Amtsgericht Oldenburg (Oldenburg)
Urt. v. 14.11.2013, Az.: 6 C 6264/13 (V1)

Erstattungsfähigkeit von Kosten eines Sachverständigen nach einem Verkehrsunfall

Bibliographie

Gericht
AG Oldenburg (Oldenburg)
Datum
14.11.2013
Aktenzeichen
6 C 6264/13 (V1)
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2013, 54151
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:AGOLDBG:2013:1114.6C6264.13V1.0A

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Nach einem Verkehrsunfall hat der Schädiger grundsätzlich die Kosten für die Einschaltung eines Sachverständigen zu zahlen.

  2. 2.

    Ein Geschädigter ist hinsichtlich der Sachverständigenkosten nicht zur Marktforschung verpflichtet.

  3. 3.

    Bei einer Abweichung von ca. 6 % über den erstatteten Betrag muss sich einem Unfallgeschädigten nicht aufdrängen, dass es sich um unangemessene Kosten handelt.

  4. 4.

    Auch Nebenkosten, die 30 % des Grundbetrages ausmachen, sind erstattungsfähig, ein Gutachter ist nicht verpflichtet, Lichtbilder nach Discountpreisen abzurechnen, gleiches gilt für Fahrtkosten, auch EDV-Kosten können gesondert abgerechnet werden.

In dem Rechtsstreit
Kläger
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte Ochsendorf & Coll., Grelckstraße 36, 22529 Hamburg
Geschäftszeichen: 32226/13/SVV 30/RJ
gegen
Beklagter
1/5
Prozessbevollmächtigte:
hat das Amtsgericht Oldenburg im Verfahren gern. § 495 a ZPO mit einer Erklärungsfrist bis zum 30.10.2013 am 14.11.2013 durch die Richterin am Amtsgericht Biernoth
für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1.

    Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 29,80 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 5.8.2013 zu zahlen.

  2. 2.

    Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

  3. 3.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe

Von der Darstellung des wird gemäß § 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen.

Der Kläger hat aus abgetretenem Recht einen Schadensersatzanspruch aus §§ 398 BGB. 115 VVG auf Zahlung der geltend gemachten Sachverständigenkosten in Höhe von weiteren 29.80 E.

Die vorgelegte Abtretungserklärung vom 19.3.2013 ist hinreichend konkret. Denn damit werden als Schadensersatzanspruch die nach dem Unfall zu erstattenden Sachverständigenkosten an den Kläger abgetreten. Eine solche Formulierung erfüllt die Voraussetzungen eine wirksame Abtretung.

Ausgangspunkt für eine Haftung der Beklagten ist. dass die Versicherung nach einem Verkehrsunfall grundsätzlich auch die Kosten für die Einschaltung eines Sachverständigen zu zahlen hat, vgl. BGH, Urteil vom 31.1.2007 AZ.: VI 67 /06.

Die Kosten gehören zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gemäß § 249 Abs. 1 BGB auszugleichen Vermögensnachteilen, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzes erforderlich und zweckmäßig ist. Ebenso können diese Kosten zu dem nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB erforderlichen Herstellungsaufwand gehören, wenn eine vorherige Begutachtung zur tatsächlichen Durchführung der Wiederherstellung erforderlichen erscheint. Der Geschädigte ist im Regelfall berechtigt, einen qualifizierten Gutachter seiner Wahl mit der Erstellung des Sachverständigengutachtens zu beauftragen, vgl. BGH aa0. Dabei ist bei der Beurteilung, welche Herstellungsaufwand erforderlich ist- und demnach auf welcher Gutachter beauftragt werden darf- auch Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten, sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen, vgl. BGH aa0. Der Geschädigte grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Marktes verpflichtet, um einen für den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherung möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen, wobei für ihn das Risiko verbleibt, dass er ohne nähere Erkundigungen ein Sachverständigen beauftragt, der sich später im Prozess als zu teuer erweist, vgl. BGH aa0.

Da somit keine Besonderheiten bestehen, bleibt es bei den Grundsätzen des Schadensausgleichs nach § § 249 ff. BGB. Die vorliegende Konstellation sind daher zwei Voraussetzungen erforderlich, nämlich dass die unfallgeschädigte Partei dem Kläger das geltend gemachte Honorar auch der Höhe nach schuldet, weil eine übliche Vergütung verlangt wurde und zum zweiten, dass dieser Aufwand der Geschädigten gegenüber dem Unfallgegner erstattungsfähig ist.

Beides ist hier erfüllt.

Nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB hat der Schädiger den zur Wiederherstellung erforderlichen Geldbetrag zu zahlen. Er hat hierzu den Finanzierungsbedarf des Geschädigten in Form des zur Wiederherstellung erforderlichen Geldbetrages zu befriedigen und nicht etwa vom Geschädigten gezahlte Rechnungsbeträge zu erstatten.

Der Geschädigte kann vom Schädiger nach § 249 Abs. 2 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheint. Danach kann der Geschädigte die Sachverständigenkosten in der Höhe ersetzt verlangen, bei denen es sich um die üblichen angemessenen Honorare für Kfz Sachverständige handelt.

Diese Vergütung darf gemäß § 287 ZPO vom Gericht geschätzt werden, vgl. BGH aaO.

Dass der Geschädigte die Kosten für erforderlich halten durfte, ergibt sich schon aus der nur relativ gering abweichende Ergänzungen zu der von der Beklagten für erforderlich gehaltenen und regulierten Summe. Der Unfallgeschädigte ist, wie bereits erwähnt, nicht zu Marktforschung verpflichtet und muss auch nicht in aller günstigsten Gutachter beauftragen. Bei einer Abweichung von wie hier ca. 6 %, die die Rechnung hier offenbar über der Obergrenze das von der Beklagten zugrunde gelegten Tableaus liegt, musste sich für den Unfallgeschädigten jedenfalls nicht aufdrängen, dass es sich hier um unangemessene Kosten handelt. Im Einzelnen greift die Beklagte lediglich die in der Rechnung neben einem Gutachten Grundbetrag angegebenen Nebenkosten an die ca. 30 % des Grundbetrages ausmachen. Die Nebenkosten bestehen aus Fotokosten in Höhe von 40,50 E, aus Porto, Telefonkosten und Schreibkosten in Höhe von 19,95 E, aus EDV-Gebühren in Höhe von 25 und das Fahrtkosten in Höhe von 39,60 E. Es kommt auch nicht darauf an, ob die Nebenkosten gesondert ausgewiesen sind oder im höheren Grundhonorar einkalkuliert werden. Ein Gutachter ist selbstverständlich auch nicht verpflichtet, Lichtbilder nach Discountpreisen abzurechnen, abgesehen davon, dass hier nicht nur die reinen Entwicklungskosten abgerechnet werden. Entsprechendes gilt auch für die Fahrtkosten, hier werden entgeltliche Leistungen erbracht und berechnet. Fahrtkosten zwischen den Sitz des Sachverständigen und dem Besichtigungsort laut Gutachten können als angemessen geschätzt werden. EDV Kosten dass der Sachverständige ebenfalls gesondert abrechnen.

Die Zinsansprüche rechtfertigen sich aus § 291 BGB.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1,708 Nr. 11,713 ZPO.

Biernoth Richterin am Amtsgericht