Landgericht Bückeburg
Urt. v. 16.01.1998, Az.: 2 O 204/97
Widerruf einer die Persönlichkeit beeinträchtigenden Äußerung durch den Störer ; Deliktischer Wiederherstellungsanspruch oder quasi negatorischer Anspruch auf Beseitigung einer nicht notwendig deliktisch verursachten Rechtstörung ; Fortwirkung der dauernden Störung des Persönlichkeitsrechts des Verletzten durch unwahre Tatsachenbehauptungen ; Feststellung der Unwahrheit der ehrenkränkenden Behauptung als Voraussetzung des Widerrufsanspruchs; Widerruf als letztes Mittel, wenn andere Rechtsbehelfe nicht ausreichen ; Abwägung der Interessen der Presse und des Verletzten beim Anspruch auf öffentlichen Widerruf
Bibliographie
- Gericht
- LG Bückeburg
- Datum
- 16.01.1998
- Aktenzeichen
- 2 O 204/97
- Entscheidungsform
- Schlussurteil
- Referenz
- WKRS 1998, 29512
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGBUECK:1998:0116.2O204.97.0A
Rechtsgrundlagen
- § 823 Abs. 1 BGB
- § 1004 Abs. 1 BGB
Fundstellen
- DVP 2000, 219
- NJW-RR 1999, 319-321 (Volltext mit red. LS)
Verfahrensgegenstand
Widerruf
Prozessführer
Herr ...
Prozessgegner
1. ...
2. ...
3. ...
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Grundsätzlich kann der Widerruf einer die Persönlichkeit beeinträchtigenden Äußerung durch den Störer sowohl als deliktischer Wiederherstellungsanspruch als auch als quasi negatorischer Anspruch auf Beseitigung einer nicht notwendig deliktisch verursachten Rechtstörung verlangt werden.
- 2.
Als Beseitigungsanspruch kommt ein Widerruf insbesondere dann in Betracht, wenn unwahre Tatsachenbehauptungen eine Fortwirkung der dauernden Störung des Persönlichkeitsrechts des Verletzten begründen.
- 3.
Grundsätzlich kann ein öffentlicher Widerruf nur dann verlangt werden, wenn und soweit er unter Abwägung der beiderseitigen Belange, vor allem der Schwere des Vorwurfs, zur Beseitigung der Beeinträchtigung erforderlich und dem Verletzer zumutbar ist.
In dem Rechtsstreit
hat die 2. Zivilkammer des Landgerichts Bückeburg
durch
den Richter am Landgericht Rohde als Einzelrichter
im schirftlichen Verfahren nach Schriftsnachlaß bis zum 23.12.1997
am 16.01.1998
für Recht erkannt:
Tenor:
- 1.
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, im redaktionellen Teil der "..." auf der Seite ... den Inhalt des Teilanerkenntnisurteils des Landgerichts Bückeburg vom 12.09.1997 (2 O. 204/97) mit einer hierauf hinweisenden fettgedruckten Überschrift zu veröffentlichen.
- 2.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
- 3.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen zu 3/4 die Beklagten als Gesamtschuldner und zu 1/4 der Kläger.
- 4.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 35.000,00 DM.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch die einzelnen Beklagten hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 400,00 DM abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit jeweils in gleicher Höhe leisten.
- 5.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 20.000,00 DM festgesetzt
Tatbestand
Der 77jährige Kläger war in den Jahren 1952 bis 1974 Bürgermeister und zugleich ehrenamtlicher Gemeindedirektor der Gemeinde Krainhagen. In den Jahren 1974 bis 1996 war er Ortsbürgermeister und Ortsbeauftragter der Ortschaft ... Während dieser Zeit war er gleichzeitig Mitglied im Rat der Stadt ... und zeitweise zweiter stellvertretender Bürgermeister. 32 Jahre lang war er Mitglied im Kreistag, zunächst der Grafschaft ... dann des Landkreises ... In den Jahren 1973 bis 1981 war er Landrat. Von 1981 bis 1991 war er erster stellvertretender Landrat. Von 1970 bis 1974 war er Mitglied des Niedersächsischen Landtages. 40 Jahre lang ist er Vorsitzender des Sportvereins SV 45 ... Noch heute ist er Vorsitzender des Trägervereins Sport und Freizeitzentrum ... e.V. Lange Jahre war er Vorsitzender des Fremdenverkehrsvereins ... Im Jahre 1993 wurde dem Kläger das Bundesverdienstkreuz erster Klasse verliehen. Im Jahre 1996 hat er das Niedersächsische Verdienstkreuz erster Klasse erhalten.
Der Beklagte zu 1. ist Redakteur, der Beklagte zu 2. der verantwortliche Redaktionsleiter und die Beklagte zu 3. Verlegerin der im Gebiet des Landkreises ... erscheinenden Zeitung "...".
In einem vom Beklagten zu 1. verfaßten und in der Ausgabe vom 07.09.1996 erschienenen Artikel ist über den Kläger folgendes behauptet worden:
"Verwaltet ... eine schwarze Kasse?
Krainhagen.
