Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 06.09.1983, Az.: 18 UF 35/83

Bestehen eines Auskunftsanspruchs im Rahmen der erbrechtlichen Auseinandersetzung; Zulässigkeit der Vollstreckungsabwehrklage; Bestimmung des zulässigen Inhalts der Vollstreckungsabwehrklage; Verhinderung der Verminderung des Zugewinnausgleichs nach Anhängigkeit der Scheidung durch einen Auskunftsanspruch; Vornahme des Zugewinnausgleichs nach dem Tod eines Ehegatten

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
06.09.1983
Aktenzeichen
18 UF 35/83
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1983, 16840
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:1983:0906.18UF35.83.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Stade - 20.12.1982 - AZ: 43 F 204/82

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Solange der Vollstreckungsgläubiger noch über den Vollstreckungstitel verfügt, entfällt das Rechtsschutzbedürfnis für eine Vollstreckungsabwehrklage des Vollstreckungsschuldners selbst dann nicht, wenn er und der Vollstreckungsgläubiger sich einig sind, dass eine Zwangsvollstreckung nicht mehr in Betracht kommt.

  2. 2.

    Die Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO kann nur auf rechtshemmende oder rechtsvernichtende Einwendungen gestützt werden, die nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung, die zu dem angegriffenen Titel führte, entstanden und gegen den materiellen Anspruch gerichtet sind, der durch den Titel ausgeurteilt worden ist.

  3. 3.

    In Fällen des § 1371 Abs. 2 BGB ist die entsprechende Anwendung des § 1384 BGB ausgeschlossen.

Der 18. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle hat
auf die mündliche Verhandlung
vom 23. August 1983
unter Mitwirkung
des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht ...
der Richterin am Oberlandesgericht ... und
des Richters am Oberlandesgericht ...
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 20. Dezember 1982 verkündete Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Stade wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 1.200 DM abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet. Als Sicherheit genügt die selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank, öffentlichen Sparkasse oder Volksbank.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten im Rahmen einer Vollstreckungsabwehrklage darüber, ob der Beklagten gegen die Klägerin, die ersteheliche Tochter und Alleinerbin des verstorbenen Ehemannes (fortan Erblasser genannt) der Beklagten, ein Anspruch auf Auskunftserteilung über das für die Ermittlung eines Zugewinnausgleichsanspruchs maßgebende Endvermögen des Erblassers am 4. März 1980 zusteht.

2

Der Erblasser hatte die Beklagte am 8. Dezember 1975 in zweiter Ehe geheiratet. Nachdem ein erstes, vom Erblasser im Jahre 1978 eingeleitetes Scheidungsverfahren am 9. Oktober 1979 vor dem Oberlandesgericht Celle erfolglos geblieben war, wurde der Beklagten am 4. März 1980 in dem Verfahren 41 F 11/80 AG Stade ein zweiter Antrag des Erblassers auf Ehescheidung zugestellt. Daraufhin schied das Amtsgericht Stade mit Urteil vom 8. September 1981 die Ehe des Erblassers und der Beklagten. Gegen dieses ihr am 6. Oktober 1981 zugestellte Scheidungsurteil legte die Beklagte am 6. November 1981 Berufung ein und begründete diese form- und fristgerecht mit Schriftsatz vom 21. Dezember 1981, nachdem ihr für die Begründung Fristverlängerung bewilligt worden war. Die Berufungsbegründung wurde den zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten des Erblassers am 13. Januar 1982 zugestellt, nachdem der Erblasser bereits zuvor am 8. Januar 1982 verstorben war.

