Arbeitsgericht Celle
Urt. v. 30.12.2008, Az.: 2 Ca 195/08

Bibliographie

Gericht
ArbG Celle
Datum
30.12.2008
Aktenzeichen
2 Ca 195/08
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2008, 46784
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:ARBGCE:2008:1230.2CA195.08.0A

In dem Rechtsstreit

...

hat die 2. Kammer des Arbeitsgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 3. Dezember 2008 durch

den Richter am Arbeitsgericht Piel als Vorsitzenden sowie die ehrenamtlichen Richter Jantzen und Waldvogel als Beisitzer

für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1.

    Die Klage wird zur Kostenlast des Klägers nach einem Streitwert von 5 646,00 Euro abgewiesen.

  2. 2.

    Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um eine Entschädigung wegen geschlechtsbezogener Diskriminierung.

2

Die Beklagte gab unter dem 18.02.2008 folgendes Inserat auf:

!!Bürokauffrau gesucht!!

Für unsere Verwaltung in ... stellen wir zu sofort ein:

1 Angestellte als Ganztagskraft für allgemeine Büro- und Verwaltungstätigkeiten.

Schriftliche Bewerbungen senden Sie bitte an:

...

Ein junges, kompetentes, marktführendes Unternehmen freut sich auf Sie!

3

Der Kläger bewarb sich - unter ausschließlicher Angabe einer Postfach-Anschrift - mit Schreiben vom 20.02.2008.

4

Beigefügt war ein tabellarischer Lebenslauf. Die Urkunden sind nachstehend abgedruckt:

OLIVER ...

...

20.02.2008

Ihre Anzeige in der Hannoverschen Allgemeine V ....2008

S.... geehrte Damen und Herren,

mit großem Interesse habe ich Ihre vorgenannte Anzeige gelesen und würde mich freuen, wenn Sie meine Bewerbung für die Büro- und Verwaltungstätigkeiten als Ganztagskraft berücksichtigen und mit die Gelegenheit für einen persönlichen Gesprächstermin geben würden.

Aufgrund meiner früheren Selbstständigkeit und Angestelltenverhältnisse in verschiedenen Branchen verfüge ich über einen soliden kaufmännischen, praxisorientierten Background und über hohe soziale Kompetenz.

Zuletzt war ich als angestellter Geschäftsführer einer kleineren Firma im Bereich Unternehmensberatung tätig, die jedoch die Niederlassung in Deutschland im August 2007 geschlossen hat.

Ich in sicher, dass ich den Anforderungen Ihres Aufgabengebietes vollumfänglich und mit höhem Engagement entspreche. Sämtliche Büro-Verwaltungs- und Sekretariatstätigkeiten sind mir in jeder Hinsicht bestens vertraut.

Aufgrund privater und beruflicher Rückschläge möchte ich mich nunmehr verändern und suche eine neue Aufgabe. Meine Tätigkeit kann grundsätzlich ab März 2008 beginnen.

Meinen beruflichen Werdegang ersehen Sie aus dem beigefügten tabellarischen Lebenslauf. Weitere Einzelheiten würde ich gerne persönlich mit Ihnen erörtern und sehe Ihrer Nachricht, gerne auch unter E-Mail: ... mit Interesse entgegen.

Mit freundlichen Grüßen

Tabellarischer Lebenslauf

Name:...
Geburtstag/Geburtsort:...
Familienstand:verheiratet, getrennt lebend
Schulbildung:...
Wehrdienst:Juli 1979-September 1980
Studium:Oktober 1980 bis April 1984 Betriebswirtschaftslehre Universität Paderborn und Köln, ohne Abschluss
Auslandsaufenthalt:1 Jahr Spanien, Segellehrer
Berufstätigkeit:1985-1988 Verkaufrepräsentant bei verschiedenen Brokern/Maklern in Düsseldorf.
1988-1992 angestellt als Mitarbeiter im Außendienst bei der Firma ... AG, St. Gallen
1992-1998 Textilvertrieb
1999-2004 Führen eines kleinen Verlages mit meiner Ehefrau
2005-2007 Geschäftsführer einer kleineren Unternehmensberatungsgesellschaft (... Ltd.)
Berufserfahrung:Fundierte Kenntnisse auf den Gebieten Marketing, Mitarbeiterführung, Projektplanung, Werbung, Verkauf, Maßnahmen zur Verkaufsförderung, Customer Relationship
Sprachkenntnisse:Englisch und Französisch in Wort und Schrift
5