Wenn in Krainhagen auf Einladung des Ortsrates alle zwei Jahre Dorfgemeinschaftsfest gefeiert wird, dann kennt die Stimmung keine Grenzen. Verhaltener sind die Reaktionen allerdings, wenn nach den Festeinnahmen gefragt wird. Da habe kein Unbefugter rumzuschnüffeln, schimpft Ortsbürgermeister ... äußerst gereizt. Aber ... CDU-Franktionsvorsitzender im Ortsrat Krainhagen, läßt sich nicht beirren. Er fordert nach 28 Jahren Aufklärung. In der kommenden Ortsratssitzung will er fragen, wo das Sparbuch mit den Einnahmen aus 14 Veranstaltungen inzwischen gelandet ist. ... erklärt, er habe im vergangenen Jahr gehört, daß auf dem Konto rund 20.000 Mark schlummern. Genaues wisse wohl nur ... "und vielleicht ein bis zwei Getreue". Obwohl der Ortsrat seit 28 Jahren der Ausrichter der Festveranstaltungen war, sei über die Einnahmen nie umfassend Rechenschaft abgelegt worden, klagt CDU-... Eine Kassenprüfung, wie sie für jeden noch so kleinen Verein vorgeschrieben sei, habe nie stattgefunden.
... erinnert sich, daß er vor vier Jahren schon einmal eine Antrage im Ortsrat gestellt hat. Damals habe ... seinem Ortsrat als Antwort zwar etwas Beschwichtigendes vorgelesen, aber niemand habe Einblick in die Unterlagen nehmen dürfen. Unstrittig ist aber, daß das Sparbuch nicht von ... sondern vom früheren Ortsratsmitglied ... verwaltet wurde. Weil es dort in guten Händen gewesen sei, habe damals niemand weiter nachgehakt, erklärt ... Doch inzwischen ist ... verstorben ... der als äußerst rechtschaffener Mann galt, wollte die Sache mit dem Sparbuch nach Informationen dieser Zeitung noch vor seinem Tode mit ... regeln. Doch dazu kam es nicht mehr. Nahezu elektrisiert reagierte ... jetzt, als er hörte, daß der Fremdenverkehrsverein 3000 Mark von dem umstrittenen Konto haben wollte. Damals sei aus der Auszahlung nichts geworden, weil ... Erben erst zustimmen mußten, weiß er. Aber ... der Vorsitzende des Fremdenverkehrsvereins, weist diese Darstellung gegenüber den ... entschieden zurück. ... betont, der Fremdenverkehrsverein sei finanziell gesund. Er habe nie auch nur einen Pfennig der Einnahmen aus dem Dorfgemeinschaftsfest für seinen Verein haben wollen, wundert sich ... Einer, der die Vorgänge um das dubiose Konto aufklären könnte, ist ... Der lehnt jede öffentliche Stellungnahme vehement ab, "weil", so ..., "die Presse nicht überall rumprokeln soll". Bei solchen Schmutzkampagnen, so ... vieldeutig, habe bestimmt bald keiner mehr Lust, in ehrenamtlicher Arbeit ein Dorfgemeinschaftsfest auf die Beine zu stellen. Über seinen Kontrahent ... unkt der SPD-Krainhäger, dem falle kurz vor der Kommunalwahl wohl nichts Besseres ein, als auch noch das Dorfgemeinschaftsfest schlechtzumachen. Dann bietet er an, Ortsratsmitglieder "unter vier Augen" zu informieren. Ein solches Angebot hält ... glatt für "Augenwischerei"."
In einem am 08.04.1997 erschienen Artikel der "..." heißt es u.a. wie folgt:
"...
Die Stadt ... forscht unterdessen eifrig weiter, wie es wohl zu dem starken Anstieg der Telefongebühren gekommen sein kann. Dabei möchte sie auch die Frage klären, wer denn überhaupt einen Schlüssel zu dem Ortschaftshaus hat. Das Hauptamt wartet noch auf eine entsprechende Liste. Einer der Schlüssel soll sich noch im Besitz des Alt-Bürgermeisters befinden.
Und dann gibt es da auch noch die sogenannte schwarze Kasse. Nach wie vor wird das Sparbuch, in dem die Einnahmen der Dorfgemeinschaftsfeste verbucht wurden, vor ... unter Verschluß gehalten. Unklar ist auch, wie der umtriebige ... seine Öffentlichkeitsarbeit in eigener Sache finanziert.
So ist bislang weder eine Abrechnung für die Flugblattaktion zum Thema "Heckenweg" noch zur "Traueranzeige" über die Politik der Stadt ... aufgetaucht. Allein die Anzeige in einer Tageszeitung, in der mit Trauerflor über Stadtkämmerer ... und Bauamtsleiter ... hergezogen wurde, soll 1200 Mark gekostet haben. Ob auch da etwas dran ist, ist allerdings offen. Denn das Gerücht, er habe die Rechnung von ... zugesteckt bekommen, weist ... aus der Arbeitsgemeinschaft örtlicher Vereine scharf zurück. ... "Was da so geredet wird".
Licht in das Dunkel könnte ... selbst ganz schnell bringen. Der Altbürgermeister war für Antragen der ... trotz mehrfachen Bemühens indes nicht erreichbar."
Der Kläger behauptet, daß die Tatsachenbehauptungen, es gebe eine schwarze Kasse in Form eines Sparbuchs, das er unter Verschluß halte, und daß unklar sei, wie er seine Öffentlichkeitsarbeit in eigener Sache finanziere, falsch seien und ihn in seinem Persönlichkeitsrecht verletzen würden. Allein die Formulierung "schwarze Kasse" impliziere eine illegale Vereinnahmung und Verwaltung von Geldmitteln.
Der Kläger trägt dazu vor, daß auf dem Sparkonto die Einnahmen aus den Dorfgemeinschaftsfesten der Ortschaft ... eingezahlt würden und als Risikorücklage für künftige Feste dienen würden. Über dieses Sparbuch habe er niemals verfügt. Seit dem Tode des ehemaligen Ortsratsmitglieds ..., der der Kassenverwalter der Dorfgemeinschaftsfeste gewesen sei, befinde es sich in der Verwahrung des Ortsbürgermeisters ...
