Arbeitsgericht Hildesheim
Urt. v. 18.01.2007, Az.: 3 Ca 409/06
Bibliographie
- Gericht
- ArbG Hildesheim
- Datum
- 18.01.2007
- Aktenzeichen
- 3 Ca 409/06
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2007, 63119
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:ARBGHIL:2007:0118.3CA409.06.0A
Verfahrensgang
In dem Rechtsstreit
...
hat die 3. Kammer des Arbeitsgerichts Hildesheim auf die mündliche Verhandlung vom 21. Dezember 2006 durch ...
für Recht erkannt:
Tenor:
- 1.
Die Klage wird abgewiesen.
- 2.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
- 3.
Der Streitwert wird auf 4 703,60 Euro festgesetzt.
- 4.
Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt für die Zeit von April bis November 2006 Gehaltsnachzahlungen in Höhe von monatlich 106,90 Euro sowie die Feststellung, dass auch künftig ein derartiger Betrag zusätzlich zu der festgelegten Vergütung des Klägers zu zahlen sei.
Hintergrund des Zahlungsbegehrens ist die Frage, ob der dem Kläger auf Grundlage der früheren Regelung des § 29 B Abs. 2 Ziff. 3 BAT gezahlte Ortszuschlag der Stufe 2 in die Gehaltsneuberechnung auf Grundlage des zum 01.10.2005 in Kraft getretenen Tarifvertrages für den Öffentlichen Dienst einzubeziehen ist.
Der Kläger bezog unter der Geltung des BAT Ortszuschlag der Stufe 2 nach § 29 B Abs. 2 Ziff. 3 BAT. Die Zahlung des Ortszuschlages erfolgte aufgrund der Tatsache, dass der Kläger seinem aus seiner geschiedenen Ehe hervorgegangenen Sohn, der bei ihm lebt, unterhaltsverpflichtet ist. Zum 01.07.2005 trat der Sohn des Klägers seinen Grundwehrdienst, der bis Ende März 2006 dauerte, an. Mit dem 01.07.2005 entfiel daher auch die Zahlung des Ortszuschlages der Stufe 2. Nachdem im Herbst 2005 der TVöD zur Anwendung gelangte, musste unter Berücksichtigung des Tarifvertrages zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TvöD und zur Regelung des Übergangsrechts (im Nachfolgenden "TVÜ-VKA") eine Gehaltsneuberechnung für den Kläger vorgenommen werden. Bei der Festlegung des Gehaltes wurde wegen des bestehenden Grundwehrdienstes des Sohnes des Klägers der Kinderzuschlag nicht berücksichtigt. Ebenso wurde der Ortszuschlag von Stufe 2 auf Stufe 1 verringert. Ab dem 01.04.2006 wurde eine entsprechende Vergütung für den ursprünglichen Kinderzuschlag gemäß § 11 TVÜ-VKA wieder aufgenommen.
Mit seiner Leistungs- und Feststellungsklage wendet sich der Kläger dagegen, dass ihm eine dem ursprünglichen Ortszuschlag der Stufe 2 entsprechende Leistung mit Wirkung ab dem 01.04.2006 nicht wieder gewährt wurde.
Der Kläger ist der Auffassung, bei der Stufe 2 des Ortszuschlages gemäß § 29 BAT handele es sich um einen "kinderbezogenen Entgeltbestandteil" im Sinne von § 11 TVÜ-VKA. Den Ortszuschlag der Stufe 2 habe er nämlich nur deshalb erhalten, weil sein Kind bei ihm lebte und mithin eine Unterhaltsverpflichtung aus der Ehe hervorgegangen sei. Es handele sich daher bei der Stufe 2 des Ortszuschlages gemäß § 29 BAT um einen eindeutig kinderbezogenen Entgeltbestandteil. Im Übrigen stelle die Einstellung der Zahlung eine mittelbare Diskriminierung sowie einen Verstoß gegen Art. 3 GG dar.