Der Kläger hat Abitur, jedoch keine abgeschlossene Berufsausbildung. Der Kläger war sieben Jahre lang als angestellter Reisender im Textilhandel tätig, dann auch selbstständig tätig im Textilvertrieb. Ferner leitete er zusammen mit seiner Ehefrau einen Verlag und war tätig als Geschäftsführer einer Unternehmensberatung. Der Kläger hat schriftsätzlich ausgeführt, dass sämtliche in der Bewerbung aufgeführten Tätigkeiten mit anspruchsvollen kaufmännischen Anforderungen verbunden gewesen seien. Gegenwärtig ist der Kläger Geschäftsführer bei einer Firma, die mangels Vermögens nicht aktiv ist.

6

Die Beklagte lehnte die Bewerbung des Klägers ab mit Schreiben vom 17.03.2008 unter Hinweis darauf, dass man sich für eine der Mitbewerberinnen entschieden habe.

7

Mit der Klage vom 14.04.2008 begehrt der Kläger die Zahlung von drei Bruttomonatsgehältern als Entschädigung wegen geschlechtsbezogener Diskriminierung in rechnerisch unstreitiger Höhe von 5 646,00 Euro.

8

Der Kläger hat als Antrag angekündigt,

  1. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger eine Entschädigung von 5 646,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.04.2008 zu zahlen.

9

Der Kammertermin vom 20.08.2008 wurde auf Fax-Antrag des Klägers vom 19.08.2008 wegen ärztlich belegter Lumboischialgie des Klägers verlegt auf den 03.12.2008. Mit Gerichtseingang 03.12.2008, 8:43 Uhr, beantragte der Kläger erneut Terminsverlegung unter Hinweis, dass er unerwartet erkrankt und nicht reisefähig sei. Der Zeitpunkt vollständiger Genesung sei gegenwärtig nicht absehbar, er sei jedoch vom 15.12.2008 bis zum 16.01.2009 auf Auslandsreisen. Ein Attest war nicht beigefügt.

10

Die Beklagte hält dafür, der Kläger sei ein sog. AGG-Hopper, weil seine Bewerbung nicht ernst gemeint, sondern allein zum Zwecke der Erlangung einer Entschädigung eingereicht worden sei. Das ergebe sich nach Auffassung der Beklagten auch daraus, dass der Kläger - was unstreitig ist - im sog. AGG-Archiv der Rechtsanwälte Gleiss pp bei Klageinreichung mit acht Klagverfahren verzeichnet war; zwischenzeitlich ist ein weiteres hinzugekommen.

11

Im Kammertermin vom 03.12.2008 hat der Beklagtenvertreter die Arbeitsunfähigkeit des Klägers bestritten und beantragt,

  1. die Klage abzuweisen, und zwar im Wege der Entscheidung nach Lage der Akten, hilfsweise im Wege des Versäumnisurteils.

12

Wegen der Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie Terminsprotokolle verwiesen.

Entscheidungsgründe

13

Die Klage war abzuweisen.

14

Die Voraussetzungen für eine Entscheidung nach Lage der Akten sind gegeben, die Bewerbung des Klägers war nicht ernsthaft mit der Folge, dass ein ausgleichspflichtiger Schaden im Sinne von § 15 AGG nicht vorliegt.

15

I.

Vorliegend war gemäß §§ 331a ZPO, 251a Abs. 2 ZPO nach Lage der Akten zu entscheiden.