Auch die Finanzierung seiner Öffentlichkeitsarbeit sei nicht unklar. Das Flugblatt zum "Heckenweg" habe er vollständig aus eigenen Mitteln finanziert. Die Veröffentlichung der "Traueranzeige" sei in der Versammlung der Arbeitsgemeinschaft der örtlichen Vereine, Organisationen und Gruppen am 26.02.1997 unter dem Vorsitz des Ortsbürgermeisters ... beschlossen worden, wobei die Kosten anteilig von den Mitgliedern der Arbeitsgemeinschaft getragen worden seien.
Unmittelbar nach Erscheinen des Zeitungsartikels vom 08.04.1997 forderte der Kläger die Beklagten auf, eine Gegendarstellung zu den erhobenen Tatsachenbehauptungen abzudrucken. Dieses Ansinnen wurde von den Beklagten mit der Begründung zurückgewiesen, daß der Text des Klägers (vgl. 43 ff. d.A.) nicht den formalen Voraussetzungen einer Gegendarstellung entspreche. Statt dessen wurde dem Kläger seitens eines Mitarbeiters der Beklagten zu 3., dem Zeugen ..., angeboten, seine Stellungnahme zu diesen Vorwürfen im Rahmen eines redaktionellen Artikels zu erwähnen. Hiermit erklärte sich der Kläger einverstanden. Unstreitig gab er keinen ausdrücklichen Verzicht auf Geltendmachung eines weitergehenden Widerrufs ab.
In der Ausgabe Nr. 95 der "..." erschien am 24.04.1997 ein redaktioneller Beitrag unter der Überschrift "... weist Vorwürfe zurück". In diesem Artikel heißt es u.a. wie folgt:
"Und dann nimmt ... noch einmal Stellung zum Thema "Schwarze Kasse"; "Wie bereits wiederholt in der Öffentlichkeit erklärt, handelt es sich dabei um eine Risikorücklage für das Dorfgemeinschaftsfest. Sie ist auf einem Sparbuch angelegt. Ich selbst habe über dieses Sparbuch niemals verfügt. Es befindet sich seit dem Tod von ... der der Kassenverwalter der Dorfgemeinschaftsfeste war, in der Verwahrung des Ortsbürgermeisters ...". Der Vorwurf, Öffentlichkeitsarbeit in eigener Sache aus Steuergeld finanziert zu haben, ist nach Darstellung von Kranz "absurd und schäbig". Richtigstellungen in eigener Sache habe er stets aus eigener Tasche bezahlt. Die Verwendung von Steuergeldern dafür sei gar nicht möglich, da Ausgaben, die vom Ortsbürgermeister oder vom Ortsbeauftragten veranlaßt werden, von der Stadt geprüft würden."
Der Kläger verweist darauf, daß der Artikel vom 24.04.1997 keinen Widerruf der unwahren Tatsachenbehauptungen aus den vorangegangenen Artikeln enthalte. In ihm sei nur seine persönliche Stellungnahme wiedergegeben worden.
Mit Schreiben vom 07.05.1997 forderte der Kläger durch seinen Prozeßbevollmächtigten die Beklagten auf, die genannten Tatsachenbehauptungen zu widerrufen. Mit Schreiben vom 12.05.1997 lehnte die Beklagte zu 3. dies ab. Die Beklagten zu 1. und 2. reagierten nicht.
Der Kläger ist der Auffassung, daß die Tatsachenbehauptungen in hohem Maße geeignet seien, seinen Ruf, den er seit langen Jahren im gesamten Landkreis ... genieße, nachhaltig zu zerstören. Durch die falschen Behauptungen würde sein Lebenswerk zerstört. Er verweist in diesem Zusammenhang auf seine langjährige politische Tätigkeit.
Der Widerrufsanspruch sei im übrigen durch den Abdruck der Gegendarstellung vom 24.04.1997 nicht erloschen.
Neben dem Widerrufsanspruch begehrte der Kläger des weiteren eine Verurteilung der Beklagten zur Unterlassung der Aufstellung oder Verbreitung der Behauptung, er halte ein Sparbuch unter Verschluß, und es sei unklar, wie er seine Öffentlichkeitsarbeit in eigener Sache finanziere. Dieser Unterlassungsanspruch wurde in dem Schriftsatz der Beklagten vom 07.07.1997 anerkannt. In der mündlichen Verhandlung vom 12.09.1997 gaben die Beklagten insoweit ein Anerkenntnis ab, woraufhin ein entsprechendes inzwischen rechtskräftiges Teilanerkenntnisurteil erging (vgl. Bl. 55 d.A.).
Der Kläger beantragt nunmehr,
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, den nachfolgenden Widerruf in der nächsten für den Druck noch nicht abgeschlossenen Ausgabe der "..." in einer vom Gericht zu bestimmenden Größe und Aufmachung zu veröffentlichen:
Am 08. April 1997 ist in unserer Zeitung ein Artikel des Redakteurs ... unter der Überschrift "Altbürgermeister rückt den Schlüssel nicht raus" erschienen, in dem u.a. formuliert wurde: "Und dann gibt es da auch noch die sogenannte schwarze Kasse. Nach wie vor wird das Sparbuch, in dem die Einnahmen der Dorfgemeinschaftsfeste verbucht wurden, von ... unter Verschluß gehalten". Diese Behauptung ist falsch und wird von uns widerrufen. Bei dem Sparkonto handelt es sich um eine Risikorücklage für das Dorfgemeinschaftsfest. Herr ... hat über dieses Sparbuch nie verfügt. Seit dem Tode des ehemaligen Ortsratsmitgliedes ..., der das Sparbuch verwaltet hatte, befindet es sich in der Verwahrung des Ortsbürgermeisters ...