3

In einem weiteren Rechtsstreit ist der Erblasser auf die Klage der Beklagten durch Urteil des Amtsgerichts Stade vom 15. Dezember 1981 Aktenzeichen 43 F 150/81 - (fortan Ersturteil genannt) verurteilt worden, der Beklagten Auskunft über sein Endvermögen am 4. März 1980, dem Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages des Erblassers, zu erteilen. Dieses Urteil wurde den Prozeßbevollmächtigten des Erblassers zwei Tage vor seinem Tod am 6. Januar 1982 zugestellt. Ein Antrag auf Aussetzung des Verfahrens wurde nicht gestellt. Der Beklagten ist dann erstinstanzlich am 8. Juni 1982 eine vollstreckbare Ausfertigung des Ersturteils gegen die Klägerin erteilt worden, weil diese als Alleinerbin des Erblassers dessen Rechtsnachfolgerin geworden war. Die Beklagte betreibt nun die Zwangsvollstreckung aus dem Ersturteil gegen die Klägerin. Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Vollstreckungsabwehrklage.

4

Sie hat vorgetragen, der zum Ersturteil führende Rechtsstreit sei durch den Tod des Erblassers erledigt worden; der Anspruch der Beklagten auf Auskunftserteilung über das Endvermögen des Erblassers am 4. März 1980 sei erloschen, weil das Scheidungsverfahren durch den Tod des Erblassers beendet worden sei.

5

Die Klägerin hat beantragt,

die Zwangsvollstreckung aus dem Ersturteil für unzulässig zu erklären.

6

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

7

Sie hat vorgetragen, die Vollstreckungsabwehrklage der Klägerin sei unzulässig, weil insoweit mit dem Tod des Erblassers nur ein Fortfall der Geschäftsgrundlage geltend gemacht werde; auch nach dem Tod des Erblassers stehe ihr in entsprechender Anwendung von § 1384 BGB der ihr mit dem Ersturteil zuerkannte Auskunftsanspruch zu; jedenfalls sei das der Fall, sofern davon auszugehen sei, daß die Scheidungsklage des Erblassers ohne seinen Tod Erfolg gehabt hätte.

8

Das Amtsgericht hat mit dem angefochtenen Urteil der Klage mit der Begründung stattgegeben, die Beklagte könne sich für die Durchsetzung ihrer Zugewinnausgleichsansprüche nicht mehr auf den Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags des Erblassers berufen; dieser Zeitpunkt sei für die Berechnung eines etwaigen Zugewinnausgleichsanspruchs schon deshalb nicht maßgebend, weil die Voraussetzung dafür, daß die Ehe ohne den Tod des Erblassers "hätte geschieden werden können", nicht mehr zu klären sei.

9

Gegen dieses ihr am 22. Dezember 1982 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 24. Januar 1983, einem Montag, Berufung eingelegt und ihr Rechtsmittel am 24. Februar 1983 begründet. Sie erstrebt mit ihrer Berufung die Abweisung der Vollstreckungsabwehrklage.

10

Die Beklagte trägt in ihrer Berufungsbegründung vor, das Amtsgericht hätte die Vollstreckungsabwehrklage abweisen müssen, denn der maßgebende Stichtag für den Auskunftsanspruch sei nach wie vor die Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages, weil ihre Ehe wegen dreijährigen Getrenntlebens vom Erblasser zur Zeit seines Todes gemäß § 1566 Abs. 2 BGB hätte geschieden werden müssen; im übrigen habe die Klägerin der ihr obliegenden Darlegungs- und Beweislast dafür, daß ihre - der Beklagten - Ehe nicht geschieden worden wäre, nicht genügt. Abweichend davon trägt die Beklagte mit Schriftsatz vom 28. Juni 1983 nunmehr vor, entgegen der - insoweit unzutreffenden - Berufungsbegründung wäre ihre Ehe nicht geschieden worden, denn sie habe sich mit dem Erblasser vor dessen Tod wieder versöhnt; zu einer Rücknahme seines Scheidungsantrages sei es nur deshalb nicht gekommen, weil er kurz darauf verstorben sei; dennoch müsse die Klage wegen Unschlüssigkeit abgewiesen werden, weil die Klägerin bislang nicht behauptet habe, daß die Ehe ohne den Tod des Erblassers nicht geschieden worden wäre.