16

Nach § 331a ZPO kann beim Ausbleiben einer Partei im Verhandlungstermin der Gegner statt eines Versäumnisurteils eine Entscheidung nach Lage der Akten beantragen; dem Antrag ist zu entsprechen, wenn der Sachverhalt für eine derartige Entscheidung hinreichend geklärt erscheint, § 251 Abs. 2 ZPO gilt entsprechend. Die hiernach erforderlichen Voraussetzungen für eine Entscheidung nach Lage der Akten sind gegeben.

  1. 1.

    Der Kläger war im Kammertermin ausgeblieben.

  2. 2.

    Eine Vertagung nach § 337 ZPO war nicht vorzunehmen. Nach dieser Vorschrift vertagt das Gericht die Verhandlung über den Antrag auf Erlass eines Versäumnisurteils oder einer Entscheidung nach Lage der Akten, wenn es dafür hält, dass die Partei ohne jedes Verschulden am Erscheinen verhindert ist. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen indes nicht vor. Angesichts des Sachverhalts kann das Gericht nicht "dafür halten", dass der Kläger ohne sein Verschulden am Erscheinen verhindert war. Im Verlegungsantrag vom 03.12.2008 fehlt es schon an einer näheren Begründung, woran der Kläger erkrankt ist und warum er nicht reisefähig ist. Ebenso fehlt es an einer Glaubhaftmachung in Form eines ärztlichen Attests. Während der Kläger den Verlegungsantrag für den ersten Kammertermin noch mit einer bestimmten Erkrankung begründet und ein Attest beigefügt hatte, fehlt nunmehr beides. Der Kläger weiß offensichtlich um die inhaltliche Notwendigkeiten eines fundierten Verlegungsgesuchs. Unerheblich ist damit die Formulierung in seinem Antrag vom 03.12.2008, falls ein fachärztliches Attest benötigt werde, bitte er um einen entsprechenden Hinweis. Der Kläger kann nicht ernsthaft glauben, dass für eine zweite Verlegung in Folge geringere Anforderungen zu stellen sind als für eine Erstverlegung. Das erst recht nicht angesichts des für den Kläger als problematisch zu würdigenden Prozessstoffs. Im Übrigen ist bereits der Verlegungsantrag in sich nicht stimmig: Der Kläger gibt an, er sei nicht reisefähig, das Ende der Erkrankung nicht absehbar, gibt aber zugleich an, dass er vom 15.12. an für die Dauer eines Monats auf Auslandsreisen sei. Wer aber nicht weiß, wann er wieder gesund wird, kann nicht schon vorher wissen, dass er jedenfalls im Ausland sein werde.

  3. 3.

    Auch die weitere Voraussetzung nach § 331a ZPO für eine Entscheidung nach Lage der Akten wegen Säumnis des Klägers ist gegeben, der Sachverhalt erscheint für eine derartige Entscheidung hinreichend geklärt. Die Bewerbungsunterlagen des Klägers liegen ebenso vor wie anderweitige Bewerbungen des Klägers. Die Würdigung des Streitstoffes bedarf keiner weiteren Aufklärung mehr. Das offensichtlich nicht hinreichend begründete Verlegungsgesuch des Klägers vom 03.12.2008 spricht für eine Verschleppungsabsicht. Bei derartigen Fallkonstellationen sollte das Gericht einen Antrag auf Entscheidung nach Lage der Akten anregen (Zöller/Herget, ZPO, 26. Aufl., § 331a Rz. 1). Das Gericht hat bei der Frage, ob der Sachverhalt für eine Entscheidung hinreichend geklärt erscheint im Sinne von § 331a ZPO einen größeren Beurteilungsspielraum als bei § 300 ZPO, wo als Entscheidungsvoraussetzung feststehen muss, dass der Rechtsstreit "zur Endentscheidung reif ist" (vgl. MüKo/Prütting, 3. Aufl., § 331a ZPO, Rz. 11).

  4. 4.

