rückzahlung von seitens der Beklagten gegenüber Versicherungsnehmern der Klägerin abgerechneter und vereinnahmter Umsatzsteuer im Rahmen der Herstellung und des Verkaufs von Zytostatika.

Die Beklagte betreibt an der A B unter anderem eine Krankenhausapotheke. Diese verkaufte in den Jahren 2012 und 2013 an achtzehn bei der Klägerin privat krankenversicherte Versicherungsnehmer,

- namentlich an die Versicherungsnehmer: 1. H., 2. G., 3. B., 4. H., 5. E., 6. L., 7. S., 8. D., 9. H., 10. W., 11. H., 12. J., 13. J., 14. K., 15. R., 16. R., 17. H., 18. M. -

sogenannte Zytostatika-Zubereitungen. Hierbei handelt es sich um Krebsmedikamente zur Anwendung in der sog. „Chemotherapie“. Diese hatte die Beklagte für die jeweiligen Versicherungsnehmer der Klägerin individuell hergestellt und diesen im Rahmen einer ambulanten Krankenhausbehandlung verabreicht. Bei der Abrechnung gegenüber den vorgenannten Versicherungsnehmern der Klägerin hat die Beklagte die Kosten für die Herstellung der Zubereitungen zuzüglich 19 % Umsatzsteuer abgerechnet.

Die Klägerin, der gegenüber die vorgenannten Versicherungsnehmer Erstattungsansprüche bzgl. der Zytostatika-Zubereitungen geltend gemacht hatten, erbrachte an diese im Jahr 2012 Versicherungsleistungen in Höhe von 81.438,43 € und im Jahr 2013 solche in Höhe von 59.510,29 €. Dabei belief sich im Jahr 2012 der Umsatzsatzsteueranteil auf 15.473,30 € und im Jahr 2013 auf weitere 11.306,96 €. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Anlagen B 1 und 2 zur Klageschrift vom 23.12.2016 verwiesen. Die Beklagte leitete ihrerseits die von ihr vereinnahmten Umsatzsteueranteile der Rechnungsbeträge an die Finanzverwaltung bzw. Steuerverwaltung weiter.

Die umsatzsteuerrechtliche Einordnung von zytostatikahaltigen Arzneimittelzubereitungen durch Krankenhausapotheken war Gegenstand eines steuerrechtlichen Verfahrens (Az. V R 19/11) beim Bundesfinanzhof (BFH). Der BFH legte hierbei im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens mit Vorlagebeschluss vom 15.05.2012 dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) die Frage der Umsatzsteuerfreiheit oder Umsatzsteuerpflichtigkeit der parenteralen zytostatikahaltigen Zubereitungen vor (EuGH-Verfahren C-366/12). Der EuGH entschied sodann mit Urteil vom 13.03.2014, dass die Lieferung von Gegenständen wie den im Ausgangsverfahren fraglichen zytostatischen Medikamenten, die von innerhalb eines Krankenhauses selbstständig tätigen Ärzten im Rahmen einer ambulanten Krebsbehandlung verschrieben worden sind, nicht nach Art. 13 Teil A Abs. 1 c. der Richtlinie 77/388/EWG von der Mehrwertsteuer befreit seien, es sei denn, diese Lieferung sei in tatsächlicher und wirtschaftlicher Hinsicht von der Hauptleistung der ärztlichen Heilbehandlung untrennbar. Dies zu prüfen sei Sache des vorlegenden Gerichts. Der BFH entschied daraufhin mit Urteil vom 24.09.2014, dass die Herstellung von Zytostatika im Rahmen einer ambulant in einem Krankenhaus durchgeführten ärztlichen Heilbehandlung, welche individuell für den einzelnen Patienten in einer Apotheke dieses Krankenhauses erfolge, als ein mit der ärztlichen Heilbehandlung eng verbundener Umsatz gemäß § 4 Nr. 14 b. UStG steuerfrei sei.

Mit Schreiben vom 05.11.2005 wies die Klägerin die Beklagte auf das Urteil des BFH vom 24.09.2014 hin und bezifferte einen Rückforderungsanspruch gegen die Beklagte im Hinblick auf gezahlte Umsatzsteuer auf Zytostatika-Abgaben an Versicherungsnehmer der Klägerin im Jahr 2012 in Höhe von 32.667,07 €. Um der Beklagten die Möglichkeit zu geben, die geltend gemachten Ansprüche sorgfältig und in Ruhe zu prüfen, übersandte die Klägerin der Beklagten eine Erklärung, mit der die Beklagte auf die Einrede der Verjährung verzichten könne. Sofern die Beklagte von dieser Möglichkeit nicht Gebrauch mache, müsse die Klägerin auf Zahlung des oben genannten Betrages bis zum 30.11.2015 bestehen. Für Einzelheiten wird auf die Anlage B 6 zur Klageschrift vom 23.12.2016 verwiesen.

Auf die mit Schreiben der Klägerin vom 03.12.2015 gesetzte neue Zahlungsfrist bis zum 18.12.2015 erklärte der Justiziar der Beklagten unter dem 10.12.2015 für die Beklagte den Verzicht auf die Einrede der Verjährung wegen eines eventuellen Rückforderungsanspruchs der Klägerin und zwar im Hinblick auf die vereinnahmte Umsatzsteuer aus individuell hergestellten, parenteralen zytostatikahaltigen Zubereitungen im Jahr 2012, soweit die Ansprüche auf Rückforderung zum Zeitpunkt des Schreibens nicht bereits verjährt, verfristet oder verwirkt gewesen seien und ohne dass damit ein Anerkenntnis dem Grunde oder der Höhe nach verbunden sei. Die Erklärung zum Verzicht auf die Einrede der Verjährung gelte bis zum Ablauf des 31.12.2016. Für weitere Einzelheiten wird auf die Anlage B 8 zur Klageschrift vom 23.12.2016 verwiesen.

Die Klage ist bei Gericht am 28.12.2016 eingegangen und wurde der Beklagten auf Verfügung des Vorsitzenden vom 17.01.2017 am 20.01.2017 zugestellt.

Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte habe zu Unrecht die Umsatzsteuer abgerechnet und von den Versicherten erhalten. Der BFH habe mit dem vorgenannten Urteil vom 24.09.2014, V R 19/11, entschieden, dass Umsätze aus der Verabreichung von Zytostatika im Rahmen einer ambulanten, in einem Krankenhaus durchgeführten ärztlichen Heilbehandlung, als ein mit der ärztlichen Heilbehandlung eng verbundener Umsatz gemäß § 4 Nr. 14b UStG (= § 4 Nr. 16b UStG a.F.) umsatzsteuerfrei sei. Ferner beruft sie sich auf ein Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen (BMF) vom 28.09.2016 (Anlage B 10), welches eine Änderung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses enthalte, sodass die BFH-Entscheidung nunmehr Allgemeingültigkeit besitze. Insofern habe die Klägerin gegen die Beklagte einen bereicherungsrechtlichen Anspruch gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB in Verbindung mit §§ 86, 194 Abs. 2 VVG. Durch die Vereinnahmung der Umsatzsteuer bei den Versicherungsnehmern der Klägerin sei es zu einer Vermehrung des Vermögens auf Seiten der Beklagten gekommen. Zudem sei die Beklagte durch die Abfuhr der Umsatzsteuer an die zuständige Finanzverwaltung von ihrer Steuerschuld befreit worden.

