Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 19.07.2010, Az.: 12 W 133/10

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
19.07.2010
Aktenzeichen
12 W 133/10
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2010, 40161
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:2010:0719.12W133.10.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Bersenbrück - 29.04.2010

Fundstellen

  • NotBZ 2010, 388-389
  • ZIP 2010, 1846-1847
  • ZfIR 2010, 726-728

Tenor:

  1. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1. wird die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Bersenbrück - Grundbuchamt - vom 29.04.2010 aufgehoben.

    Die Sache wird zur weiteren Entscheidung an das Amtsgericht Bersenbrück - Grundbuchamt - Bersenbrück zurückgegeben.

Gründe

1

I.

Mit notariellem Vertrag vom 23.12.2009 hat die Beteiligte zu 2. das im Grundbuch von B...-S... Blatt 118 eingetragene Grundstück (G emarkung B... Flur 3 Flurstücke 5/3 , 7/3 und 7/5) von der Beteiligten zu 1. gekauft. Mit notariellem Vertrag vom 31.03.2010 haben die Vertragsschließenden die Auflassung erklärt. Der beurkundende Notar hat am 21.04.2010 die Eigentumsumschreibung beantragt. Weiterhin hat er die Eintragung einer Dienstbarkeit und einer Rückauflassungsvormerkung beantragt. Mit Zwischenverfügung vom 29.04.2010 hat das Grundbuchamt die Eintragung davon abhängig gemacht, dass der Gesellschaftsvertrag in der Form des § 29 GBO vorgelegt und nachgewiesen wird, dass sich seit Gründung der Gesellschaft keine Änderungen im Gesellschafterbestand und in der Vertretungsbefugnis ergeben haben.

2

Dagegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten zu 1.. Sie hält die in der Auflassungsurkunde enthaltenen Angaben zur Gesellschaft zum Nachweis für ausreichend.

3

Die gemäß §§ 71, 73 GBO zulässige Beschwerde hat Erfolg.

4

Die in der Zwischenverfügung aufgeführten Eintragungshindernisse stehen der beantragten Eintragung nicht entgegen. Weitere Nachweise hat die Antragstellerin nicht zu erbringen.

5

Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (G bR) ist materiell grundbuchfähig, d.h. sie kann Eigentum und beschränkte dingliche Rechte an Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten erwerben (B GHZ 146, 341; BGH NJW 2006, 3716 [BGH 25.09.2006 - II ZR 218/05]). Mit Beschluss vom 4.12.2008 (N JW 2009, 594) hat der Bundesgerichtshof auch die formelle Grundbuchfähigkeit der GbR anerkannt. Dieser Rechtsprechung hat der Gesetzgeber durch das Gesetz zur Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs und der elektronischen Akte im Grundbuchverfahren sowie zur Änderung weiterer grundbuch-, register- und kostenrechtlicher Vorschriften (E RVGBG) vom 11.08.2009 Rechnung getragen. Gemäß § 47 Abs.2 GBO n.F. und § 15 Abs.1 c) GBV sind neben der GbR selbst nun auch die einzelnen Gesellschafter einzutragen. Nach dem neu eingefügten § 899 a BGB wird vermutet, dass diejenigen Personen Gesellschafter sind, die nach § 47 Abs. 2 S.1 GBO im Grundbuch eingetragen sind. Weiter wird vermutet, dass darüber hinaus keine weiteren Gesellschafter vorhanden sind.

6

Aus der Vermutung des § 899 a BGB folgt, dass die Gesellschaft, die bereits im Grundbuch eingetragen ist und Eigentum übertragen will, keine weiteren Nachweise erbringen muss. Anders liegt es - wie hier - bei der Grundeigentum erwerbenden Gesellschaft, für die keine Voreintragung besteht und für die die Vermutung deshalb nicht gilt. Eine besondere Regelung zum Nachweis der Eintragungsvoraussetzungen enthält das ERVGBG hierzu nicht.

