Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 05.05.2006, Az.: 10 B 2885/06

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
05.05.2006
Aktenzeichen
10 B 2885/06
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2006, 44486
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGHANNO:2006:0505.10B2885.06.0A

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Verwaltungsgericht Hannover -10. Kammer - am 5. Mai 2006

beschlossen:

Tenor:

  1. Der Antrag wird abgelehnt.

    Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

    Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I.

Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen eine Verfügung, mit der der Antragsgegner eine Versammlung verboten hat.

2

Der Antragsteller meldete unter dem 22. April 2006 beim Antragsgegner eine Versammlung an, die am 06. Mai 2006 von 10.00 Uhr bis 15.00 Uhr in Bad Nenndorf unter dem Motto: "8. Mai, Gefangen, Gefoltert, Gemordet - damals wie heute - Besatzer raus" als Mahnwache auf der Bahnhofstraße in Höhe Poststraße vor dem alten Schwimmbad, dem "Wincklerbad", stattfinden soll. Verantwortlicher Leiter der Versammlung sollte der Antragsteller sein. Bei erwarteten 50 Teilnehmern sollen 15 schwarze Fahnen, 5 Transparente, Trommeln und ein Fahrzeug mit elektroverstärkter Akustik eingesetzt werden.

3

Mit Verfügung vom 27. April 2004 verbot der Antragsgegner unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die vom Antragsteller angemeldete Veranstaltung sowie jede Form der Ersatzveranstaltung: Das gewählte Motto sei geeignet den, Tatbestand der Volksverhetzung zu verwirklichen. Es müsse davon ausgegangen werden, dass von der Mahnwache und deren Teilnehmern eine Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgehen werde. Es gebe im Hinblick auf im einzelnen aufgeführte Straftaten und Aktivitäten des Antragstellers erhebliche Zweifel an seiner Zuverlässigkeit als Versammlungsleiter. Auch die vorgesehenen Hilfsmittel rechtfertigten die Verfügung. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf den Inhalt des Bescheides verwiesen.

4

Der Antragsteller legte dagegen Widerspruch ein und teilte dem Antragsgegner mit, dass er stellvertretender Versammlungsleiter bleibe und Herr F. aus G. als Versammlungsleiter auftrete.

5

Am 03. Mai 2005 hat der Antragsteller um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht.

6

Er beantragt,

die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 02. Mai 2006 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 27. April 2006 wiederherzustellen.

7

Der Antragsgegner beantragt, den Antrag abzulehnen.

8

Er meint, dass der Antragsteller im Verhinderungsfalle des Herrn F. maßgeblichen Einfluss auf den Ablauf der Mahnwache nehmen würde. Auch der nunmehr eingesetzte Versammlungsleiter sei strafrechtlich in Erscheinung getreten.

9

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des Antragsgegners verwiesen.

10

II.

Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz ist unzulässig, weil der Antragsteller bisher keine Klage gegen die streitige Verfügung des Antragsgegners erhoben hat.

11

Nach § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO haben Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung.

12

Der vom Antragsteller eingelegte Widerspruch vermag jedoch diese Wirkungen nicht auszulösen, weil er offensichtlich unstatthaft ist. Gemäß § 8a Abs. 1 Nds. AG VwGO bedarf es vor der Erhebung der Anfechtungsklage abweichend von § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO keiner Nachprüfung in einem Vorverfahren. Von diesem Grundsatz gibt es in § 8 a Abs. 3 Nds. AG VwGO einen Katalog von Ausnahmen, zu denen die Vorschriften des Versammlungsrechtes allerdings nicht gehören. Der Antragsgegner hat den Antragsteller ordnungsgemäß über den zu ergreifenden Rechtsbehelf belehrt.

13

Die Einlegung eines Hauptsacherechtsbehelfs, der die aufschiebende Wirkung auszulösen in der Lage ist und dessen aufschiebende Wirkung angeordnet werden soll, ist nicht entbehrlich (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 05. Mai 1995 -10 B 894/95, NVwZ-RR 1996, 184 ; OVG Koblenz, Beschl. v. 08. November 1994 -7 B 12827/94 ; ferner Bosch/Schmidt, Praktische Einführung, § 50 III.; a.A. Kopp/Schenke, VwGO, § 80 Rdnr. 139). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Verfassungsgründen (Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG.)-' Ein Eilantrag gem. § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO ohne eingelegten Hauptsacherechtsbehelf ist schon mit dem Gesetzeswortlaut nicht vereinbar sowie wegen der systematischen Verknüpfung mit § 80 Abs. 1 VwGO ausgeschlossen. Zudem besteht unter teleologischen Vorzeichen für den vorläufigen Rechtsschutz kein Sicherungsauftrag, wenn ein offenzuhaltendes Hauptsacheverfahren (noch) nicht vorhanden ist (vgl. Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, 10. Ergänzungslieferung 2004, § 80 Rdnr. 315).

14

Mit Verfügung vom 04. Mai 2006 hat der Vorsitzende den anwaltlich vertretenen Antragsteller auf die Unstatthaftigkeit eines Widerspruchs hingewiesen. Eine Reaktion des Antragstellers erfolgte nicht. Angesichts dessen sieht die Kammer keine Veranlassung zu weiteren Hinweisen bzw. dahin, mit der Entscheidung über den Antrag weiter zuwarten. Der beim Verwaltungsgericht gestellte Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes vermag eine den gesetzlichen Maßgaben entsprechende Klageerhebung ebenfalls nicht zu ersetzen.

15

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung erfolgt gemäß § 53 Abs. 3 Nr. 2, § 52 Abs. 2 GKG.