Die Voraussetzungen einer Entreicherung nach § 818 Abs. 3 BGB lägen nicht vor. Eine Entreicherung käme nur dann in Betracht, wenn die Steuerfestsetzung bereits bestandskräftig wäre. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Die Beklagte habe weiterhin einen Anspruch auf Rückzahlung der Umsatzsteuer. Die Steuerfestsetzung im Bereich der Umsatzsteuer stehe stets unter dem Vorbehalt der Nachprüfung, wobei die Nachprüfungsfrist vorliegend vier Jahre betrage und noch nicht abgelaufen sei, §§ 164, 169 AO.

In diesem Zusammenhang ist die Klägerin der Auffassung, vorliegend stünde dem in Anspruch genommenen Unternehmer, mithin der Beklagten, auch nicht die in dem Schreiben des BMF vom 28.09.2016 in Form einer im Steuerrecht üblichen „Nichtbeanstandungsregelung“ enthaltene Option zu, seine Umsätze auch als steuerpflichtig zu behandeln. Die vorgenannte Option stelle eine Übergangsregelung dar, die lediglich klarstelle, dass die Umsätze der noch offenen Fälle nicht zwangsläufig als steuerfrei deklariert werden müssten; ein Unternehmer könne seine bis zum 01.04.2017 getätigten Umsätze auch als steuerpflichtig behandeln. Werde ein Unternehmer - so die Auffassung der Klägerin - aber auf Rückzahlung der zu Unrecht abgerechneten Umsatzsteuer in Anspruch genommen, müsse er indes von der (ihm allein zustehenden) Möglichkeit der Rechnungskorrektur Gebrauch machen und die abgeführte Umsatzsteuer vom Fiskus zurückfordern. Sehe er hiervon ab, könne er sich gegenüber dem Gläubiger nicht mit Erfolg auf Entreicherung berufen.

Auch beziehe sich die Nichtbeanstandungsregelung des BMF unter Ziffer V. (vgl. Seite 5 des vorgenannten Schreibens des BMF vom 28.09.2016, Anlage B 10) ausschließlich auf das Besteuerungsverfahren und betreffe insofern nur das Verhältnis zwischen Unternehmen und Finanzverwaltung und beinhalte lediglich eine Änderung der steuerrechtlichen Verwaltungspraxis. Zuvor sei die Formulierung des Gesetzes („eng verbundene Umsätze“) so ausgelegt worden, dass es für die Umsatzsteuerfreiheit entscheidend darauf angekommen sei, ob eine ambulante oder stationäre Behandlung vorliege mit der Folge, dass die hier in Rede stehende ambulante Versorgung als umsatzsteuerpflichtig eingestuft worden sei. Die Frage, ob die Beklagte gegenüber dem Patienten die Umsatzsteuer zu Recht abgerechnet habe, werde durch den Anwendungserlass des BMF aber nicht beantwortet. Sie richte sich allein danach, ob der jeweilige Umsatz umsatzsteuerpflichtig sei oder nicht, was durch das Urteil des BFH entschieden worden sei.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 26.780,26 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus einem Betrag in Höhe von 15.473,30 € seit dem 01.12.2015 und aus einem Betrag in Höhe von 11.306,96 € seit dem 3.12.2016 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, der Klägerin stehe der geltend gemachte Anspruch nicht zu. Im vorliegenden Fall fehle es bereits an einer Bereicherung, nämlich an einer zweckgerichteten Mehrung des Vermögens der Beklagten, da die Beklagte gemäß § 13 a Abs. 1 Nr. 1 UStG Steuerschuldnerin sei und als Unternehmerin die Umsatzsteuer zwar in Rechnung gestellt, diese aber sodann an das zuständige Finanzamt abgeführt habe, wozu sie rechtlich verpflichtet gewesen sei. Insofern stelle die vereinnahmte und abgeführte Umsatzsteuer keine vermögenswerte Rechtsposition der Beklagten dar, sondern sei lediglich ein „durchlaufender Posten“ gewesen. Der Unternehmer sei lediglich Treuhänder der zu vereinnahmenden bzw. vereinnahmten Umsatzsteuer, die an die Finanzverwaltung abzuführen sei.

Selbst wenn man davon ausgehe, dass hier eine Bereicherung durch Vereinnahmung der jeweiligen Umsatzsteueranteile stattgefunden hätte, wäre - so die weitere Auffassung der Beklagten - zumindest Entreicherung gemäß § 818 Abs. 3 BGB eingetreten. Sie erhebt insofern die Einrede des Wegfalls der Bereicherung gemäß § 818 Abs. 3 BGB. Hierzu behauptet sie, die Steuerbescheide der Jahre 2012 und 2013 seien bestandskräftig geworden.

Auch aus umsatzsteuerrechtlicher Sicht bestehe ein derartiger Anspruch nicht. Insbesondere bestehe keine Verpflichtung der Beklagten, eine Änderung der Rechnungen vorzunehmen um sodann ggf. die Umsatzsteuer, die dann möglicherweise seitens der Finanzbehörden rückerstattet würde, an die Klägerin abzuführen. § 14c Abs. 1 Satz 2 UStG verweise insofern auf § 17 Abs. 1 UStG. § 17 Abs. 1 Satz 3 UStG bestimme indes ausdrücklich, dass eine Berichtigung nicht stattfinden müsse, wenn der Unternehmer - hier die Beklagte - nicht wirtschaftlich begünstigt werde, was vorliegend der Fall sei. Dies sei auch in dem Schreiben des BMF vom 28.9.2016 unter III. („… kann er die Rechnungen berichtigen“) ausgeführt.

Eine Aufarbeitung der tatsächlich sehr großen Zahl von Fällen mit steuerrechtlichen Berichtigungen und Rückerstattungen stelle darüber hinaus einen enormen und insgesamt unzumutbaren Aufwand für die Beklagte dar.

Betreffend die Umsatzsteuerzahlungen im Jahre 2012 erhebt die Beklagte zudem vorsorglich die Einrede der Verjährung.

Wegen der Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird ergänzend auf die bis zur mündlichen Verhandlung gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat die Kammer den Justiziar der Beklagten angehört. Für das Ergebnis der Anhörung wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 17.08.2017 verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist im tenorierten Umfang begründet, im Übrigen ist sie abzuweisen.

I.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückzahlung der streitgegenständlichen Umsatzsteuerbeträge gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB in Verbindung mit §§ 86 Abs. 1, 194 Abs. 2 VVG.

1. Die Versicherungsnehmer der Klägerin hatten einen bereicherungsrechtlichen Rückforderungsanspruch, der nach §§ 86 Abs. 1 S. 1, 194 Abs. 2 VVG auf die Klägerin übergegangen ist.

Gemäß § 86 Abs. 1 S. 1 VVG geht ein Ersatzanspruch des Versicherungsnehmers gegen einen Dritten auf den Versicherer über, soweit der Versicherer den Schaden ersetzt. Dabei sieht § 194 Abs. 2 VVG speziell für die Krankenversicherung vor, dass für den Fall, dass dem Versicherungsnehmer oder einer versicherten Person ein Anspruch auf Rückzahlung ohne rechtlichen Grund gezahlter Entgelte gegen den Erbringer von Leistungen zusteht, für die der Versicherer auf Grund des Versicherungsvertrags Erstattungsleistungen erbracht hat, § 86 Abs. 1 und 2 VVG entsprechend anzuwenden ist.

Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die Klägerin hat als Versicherer unstreitig die Beträge der Rechnungen der Beklagten einschließlich der erhobenen Umsatzsteuer gegenüber ihren Versicherungsnehmern erstattet.

2. Letzteren stand jeweils gegenüber der Beklagten auch ein - nach dem vorgesagten nunmehr auf die Klägerin übergangener - Bereicherungsanspruch gegen die Beklagte aus § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt BGB zu.

a) Die Beklagte hat infolge der Entrichtung der Umsatzsteuer seitens der Versicherungsnehmer der Klägerin als Teil der seitens der Beklagten geltend gemachten Rechnungsbeträge einen vermögenswerten Vorteil - und damit „etwas“ - erlangt. Unerheblich ist dabei, dass dies für die Beklagte nur ein „Durchlaufposten“ war. Zwar führt die Beklagte zutreffend an, dass die Unternehmer im Umsatzsteuersystem aus Praktikabilitätsgründen als Steuereinnehmer für Rechnung des Staates und im Interesse der Staatskasse fungieren (vgl. Englisch in Tipke/Lang, Steuerrecht, 21. Auflage 2013, § 17, Rn. 12, Anlage B4 zum Schriftsatz vom 28.08.2017). Im Rahmen des § 812 BGB sind allerdings die Rechtsverhältnisse rechtlich getrennt zu betrachten. Im Rechtsverhältnis der Beklagten zu den Versicherungsnehmern der Klägerin hat die Beklagte durch diese die gezahlte Umsatzsteuer erlangt. Dass diese sodann im Rechtsverhältnis zwischen der Beklagten und dem Finanzamt durch die Beklagte weitergereicht wurde, um deren steuerrechtliche Verpflichtungen als tatsächliche Steuerschuldnerin der Umsatzsteuer zu erfüllen, ist insofern für das Verhältnis der Beklagten zu den Versicherungsnehmern der Klägerin - abgesehen von der Frage der Entreicherung, auf die sogleich zu kommen sein wird - unerheblich. Auf zivilrechtlicher Ebene hat die Beklagte jedenfalls eine Vermögensmehrung - wenn auch nur als Mittler für die staatliche Stelle - erfahren (so auch BGH, Urteil vom 18.04.2012, VIII ZR 253/11).

b) Dies ist auch durch Leistung des Versicherungsnehmers, also bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens, geschehen. Denn der Versicherungsnehmer wollte durch die Zahlung der Umsatzsteuer seiner vermeintlichen Verpflichtung zur Zahlung der Rechnungen einschließlich der ausgewiesenen Umsatzsteuer nachkommen.

c) Die Vermögensverschiebung ist ohne Rechtsgrund erfolgt.

aa) Ein rechtlicher Grund ergibt sich nicht aus der in Rechnung-Stellung der Umsatzsteuer seitens der Beklagten gegenüber den Versicherungsnehmern der Klägerin und der jeweiligen Begleichung der Rechnungen. Zwar schuldet der Unternehmer dem Fiskus gemäß § 14c Abs. 1 UStG auch den Mehrbetrag, wenn er in einer Rechnung für eine Lieferung oder sonstige Leistung einen höheren Steuerbetrag, als er nach diesem Gesetz für den Umsatz schuldet, gesondert ausgewiesen hat (sog. unrichtiger Steuerausweis). Diese Vorschrift betrifft aber allein das Verhältnis zwischen dem Aussteller der Rechnung und der Finanzverwaltung und begründet keine entsprechende Zahlungspflicht des Käufers (LG Duisburg, Beschluss vom 15.05.2017, 5 S 12/17, Anlage B 14). Hinzu kommt, dass es andernfalls allein der Unternehmer durch entsprechende Fassung der Rechnung in der Hand hätte, zu entscheiden, ob der Leistungsempfänger - hier also die Versicherungsnehmer der Klägerin - Umsatzsteuer zu entrichten hat mit der Folge, dass diesem auch kein Bereicherungsanspruch zustehen kann. Dies wäre nicht sachgerecht.

bb) Auch ein sonstiger vertraglicher Rechtsgrund für die Umsatzsteuerzahlung der Versicherungsnehmer im Verhältnis zur Beklagten ist vorliegend nicht ersichtlich. In der streitgegenständlichen Konstellation ist ohne besondere Vereinbarung der Medikamentenerwerbsvertrag nach objektivem Empfängerhorizont unter Berücksichtigung der Verkehrssitte, §§ 133, 157 BGB, so auszulegen, dass der Leistungsempfänger - vorliegend die Versicherungsnehmer der Klägerin - zur Zahlung von Umsatzsteuer nur insoweit verpflichtet werden sollte, als der Leistende - vorliegend die Beklagte - auch einen steuerbaren Umsatz hatte. Im Übrigen ist die privatärztliche Vereinbarung zwischen den Versicherungsnehmern der Klägerin und der Beklagten so auszulegen, dass es in dem von beiden Parteien erkennbaren Interesse des Versicherungsnehmers lag, möglichst nicht mit unnötigen Steuern belastet zu werden. Umgekehrt ist kein schutzwürdiges Interesse der Beklagten erkennbar, eine vermeidbare Steuerbelastung an den Versicherungsnehmer des Klägers weiterzuleiten (so zutreffend auch LG Duisburg, Beschluss vom 15.05.2017, 5 S 12/17, Anlage B 14; vgl. AG Neumünster, Urteil vom 27.06.2017, 39 C 883/16, S. 3, Anlage B 15).

Der Verwaltungsaufwand und die entsprechenden Kosten der Beklagten bei der Umsatzsteuereinziehung ohne jedwede Gegenleistung sind eine konsequente Folge der vom Gesetzgeber vorgesehenen Regelung, dass der Unternehmer - insofern quasi für den Staat und ebenfalls unentgeltlich und ohne jeden eigenen Vorteil - die Umsatzsteuer einzuziehen und an das Finanzamt weiterzuleiten hat. Da es auch insofern - so die gesetzgeberische Entscheidung - generell Pflicht des Unternehmers ist, den entsprechenden Verwaltungsaufwand zu tragen, spricht auch ein eventueller Verwaltungsaufwand bei Rückabwicklungen von zu viel abgeführten Umsatzsteuern nicht gegen die vorgenannte Auslegung. Hinzukommt, dass es den Versicherungsnehmern der Klägerin auch selbst nicht möglich ist, die richtige Besteuerung bei der Finanzverwaltung zu beantragen. Denn die durch die Umsatzsteuer letztlich belasteten Endverbraucher - hier die Versicherungsnehmer der Klägerin - haben selbst keine Möglichkeit, die ihnen erteilten Rechnungen zu berichtigen und die überzahlte Umsatzsteuer beim Finanzamt ersetzt zu verlangen.