Der Kläger beantragt,
- 1.
den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 855,20 Euro nebst 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszins seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
- 2.
festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, auch in Zukunft an den Kläger pro Monat weitere 106,90 Euro zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Auffassung, dem Kläger stehe ein Anspruch aus § 11 TVÜ-VKA auf Berücksichtigung des Ortszuschlages Stufe 2 bei der Berechnung des Vergleichsentgeltes nach § 5 TVÜ-VKA und der Nach- und Weiterzahlung des Differenzbetrages nicht zu. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass familienbezogene Entgeltbestandteile im TVöD nicht mehr vorgesehen seien, sei im Rahmen der Überleitung geregelt worden, dass der Ortszuschlag bezogen auf die Stufe 1 und die Stufe 2 Bestandteil der Berechnung zur Bildung des Vergleichsentgeltes (§ 5 TVÜ-VKA) würden, während der kinderbezogene Anteil am Ortszuschlag (§ 29 BAT) ab Stufe 3 ff. im Wege der Bestandsschutzregelung weiter gewährt werde.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist hinsichtlich des Zahlungsantrages zulässig, jedoch unbegründet. Bezüglich des Feststellungsantrages ist sie sowohl unzulässig als auch unbegründet.
I.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung von monatlich 106,90 Euro für die Zeit von April bis November 2006.
1.
Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich nicht aus § 11 TVÜ-VKA. Entgegen der Auffassung des Klägers erfasst der Begriff des "kinderbezogenen Entgeltbestandteiles" im Sinne von § 11 nicht den ursprünglich auf Grundlage des § 29 B Abs. 2 Nr. 3 BAT gezahlten Ortzuschlag der Stufe 2.
Familienbezogene Entgeltbestandteile sind im TVöD nicht mehr vorgesehen. Das Entgeltvolumen des Ehegattenbestandteils im Ortszuschlag - Stufe 2 - ist in die Tabelle des TVöD eingeflossen. Beim Vergleichsentgelt wird daher grundsätzlich der individuell zustehende Ortszuschlag der Stufe 1 oder 2 zum Stand September 2005 berücksichtigt. Hingegen fließt der kindbezogene Anteil des Ortszuschlages (Stufe 3 und weitere Stufen) einschließlich der Kindererhöhungsbeträge nicht in das Vergleichsentgelt ein, sondern wird nach § 11 TVÜ-VKA als dynamische Besitzstandszulage gezahlt (vgl. Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TVöD Band 3 § 4 Rdnr. 45 und 48).
Da es vorliegend um den Ortszuschlag der Stufe 2 geht, konnte dieser im Rahmen der Neuberechnung der Vergütung des Klägers nicht gemäß § 11 TVÜ-VKA Berücksichtigung finden.
2.
Eine Einbeziehung des ursprünglich auf Grundlage des BAT gezahlten Ortszuschlages in das Vergleichsentgelt lässt sich auch nicht aus § 5 Abs. 2 herleiten. Wie bereits oben ausgeführt, zählt zwar gemäß § 5 Abs. 2 TVÜ-VKA auch der Ortszuschlag der Stufe 2 zum Vergleichsentgelt. Voraussetzung ist jedoch, dass im September 2005 ein Anspruch auf den Ortszuschlag der Stufe 2 bestanden hat. Hat ein solcher Anspruch im September 2005 - gleich aus welchem Grund - nicht bestanden, so kann lediglich der Ortszuschlag der Stufe 1 in das Vergleichsentgelt eingerechnet werden. Änderungen im Familienstand nach dem 30.09.2005 wirken sich auf die Höhe des Vergleichsentgelts nicht mehr aus. Da der Kläger zum maßgeblichen Stichtagszeitpunkt keinen Ortszuschlag der Stufe 2 erhielt, konnte dieser auch nicht in das Vergleichsentgelt einfließen.
3.
Anhaltspunkte für eine mittelbare Diskriminierung des Klägers bzw. ein Verstoß gegen Art. 3 GG sind nicht ersichtlich.
II.
Der Feststellungsantrag (Antrag zu Ziffer 2.) ist unzulässig, da er nicht hinreichend bestimmt im Sinne von § 253 ZPO ist. Darüber hinaus ist er aus den unter I. genannten Gründen auch unbegründet.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 ZPO, 46 Abs. 2 ArbGG.
Streitwertbeschluss:
Der Streitwert, der gemäß § 61 ArbGG im Urteil festzusetzen ist, bemisst sich bezüglich des Zahlungsantrages nach dem Wert der eingeklagten Forderung und war bezüglich des Feststellungsantrages mit dem 36-fachen Betrag der monatlichen Vergütungsdifferenz (109,90 Euro × 36 = 3 848,40 Euro) zu bewerten.