    Auch die weitere Voraussetzung des § 251a Abs. 2 ZPO für eine Entscheidung nach Lage der Akten ist erfüllt, es wurde in einem früheren Termin mündlich verhandelt. Dies war vorliegend der Gütetermin vom 20.08.2008. Nach § 54 Abs. 1 Satz 1 ArbGG beginnt die mündliche Verhandlung vor dem Vorsitzenden zum Zwecke der gütlichen Einigung der Parteien (Güteverhandlung). Nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes ist diese Güteverhandlung Teil der mündlichen Verhandlung. Dem gegenüber sieht für das zivilgerichtliche Verfahren die durch das ZPO-Reformgesetz neu gestaltete Vorschrift des § 278 Abs. 2 ZPO vor, dass der mündlichen Verhandlung zum Zwecke der gütlichen Beilegung des Rechtsstreits eine Güteverhandlung vorausgeht. Hiernach ist also - im Bereich der Zivilgerichtsbarkeit - die Güteverhandlung noch nicht Teil der mündlichen Verhandlung, sondern eine separate, der mündlichen Verhandlung vorausgehende Erörterung. Aus diesen unterschiedlichen Wortlauten ist zu schließen, dass der Gesetzgeber für das arbeitsgerichtliche Verfahren eine unterschiedliche Regelung getroffen hat, sodass im Gegensatz zum Verfahren vor den Zivilgerichten beim arbeitsgerichtlichen Verfahren bereits im ersten Kammertermin ein Aktenlageurteil nach § 251a ZPO ergehen kann (LAG Hessen, 31.10.2000, MDR 2001, 517 [LAG Hessen 31.10.2000 - 9 Sa 2072/99]; LAG Berlin, 03.02.1997, LAGE § 251a ZPO Nr. 1; ArbG Berlin, 13.07.1987, DB 1987, 2528; Germelmann u.a., ArbGG, 6. Aufl., § 55 Rz. 18 (die in früheren Auflagen vertretene Auffassung wurde aufgegeben); Ostrowicz/Künzel/Schäfer, Rz. 314 m.w.N.). Der Gegenauffassung des LAG Bremen (Urteil 25.06.2003, LAG Report 2003, 380) ist nicht zu folgen. Das LAG Bremen setzt sich mit der durch das ZPO-Reformgesetz im Jahr 2001 auch für das Zivilverfahren eingeführten Güteverhandlung gemäß § 278 Abs. 2 ZPO und den unterschiedlichen Formulierungen im Vergleich zur Güteverhandlung nach § 54 ArbGG überhaupt nicht auseinander, sondern stützt sich lediglich auf eine Entscheidung des BAG (04.12.2002, NZA 2003, 341 [BAG 04.12.2002 - 5 AZR 556/01]), wonach das Verhandeln im Sinne des § 333 ZPO einen Sachantrag des Rechtsmittelklägers voraussetze. Das BAG hatte angenommen, im Streitfall sei angesichts des Verhaltens der Berufungsklägerin, die nur auf Sachvortrag in Schriftsätzen, nicht aber auf Anträge in Schriftsätzen Bezug genommen habe, und angesichts verschiedener angekündigter Berufungsanträge ungewiss gewesen, welches Begehren die Berufungsklägerin überhaupt weiter verfolgen wolle und welche nicht, die Ausführungen seien nicht eindeutig gewesen, es sei erörtert worden, welche Anträge überhaupt gestellt werden sollten, es sei auch eine (teilweise) Rücknahme vor Antragstellung in Betracht gekommen. Diese Erwägungen sind indes auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar, sie betreffen vielmehr § 333 ZPO, wonach als nicht erschienen auch die Partei anzusehen ist, die in dem Termin zwar erscheint, aber nicht verhandelt. Die Erwägungen des Bundesarbeitsgerichts beziehen sich im Übrigen ausschließlich auf eine Berufungsverhandlung, in der es keinen Gütetermin gibt. Sie geben damit überhaupt nichts her für die spezielle Frage der Einordnung einer nur in erster Instanz durchzuführenden Güteverhandlung und die Frage, ob diese als mündliche Verhandlung im Sinne des § 251a Abs. 2 ZPO anzusehen ist oder nicht.

    Mithin lagen die Voraussetzungen für eine Entscheidung nach Lage der Akten vor.

17

II.

In der Sache ist das Klagebegehren unbegründet.