Vorliegend wurde durch die Beklagte auch weder eine Brutto- noch eine Nettopreisvereinbarung behauptet. Auch derartige explizite Vereinbarungen können insofern daher keinen Rechtsgrund für das „Behalten“ des jeweiligen Umsatzsteuerbetrages bilden. Dabei gilt zwar, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) ohne eine entsprechende Abrede mit dem Preis auch der Aufwand für die Umsatzsteuer abgegolten ist und insofern mangels vertraglicher Nettopreisvereinbarung von einer Bruttopreisvereinbarung auszugehen ist (BGH, Urteil vom 28.02.2002 – I ZR 318/99 –, juris, Rn. 11). Bei einer solchen sind nach der Rechtsprechung des BSG beide Vertragsbeteiligte dem Risiko eines unzutreffenden Umsatzsteueransatzes ausgesetzt mit der Folge, dass, wenn die Steuer im Bruttopreis zu hoch veranschlagt ist, der Abnehmer den vereinbarten Preis in der Regel auch dann zahlen muss, wenn nach objektiver Rechtslage ein niedriger Ausweis möglich gewesen wäre; dem könnten, so das BSG weiter, die Beteiligten nur entgehen durch Vereinbarung von Nettopreisen, bei denen die Höhe der zu tragenden Umsatzsteuer nach dem Betrag bemessen sei, der von Unternehmen an den Steuerfiskus abzuführen ist (BSG, Urteil vom 17.07.2008, 3 KR 18/07 R). Allerdings ist die vorgenannte Rechtsprechung des BGH nebst den Weiterungen des BSG auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Der in Bezug genommenen Entscheidung des BGH lag die - vorliegend indes nicht streitgegenständliche - Frage zugrunde, welche der beiden Vertragsparteien die tatsächlich angefallene, von den dortigen Parteien nicht erwartete Umsatzsteuer zu tragen habe (BGH, a.a.O., Rn. 12). Vorliegend geht indes um die gegenteilige Frage, ob die von den Parteien erwartete, tatsächlich aber nicht geschuldete Umsatzsteuer zurück zu erstatten ist. Dabei ist - wie bereits dargestellt - vorliegend ganz erheblich zu berücksichtigen, dass es allein der Beklagten als Umsatzsteuerschuldnerin im steuerrechtlichen Sinne möglich ist, die nicht geschuldete Umsatzsteuer von den Finanzbehörden rückerstattet zu bekommen. Insofern unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt ganz erheblich von dem der Entscheidung des BGH zu Grunde liegenden Fall. Gegen eine Bruttopreisvereinbarung spricht zudem, dass in sämtlichen, auszugsweise vorgelegten streitgegenständlichen Rechnungen der Beklagten an die Versicherungsnehmer der Klägerin (Anlagen B 3-5) die „Mehrwertsteuer 19 %“ gesondert ausgewiesen wurde.

Insgesamt bleibt die Kammer insofern bei ihrer Auslegung des Medikamentenerwerbsvertrages dahingehend, dass die Umsatzsteuer nur geschuldet war und insofern als Rechtsgrund für die gezahlte Umsatzsteuer fungieren könnte, wenn auch steuerrechtlich eine entsprechende Steuerschuld besteht.

Es kommt daher darauf an, ob der von der Beklagten gegenüber dem Versicherungsnehmer der Klägerin vorgenommene Steuerausweis nach steuerrechtlichen Grundsätzen zutreffend war (so auch etwa LG Duisburg, Beschluss vom 15.05.2017, 5 S 12/17, Anlage B 14).

cc) § 4 Nr. 14b UStG bietet insofern indes keinen Rechtsgrund für die Leistung. Die streitgegenständliche Behandlung nebst Medikamentenherstellung war nach steuerrechtlichen Grundsätzen, insbesondere nach § 4 Nr. 14b UStG umsatzsteuerfrei, was auch die Parteien nicht in Zweifel ziehen. Nach dieser Norm sind Krankenhausbehandlungen und ärztliche Heilbehandlungen sowie eng damit verbundene Umsätze, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts erbracht werden, umsatzsteuerfrei.

Diese Voraussetzungen sind für die streitgegenständlichen Zytostatika gegeben. Bei diesen handelte es sich um patientenindividuell gefertigte Arzneimittel. Deren Umsatzsteuerfreiheit steht - gemäß der überzeugenden Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 24.09.2014, V R 19/11, zit. nach juris) - materiell-rechtlich eindeutig fest. Werden, wie vorliegend unstreitig, Zytostatika, die individuell für die einzelnen Patienten in einer Apotheke eines Krankenhauses hergestellt wurden, im Rahmen von ambulant in diesem Krankenhaus durchgeführten ärztlichen Heilbehandlungen verabreicht, so stellen die Kosten hierfür mit den ärztlichen Heilbehandlungen eng verbundene Umsätze gemäß § 4 Nr. 14b UStG dar und sind steuerfrei. Unerheblich ist dabei, dass das Urteil des BFH erst nach der Leistung der streitgegenständlichen Umsatzsteuerbeträge ergangen ist. Denn vorliegend kommt es letztendlich allein auf die zutreffende steuerrechtliche Einordnung an, ohne dass es darauf ankäme, wann diese zutreffende Einordnung erfolgt ist.

d) Die Beklagte kann sich auch nicht auf Entreicherung im Sinne von § 818 Abs. 3 BGB berufen. Ein Wegfall der Bereicherung kommt allgemein nicht in Betracht, wenn der Empfänger einen inhaltsgleichen Anspruch gegen einen Dritten erlangt hat, vgl. § 818 Abs. 1 Halbs. 2 BGB (so auch AG Wesel, Urteil vom 18.01.2017, Anlage B 13). Hinzukommt, dass der BGH in einem vergleichbaren Fall eine Entreicherung abgelehnt hat, wenn der Unternehmer - wie vorliegend die Beklagte - die an das Finanzamt abgeführten Umsatzsteuerbeträge erstattet verlangen kann (BGH, Urteil vom 18.04.2012, VIII ZR 253/11, zit. nach juris, Rn. 12).

Im Einzelnen:

aa) Nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 18.04.2012, VIII ZR 253/11, zit. nach juris, Rn. 24 ff., 9 m.w.N.) kann sich der Bereicherungsschuldner zwar in Höhe der an das Finanzamt abgeführten Umsatzsteuer grundsätzlich auf den Wegfall der Bereicherung berufen, allerdings ist die Beklagte nach der weiteren, auf den vorliegenden Fall übertragbaren Rechtsprechung des BGH aufgrund einer vertraglichen Nebenpflicht (vgl. insofern BGH, Urteil vom 18.04.2012, VIII ZR 253/11, zit. nach juris, Rn. 24, 9 mit Verweis auf BGH, Urteil vom 11.12.1974 - VIII ZR 186/73, zit. nach juris, dort Rn. 6) verpflichtet, die Rechnungen gemäß § 14c Abs. 1 Satz 2, § 17 Abs. 1 Satz 1, 7 UStG zu berichtigen, so dass sie die gezahlten Umsatzsteuerbeträge gemäß § 37 Abs. 2 AO vom Finanzamt erstattet verlangen kann. Der BGH hat in dem vorbenannten Urteil vom 24.09.2014 eine vertragliche Nebenpflicht der dortigen Beklagten, die einen Betrieb von wasserwirtschaftlichen Anlagen zur Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung führte, angenommen, die Rechnungen zu berichtigen, sodass die überbezahlten Umsatzsteuerbeträge (es waren dort 16 bzw. 19 % statt der ermäßigten 7 % Umsatzsteuer gezahlt worden) vom Finanzamt erstattet verlangt werden könnten, ebenso wie einen Anspruch von deren Vertragspartnerin, einer Wohnungsgenossenschaft, auf Rückzahlung von zu viel eingenommener Umsatzsteuerbeträge. Zutreffend sei die dortige Beklagte, so der BGH, wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen habe, aufgrund einer vertraglichen Nebenpflicht verpflichtet, die Rechnungen zu berichtigen. Dabei hatte das Berufungsgericht insofern ausgeführt, die Klägerin habe gegen die Beklagte einen Anspruch auf Berichtigung der Rechnungen, denn die Rechnungen wiesen fehlerhaft einen nicht ermäßigten Steuersatz aus. Der vorliegende Fall ist mit dem vom BGH entschiedenen Fall vergleichbar. In beiden Fällen ging es um einen Rückerstattungsanspruch des Vertragspartners eines Unternehmers gegen diesen wegen zu viel abgerechneten und eingenommenen Umsatzsteuern, in beiden Fällen war es dem Unternehmer auch möglich, die durch ihn weitergeleitete zu hohe Umsatzsteuer bei den Finanzbehörden zurückzuverlangen.