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Nach wohl einhelliger Auffassung müssen im Anwendungsbereich des § 20 GBO dem Grundbuchamt die Existenz und Identität der Gesellschaft sowie die Vertretungsberechtigung der für sie handelnden Personen nachgewiesen werden (B GH NJW 2009, 594; Saarländisches Oberlandesgericht, DNotZ 2010, 301 ff [OLG Saarbrücken 26.02.2010 - 5 W 371/09-134]; Ruhwinkel, MittBayNot 2009, 424; Steffek, ZIP 2009, 1448; Lautner, DNotZ 2009, 657 f). Für die Form des Nachweises gilt allgemein die Regelung des § 29 GBO. Nach dieser Vorschrift soll eine Eintragung nur vorgenommen werden, wenn die Eintragungsbewilligung oder die sonstigen zu der Eintragung erforderlichen Erklärungen durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden (§ 29 Abs.1 S.1 GBO); andere Voraussetzungen der Eintragung bedürfen, soweit sie nicht bei dem Grundbuchamt offenkundig sind, des Nachweises durch öffentliche Urkunden (§ 29 Abs.1 S.2 GBO).

8

Damit ist noch nicht die Frage geklärt, welche Urkunden zum Nachweis geeignet und erforderlich sind. Das Grundbuchamt ist vorliegend einer in der Grundbuchpraxis vertretenen Auffassung gefolgt, wonach die Vorlage des Gesellschaftsvertrages in der Form des § 29 GBO und - im Hinblick darauf, dass nach Abschluss des Gesellschaftsvertrages möglicherweise Änderungen im Gesellschafterbestand und in den sonstigen Rechtsverhältnissen eingetreten sind - eine eidesstattliche Versicherung, dass Änderungen nicht eingetreten seien, erforderlich sei. Dem folgt der Senat nicht (vgl. auch 12 W 63/10).

9

Das Entstehen der GbR, deren Gesellschafterbestand, ihre Identität und Vertretungsbefugnisse können mit dem Gesellschaftsvertrag nachgewiesen werden. Zwingend ist dies hingegen nicht. Sie können auch dadurch nachgewiesen werden, dass im Rubrum einer öffentlichen Urkunde - etwa eines Gerichtsurteils oder wie vorliegend eines notariellen Kauf- oder Auflassungsvertrages - die Bezeichnung der Gesellschaft mit ihren Gesellschaftern aufgeführt ist. Zwar ist nach § 29 GBO grundsätzlich die Beurkundung des nachzuweisenden Rechtsgeschäfts, hier also des Gesellschaftsvertrages selbst erforderlich. Im Grundbuchrecht ist jedoch auch in anderen Fällen wie etwa der Bestätigung einer Vollmacht anerkannt, dass in der Form des § 29 GBO abgegebene "Bestätigungs- oder Erkenntniserklärungen", in denen die Vornahme des Rechtsgeschäfts bestätigt wird, zum grundbuchrechtlichen Nachweis ausreichend sind. Wenn die Vertragsschließenden in der notariellen Urkunde behaupten, für eine bestimmte namentlich bezeichnete Gesellschaft bürgerlichen Rechts handeln zu wollen, ist davon auszugehen, dass es diese Gesellschaft bürgerlichen Rechts gibt und auch von ihnen vertreten wird (O LG Saarbrücken, a.a.O. m.w.N. ). Hiervon geht auch der Bundesgerichtshof in seiner Grundsatzentscheidung aus, indem er es zum Nachweis gemäß § 29 GBO für ausreichend erachtet, dass die Angaben zur Gesellschaft in einem Urteilsrubrum enthalten sind.

10

Ist eine Eintragungsvoraussetzung - hier die positive Tatsache einer Einigung einschließlich der ordnungsgemäßen Vertretung der Gesellschaft - nachgewiesen, muss dem Grundbuchamt nicht darüber hinaus nachgewiesen werden, dass sich diese Voraussetzung nicht geändert hat.

