Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 27.01.2022, Az.: 2 A 226/18

Aufwandsteuer; Jagdsteuer; Verwaltungsaufwand

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
27.01.2022
Aktenzeichen
2 A 226/18
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2022, 59870
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Jagdsteuern sind als örtliche Aufwandsteuern rechtmäßig
2. Die durch den Landkreis dadurch eingesparten Kosten, dass die Jagdausübungsberechtigten verunfalltes Wild ordnungsgemäß entsorgen, steigert nicht die Kosten für den Verwaltungsaufwand bei der Erhebung der Steuer. Es gibt keinen Zusammenhang zwischen der Besteuerung aufgrund besonderer Leistungsfähigkeit auf der einen Seite und der Ersparnis bei Wildunfällen auf der anderen Seite

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich dagegen, Jagdsteuer zahlen zu müssen.

Der Kläger ist Pächter des Jagdreviers Groß D.. Die Pacht beläuft sich auf 8.000,- EUR pro Jahr.

Mit Bescheid vom 24. Mai 2018 wurde der Kläger von der Samtgemeinde E. (F.), handelnd im Auftrag des Beklagten, zur Zahlung der Jagdsteuer in Höhe von 1.600,- EUR herangezogen. Es wurde dabei eine Steuerhöhe von 20 % auf die jährliche Jagdpacht zugrunde gelegt.

Der Kläger hat hiergegen am 18. Juni 2018 Klage erhoben.

Er trägt vor, die Erhebung der Jagdsteuer sei nicht gerechtfertigt, weil der damit verbundene zusätzliche Verwaltungsaufwand die Erhebung der Steuer nicht rechtfertige. Auch wenn es sich um eine grundsätzlich zulässige Aufwandsteuer handele, rechtfertige der zusätzliche Verwaltungsaufwand die Jagdsteuer nicht, da diese Kosten höher seien als die Einnahmen aus der Jagdsteuer. Sämtliches Wild, das bei Wildunfällen zu Schaden komme und den öffentlichen Straßenraum belege, werde - ohne dass es eine Rechtspflicht hierfür gebe - von den Jagdpächtern entsorgt, obwohl dies Aufgabe des Beklagten wäre. Allein die Kosten durch die Wildbeseitigung würde die Einnahmen aus der Jagdsteuer bei weitem überwiegen. Der Beklagte könne infolge der Weitläufigkeit des Landkreises diese Aufgabe gar nicht bewältigen. Es gehe nicht an, dass die Kommunen einerseits ihrer Aufgabenpflicht nicht nachkämen, andererseits aber dem Jagdausübungsberechtigten, der den Kommunen die Aufgabe abnehme, auch noch mit Belegung von Jagdsteuern bestraft werde und zwar in einer Höhe, die in keiner Weise gerechtfertigt sei. Bei den rund 600 Wildunfälle pro Jahr im Landkreis fielen bei einem Durchschnittsbetrag von 300,- EUR für die Entsorgung pro Stück Kosten von 180.000,- EUR an, die der Beklagte aufzuwenden hätte, wenn er seinen Pflichten nachkommen würde. Zusätzlich entstehe dem Beklagten nach eigenem Vorbringen ein Verwaltungsaufwand von 16.800,- EUR für die Erhebung der Jagdsteuer, weshalb der Erlös in Höhe von 185.000,- EUR niedriger sei als der Aufwand. Aus diesem Grund hätten viele Landkreise zwischenzeitlich auf die Erhebung einer Jagdsteuer verzichtet.

Der Kläger beantragt schriftsätzlich,

den Jagdsteuerbescheid der Beklagten vom 24. Mai 2018 auszuheben,

hilfsweise, die mit Bescheid vom 24. Mai 2018 festgesetzte Jagdsteuer von 1.600,- EUR auf 400,- EUR herabzusetzen.

Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,

die Klage abzuweisen.

Er trägt vor, der Steuerbescheid entspreche den satzungsrechtlichen Vorgaben. Sie stelle eine örtliche Aufwandsteuer dar. Die Jagdausübung bringe eine besondere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Ausdruck. Das Aneignungsrecht für verunfalltes Wild ergebe sich aus § 8 NJagdG, wobei hieraus keine Pflicht des Jägers folge. Die Zuständigkeit des Straßenbaulastträgers, im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht eine ordnungsgemäße Entsorgung des Wildes sicherzustellen, ergebe sich bereits aus dem Straßenrecht und habe mit der Erhebung der Jagdsteuer nichts zu tun. Der Verwaltungsaufwand für die Erhebung der Jagdsteuer betrage 16.800,- EUR, dem Einnahmen in Höhe von ca. 185.000,- EUR durch die Jagdsteuer gegenüberstehe. Auch die Höhe der Steuer sei rechtmäßig.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage, über die der Einzelrichter mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte (§ 101 Abs. 2 VwGO), hat keinen Erfolg.

Die zulässige Klage ist sowohl mit ihrem Hauptantrag als auch mit ihrem Hilfsantrag unbegründet.

Der Bescheid der Samtgemeinde E. (F.) vom 24. Mai 2018 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Die Klage ist richtigerweise gegen den Beklagten gerichtet, der zwar nach § 1 der Zweckvereinbarung über die Wahrnehmung der Aufgaben der Jagdsteuer durch die Samtgemeinde E. (F.) die Aufgabe der Jagdsteuer auf diese übertragen hat, zugleich aber für das Aufgabenfeld der außergerichtlichen Einigung und des Klageverfahrens zuständig geblieben ist.