11

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

12

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

13

Die Klägerin trägt - lange nach Ablauf der ihr bis zum 5. April 1983 gesetzten Frist zur Erwiderung auf die Berufungsbegründung mit Schriftsatz vom 18. August 1983 - vor, nach dem Tode des Erblassers komme nur dessen Todestag als Berechnungszeitpunkt für dessen Endvermögen in Frage; auch für den Fall, daß man der Rechtsauffassung des Amtsgerichts folge, habe die Beklagte zu beweisen, ob ihre Ehe ohne den Tod des Erblassers geschieden worden wäre; sie, die Klägerin, mache sich den Vortrag der Beklagten aus der Berufungsbegründung zu eigen, daß deren Ehe in jedem Fall geschieden worden wäre; zu einer Versöhnung zwischen dem Erblasser und der Beklagten sei es vor dessen Tod nicht gekommen. Die Klägerin macht weiter - erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat - geltend, es fehle an einem Rechtsschutzbedürfnis für das Auskunftverlangen der Beklagten bezüglich des Stichtages 4. März 1980, weil sie in einem Parallelverfahren vor dem Landgericht bereits einen Auskunftsanspruch für den Todestag des Erblassers am 8. Januar 1982 geltend mache.

14

Wegen des weiteren Vorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze sowie die überreichten Unterlagen und das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Berufung ist unbegründet.

16

Die Vollstreckungsabwehrklage ist nach § 767 ZPO zulässig und auch begründet.

17

Nachdem der Beklagten eine vollstreckbare Ausfertigung des Ersturteils gegen die Klägerin erteilt worden ist, ist diese als Vollstreckungsschuldnerin des Ersturteils zur Vollstreckungsabwehrklage gegen die Beklagte als Vollstreckungsgläubigerin befugt. Sie hat auch ein Rechtsschutzbedürfnis an der Vollstreckungsabwehrklage unabhängig davon, daß die Beklagte nunmehr auch eine Auskunftsklage über das Endvermögen des Erblassers zur Zeit seines Todes gegen sie erhoben hat. Das Rechtsschutzbedürfnis des Vollstreckungsschuldners entfällt selbst dann nicht, wenn er und der Vollstreckungsgläubiger sich einig sind, daß eine Zwangsvollstreckung nicht mehr in Betracht kommt, solange der Vollstreckungsgläubiger, wie hier die Beklagte, noch über den Vollstreckungstitel verfügt (BGH WPM 1975, 1213).

18

Auch macht die Klägerin eine zulässige Einwendung im Sinne von § 767 Abs. I. u. II. ZPO geltend. Die Vollstreckungsabwehrklage kann nur auf rechtshemmende oder rechtsvernichtende Einwendungen gestützt werden, die nach dem Schluß der mündlichen Verhandlung, die zu dem angegriffenen Titel führte, entstanden und gegen den materiellen Anspruch gerichtet sind, der durch den Titel ausgeurteilt worden ist (vgl. Thomas-Putzo 12. Aufl. § 767 ZPO Anm. 2 a), b)). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Im Ersturteil ist auf die mündliche Verhandlung vom 24. November 1981 ein Auskunftsanspruch der Beklagten gemäß § 1379 Abs. 2 BGB darüber ausgeurteilt worden, über welches Endvermögen der Erblasser am 4. März 1980, als sein Scheidungsantrag rechtshängig wurde, verfügte. Die Klägerin macht einen später entstandenen, rechtsvernichtenden Einwand geltend, indem sie ihre Klage darauf stützt, dieser Auskunftsanspruch sei durch den Tod des Erblassers am 8. Januar 1982 erloschen.

19

Demgegenüber stellt der neue Vortrag der Klägerin, es fehle an einem Rechtsschutzbedürfnis der Beklagten an dem bisher titulierten Auskunftsanspruch nach der neuen Klage auf Auskunft über das Endvermögen des Erblassers am 8. Januar 1982, keine zulässige Einwendung im Sinne von § 767 ZPO dar. Das folgt bereits daraus, daß die Beklagte sicher ein Rechtsschutzbedürfnis an dem Fortbestand der Vollstreckbarkeit des Ersturteils hat, solange nicht feststeht, ob ihre neue Auskunftsklage überhaupt Erfolg haben wird.

