Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 30.04.1982, Az.: 2 Ws 158/82

Erforderlichkeit eines Ausspruchs im Urteil für die Anrechnung einer im Ausland erlittenen Untersuchungshaft

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
30.04.1982
Aktenzeichen
2 Ws 158/82
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1982, 17898
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:1982:0430.2WS158.82.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Oldenburg - 10.03.1982 - AZ: KLs 8 Js 532/81 StA Oldb.

Fundstelle

  • NJW 1982, 2741 (Volltext mit amtl. LS)

In dem Strafverfahren
...
hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg
am 30. April 1982
durch
die Richter am Oberlandesgericht xxx, xxx und xxx
beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluß der Jugendkammer des Landgerichts in Oldenburg vom 10. März 1982 wird auf seine Kosten verworfen.

Gründe

1

Die Jugendkammer des Landgerichts in Oldenburg hat durch Urteil vom 17. September 1981, rechtskräftig seitdem 25. September 1981, gegen den Verurteilten wegen schwerer räubischer Erpressung in Tateinheit mit vorsätzlichem Handeln mit Betäubungsmitteln, wegen schweren Raubes in Tateinheit mit vorsätzlichem Besitz von Betäubungsmitteln und wegen vorsätzlichem Handeln mit Betäubungsmitteln in einem weiteren Fall eine Jugendstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten verhängt. Der Antrag des Verurteilten vom 2. März 1982, die in den Niederlanden erlittene Untersuchungshaft auf die verhängte Jugendstrafe anzurechnen, hat die Jugendkammer durch Beschluß vom 10. März 1982 abgelehnt. Gegen diesen ihm am 16. März 1982 zugestellten Beschluß richtet sich die am 23. März 1982 eingegangene Beschwerde des Verurteilten.

2

Das als sofortige Beschwerde anzusehende, gemäß §§ 458, 462 StPO zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet.

3

Zur Entscheidung über die Auslegung des ergangenen Strafurteils oder über die Berechnung der erkannten Strafe ist anstelle des Vollstreckungsleiters die Jugendkammer berufen (vgl. Brunner, JGG, 6. Aufl. § 83 Rn 4, § 52a Rn 17, Löwe-Rosenberg-Schäfer, StPO, 23. Aufl. § 458 Rn 6). Diese hat zutreffend einen nachträglichen Ausspruch über die Anrechnung der im Ausland erlittenen Untersuchungshaft auf die erkannte Strafe abgelehnt.

4

Das ergangene Urteil enthält keinen Hinweis auf Art und Umfang einer von dem Verurteilten im Ausland erlittenen Freiheitsentziehung. Soweit der Verurteilte wegen der vorliegend abgeurteilten Tat sich in den Niederlanden in Untersuchungshaft befunden hat, kommt deren Anrechnung auf die erkannte Strafe nicht bereits nach § 52a JGG in Betracht. Die nach dieser Bestimmung gesetzlich vorgeschriebene Anrechnung von Untersuchungshaft oder einer anderen Freiheitsentziehung auf die erkannte Strafe gilt nicht ohne weiteres für im Ausland erlittene Freiheitsentziehungen. Denn die staatliche Strafberechtigung ist Ausfluß der Hoheitsrechte eines Staates, die zugleich Grundlage und Grenze strafprozessualer Maßnahmen sind. Die Verhängung und Vollstreckung von Strafen im Ausland hindert deshalb nicht die nochmalige Verurteilung und Strafverbüßung im Inland, sofern nicht durch völkerrechtlichen Vertrag die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von Strafurteilen vereinbart ist. Dies verdeutlicht die Rechtsprechung zum Geltungsbereich des Grundsatzes "ne bis in idem " und zum Strafklageverbrauch (vgl. BVerfGE 12, 62 [BVerfG 17.01.1961 - 2 BvL 17/60]; BGHSt 6, 176, 177; 24, 54, 57; 29, 63, 64 f, BGH NJW 1969, 1542; BGH GA 1977, 111).

5

Die Anrechnung im Ausland erlittener Freiheitsentziehungen auf erkannte Strafen kann deshalb nur dann erfolgen, wenn dies ausdrücklich durch eine gesetzliche Regelung vorgeschrieben oder durch Richterspruch angeordnet wird.

6

Die nach § 51 Abs. 3 StGB vorgesehene, auch im Jugendstrafrecht gem. § 10 StGB anwendbare Anrechnung im Ausland erlittener Untersuchungshaft setzt einen Ausspruch im Urteil voraus. Ein derartiger Ausspruch ist allgemein erforderlich, soweit das Gesetz dem Richter eine Entscheidungsbefugnis beläßt oder wenn Zweifel über die Art der Anrechnung entstehen (vgl. BGHSt 24, 29, 30). Eine solche Entscheidungsbefugnis ist dem Richter gemäß § 51 Abs. 4 S. 2 StGB eingeräumt. Danach bestimmt das Gericht den Maßstab für die Anrechnung einer im Ausland erlittenen Freiheitsentziehung, §§ 51 Abs. 3 und 1 StGB, nach seinem Ermessen. Diese nicht nachholbare Ermessensausübung schließt eine nachträgliche Ergänzung des Urteils aus (vgl. Holtz, BGH Rspr. in MDR 1982, 101).

7

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.