Rechtsgrundlage für den Bescheid ist § 1 der Jagdsteuersatzung des Beklagten vom 15. März 2018. Danach ist Gegenstand der Steuer die Ausübung des Jagdrechts auf Grundstücken eines im Kreisgebiet liegenden Jagdbezirks. Nach § 2 Nr. 1 der Jagdsteuersatzung ist steuerpflichtig, wer das Jagdrecht ausübt. Die Besteuerungsgrundlage ist der Jagdwert, wobei bei verpachteten Jagden als Jagdwert der vom Pächter aufgrund des Pachtvertrages für das Pachtjahr zu entrichtende Pachtpreis gilt (§ 3 der Jagdsteuersatzung). Die Höhe der Steuer beträgt gemäß § 6 der Jagdsteuersatzung 20 Prozent des Jagdwerts.

Die Jagdsteuersatzung verstößt nicht gegen höherrangiges Recht. Jagdsteuern sind grundsätzlich als örtliche Aufwandsteuern zulässig. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 NKAG können Gemeinden und Landkreise Steuern erheben. § 3 Abs. 2 Satz 1 konkretisiert, dass die Jagdsteuer von Landkreisen und kreisfreien Städten erhoben werden kann. Jagdsteuern sind Aufwandsteuern i.S.d. Art. 105 Abs. 2a GG. Aufwandsteuern sind Steuern auf die in der Vermögens- oder Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende, über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgehende besondere Konsumfähigkeit des Steuerpflichtigen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.08.1989 - 2 BvR 1532/88 - NVwZ 1989, 1152; BVerwG, Beschl. v. 29.01.2009 - 9 BN 2.08 -, juris Rn. 4 m.w.N.). Die Ausübung des Jagdrechts drückt eine solche besondere Konsumfähigkeit aus (BVerwG, Urt. v. 18.01.1991 - 8 C 24.89 - Buchholz 401.66 Jagdsteuer Nr. 5; Beschl. v. 29.01.2009 - 9 BN 2.08 -, juris Rn. 4). Sie kann danach Gegenstand der Aufwandbesteuerung sein, da sie über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgeht und die Verwendung finanzieller Mittel unabhängig davon erfordert, ob der Jagdausübungsberechtigte eine Eigenjagd erworben oder einen Jagdbezirk gepachtet hat. Ein die Steuererhebung rechtfertigender Aufwand kann auch darin liegen, dass auf eine Verpachtung der Jagd und die dadurch erzielbaren Einkünfte verzichtet wird. Das rechtfertigt es, in der Regel jeden, dem das Recht zur Ausübung der Jagd zusteht, mit der Jagdsteuer zu belasten (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.11.2017 - 9 C 14.16 -, juris Rn. 12)

Die mit der Jagdausübung regelmäßig verbundene Übernahme der Aufgabe, verunfalltes Wild zu bergen und zu entsorgen, ändert nichts daran, dass die Ausübung des Jagdrechts als „Freizeitbeschäftigung“ dem Bereich persönlicher Lebensführung zuzuordnen ist und regelmäßig einen besonderen Aufwand voraussetzt, der über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgeht (vgl. auch BVerwG, Beschl. v. 29.01.2009 - 9 BN 2.08 -, juris Rn. 5 zur Bedeutung der Pflicht des Jagdberechtigten zur Hege).

Entgegen der Auffassung des Klägers übersteigt der Verwaltungsaufwand für die Erhebung der Jagdsteuer nicht den Ertrag durch die Jagdsteuer. Wie der Beklagte durch Vorlage der Auszüge aus der Finanzbuchhaltung dargelegt hat, wird der Verwaltungsaufwand gegenüber den Gemeinden mit 16.800,- EUR vergütet, wohingegen die Einnahmen jedenfalls mehr als 180.000,- EUR betragen, mithin mehr als das Zehnfache des Verwaltungsaufwands. An diesen Summen bestehen für den Einzelrichter keine durchgreifenden Zweifel. Die vom Beklagten dadurch eingesparten Kosten, dass die Jagdausübungsberechtigten zu großen Teilen von ihrem Recht aus § 8 Abs. 1 NJagdG zur Aneignung von verunfalltem Wild Gebrauch machen, sind hingegen nicht dem Verwaltungsaufwand hinzuzurechnen. Ein Zusammenhang zwischen der Erhebung der Jagdsteuer aufgrund der besonderen Konsumfähigkeit des Steuerpflichtigen auf der einen Seite und der Ersparnis des Beklagten bei der ordnungsgemäßen Entsorgung des Wildes auf der anderen Seite liegt nicht vor. Entsprechend ist diese Einsparung auch nicht dem Verwaltungsaufwand des Beklagten hinzuzurechnen. Die Einnahmen aus der Jagdsteuer übersteigen die Kosten somit deutlich.

Die Höhe der vom Kläger zu bezahlenden Jagdsteuer entspricht § 6 der Jagdsteuersatzung und ist rechtmäßig.

Da der Bescheid vom 24. Mai 2018 rechtmäßig ist, hat auch der Hilfsantrag, gerichtet auf Herabsetzung der Jagdsteuer, keinen Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Berufung gemäß § 124 a Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO durch das Verwaltungsgericht liegen nicht vor.