20

Begründet ist die Vollstreckungsabwehrklage, weil der durch das Ersturteil zugesprochene Auskunftsanspruch der Beklagten über das Endvermögen des Erblassers am 4. März 1980 durch dessen Tod erloschen ist.

21

Zur Zeit des Ersturteils stand der Beklagten gegen den Erblasser ein Anspruch auf Auskunftserteilung über dessen Endvermögen gemäß § 1379 Abs. 2 BGB zu, wonach u.a. dann, wenn ein Ehegatte die Scheidung beantragt, jeder der Ehegatten dem anderen eine derartige Auskunft zu erteilen hat. Die Auskunftsklage sollte die Geltendmachung eines Zugewinnausgleichsanspruchs für den Fall der Ehescheidung vorbereiten. Deshalb war der Auskunftsstichtag gemäß § 1384 BGB, wonach für den Fall der Ehescheidung für die Berechnung des Zugewinns an die Stelle der Beendigung des Güterstands der Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages tritt, der 4. März 1980. Durch den Tod des Erblassers vor Abschluß des Scheidungsverfahrens durch ein rechtskräftiges Urteil ist dann jenes Verbundverfahren gemäß § 619 ZPO in der Hauptsache erledigt worden. Da die Beklagte nicht Erbin des Erblassers geworden ist und ihr auch kein Vermächtnis des Erblassers zusteht, kann sie gegen die Klägerin, die Alleinerbin des Erblassers, gemäß § 1371 Abs. 2 BGB den Ausgleich des Zugewinns geltend machen. Sie kann auch gemäß § 1371 Abs. 2 BGB i.V.m. § 1379 BGB von der Klägerin Auskunft über das Endvermögen des Erblassers fordern. Es handelt sich insoweit um eine Nachlaßverbindlichkeit im Sinne von § 1967 BGB (vgl. Palandt/Diederichsen 42. Aufl. § 1371 BGB Anm. 4). Wäre nun die Auskunft über das Endvermögen des Erblassers an dessen Stelle von der Klägerin für den im Ersturteil angenommenen Stichtag 4. März 1980 zu erteilen, wäre es zur Vermeidung eines weiteren Prozesses gerechtfertigt, hier die Vollstreckungsabwehrklage abzuweisen. Das ist jedoch nicht der Fall.

22

In der Literatur wird überwiegend die Ansicht vertreten, § 1384 BGB sei in Fällen wie dem vorliegenden entsprechend anzuwenden und damit als Auskunftsstichtag der Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages - hier der 4. März 1980 - anzunehmen, wenn der Güterstand nach Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages durch den Tod eines Ehegatten ende, sofern die Ehe ohne den Tod des Ehegatten auf den Scheidungsantrag hin geschieden worden wäre (so z.B. RGRK 12. Aufl. § 1371 BGB Rz. 24 f.; Staudinger 12. Aufl. § 1384 BGB Rz. 7; Soergel 11. Aufl. § 1384 BGB Rz. 3; Ermann 7. Aufl. § 1384 BGB Rz. 2; Gernhuber, Lehrbuch des Familienrechts 3. Aufl. § 37 IV 3.). Zur Begründung wird ausgeführt, der Normzweck des § 1384 BGB - zu verhindern, daß ein Ehegatte während der Rechtshängigkeit des Scheidungsverfahrens seinen Zugewinn zum Nachteil des anderen zu verringern suche, und grundsätzlich ab Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages keinen Ehegatten am Zugewinn des anderen zu beteiligen - werde durch den Tod eines Ehegatten nicht gegenstandslos. Diese Auffassung teilt der erkennende Senat nicht.