Zudem ist, wie bereits ausgeführt, in der streitgegenständlichen Konstellation davon auszugehen, dass der Leistungsempfänger - vorliegend die Versicherungsnehmer der Klägerin - zur Zahlung von Umsatzsteuer nur insoweit verpflichtet ist, wie der Leistende auch einen steuerbaren Umsatz hatte; im Übrigen ist die privatärztliche Vereinbarung zwischen den Versicherungsnehmern der Klägerin und der Beklagten so auszulegen, dass es in dem von beiden Parteien erkennbaren Interesse des Versicherungsnehmers lag, möglichst nicht mit unnötigen Steuern belastet zu werden. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass der Unternehmer vorliegend letztendlich auch die Ursache gesetzt hat, indem er zunächst die unzutreffende Besteuerung in Rechnung gestellt hat. Aus diesen Gründen ist eine entsprechende Handlungspflicht des Unternehmers als vertragliche Nebenpflicht im Sinne des § 241 BGB anzunehmen.

Soweit das Sozialgericht Nürnberg (Urteil vom 22.10.2015, S 7 KR 601/14, S. 3, Anlage 1 zum Schriftsatz der Beklagten vom 13.07.2017) der Auffassung ist, es bestünde keine vertragliche Nebenpflicht zur Herbeiführung einer Korrektur der bestandskräftigen Umsatzsteuerbescheide und dies mit der dort vorhandenen Nettopreisvereinbarung begründet, so ist eine solche vorliegend bereits nicht vorgetragen. Hinzukommt, dass das Sozialgericht - unter Zugrundelegung der dortigen Nettopreisvereinbarung - in seiner Entscheidung davon ausgeht, dass dort de abzuführende Umsatzsteuer durch bindende Umsatzsteuerbescheide festgesetzt worden sei. Dies ist aber im vorliegenden Verfahren nicht der Fall, wie sogleich ausgeführt werden wird. Soweit das Sozialgericht zudem auf die Rechtsprechung des BGH hinweist, wonach ohne eine entsprechende Abrede mit dem Preis auch der Aufwand für die Umsatzsteuer abgegolten sei und insofern mangels vertraglicher Nettopreisvereinbarung von einer Bruttopreisvereinbarung auszugehen sei, so ist hier erneut darauf zu verweisen, dass die vorgenannte Rechtsprechung des BGH auf den vorliegenden Sachverhalt aus den benannten Gründen nicht übertragbar ist. Die auf die vorgenannte sozialgerichtliche Rechtsprechung gestützte Auffassung der Beklagten, nicht zur Durchführung einer Rechnungskorrektur und somit zur Veranlassung einer Erstattung der Umsatzsteuer durch das Finanzamt verpflichtet zu sein, ist insofern für den vorliegenden Fall nicht zutreffend. Hinzukäme, dass diese Auffassung dazu führen würde, dass die objektiv zu Unrecht vereinnahmten Umsatzsteuern dauerhaft bei der Finanzverwaltung verblieben. Dies wäre aber im Ergebnis nicht sachgerecht (so auch LG Duisburg, Beschluss vom 15.05.2017, S 5, Anlage B 14).

Aus diesem Grund folgt die Kammer auch nicht der Ansicht des LG Bochum (Urteil vom 08.02.2017, 4 O 392/16, Anlagenkonvolut B2 zum Schriftsatz vom 26.07.2017), welches zudem eine vertragliche Verpflichtung deswegen verneint, weil es dort - allerdings ohne ersichtliche Begründung - eine Bruttopreisabrede zwischen dem Leistungserbringer und den Versicherungsnehmern annimmt. Soweit es zu dem darauf abstellt, dass eine solche Pflicht nicht vertraglich vereinbart war und sich auch nicht aus Treu und Glauben ergebe, da der Aufwand für eine entsprechende Korrektur nicht geringfügig sei, so gilt auch hier, dass der Verwaltungsaufwand nur konsequente Folge der gesetzgeberischen Anordnung der Einziehung der Umsatzsteuer durch den Unternehmer ist.

Aus demselben Grund folgt die Kammer auch nicht der Ansicht des Sozialgerichts Reutlingen (Anlagenkonvolut B 2 zum Schriftsatz vom 26.07.2017). Diesbezüglich ist schon nicht nachvollziehbar, warum dort - bei Annahme einer Nettopreisvereinbarung und Hervorhebung, dass bei einer solchen nach zutreffender Rechtsprechung des BSG aufgrund des für die Umsatzsteuerveranlagung leitenden Prinzips der Selbstveranlagung besondere Obhutspflichten bestünden - letztendlich dennoch eine Pflicht verneint wird (Rn. 61). Soweit das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 28.09.2016 (Anlage B 10 zur Klage) als Beleg hierfür angeführt wird (Rn. 62), ist diese Verwaltungsanweisung an die Finanzbehörden schon aufgrund ihrer allein steuerverwaltungsinternen Wirkung per se nicht geeignet, eine entsprechende zivilrechtliche Pflicht zu begründen (vgl. BGH, Urteil vom 18.04.2012, VIII ZR 253/11, zit. nach juris, Rn. 26). Soweit das Sozialgericht Reutlingen zudem der Auffassung ist, der BGH stütze sich bei der Annahme einer vertraglichen Nebenpflicht (Urteil vom 18.04.2012, VIII ZR 253/11) auf detaillierte Ausführungen in einem Schreiben Bayerischen Landesamtes für Steuern (Rn. 63), so ist dies nicht zutreffend. Der BGH verweist auf das vorgenannte Schreiben nur zur Veranschaulichung der Vorgehensweise bei dem Verlangen auf Rückerstattung gegenüber dem Finanzamt (juris Rn. 24 am Ende), nicht zur Begründung der Pflicht als solcher.

Aus demselben Grund folgt die Kammer schließlich auch nicht der Ansicht des Sozialgerichts Stuttgart (Urteil vom 07.08.2017, S 9 KR 5628/16, Anlage B zum Schriftsatz vom 28.08.2017). Auch diesbezüglich gilt überdies, dass das Schreiben des BMF vom 28.09.2016 als steuerinterne Verwaltungsanweisung schon per se nicht geeignet ist, entsprechende zivilrechtliche Pflichten zu begründen.