18

Der Kläger hat deshalb keinen (ersatzfähigen) Schaden im Sinne von § 15 Abs. 2 AGG, weil es an einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot im Sinne der §§ 1, 2 Abs. 1 Nr. 1, 3 Abs. 1, 7 Abs. 1, Abs. 3, 11 AGG fehlt.

  1. 1.

    Schon für die Vorgängervorschrift des § 611a BGB war anerkannt, dass im Besetzungsverfahren nur derjenige im Rechtssinne benachteiligt sein kann, der sich subjektiv ernsthaft beworben hat und objektiv für die zu besetzende Stelle in Betracht kommt ( BAG, Urteil vom 12.11.1998, 8 AZR 365/97, NZA 1999, 371, BAG, Urteil  27.04.2008, 8 AZR 295/99, Juris; sich anschließend LAG Niedersachsen, Beschluss vom 13.02.2001, 3 Ta 33/01 ). Diese Überlegungen gelten auch für § 15 Abs. 2 AGG (ErfK/Schlachter, 9. Aufl., § 15 Rz. 9 m.w.N.).

    Dabei kann aus Indizien im Zusammenhang mit der Bewerbung geschlussfolgert werden, dass eine ernsthafte Bewerbung nicht gewollt war. Ein subjektiv ernsthafter Bewerber wird in seiner Bewerbung alles tun, um ein positives Bild von seiner Person und seinen auf den Text der Stellenausschreibung bezogenen Fähigkeiten abzugeben. Gegen eine subjektiv ernsthafte Bewerbung spricht es dann beispielsweise, wenn der Bewerber in seiner Bewerbung zu einer als wesentlich erkennbaren Einstellungsvoraussetzung keine Angaben macht (vgl. LAG Berlin, Urteil vom 30.03.2006, 10 Sa 2395/05; Juris). Indiz für eine nicht subjektiv ernst gemeinte Bewerbung kann auch sein eine in der Bewerbung zum Ausdruck kommende ersichtliche Fehlqualifikation (LAG Niedersachsen, a.a.O.).

  2. 2.

    Das zugrunde gelegt, scheitern Entschädigungsansprüche des Klägers nicht nur wegen fehlender objektiver Eignung, sondern auch wegen subjektiv nicht ernst gemeinter Bewerbung:

    a)

