Amtsgericht Zeven
Beschl. v. 15.12.2017, Az.: 7 M 309/17
Herausgabeanspruch des Gläubigers hinsichtlich der Gehaltsmitteilungen des Schuldners i.R.d. Herausgabeanordnung im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss
Bibliographie
- Gericht
- AG Zeven
- Datum
- 15.12.2017
- Aktenzeichen
- 7 M 309/17
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2017, 31098
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlage
- § 836 Abs. 3 ZPO
In der Zwangsvollstreckungssache
- Gläubigerin und Erinnerungsgegnerin -
vertreten durch den Geschäftsführer:
gegen
- Schuldner und Erinnerungsführer -
Verfahrensbevollmächtigter:
hat das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - Zeven durch den Direktor des Amtsgerichts
Haller am 15.12.2017 beschlossen:
Tenor:
Auf die Erinnerung des Schuldners wird der Gerichtsvollzieher angewiesen, dem Schuldner die Gehaltsmitteilungen der Drittschuldnerin betreffend den Schuldner nur für den Zeitraum von Januar 2014 bis September 2017 wegzunehmen.
Im Übrigen wird die Erinnerung zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Gründe
Die Gläubigerin hat den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts Zeven vom 20.01.2012 wegen einer Hauptforderung in Höhe von 5891,92 € erwirkt. Im Beschluss wurde gem. § 836 Abs. 3 ZPO angeordnet, dass der Schuldner die laufenden Lohn- oder Gehaltsabrechnungen seit Zustellung sowie die letzten drei Gehaltsabrechnungen vor Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an einen vom Gläubiger beauftragten Gerichtsvollzieher herauszugeben hat (Bl. 5 d.A.).
Die Gläubigerin hat den Gerichtsvollzieher im September 2017 beauftragt, die Gehaltsmitteilungen des Schuldners für den Zeitraum von Januar 2012 bis einschließlich September 2017 wegzunehmen.
Dagegen wendet sich der Schuldner mit seiner Erinnerung vom 19.10.2017, die er nach Klarstellung gegen die Vollstreckung durch den Gerichtsvollzieher richtet.
Der Schuldner trägt vor:
Es bestehe keine Rechtsgrundlage für eine Wegnahme der letzten 69 Gehaltsmitteilungen seit Januar 2012. Die Gläubigerin könne die Herausgabe nur der letzten drei Lohnabrechnungen vor der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses verlangen. Die "laufenden Gehaltsmitteilungen" seien nicht die letzten 69 Gehaltsmitteilungen.
Im Übrigen habe er, der Schuldner, die Gehaltsmitteilungen nicht mehr in seinem Besitz.
Die Gläubigerin trägt vor:
Es bestehe eine wirksame und rechtskräftige Anordnung zur Herausgabe der laufenden und der letzten 3 Gehaltsmitteilungen vor Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses. Der Schuldner müsse daher die letzten 69 Gehaltsmitteilungen herausgeben.
II.
Die Erinnerung ist zulässig und zum Teil begründet.
Die Erinnerung ist gem. § 766 Abs. 1 ZPO zulässig, nachdem der Schuldner klargestellt hat, dass sie sich gegen die Vollstreckungshandlung des Gerichtsvollziehers richtet.
Die Erinnerung ist auch zum Teil begründet.
Die Gläubigerin kann die Herausgabe der Gehaltsmitteilungen des Schuldners für den Zeitraum Januar 2014 bis September 2017 verlangen. Die Verpflichtung ergibt sich aus der Herausgabeanordnung im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 20.01.2012.
In der Herausgabeanordnung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom 20.01.2012 wird dem Schuldner aufgegeben, die laufenden Lohn- oder Gehaltsabrechnungen seit Zustellung sowie die letzten 3 Gehaltsabrechnungen vor Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses herauszugeben.
Bei einem wörtlichen Verständnis dieser Anordnung kann die Gläubigerin die Herausgabe von Gehaltsmitteilungen auch für sehr lange zurückliegende Zeiträume verlangen, so wie es die Gläubigerin in vorliegenden Fall für einen Zeitraum von über 5 Jahren macht. Die Herausgabeanordnung, die auf § 836 Abs. 3 ZPO beruht, ist jedoch auszulegen. Die Auskunfts- und Herausgabepflicht des Schuldners gem. § 836 Abs. 3 ZPO dient dem Interesse des Gläubigers, die nötigen Informationen zu erhalten, um die gepfändete und überwiesene Forderung gegen den Drittschuldner durchzusetzen (BGH MDR 2007, 607 [BGH 20.12.2006 - VII ZB 58/06]). Unnötige und risikobehaftete Drittschuldnerklagen sollen vermieden werden (BGH NJW-RR 2013, 766 [BGH 21.02.2013 - VII ZB 59/10]). Es ist weder ersichtlich noch vorgetragen, dass der Gläubiger zur Durchsetzung seiner Forderung Gehaltsmitteilungen benötigt, die vor dem Monat Januar 2014 erteilt wurden. Das Gericht geht davon aus, dass den Interessen der Gläubigerin mit den Gehaltsmitteilungen seit Januar 2014 ausreichend gedient ist, um eventuelle Ansprüche gegen den Drittschuldner geltend zu machen. Für den Zeitraum davor sind Ansprüche verjährt, so dass die Gehaltsmitteilungen zur Durchsetzung der Forderung nicht (mehr) erforderlich sind. In Bezug auf die Gehaltsmitteilungen, die vor dem Monat Januar 2014 datieren, besteht somit ein schutzwürdiges Interesse des Schuldners, diese nicht mehr an den Gläubiger herausgeben zu müssen.
Soweit der Schuldner die Auffassung vertritt, aus der Herausgabeanordnung im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ergebe sich nur die Pflicht, die letzten 3 Gehaltsmitteilungen vor der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses herauszugeben, folgt das Gericht dem nicht. Denn in der Herausgabeanordnung sind ausdrücklich auch die laufenden Gehaltsmitteilungen aufgeführt (vgl. auch LG Ulm Beschluss vom 23.06.2015, 4 T 5/15).
Der Umstand, dass der Schuldner die Gehaltsmitteilungen nicht mehr in seinem Besitz hat, steht der Herausgabepflicht und einer entsprechenden Vollstreckung durch den Gerichtsvollzieher nicht entgegen. In diesem Fall ist das Verfahren gem. § 836 Abs. 3 Satz 2 bis 5 ZPO durchzuführen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.
III.
Rechtsbehelfsbelehrung
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