11

Das Nichtvorliegen von die Eintragung hindernden Umständen wird aber im Grundbuchverfahren nicht geprüft, sondern ist allenfalls zu beachten, wenn dem Grundbuchamt solche Umstände bekannt sind (D emharter, GBO, 27. Aufl., Anh. Zu § 13 Rn 41 m.w.N. ). Der Beweis der negativen Tatsache des Fehlens einer Änderung der Verhältnisse könnte durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden (§ 29 GBO) auch gar nicht geführt werden. Denn eine Änderung der gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse ist durch Vereinbarungen außerhalb von Urkunden jederzeit formfrei möglich (v gl. Saarländisches Oberlandesgericht, a.a.O mit Verweis auf Palandt/Ellenberger, BGB, 68. Aufl., § 125 Rn 14; Ruhwinkel, a.a.O., S. 425; DNotZ 2010, 425 ff). Der Rechtserwerb findet erst mit Vollendung des letzten Erwerbstatbestandes, regelmäßig der Grundbucheintragung statt. Die Prüfung, ob genau zu diesem Zeitpunkt die gemäß § 29 GBO nachzuweisenden Rechtsverhältnisse immer noch vorliegen, ist praktisch nicht möglich. Weitere Nachweise können daher nur dann verlangt werden, wenn sich konkrete tatsächliche Anhaltspunkte für nachträgliche Veränderungen ergeben haben (B GH, a.a.O., KG Berlin, DNotZ 2009, 546 ff [KG Berlin 21.10.2008 - 1 W 246/08]). Der bloße Zeitablauf genügt als solcher Anhaltspunkt nicht (B GH, a.a.O. ).

12

Abgesehen hiervon wäre ein Nachweis durch eidesstattliche Versicherung ohnehin nicht möglich. Die eidesstattliche Versicherung ist als Beweismittel in der GBO - außer im Falle des § 35 Abs.3 S.2 GBO - grundsätzlich nicht vorgesehen. Das Grundbuchamt ist auf die im Eintragungsverfahren nach der GBO zugelassenen Beweismittel beschränkt (v gl. OLG Köln, OLGR 2007, 612; BayOblG, NotBZ 2004, 279; Demharter, a.a.O., Rn. 26; Ruhwinkel, a.a.O., S. 180). Nur ausnahmsweise, insbesondere für das Nichtvorliegen eintragungshindernder Tatsachen, wird die eidesstattliche Versicherung für zulässig angesehen (v gl. Demharter, a.a.O., § 29 Rn 63 und § 1 Rn 51). Die Vorschrift des § 31 FamFG, wonach zur Glaubhaftmachung die eidesstattliche Versicherung zulässig ist, gilt im Eintragungsverfahren der GBO nicht. Für eintragungsbegründende Tatsachen bleibt es daher bei der Regel des § 29 Abs.1 GBO. Mit der eidesstattlichen Versicherung wäre zudem auch keine höhere Richtigkeitsgewähr verbunden. Denn die Strafbarkeit gemäß § 156 StGB setzt voraus, dass die eidesstattliche Versicherung in dem Verfahren, in dem sie abgegeben wird, auch abgegeben werden darf (B GH NJW 1966, 1037).

13

Ergänzend ist anzumerken, dass auch der neue Gutglaubensschutz des § 899 a BGB in Verbindung mit der Pflicht zur Eintragung der Gesellschafter den verlangten Nachweis nicht erforderlich macht. Bei Erwerb eines Grundstücks durch die Gesellschaft geht es allenfalls um den Schutz des - nach Auflassung - neu eingetretenen Gesellschafters, der aber durch gesellschaftsvertragliche Ansprüche gegen die Mitgesellschafter geschützt ist. Einen gewissen Schutz bietet auch der durch das ERVGVG ebenfalls neu eingefügte § 82 Abs.2 S.2 GBO, der die GbR verpflichtet, Änderungen im Gesellschafterbestand anzuzeigen und in der Form des § 29 GBO nachzuweisen.