    Der Kläger ist objektiv ungeeignet. In seiner Bewerbung kommt eine ersichtliche Fehlqualifikation im vorbezeichneten Sinne zum Ausdruck. Im Bewerbungsanschreiben erwähnt der Kläger frühere Selbstständigkeit und Angestelltenverhältnisse sowie Geschäftsführertätigkeiten und daraus resultierende solide kaufmännische Kenntnisse. Im Vergleich zu den ausgeschriebenen "allgemeinen Büro- und Verwaltungstätigkeiten" handelte es sich um eine ersichtliche Fehlqualifikation des Klägers. Kaufmännische Entscheidungen und Fähigkeiten hat die Beklagte mit dem Anforderungsprofil der ausgeschriebenen Positionen nicht verbunden. Die evidente Fehlqualifikation des Klägers drängt sich auch auf bei Sichtung des tabellarischen Lebenslaufes. Aus einem nicht abgeschlossenen betriebswirtschaftlichen Studiums ergeben sich vielleicht gewisse Kenntnisse im kaufmännischen Bereich, jedoch keine Kenntnisse im Büroablauf. Gleiches ergibt sich aus der Tätigkeit des Klägers als Verkaufsrepräsentant bei Brokern/Maklern, im Textilaußenhandel und im Textilvertrieb sowie im Verlags- und Unternehmensberatungswesen. Fehl gehen auch die Hinweise des Klägers im Lebenslauf zum Thema "Berufserfahrung", wonach er über fundierte Kenntnisse auf den Gebieten Marketing, Mitarbeiterführung, Projektplanung, Werbung, Verkauf, Maßnahmen zur Verkaufsförderung, Customer Relationship verfüge. Kenntnisse im Büroablauf lassen sich hieraus nicht entnehmen. Die Pauschalbehauptung des Klägers im Begleitschreiben, ihm seien sämtliche Büro-, Verwaltungs- und Sekretariatstätigkeit in jeder Hinsicht bestens vertraut, ist nicht nachvollziehbar. Allenfalls kann davon ausgegangen werden, dass der Kläger anlässlich der von ihm angeführten kaufmännischen sowie Vertriebstätigkeiten Büro- und Verwaltungsaufgaben von dritten Personen für sich hat erledigen lassen. Der Kläger legt in der Bewerbung jedoch nicht dar, welche Tätigkeiten im Bereich Büro/Verwaltung mit welcher Tiefe und Breite er selbst wahrgenommen hat und erfüllen kann. Das gilt im Übrigen nicht nur für das Bewerbungsschreiben als solches, sondern im Wesentlichen auch für das Verfahren. Die Tatsache nun, dass der Kläger als Geschäftsführer und Unternehmensberater anderes Personal Büroarbeiten und Sekretariatstätigkeit hat verrichten sehen, hilft offensichtlich nicht weiter, ebenso wenig die eigene Verrichtung von Teiltätigkeiten. Der Kläger ist schlichtweg in seiner Bewerbung und im Prozess überhaupt nicht auf die einzelnen Berufsanforderungen gemäß Verordnung über die Berufsausbildung zum Bürokaufmann/zur Bürokauffrau (BGBl. I 1991, 425) eingegangen, hat nicht dargelegt, wann er wie im Einzelnen die Teiltätigkeiten der mehrjährigen Ausbildung der vollen Tiefe und Breite nach erlernt haben will. Ausschließlich auf eine solche Position in diesem Lehrberuf bezog sich jedoch das Inserat. Die Bewerbung des Klägers kommt derjenigen gleich, die dem vom LAG Berlin (Urteil 30.03.2006, a.a.O.), entschiedenen Fall zugrunde lag. Der dortige Bewerber war Soziologe und hatte sich auf eine Position für eine "Chefsekretärin/Assistentin" beworben, das Landesarbeitsgericht vermisste in der Bewerbung zu recht Ausführungen des Klägers zu Erfahrungen in der Organisation eines Chefsekretariats. Ähnlich fehlgehend war die Bewerbung eines früheren Geschäftsinhabers "Telefon und Technik" für die Position einer Service- bzw. Küchenkraft, der er Qualifikationsnachweise im Bereich EDV-Netzwerktechnik beigefügt hatte ( ArbG Celle, Beschluss vom 16.01.2001 zu 2 Ha 8/00, bestätigend LAG Niedersachsen, Beschluss  13.02.2001, 3 Ta 33/01 ).

    Bestätigt wird dieses Ergebnis einer ersichtlichen Fehlqualifikation durch die weiteren vom Kläger vorgelegten Unterlagen in Form von Bewerbungen. Bei "... International" hat der Kläger sich unter dem 03.03.2008 beworben unter Hinweis auf seine Reisetätigkeiten mit Belieferung des hochwertigen Einzelhandels im Bereich der Accessoires und unter Hinweis auf Mitwirkung bei internationalen Mode- und Stofffachmessen. Der Kläger hat ferner ausgeführt, er habe teilweise unter eigenem Label produzieren lassen und bundesweit vertrieben (Bl. 270 d.A.). Unter dem 10.03.2008 hat der Klägers ich dann gegenüber ... beworben, erneut auch seine textile Berufstätigkeit und die Produktion unter eigenem Label sowie auf die Tätigkeit im Verlagswesen verwiesen (Bl. 280 d.A.). Unter dem 24.02.2008 hat der Kläger bei "... GmbH" auf Verkaufserfahrung sowie Kunden- und Mitarbeiterführung und Kenntnisse im Kapital- und Anlagemarkt ebenso verwiesen wie auch auf seine Textilkenntnisse und die Produktion unter eigenem Label sowie unternehmensberatende Tätigkeiten.