Doch auch unabhängig von einer vertraglichen Nebenpflicht der Beklagten zur Berichtigung der Rechnungen, welche Voraussetzung für eine Rückerstattung der Umsatzsteuer seitens des Fiskus an die Beklagte ist, besteht die Bereicherung der Beklagten im Verhältnis zu den Versicherungsnehmern der Klägerin und damit gegenüber der Klägerin selbst fort. Dies ergibt sich wiederum bereits daraus, dass es nicht in der Hand des Unternehmers liegen kann, seine Entreicherung herbeizuführen, indem er darauf verzichtet, die (steuerlich unzutreffenden) Rechnungen zu berichtigen und damit den Weg für die Rückerstattung zu viel gezahlter Umsatzsteuer zu ebnen. Der Unternehmer kann sich daher bereicherungsrechtlichen Ansprüchen des Leistungsempfängers nicht durch den Verzicht auf die Geltendmachung von eigenen Umsatzsteuerrückerstattungsansprüchen entziehen.

Damit besteht die Bereicherung der Beklagten fort.

bb) Der Anspruch der Beklagten gegenüber dem Fiskus auf Rückerstattung der Umsatzsteuerbeträge ist auch nicht praktisch wertlos. Dies wäre nur der Fall, wenn der Anspruch uneinbringlich ist oder es nach den Umständen zumindest äußerst schwierig ist, die Forderung durchzusetzen (BGH, Urteil vom 18.04.2012, VIII ZR 253/11, zit. nach juris, Rn. 25). So verhält es sich hier nicht.

(1) Aus dem Schreiben des BMF vom 28.09.2016 (Anlage B 10 zur Klage), GZ III C 3 - S 7170/11/10004, 2016/0883539, ergibt sich nur, dass es für vor dem 01.04.2017 ausgeführte Umsätze für das Besteuerungsverfahren nicht beanstandet wird, wenn der Unternehmer seine Leistungen - abweichend von dem in dem Schreiben enthaltenen, geänderten Anwendungserlass - dem allgemeinen Steuersatz unterwirft und insoweit aus den damit zusammenhängenden Eingangsleistungen unter den weiteren Voraussetzungen des § 15 UStG den Vorsteuerabzug geltend macht. Dies besagt aber - wie der BGH für den, wie ausgeführt, vergleichbaren Fall entschieden hat (BGH, Urteil vom 18.4.2012, VIII ZR 253/11, zit. nach juris, Rn. 26) - lediglich, dass der leistende Unternehmer aus Sicht des Bundesfinanzministeriums steuerrechtlich nicht verpflichtet ist, eine Berichtigung von Rechnungen vorzunehmen. Die Berechtigung des Unternehmers, die Rechnungen zu berichtigen, wird dadurch - ebenso wie die vorgenannte zivilrechtliche Verpflichtung - gerade nicht berührt (vgl. BGH, a.a.O.). Es liegen auch angesichts der Eindeutigkeit der zitierten BFH-Rechtsprechung keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die steuerrechtliche Durchsetzung der Forderung äußerst schwierig ist und dass die Beklagte etwa gezwungen sein wird, ihren Erstattungsanspruch gegen den Fiskus gerichtlich geltend zu machen.

(2) Praktische Wertlosigkeit und damit eine die Entreicherung begründende Uneinbringlichkeit des Anspruchs läge allerdings vor, wenn eine rechtskräftige Steuerfestsetzung vorliegen würde und die Beklagte insofern keinen Rückgriff bei den Steuerbehörden nehmen könnte; eine steuerliche Mehrbelastung des Bereicherungsschuldners ist im Rahmen des § 818 Abs. 3 BGB dann zu berücksichtigen, wenn sie endgültig ist (BGH, Urteil vom 15.01.1992 – IV ZR 317/90 –, juris, Rn. 33; OLG Hamm, Urteil vom 26.05.2014 – I-18 U 29/13 –, juris, Rn. 44).

Auch aus der vorliegend in Bezug genommenen sozialgerichtlichen Rechtsprechung ergibt sich insofern nichts anderes (so auch LG Duisburg, Beschluss vom 15.05.2017, 5 S 12/17, S 4, Anlage B 14). Das von der Beklagten in Bezug genommene Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 22.10.2015, S 7 KR 601/14 (Anlage B1 zum Schriftsatz vom 13.07.2017) geht bereits von einem anderen Sachverhalt aus, da es dort um Leistungen einer gesetzlichen Krankenversicherung geht und insofern Bezug auf einen zwischen den dortigen Beteiligten geschlossenen - vorliegend indes nicht behaupteten - Apothekenvertrag genommen wird, welcher die Abrechnung zuzüglich Mehrwertsteuer vorsehe. Zudem nimmt das Sozialgericht Nürnberg Bezug auf ein Urteil des Bundessozialgerichts, in welchem - in Übereinstimmung mit dem oben Gesagten - eine bestandskräftig gewordene Umsatzsteuerfestsetzung durch die Finanzverwaltung vorlag (BSG, Urteil vom 17.07.2008, B 3 KR 18/07 R, juris, Rn. 13). Etwas anderes ergibt sich schließlich auch nicht aus dem von der Beklagten weiter in Bezug genommenen Urteil des Sozialgerichts Stuttgart (Urteil vom 03.08.2017, S 9 KR 5628/16, Anlage B3 zum Schriftsatz vom 28.08.2017). Dieses ist in der zitierten Entscheidung der Auffassung, für die Prüfung dieser steuerrechtlichen Rechtsfrage nicht zuständig zu sein. Diese Auffassung teilt die Kammer für das vorliegende Verfahren nicht. Die inzidente Prüfung von anderen Rechtsgebieten in zivilrechtlichen Ansprüchen gehört zur Aufgabe des in einen Zivilrechtsstreit angerufenen Zivilrichters (vgl. BGH, Urteil vom 02.11.2001, V ZR 224/00 = NJW-RR 2002, Seite 377 f.).

Vorliegend ist die Umsatzsteuer zulasten der Beklagten indes gerade noch nicht bestandskräftig festgesetzt worden. Dies behauptet die Beklagte zwar. Sie lässt aber Ausführungen hierzu vermissen. Insbesondere hat sie - obwohl die Klägerin im Schriftsatz vom 23.02.2017 ausführlich ausgeführt hat, warum gerade keine Bestandkraft vorliegen könne - nicht näher dazu vorgetragen, wann und wodurch die Festsetzung der von ihr an das Finanzamt abgeführten Umsatzsteuer im Verhältnis zwischen ihr selbst und der Finanzverwaltung bestandskräftig geworden sein sollte. Insofern ist ihr Vortrag nicht hinreichend substantiiert und unerheblich. Dies gilt umso mehr, als in der vorliegenden Konstellation nur durch eine konkrete Entscheidung des Finanzamts (Aufhebung des Vorbehalts) eine (vorzeitige) Bestandskraft der Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2012 und 2013 eingetreten sein könnte, die durch die insoweit darlegungspflichtige Beklagte bereits nicht behauptet wird.