Darüber hinaus heißt es in dem Artikel weiter: "Unklar ist auch, wie der umtriebige ... seine Öffentlichkeitsarbeit in eigener Sache finanziert". Diese Behauptung wurde in Zusammenhang gebracht mit Abrechnungen für die Flugblattaktionen zum Thema "Heckenweg" und zur Veröffentlichtung der "Traueranzeige" über die Politik der Stadt ... im Zusammenhang mit der Verabschiedung des Haushaltes 1997. Diese Behauptung wird ebenfalls als unrichtig widerrufen. Herr ... hat seine Öffentlichkeitsarbeit aus eigenen Mitteln finanziert. Die Veröffentlichtung der "Traueranzeige" wurde in der Versammlung der Arbeitsgemeinschaft der örtlichen Vereine, Organisationen und Gruppen vom 26.02.1997 unter dem Vorsitz des Ortsbürgermeisters ... beschlossen, wobei die Kosten anteilig getragen wurden".
Hilfsweise beantragt der Kläger,
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, die Behauptungen, der Kläger halte ein Sparbuch als "schwarze Kasse" unter Verschluß und die Finanzierung seiner Öffentlichkeitsarbeit sei unklar, zu widerrufen und den Widerruf in der nächsten für den Druck noch nicht abgeschlossenen Ausgabe der ... in einer vom Gericht zu bestimmenden Größe und Aufmachung zu veröffentlichen.
Weiter hilfsweise beantragt der Kläger,
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, im redaktionellen Teil der "..." auf der Seite "..." den Inhalt des Teilanerkenntnisurteils vom 12.09.1997 mit einer hierauf hinweisenden fettgedruckten Überschrift zu veröffentlichen.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Sie behaupten, daß das in Rede stehende Sparbuch sich zum Zeitpunkt der Berichterstattung im Besitz des Klägers befunden habe. In einer Neujahrsansprache Anfang Januar 1997 habe der Kläger sinngemäß geäußert, daß er das besagte Sparbuch als sein Eigentum betrachte.
Der Kläger könne im übrigen nicht den Widerruf der Behauptung, es sei unklar, wie er seine Öffentlichkeitsarbeit in eigener Sache finanziere, verlangen, da es sich insoweit um ein Werturteil handele.
Schließlich seien mit der Veröffentlichung der Gegendarstellung vom 24.04.1997 sämtliche Ansprüche des Klägers erledigt. Insbesondere hätte der Zeuge ... aufgrund des Gesamtverhaltens des Klägers davon ausgehen dürfen, daß die Angelegenheit mit der Veröffentlichtung der Gegendarstellung insgesamt erledigt war. Die Veröffentlichung wäre nicht erfolgt, wenn neben diesem Anspruch noch weitere Ansprüche geltend gemacht worden wären. Im übrigen stelle der Widerruf lediglich das ultima ratio dar, da ein Widerruf die Presse besonders hoch belaste, da sie vor der Öffentlichkeit zu dem Eingeständnis gezwungen werde, etwas Unwahres behauptet zu haben.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Gemäß Beweisbeschluß der Kammer vom 12.09.1997 hat das Gericht Beweis erhoben durch die Vernehmung der Zeugen ... und ... sowie des Zeugen ... Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der öffentlichen Sitzung der Kammer vom 12.09.1997 (Bl. 49 ff. d.A.) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist, soweit sie noch zur Entscheidung ansteht, überwiegend begründet. Der Kläger kann von den Beklagten als Gesamtschuldnern verlangen, daß sie den Inhalt des Teilanerkenntnisurteils der Kammer vom 12.09.1997 im redaktionellen Teil der Zeitung "..." veröffentlichen (§§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB).
Der weitergehende Widerrufsanspruch war als unbegründet zurückzuweisen.
Grundsätzlich kann der Widerruf einer die Persönlichkeit beeinträchtigenden Äußerung durch den Störer sowohl als deliktischer Wiederherstellungsanspruch gemäß den §§ 823 Abs. 2, 249 Abs. 1 S. 1 BGB als auch als quasi negatorischer Anspruch auf Beseitigung einer nicht notwendig deliktisch verursachten Rechtstörung gemäß § 1004 BGB analog verlangt werden (RGRK BGB-Komm., 12. Aufl., Bearbeiter: Dunz, § 823, 152). Als Beseitigungsanspruch kommt ein Widerruf insbesondere dann in Betracht, wenn unwahre Tatsachenbehauptungen eine Fortwirkung der dauernden Störung des Persönlichkeitsrechts des Verletzten begründen (BGHZ 34, 99; 128, 1 [BGH 15.11.1994 - VI ZR 56/94]zit. n. Palandt-Thomas, BGB-Komm. 56. Aufl., Einführung vor § 823, 27). Ein Widerrufsanspruch setzt die Feststellung der Unwahrheit der ehrenkränkenden Behauptung voraus (BGHZ 37, 186 [BGH 28.05.1962 - NotZ 1/62]).