    Fazit: Der Kläger hat keine abgeschlossene Berufsausbildung, erst recht nicht die im Inserat erforderte. Seine bisherige berufliche Vita beinhaltete die geforderten Tätigkeiten nicht, sondern allenfalls Berührungspunkte mit diesen von anderen Personen auszuführenden Tätigkeiten. Der Kläger war und ist objektiv ungeeignet.

    b)

    Die Bewerbung des Klägers war auch subjektiv nicht ernst gemeint. Das Gericht schließt sich den Ausführungen des LAG Berlin (Entscheidung vom 30.03.2006, a.a.O.) an, wonach ein subjektiv ernsthafter Bewerber in seiner Bewerbung alles tun wird, um ein positives Bild auch von seiner Person abzugeben und andererseits alles unterlassen wird, welches ein negatives oder auch nur bedenkliches Licht auf die Bewerbung werfen könnte. Gegen eine subjektiv ernsthafte Bewerbung spricht es damit, wenn der Bewerber zu einer als wesentlich erkennbaren Einstellungsvoraussetzung keine Angaben macht (LAG Berlin, a.a.O.). So ist es betreffend die Bewerbung des Klägers: Zu seiner eigenen Qualifikation in der Wahrnehmung von Büro-, Verwaltungs- und Sekretariatstätigkeiten findet sich in der Bewerbung lediglich die nicht nachvollziehbare platte Behauptung, diese Tätigkeiten seien dem Kläger in jeder Hinsicht bestens vertraut. Nicht nur, dass sich nicht erschließt, wieso dem Kläger eine eigene Verrichtung vertraut sein soll, sondern vielmehr im Gegenteil: Indem der Kläger im Übrigen ausschließlich leitende und höherwertige kaufmännische Tätigkeiten mit Entscheidungsbefugnissen und Erfordernissen angab, führte er seine eigene Pauschalbehauptung einer besten Vertrautheit mit Bürotätigkeiten ad absurdum.

    Darüber hinaus war im Sinne der vorbezeichneten Rechtsprechung auch die Tatsache, dass der Kläger nicht einmal eine Postanschrift, sondern nur ein Postfach angab, in erheblichen Maße geeignet, ein bedenkliches Licht auf seine Bewerbung zu werfen. Die diesbezüglich vom Kläger angegebene Erklärung, er halte sich vielfach im Ausland auf und müsse sicherstellen, dass seine Post von einer dritten Person abgeholt werden könne, geht offensichtlich ins Leere. Selbstverständlich kann auch ein privater Briefkasten von einer dritten Person regelmäßig geleert werden.

    Im Prozess bestätigt hat sich der schon aus der Bewerbung ersichtliche Mangel der subjektiven Ernsthaftigkeit der klägerischen Bewerbung auch durch den von der Beklagten referierten Internet-Auftritt des Klägers, wonach dieser im Jahr 2000 "in allerfeinstem Cut" auf Mallorca geheiratet hat, wobei eine "erlesene Gästeschar" mit "höchster Adels-Eleganz mit Hüten und langen Kleidern" zugegen war, es sei eine "wunderschöne Hochzeit auf höchstem Niveau" gewesen. Einer Person jedoch, die einen derart aufwändigen Lebenstil führen möchte und zu - wie der Kläger mit Schriftsatz vom 24.06.2008 anmerkt - anspruchsvollen kaufmännischen Anforderungen tendiert, ist eine Bewerbung auf eine Position mit einem Bruttomonatsentgelt von 1 882,00 Euro nicht als ernsthaft gewollt abzunehmen.

    Ergebnis: Der Kläger war und ist objektiv für die ausgeschriebene Position ungeeignet, hat sich subjektiv nur zum Zwecke der Erlangung einer Entschädigung beworben, was sein Vorgehen als dolos und den Kläger selbst als AGG-Hopper qualifiziert.

19

Als unterlegene Partei trägt der Kläger nach § 91 ZPO die Kosten des Rechtsstreits.

Streitwertbeschluss:

Die Streitwertfestsetzung in Antragshöhe erfolgt aus § 3 ZPO.

Gründe zur Berufungszulassung wie grundsätzliche Bedeutung sind nicht gegeben.

Piel
Jantzen
Waldvogel