23

Eine Auslegung des Wortlauts des § 1371 Abs. 2 1. HS. BGB ergibt, daß die Anwendung des § 1384 BGB hier ausgeschlossen ist. Jene Vorschrift lautet: "Wird der überlebende Ehegatte nicht Erbe und steht ihm auch kein Vermächtnis zu, so kann er Ausgleich des Zugewinns nach den Vorschriften der §§ 1373 bis 1383, 1390 verlangen". Daraus, daß ausdrücklich die §§ 1373 bis 1383 und 1390 BGB, die den Zugewinnausgleich für andere Fälle als für den Tod eines Ehegatten betreffen, für anwendbar erklärt sind, aber nicht - u.a. - der direkt nur für Ehescheidungsfälle geltende § 1384 BGB, kann nur geschlossen werden, daß letztere Vorschrift auch nicht entsprechend anzuwenden ist (so auch Dolle, Familienrecht, § 61 XI 2. a); RGRK (Scheffler) 10./11. Aufl. § 1384 BGB Anm. 11 f.). Eine Bestätigung dieser Auslegung ergibt sich aus den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. zu II 3409 S. 17 f.). Dort heißt es: "§ 1371 Abs. 2 regelt den Fall, daß der überlebende Ehegatte nicht Erbe wird und ihm auch kein Vermächtnis zusteht. In diesem Fall kann der überlebende Ehegatte gemäß § 1371 Abs. 2 Halbsatz 1 Ausgleich des Zugewinns nach §§ 1373 bis 1381, 1390 verlangen. § 1371 Abs. 2 HS. 1 verweist also auf die Bestimmungen, die gemäß § 1372 für den Ausgleich des Zugewinns gelten, wenn der Güterstand auf andere Weise als durch den Tod eines Ehegatten beendet wird. Lediglich die §§ 1384 bis 1389 sind in der Verweisung nicht erwähnt. Diese Bestimmungen sind gegenstandslos, wenn die Ehe durch den Tod des Ehegatten endet. § 1384 enthält für den Fall, daß die Ehe geschieden wird, eine Sonderregelung für den Zeitpunkt, der für die Berechnung des Zugewinnes maßgebend ist". Danach dürfte entgegen dem Wortlaut des Gesetzes § 1384 BGB hier nur dann entsprechend angewandt werden, wenn dies der Gesetzeszweck nicht nur nahelegte, sondern gebieten würde (vgl. Palandt-Heinrichs a.a.O. Einl. Anm. VI. 3 b)). Das ist jedoch nicht anzunehmen.

24

Das vom Gesetzgeber mit § 1384 BGB verfolgte Ziel zu verhindern, daß ein Ehegatte während der Rechtshängigkeit des Scheidungsverfahrens seinen Zugewinn zum Nachteil des anderen zu verringern versucht, hat keine durchgreifende Bedeutung. Das folgt aus dem gemäß § 1371 Abs. 2 1. HS. BGB hier anwendbaren § 1375 Abs. 2 Nr. 3. BGB, wonach dem Endvermögen eines Ehegatten der Betrag hinzugerechnet wird, um den dieses Vermögen dadurch vermindert ist, daß ein Ehegatte nach Eintritt des Güterstandes Handlungen in der Absicht vorgenommen hat, den anderen Ehegatten zu benachteiligen. Damit besteht für den Fall einer planmäßigen Verminderung seines Endvermögens durch einen Ehegatten zum Nachteil des anderen in der Zeit zwischen Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages und dem Tode eines der Ehegatten auch ohne Anwendung von § 1384 BGB die Möglichkeit, die geplante Benachteiligung zu verhindern.

25

Es erscheint bereits zweifelhaft, ob entsprechend der in der Literatur vertretenen Auffassung der Sinn des § 1384 BGB auch dahin geht, grundsätzlich ab Rechtshängigkeit des Scheidungsverfahrens keinen Ehegatten am Zugewinn des anderen zu beteiligen. Dieser Zweck stünde jedenfalls im Gegensatz zum für die Berechnung des nachehelichen Unterhalts anzunehmenden Grundsatz, auf die Lebensverhältnisse der Ehegatten zur Zeit der Scheidungsrechtskraft abzustellen (vgl. z.B. BGH FamRZ 1982, 576 ff.;  892). Jedenfalls ist es in einem Fall, in dem das Scheidungsverfahren gemäß § 619 ZPO durch den Tod eines Ehegatten erledigt worden ist, nicht geboten, den überlebenden Ehegatten nicht auch am Zugewinn des Verstorbenen in der Zeit ab Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages zu beteiligen.