Die von den Beklagten in dem Artikel vom 08.04.1997 aufgestellten Behauptungen, daß der Kläger ein Sparbuch unter Verschluß halte und es des weiteren unklar sei, wie er seine Öffentlichkeitsarbeit in eigener Sache finanziere, sind unwahr. Dies steht nach der durchgeführten Beweisaufnahme fest. Der Zeuge ... hat ausgesagt, daß das streitgegenständliche Sparbuch jahrelang von Herrn ... einem früheren Gemeinderatsmitglied, verwaltet worden sei. Nach dessen Tod sei das Sparbuch einem weiteren Ortsratsmitglied, dem Zeugen ... übergeben worden. Dieser habe das Sparbuch für die Dorfgemeinschaftsfeste sodann verwaltet. Wenn bei einem Dorfgemeinschaftsfest ein Überschuß erwirtschaftet worden sei oder Spenden eingegangen seien, sei der entsprechende Betrag auf das Sparbuch eingezahlt worden und habe als Rücklage für das nächste Fest gedient. Der Zeuge ... hat weiter angegeben, daß der Kläger keinerlei Zugriff auf dieses Sparbuch gehabt habe und zu keinem Zeitpunkt im Besitz des Sparbuches gewesen sei. Nach dem Tod des Herrn ... sei das Sparbuch zunächst in den Besitz von dessen Erben übergegangen. Nach Erledigung der Erbangelegenheiten sei das Sparbuch Herrn ... übergeben worden.
Nach Auffassung der Kammer ist diese Aussage des Zeugen ... glaubhaft. Auf Befragen des Beklagtenvertreters wurde er zwar zwischenzeitlich etwas unsicher, ob es sich bei der von ihm abgegebenen Aussage möglicherweise lediglich um eine Vermutung handele. Auf weiteres nochmaliges Befragen durch das Gericht hat er jedoch ausdrücklich betont, daß der Kläger definitiv nicht im Besitz des Sparbuches gewesen sei. Selbst wenn im Rahmen der Übergabe des Sparbuchs von der Sparkasse an Herrn ... der Kläger das Sparbuch einmal in den Händen gehabt haben sollte, ist gleichwohl die Aussage der Beklagten in dem Zeitungsartikel vom 08.04.1997, er halte das Sparbuch unter Verschluß, falsch. Keiner der vernommenen Zeugen hat nämlich ausgesagt, daß das Sparbuch vom Kläger herausverlangt worden sei und dieser die Herausgabe verweigert habe.
Auch der Zeuge ... hat angegeben, daß der Kläger niemals im Besitz des Sparbuchs gewesen sei. Zunächst sei Herr ... im Besitz des Sparbuchs gewesen, und zwar mindestens seit 1982. Im Jahre 1996 habe er das Sparbuch in eigener Verwaltung übernommen und geführt. Der Kläger habe als Bürgermeister keinerlei Möglichkeit gehabt, auf dieses Sparbuch Zugriff zu nehmen. Auch diese Aussage hält das Gericht für glaubhaft. Der Zeuge ... hat sich auf mitgebrachte Kontoführungsunterlagen bezogen. Als Verwalter des Sparbuches muß er sämtliche Hintergründe bezüglich des Sparbuches gekannt haben. Auch den genauen Ablauf der Übergabe des Sparbuchs von Herrn ... über die Sparkasse an ihn konnte er im einzelnen darlegen.
Schließlich konnte der von den Beklagten benannte Gegenzeuge ... keinerlei konkrete Angaben darüber machen, daß der Kläger das Sparbuch im Besitz gehabt habe. Er hat vielmehr nur Gerüchte wiedergegeben, daß der Kläger dieses Sparbuch verwaltet habe. Er hat selber niemals gesehen, daß der Kläger das Sparbuch im Besitz hatte oder unter Verschluß hielt.
Auch die Behauptung in dem Artikel vom 08.04.1997, es sei unklar, wie der Kläger seine Öffentlichkeitsarbeit finanziere, ist unwahr. Zunächst hat der Kläger bereits in der Klageschrift substantiiert vorgetragen, wie die in dem Artikel vom 08.04.1997 angesprochenen Veröffentlichungen der Traueranzeige bzw. des Flugblatts zum Heckenweg finanziert worden sind. Die Veröffentlichung der Traueranzeige ist nach den Angaben des Klägers durch die Arbeitsgemeinschaft der örtlichen Vereine, Organisationen und Gruppen am 26.02.1997 unter dem Vorsitz des Ortsbürgermeisters ... beschlossen worden, wobei die Kosten anteilig von den Mitgliedern der Arbeitsgemeinschaft getragen worden sind. Diese Angaben ergeben sich ebenfalls aus dem vorgerichtlichen Schreiben des Klägers vom 07.05.1997, aus dem sich ergibt, daß auf jedes Mitglied der Arbeitsgemeinschaft ein Kostenbetrag in Höhe von ca. 80,00 DM entfallen ist. Diese substantiierten Behauptungen des Klägers haben die Beklagten nicht bestritten, so daß es somit nicht unklar ist, wie der Kläger seine Öffentlichkeitsarbeit finanziert hat. Die Beklagten haben auch nicht bestritten, daß der Kläger das Flugblatt zum "Heckenweg" vollständig aus eigenen Mitteln finanziert hat.
Schließlich hat der Zeuge ... glaubhaft bestätigt, daß von dem streitgegenständlichen Sparbuch keine Beträge abgebucht worden seien, um damit die Öffentlichkeitsarbeit des Klägers zu finanzieren. Insbesondere seien auch im Hinblick auf die Flugblattaktion zum Thema "Heckenweg" und zur Aktion "Traueranzeige" keine Beträge von dem Sparbuch abgebucht worden.
Auch der Zeuge ... hat angegeben, daß der Kläger seine Öffentlichkeitsarbeit aus privaten Mitteln finanziert habe. Sie sei nicht mittels der Einnahmen des besagten Sparbuchs finanziert worden.
Der Zeuge ... konnte zur Finanzierung der Öffentlichkeitsarbeit des Klägers keinerlei Angaben machen.