Aufgrund dessen ist vom steuerrechtlichen Normalfall und damit von einer fehlenden Rechtskraft der Steuerfestsetzung auszugehen. Nach § 18 Abs. 1 UStG hat der Unternehmer die Umsatzsteuer zunächst selbst zu berechnen und schuldet dem Finanzamt den auf Grundlage seiner eigenen Berechnung ermittelten Betrag, ohne dass es eines Steuerbescheids bedürfte. Die sodann vorzunehmende Jahressteueranmeldung gemäß § 18 Abs. 3 UStG und der durch das Finanzamt daraufhin erlassene Umsatzsteuerbescheid steht gemäß § 168 S. 1 AO einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Satz 1 AO gleich. Damit kann gemäß § 164 Abs. 2 AO sowohl der Steuerpflichtige als auch das Finanzamt jederzeit eine Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung herbeiführen, solange der Vorbehaltszeitraum nicht abgelaufen ist oder eine Aufhebung des Vorbehalts, etwa nach einer Betriebsprüfung im Sinne von § 164 Abs. 3 Satz 3 AO, stattgefunden hat (so auch LG Duisburg, Beschluss vom 15. Mai 2017,5 S 12/17, Anlage B 14, S. 5). Der Vorbehalt der Nachprüfung entfällt erst mit Ablauf der Festsetzungsfrist nach § 164 Abs. 4 Satz 1 AO, welche vorliegend nach § 169 Abs. 2 Satz 1 Nummer 2 AO vier Jahre beträgt. Dass der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben wurde - etwa infolge einer Betriebsprüfung nach § 164 Abs. 3 Satz 3 AO - hat die Beklagte selbst nicht behauptet. Dass die Vier-Jahres-Frist inzwischen abgelaufen ist, hat die für die Entreicherung beweispflichtige Beklagte ebenfalls weder schlüssig vorgetragen noch bewiesen. Im Gegenteil ist davon auszugehen, dass die vorgenannte Frist noch läuft. Die Vier-Jahres-Frist des § 169 AO beginnt bei Steuern, für die - wie bei der vorliegenden Umsatzsteuer gemäß § 18 Abs. 1 und 3 UStG - eine Steueranmeldung einzureichen ist, gemäß § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO grundsätzlich mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steueranmeldung (§ 18 Abs. 3 Satz 1 UStG) eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des 3. Kalenderjahres, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist. Vorliegend hat die Beklagte nicht vorgetragen, wann die Steueranmeldungen für die Jahre 2012 und 2013 erfolgt sind. Da die Steueranmeldung 2012 aber auch sämtliche Umsatzsteuern aus Dezember 2012 beinhalten muss, kann sie frühestens im Januar 2013 eingereicht worden sein, was hieße, dass die Vierjahresfrist für Umsatzsteuern, die im Kalenderjahr 2012 entstanden oder nicht entstanden bzw. die im Rahmen von Voranmeldungen vorausgezahlt worden sind (§ 18 Abs. 1, 2, 2a UStG), am 01.01.2014 zu laufen begonnen hat und am 31.12.2017 ablaufen würde. Für Umsatzsteuern im Kalenderjahr 2013 liefe die Frist insofern frühestens am 31.12.2018 ab. Eine gegenüber der Beklagten bestandskräftige Umsatzsteuerfestsetzung für die Jahre 2012 und 2013 liegt nach alledem nicht vor. Nur am Rande sei angemerkt, dass auch eine nach Rechtshängigkeit des Rechtsstreits gegebenenfalls eintretende Bestandskraft der Umsatzsteuerbescheide wegen § 818 Abs. 4 sowie auch § 819 Abs. 1 BGB die Haftung der Beklagten nicht entfallen lassen würde.

(3) Der Anspruch der Beklagten gegen die Steuerbehörde ist vorliegend auch nicht deshalb praktisch wertlos, da es nach den Umständen zumindest äußerst schwierig wäre, die Forderung durchzusetzen.

Dabei verkennt die Kammer nicht, dass die Beantragung der Rückzahlung der zu viel gezahlten Umsatzsteuer beim Finanzamt einen hohen Verwaltungsaufwand für die Beklagte bedeutet, die insofern keinerlei Vorteil von diesem umsatzsteuerlichen Geschehen hat und insofern die ggf. erheblichen Verwaltungskosten zu tragen hat, ohne eine bei ihr verbleibende Gegenleistung dafür zu erhalten. Dies ist allerdings - wie bereits unter I. 2 a) ausgeführt - die konsequente Folge der vom Gesetzgeber vorgesehenen Regelung, dass der Unternehmer - insofern als gesetzlicher Geschäftsbesorger für den Staat und ebenfalls unentgeltlich und ohne jeden eigenen Vorteil - die Umsatzsteuer einzuziehen und an das Finanzamt weiterzuleiten hat. Insofern ist es - so die gesetzgeberische Entscheidung - generell Pflicht des Unternehmers, den entsprechenden Verwaltungsaufwand zu tragen. Für die entsprechende Rückabwicklung kann aber nichts anderes gelten.

Zudem ist vorliegend auch nicht ersichtlich, dass die Rückforderung der konkreten streitgegenständlichen Umsatzsteuer gegenüber dem Finanzamt äußerst schwierig wäre. Zwar kann die Kammer insofern die von dem Justiziar der Beklagten in der Anhörung am 17.08.2017 geschilderten Erschwernisse - der Rückforderung vorgelagert: 1. Anforderung der den Behandlungen zu Grunde liegenden Rezepte bei den jeweiligen Krankenversicherungen, 2. deren Untersuchung auf das Vorliegen von individuell gefertigten Zytostatika sowie 3. erhöhter Aufwand mangels Digitalisierung der Aktenvorgänge für die streitgegenständlichen Jahrgänge - ohne weiteres nachvollziehen. Soweit die Erschwernisse allerdings im Geschäftsbereich der Beklagten gelagert sind - vorstehend Ziffern 2. und 3. - mögen diese zwar einen hohen Verwaltungsaufwand mit sich bringen, es ist aber nicht erkennbar, dass die Durchsetzbarkeit der Forderung gegenüber den Finanzbehörden durch diese rein tatsächlichen Erschwernisse, die die rechtliche Durchsetzbarkeit nicht betreffen, beeinträchtigt ist. Rechtlich ist kein Grund ersichtlich, warum die Beklagte ein mögliches Rechnungsberichtigungsverfahren nicht durchführt. Ein erhöhter Aufwand im Verhältnis zur Finanzverwaltung kann kein Argument sein, sich über die materiell-rechtlich geklärte Lage hinwegzusetzen und materiell-rechtlich zu Unrecht vereinnahmte Leistungen letztlich bei der Finanzverwaltung zu belassen (ebenso: Landgericht Duisburg, Beschluss vom 15.05.2017, 55 S 12/17, Anlage B 14; Landgericht Heilbronn, Beschluss vom 08.08.2017, Ta 4 S 39/16, Bl. 98 ff. d.A.).

Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte insofern auch die Rechnungsberichtigung für mehrere zu berichtigende Rechnungen zusammenfassen kann (S. 4 2. Absatz Satz 1 des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen vom 28.09.2016, a.a.O.: „Die Rechnungsberichtigung kann zusammengefasst für mehrere zu berichtigende Rechnungen in einem Dokument erfolgen; …“ [Hervorhebung durch die Kammer]).