26

Hinzu kommt, daß der Sinn des § 1384 BGB sicher, besonders seit Inkrafttreten des ersten Gesetzes zur Reform des Ehe- und Familienrechts, auch darin besteht, den Zugewinnausgleich - vergleichbar mit der Ehezeitregelung in § 1587 Abs. 2 BGB für den Versorgungsausgleich (vgl. Palandt/Diederichsen a.a.O. § 1587 BGB Anm. 3) - möglichst gleichzeitig mit der Ehescheidung durchführen zu können. Dieser Gesetzeszweck entfällt aber, wenn wie hier eine Scheidung nicht mehr möglich ist.

27

Der Senat verkennt nicht, daß Streitigkeiten um den Zugewinn dadurch umfangreicher und schwieriger lösbar werden können, daß in Fällen wie dem vorliegenden die Möglichkeit der Anwendung von § 1375 Abs. 2 BGB zeitlich verlängert wird, was § 1384 BGB für den Fall der Ehescheidung verhindert. Andererseits zeigt sich aber gerade an dem vorliegenden Rechtsstreit, daß auch die von der Literatur überwiegend vertretene Auffassung zu erheblichen Schwierigkeiten führen kann. Die Ungewißheit, auf welchen Stichtag es für die Ermittlung des Endvermögens des Erblassers ankommt, hat bereits eine zweite Auskunftsklage ausgelöst. Hinzu kommt, daß hier, wollte man der in der Literatur herrschenden Meinung folgen, eine hypothetische Fortsetzung des durch den Tod des Erblassers erledigten Scheidungsverfahrens geboten wäre. Das ist zwar in § 1933 BGB für den Fall des Todes eines Ehegatten zur Prüfung, ob der überlebende Ehegatte gesetzlicher Erbe des Verstorbenen geworden ist, vorgesehen. Das erscheint auch für die sehr bedeutsame Frage, ob der überlebende Ehegatte Erbe geworden ist, durchaus gerechtfertigt. Für die Festlegung nur des Stichtages für die Berechnung des Endvermögens stellt jedoch die fiktive Durchführung eines Scheidungsverfahrens eine übertriebene Verfahrensweise dar, zumal nach Möglichkeit verhindert werden sollte, über das Verhalten eines Verstorbenen in der Vergangenheit zu urteilen. Es ist auch kaum anzunehmen, daß man sich in Fällen wie dem vorliegenden, wo nur der Verstorbene - zumindest bis kurz vor seinem Tode - geschieden werden wollte, noch ein abschließendes Bild über die Erfolgsaussichten seines Scheidungsantrages wird machen können. Wie ungewiß das Ergebnis der Prüfung, ob in Scheidungsantrag Erfolg gehabt hätte, sein kann, wird hier deutlich. Sollte der Vortrag der Beklagten zutreffen, der Erblasser habe sich kurz vor seinem Tode mit ihr versöhnt, würde das nicht sicher bedeuten, daß die Scheidung nicht doch im Falle des Überlebens des Erblassers noch erfolgt wäre. Es wäre nämlich durchaus denkbar, daß es zu der Versöhnung auf Seiten des Erblassers nur aus seiner Erkenntnis heraus kam, alsbald sterben zu müssen.

28

Nach allem ist davon auszugehen, daß der Beklagten der durch das Ersturteil titulierte Auskunftsanspruch über das Endvermögen des Erblassers am 4. März 1980 seit dessen Tod nicht mehr zusteht und damit der materielle Anspruch aus dem Ersturteil nachträglich erloschen ist. Demgemäß hat das Amtsgericht im Ergebnis zu Recht der Vollstreckungsabwehrklage der Klägerin stattgegeben und war die Berufung der Beklagten zurückzuweisen, ohne daß es einer Überprüfung der Frage bedurfte, ob der Scheidungsantrag des Erblassers ohne dessen Tod Erfolg gehabt hätte.

29

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

30

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage, ob § 1371 Abs. 2 1. HS. BGB eine entsprechende Anwendung von § 1384 BGB zuläßt, war die Revision gemäß § 546 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zuzulassen.