Entgegen der Ansicht der Beklagten handelt es sich bei der Angabe in dem Zeitungsartikel bezüglich der Finanzierung der Öffentlichkeitsarbeit um eine Tatsachenbehauptung, deren Widerruf grundsätzlich verlangt werden könnte. Nach Ansicht der Kammer handelt es sich nicht um ein bloßes Werturteil. Mit der Äußerung wird behauptet, daß es unklar sei, wie der Kläger seine Öffentlichkeitsarbeit in eigener Sache finanziere. Dies geht zwar mit in den Bereich der Wertung hinein, ist letztlich jedoch als zusammenfassendes Ergebnis einer Untersuchung bezüglich der Finanzierung der Öffentlichkeitsarbeit des Klägers zu verstehen. Letztlich stellt diese Angabe damit wieder eine Tatsachenbehauptung dar.
Grundsätzlich könnte der Kläger somit bezüglich beider Behauptungen in dem Artikel der Beklagten vom 08.04.1997 einen Widerruf verlangen.
Einem solchen Anspruch steht auch nicht entgegen, daß bereits in der Ausgabe der "..." vom 24.04.1992 eine Gegendarstellung des Klägers veröffentlicht worden ist. Der presserechtliche Gegendarstellungsanspruch läßt den Anspruch auf Widerruf grundsätzlich unberührt (Staudinger-Schäfer, BGB-Komm., 12. Aufl., § 823, 249). Der Kläger hat unstreitig auf einen solchen Widerrufsanspruch auch nicht verzichtet. Soweit die Beklagten meinen, der Zeuge ... hätte davon ausgehen dürfen, daß mit der Veröffentlichung der Gegendarstellung alles erledigt sei, so kommt es darauf nicht an. Abzustellen ist auf das subjektive Interesse des Verletzten. Hier war aus der Sicht eines unbefangenen Dritten deutlich, daß das subjektive Interesse des Klägers an einer Wiederherstellung seiner Ehre nicht bereits durch den Artikel vom 24.04.1997 befriedigt sein würde, zumal nicht seine gesamte Gegendarstellung, insbesondere nicht der vorletzte Absatz, mit abgedruckt worden ist. Es muß einem Verletzten zugebilligt werden, erst nach der Veröffentlichung seiner Gegendarstellung entscheiden zu dürfen, ob er weitergehende Ansprüche geltend macht. Da der Kläger unstreitig keinen Verzicht insoweit erklärt hat, kann er den Widerrufsanspruch grundsätzlich noch geltend machen.
Ein Widerrufsanspruch ist jedoch nur dann zuzubilligen, wenn er zur Schadens- bzw. Störungsbeseitigung notwendig ist, also nicht schon andere Mittel, etwa eine freiwillige öffentliche Berichtigung, ein Unterlassungsanspruch oder ausnahmsweise auch schon eine Gegenerklärung genügen (RGRK-Dunz, § 823, 154). Der Widerruf ist dabei nur das letzte Mittel, wenn andere Rechtsbehelfe nicht ausreichen (BGHZ 66, 189 [BGH 06.04.1976 - VI ZR 246/74]; Jauernigk, BGB-Komm., 5. Aufl., § 823, 5).
Dabei ist grundsätzlich zu berücksichtigen, daß die Medien ein vom Verletzten zu berücksichtigendes Interesse daran haben, nur mit den geringsten Aufwendungen für die von ihnen selbst zu bringende presserechtliche Darstellung belastet zu werden (BGHZ 66, 196 [BGH 06.04.1976 - VI ZR 246/74]; Staudinger-Schäfer, BGB-Komm., 12. Aufl., § 823, 294). Dabei sei die Aufgabe der Medien im Hinblick auf eine kritische Stellungnahme gegenüber all den Machtstrukturen, die in der modernen Gesellschaft auftreten, zu beachten. Im Einzelfall müsse dieses Interesse der Presse gegenüber dem Interesse des Betroffenen zum Schutz seiner Persönlichkeitssphäre gegenübergestellt und abgewogen werden (BGHZ 66, 196 [BGH 06.04.1976 - VI ZR 246/74]; 99 [BGH 04.03.1976 - II ZR 145/75]; 140 [BGH 18.03.1976 - VII ZR 41/74]; Flechsig, NJW 1994, 2443). Gerade im Hinblick auf die besondere Belastung, die für die Person des Verletzers mit einem Widerruf verbunden ist, sind von der Rechtsprechung des BGH strenge Anforderungen an diese Form des Ehrenschutzes gestellt worden (BGHZ 99, 133, 138) [BGH 25.11.1986 - VI ZR 57/86]. Grundsätzlich kann danach ein öffentlicher Widerruf nur dann verlangt werden, wenn und soweit er unter Abwägung der beiderseitigen Belange, vor allem der Schwere des Vorwurfs, zur Beseitigung der Beeinträchtigung erforderlich und dem Verletzer zumutbar ist (BGH a.a.O. m.w.N.).
Dabei ist auch zu berücksichtigen, ob die beanstandete Äußerung von dem Presseorgan selbst getan oder nur verbreitet oder zugelassen wurde, ohne sie sich zu eigen zu machen (BGH 66, 189). Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn sich der Verbreiter mit der Äußerung des Dritten identifiziert hat, so daß sie als seine eigene Äußerung erscheint (BGH a.a.O.). Allerdings ist auch in der Bejahung der Voraussetzungen für eine solche Identifikation mit der verbreiteten Äußerung eines Dritten Zurückhaltung geboten. Insbesondere darf dies nicht ohne Würdigung des Rahmens, in den die Äußerung gestellt war, geschehen (BGH a.a.O.).