Hinsichtlich der im Geschäftsbereich der Klägerin liegenden Erschwernis dergestalt, dass von dieser erst die Rezepte an die Beklagte gesandt werden müssen - vorstehend Ziffer 1. -, kommt zudem hinzu, dass weder die Beklagte vorgebracht hat, dass die Klägerin oder andere Versicherer insofern die Rückforderung durch Nichtübersendung der Rezepte erschwert hätten, noch ist dies anderweitig ersichtlich.

e) Der Anspruch der Klägerin ist nicht verjährt.

aa) Eine Verjährung des auf der Zahlung von Umsatzsteuern im Jahr 2012 beruhenden Anspruchs ist jedenfalls infolge der Erklärung der Beklagten zum Verzicht der Verjährungseinrede nicht eingetreten. Unabhängig davon, dass Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung grundsätzlich innerhalb der 3-jährigen Regel-Verjährungsfrist verjähren, kann ein Hauptschuldner auf die Einrede der Verjährung durch einseitige Erklärung vor oder nach Eintritt der Verjährung verzichten (BGH, Urteil vom 18.09.2007 – XI ZR 447/06 –, juris, Rn. 15). Dies ist vorliegend durch die Erklärung des Justiziars der Beklagten vom 10.12.2015 bis zum Ablauf des 31.12.2016 erfolgt. Dabei waren die Ansprüche auch zum Zeitpunkt der Erklärung des Justiziars unter Zugrundelegung der auf bereicherungsrechtliche Ansprüche anwendbaren 3-jährigen Regel-Verjährungsfrist des § 195 BGB nicht verjährt und die in dem Schreiben enthaltene Bedingung wurde insofern vorliegend eingehalten. Gemäß § 199 Abs. 1 BGB beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Selbst wenn man hier im Hinblick auf das bereits im Jahr 2011 anhängig gemachte Verfahren des BFH zum Az. V R 19/11 annimmt, dass die Versicherungsnehmer der Klägerin insofern bereits im Jahr 2012 Kenntnis von der Umsatzsteuerfreiheit hätten erlangen müssen, war insofern am 10.12.2015 keine Verjährung eingetreten. Beginn der Verjährungsfrist wäre insofern der 01.01.2013 und Ende der 31.12.2015.

Zwar wurde die Klage der Beklagten erst am 17.01.2017 zugestellt und der Verjährungsverzicht der Beklagten war zeitlich begrenzt bis zum 31.12.2016. Die Klage ist indes noch im Jahre 2016 beim Landgericht anhängig gemacht worden und deren Zustellung ist des Weiteren auch im Sinne von § 167 ZPO demnächst erfolgt, sodass die mit der Klageerhebung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB einhergehende Hemmung der Verjährung unter Anwendung der vorgenannten Norm bereits mit Eingang der Klage bei Gericht, vorliegend am 28.12.2016 und damit vor dem 31.12.2016, erfolgt ist. Eine Zustellung ist dann „demnächst“ erfolgt, wenn sie in nicht allzu erheblichem zeitlichem Abstand vom Fristablauf erfolgt; dies ist insbesondere dann nicht gegeben, wenn es zu einer Zustellungsverzögerung von mehr als 14 Tagen kommt, die allein auf dem Zustellungsbetreiber, hier der Klägerin, beruht (Greger/Zöller, ZPO, 31. Auflage 2016, § 167 Rn. 10 f. m.w.N.). Diese Voraussetzungen liegen indes nicht vor. Auf den Eingang der Klage bei Gericht am 28.12.2016 wurde der Gerichtskostenvorschuss seitens des Gerichts unter dem 02.01.2017 angefordert. Unter dem 16.01.2017 konnte dann der Eingang des Gerichtskostenvorschusses verzeichnet werden. Sodann wurde die Klage gemäß Verfügung vom 17.01.2017 der Beklagten am 20.01.2017 zugestellt. Vor diesem zeitlichen und tatsächlichen Hintergrund ist die Zustellung unproblematisch noch „demnächst“ erfolgt.

bb) Hinsichtlich des Anspruchs betreffend die Umsatzsteuerzahlungen im Jahr 2013 wurde die Einrede der Verjährung schon nicht erhoben. Sie wäre zudem unter Berücksichtigung der Regelverjährungsfrist von 3 Jahren und einer (frühest möglichen) Kenntniserlangung im Jahr 2013 auch nicht eingetreten.

f) Der Hauptanspruch besteht auch in der geltend gemachten Höhe. Unstreitig hat die Klägerin die vorgetragenen Leistungen inklusive Umsatzsteuern an ihre Versicherungsnehmer gezahlt. Auch Schlüssigkeitsbedenken gegen die Höhe der geltend gemachten Forderung bestehen nicht mehr. Auf den mit der Zustellungsverfügung erfolgten Hinweis der Kammer, dass ein Erstattungsbetrag für die in den Anlagen B 1 und 2 enthaltene Versicherungsnehmerin K mangels deren Erwähnung in der vorgenannten Klageschrift nicht schlüssig vorgetragen sei, hat die Klägerin die in den für die Höhe des Anspruchs in Bezug genommenen Anlagen B 1 und 2 enthaltene Versicherungsnehmerin K schriftsätzlich nachbenannt (Bl. 31 d.A.). Die Höhe der Klageforderung ist zudem, nachdem nunmehr Seite 2 der Anlage B 1 vorliegt, auch der Höhe nach schlüssig.

II.

Der Zinsanspruch ist nur wie tenoriert begründet, im Übrigen ist er nicht schlüssig vorgetragen und daher abzuweisen.

Die Klägerin hat auf den Betrag in Höhe von 15.473,30 €, welcher den Umsatzsteueranteil für Zahlungen der Klägerin an deren Versicherungsnehmer wegen Behandlungen im Jahr 2012 darstellt, gemäß §§ 286, 288 BGB einen Anspruch auf Verzugszinsen seit dem 01.12.2015. Mit Schreiben vom 05.11.2015 hat die Klägerin die Beklagte erfolglos zur Zahlung bis zum 30.11.2015 aufgefordert, sodass ab dem 01.12.2015 Verzug eingetreten ist. Dabei ist unerheblich, dass die Beklagte mit dem vorgenannten Schreiben zugleich eine Erklärung übersandte, mit der die Beklagte auf die Einrede der Verjährung hätte verzichten können. Die in der Mahnung enthaltene Aufforderung zur Leistung muss eindeutig sein, wobei genügt, wenn der Gläubiger zum Ausdruck bringt, dass er die geschuldete Leistung verlangt, was durch eine Fristsetzung, aber auch in höflicher Form geschehen kann (Palandt/Grünberg, BGB, 76. Aufl. 2017, § 286 Rn. 17 m.w.N.). Insofern unmissverständlich hatte die Klägerin in dem vorgenannten Schreiben zudem festgestellt, dass - sofern die Beklagte von dieser Möglichkeit nicht Gebrauch mache - die Klägerin auf Zahlung des in dem Schreiben genannten Betrages bis zum 30.11.2015 bestehe.

Auf den weiteren Betrag in Höhe von 11.306,96 € hat die Klägerin gemäß §§ 291, 288, 187 Abs. 1 BGB indes lediglich einen Anspruch auf (Prozess-) Zinsen seit dem 21.01.2017. Der mit Eintritt der Rechtshängigkeit einhergehende Zinsanspruch beginnt infolge von § 187 Abs. 1 BGB mit dem Folgetag der Rechtshängigkeit, mithin am Tag nach der Zustellung der Klage an die Beklagte, welche am 20.01.2017 erfolgte. Der darüber hinaus begehrte Zinsanspruch seit dem 03.12.2016 ist nicht schlüssig vorgetragen. Gründe für diesen früheren Zinsbeginn sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 ZPO; die Zuvielforderung hinsichtlich der Zinsen ist verhältnismäßig geringfügig und hat als Nebenforderung auch keine besonderen Kosten ausgelöst.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 Satz 1 und 2 ZPO.