Neben einem Anspruch auf Widerruf einer Äußerung ist grundsätzlich inzwischen auch ein Anspruch auf Veröffentlichung eines Unterlassungsurteils oder einer freiwillig abgegebenen Unterlassungsverpflichtung anerkannt (Palandt-Thomas, BGB-Komm., 56. Aufl., Einführung vor § 823, 30; BGHZ 99, 133, 136 ff.) [BGH 25.11.1986 - VI ZR 57/86]. Ein solcher Anspruch ist allerdings nur dann gegeben, wenn die unzulässige Meinungsveräußerung öffentlich erfolgt ist und die Publikation der Unterwerfungserklärung zur Beseitigung der noch andauernden Folgen der Äußerung für das Ansehen des Verletzten erforderlich ist (BGH a.a.O.).
Im vorliegenden Fall ist nach Abwägung der Interessen des Klägers an einer Wiederherstellung seines Persönlichkeitsschutzes und der Interessen der Beklagten aufgrund der obengenannten Rechtsgrundsätze eine Veröffentlichung des rechtskräftigen Teilanerkenntnisurteils der Kammer vom 12.09.1997 im Hinblick auf die Verpflichtung der Beklagten zur Unterlassung der Aufstellung und/oder Verbreitung der vom Kläger gerügten Äußerungen ausreichend, um die Interessen des Klägers zu befriedigen. Unter Berücksichtigung der Grundsätze, daß ein Widerruf unwahrer Tatsachenbehauptungen nur das letzte Mittel ist, um die Persönlichkeit eines Verletzten wiederherzustellen, ist aus der Sicht der Kammer die Zuerkennung eines solchen Anspruchs auf Veröffentlichung des Unterlassungsurteils ausreichend. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, daß auf Veranlassung des Zeugen ... bereits eine Gegendarstellung des Klägers zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen am 24.04.1997 veröffentlicht worden ist. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, daß es sich lediglich um eine persönliche Stellungnahme des Klägers handelt, nicht jedoch um ein Abrücken der Beklagten von ihren Behauptungen in dem Artikel vom 08.04.1997. Auch ist es grundsätzlich richtig, daß der presserechtliche Gegendarstellungsanspruch an sich den Anspruch auf Unterlassung, Widerruf und Berichtigung unberührt läßt (Staudinger-Schäfer, BGB-Komm., 12. Aufl., § 823, 249; OLG Köln, NJW 1973, 851 [OLG Köln 17.01.1973 - 2 U 97/72]).
Gleichwohl ist eine bereits erfolgte Gegendarstellung bei der Frage zu berücksichtigen, ob ein Widerruf noch erforderlich ist, um eine durch die unwahre Tatsachenbehauptung verursachte dauernde Störung zu beseitigen. Nach Ansicht der Kammer ist durch die bereits abgedruckte Gegendarstellung der beeinträchtigte Persönlichkeitsschutz des Klägers zumindest teilweise, wenn auch nicht ausreichend, bereits wiederhergestellt worden. Die Gegendarstellung ist an einer deutlich erkennbaren Stelle im oberen Bereich der Lokalseite der "..." umrandet mit einem schwarzen Kasten, veröffentlicht worden. Ein Widerruf der von den Beklagten abgegebenen unwahren Behauptungen ist danach nicht mehr notwendig, um den Persönlichkeitsschutz des Kläger wieder vollständig herzustellen, insbesondere wenn man berücksichtigt, daß die Interessen der Beklagten durch einen Widerruf erheblich tangiert würden.
Bei der Abwägung der Interessen und der Entscheidung, ob eine Veröffentlichtung des Unterlassungsurteils ausreicht, ist schließlich die Schwere der Vorwürfe gegen den Kläger zu berücksichtigen. Dabei ist auch der Gesamtzusammenhang, in dem die Tatsachenbehauptung der Beklagten im Artikel vom 08.04.1997 erschien, zu beachten. Vor dem relevanten Abschnitt des Artikels werden wiederholt Äußerungen von Vertretern der Stadt ... bzw. ... wiedergegeben. Auch nach dem Abschnitt mit den unwahren Behauptungen werden die Äußerungen des Stadtkämmerers ... und des ... wiedergegeben. Des weiteren heißt es einen Absatz weiter:
"...
Ob auch da etwas dran ist, ist allerdings offen. Denn das Gerücht ... weist ... zurück ... "Was da so geredet wird"."
Wenn auch nicht ausdrücklich, so ergibt sich jedoch aus dem Gesamtzusammenhang, daß es sich auch bei den unwahren Tatsachenbehauptungen der Beklagten bezüglich des Sparbuchs und der Finanzierung der Öffentlichkeitsarbeit des Klägers um die Wiedergabe von Gerüchten von Mitgliedern des Stadtrates der Stadt ... bzw. ... handelt. Insoweit ist den Beklagten lediglich der Vorwurf zu machen, daß diese Angaben unzureichend recherchiert und auf den ersten Blick als eigene Äußerungen dargestellt wurden, ohne sich von ihnen zu distanzieren (vgl. BGH NJW 1996, 1131; BGHZ 66, 189 [BGH 06.04.1976 - VI ZR 246/74]; Jauernig BGB-Komm., 5. Aufl., § 823, 5). Gleichwohl kommt die Kammer aufgrund des Gesamtzusammenhangs zu dem Schluß, daß die Vorwürfe gegen den Kläger nicht so erheblich sind, daß nur ein Widerruf seinen Persönlichkeitsschutz wiederherstellt.
Hinzu kommt, daß die Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 12.09.1997 den Anspruch des Klägers auf Unterlassung der Aufstellung und/oder Verbreitung dieser Behauptungen anerkannt haben. Damit haben die Beklagten zumindest gegenüber dem Kläger eingeräumt, daß sie nicht berechtigt sind, zukünftig solche Äußerungen zu wiederholen.
Allerdings hat der Kläger ein berechtigtes Interesse daran, daß diese Unterlassungsverpflichtung der Beklagten nicht nur ihm gegenüber persönlich in der mündlichen Verhandlung abgegeben wird, sondern ebenfalls veröffentlicht wird. Nur auf diese Weise kann das Interesse des Klägers an einer Wiederherstellung seines Persönlichkeitsschutzes völlig befriedigt werden.
Dieser Anspruch auf Veröffentlichung ist zunächst aus dem wettbewerblichen Bereich heraus entwickelt worden (vgl. § 23 Abs. 2 UWG). Inzwischen ist jedoch anerkannt, daß dieser Veröffentlichungsanspruch auch auf den außerwettbewerblichen Bereich des zivilrechtlichen Ehrenschutzes übertragen werden kann (BGHZ 99, 137 [BGH 25.11.1986 - VI ZR 57/86]). Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, daß die Veröffentlichung eines Unterlassungsurteils einem Widerruf angenähert ist und deshalb den gleichen strengen Anforderungen wie ein Widerruf ausgesetzt ist (BGH a.a.O., S. 138). Grundsätzlich kann eine solche Veröffentlichung eines Unterlassungsurteils deshalb nur dann verlangt werden, wenn die erhobenen Tatsachenbehauptungen erwiesenermaßen unwahr sind. Dies ist im vorliegenden Rechtsstreit der Fall (s.o.). Die Möglichkeit der Zuerkennung eines Anspruchs auf Veröffentlichtung eines Unterlassungsurteils ist nach Ansicht der Kammer auch bei Tatsachenbehauptungen gegeben (vgl. BGHZ 99, 139 [BGH 25.11.1986 - VI ZR 57/86]). Die Gefahr, daß die Beweislastschranke bei einem Widerrufsanspruch durch die Veröffentlichung eines Unterlassungsurteils übersprungen wird und dabei auf anderem Wege ein dem Widerruf gleiches Ergebnis erzielt wird, besteht im vorliegenden Fall aufgrund der festgestellten Unwahrheit der von dem Beklagten abgegebenen Behauptungen nicht.
Es ist zwar zuzugeben, daß möglicherweise bei einem unbefangenen flüchtigen Leser der Veröffentlichtung des Unterlassungsurteils der gleiche Eindruck entsteht, wie er auch bei einem Widerruf der Behauptungen entstehen würde. Diese Gefahr ist vom BGHallerdings als nicht gegeben angesehen worden. Nach seiner Ansicht spricht mehr dafür, daß sich für den juristisch nicht vorgebildeten unbefangenen Durchschnittsleser der Veröffentlichtung die Erklärung, eine rufschädigende Behauptung nicht mehr wiederholen zu wollen, in ihrem sachlichen Gehalt hinreichend deutlich von einem Widerruf entscheidet (BGHZ 99, 139 [BGH 25.11.1986 - VI ZR 57/86]). Im übrigen wären derartige Nachteile von den Beklagten hinzunehmen, nachdem sie die unwahren Behauptungen hinsichtlich des Klägers veröffentlicht haben. Im übrigen knüpft der Anspruch auf Veröffentlichung an dem von den Beklagten selbst veranlaßten Teilanerkenntnisurteil der Kammer vom 12.09.1997 an.
Zur Klarstellung wird darauf hingewiesen, daß der Inhalt des Teilanerkenntnisurteils der Kammer vom 12.09.1997 einschließlich des Rubrums mit einer hierauf hinweisenden fettgedruckten Überschrift an gleicher Stelle wie der Artikel der Beklagten vom 08.04.1997 zu veröffentlichen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92 Abs. 1, Abs. 2, 93 ZPO. Dabei war zu berücksichtigen, daß die Beklagten den Unterlassungsanspruch des Klägers durch ihren ersten im Rahmen des Vorverfahrens erfolgten Schriftsatz vom 07.07.1997 sofort anerkannt haben. Eine Veranlassung zur Klageerhebung bezüglich dieses Unterlassungsanspruchs haben die Beklagten nicht gegeben. Ein solcher Unterlassungsanspruch wurde im Rahmen der Vorkorrespondenz vom Kläger nicht geltend gemacht. Es ist unstreitig, daß dieser Anspruch ausdrücklich nicht begehrt wurde. Nach Ansicht der Kammer kann auch nicht angenommen werden, daß ein solcher Anspruch sinngemäß vom Kläger geigend gemacht wurde. Sämtliche vorgelegten Schreiben beziehen sich immer nur auf einen Widerruf der unwahren Behauptungen. Mit der Klageerhebung vom 04.06.1997 wurde damit ein völlig neuer Anspruch gegenüber den Beklagten erhoben.
Da der Unterlassungsanspruch mit 5.000,00 DM bewertet wurde, hatte eine entsprechende Kostenquotelung zu erfolgen.
Streitwertbeschluss:
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 20.000,00 DM festgesetzt
Den Wert des Streitgegenstandes hat die Kammer gemäß §§ 5, 12 Abs. 2 GKG insgesamt mit 20.000,00 DM festgesetzt, wobei der Widerrufsanspruch mit 15.000,00 DM bewertet wurde. Soweit dem Kläger statt des begehrten Widerrufs nur ein Veröffentlichtungsanspruch im Hinblick auf das Unterlassungsurteil zuerkannt wurde, hat die Kammer von einer weiteren Auferlegung der Kosten z.N. des Klägers abgesehen, da die Zuerkennung eines Anspruchs auf Widerruf der unwahren Behauptungen bzw. auf Veröffentlichtung des Unterlassungsanspruchs im Ermessen des Gerichts stand (§ 92 Abs. 2 ZPO).