Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 21.01.1993, Az.: 7 K 1/90
Teilgenehmigung; Konditionierungsanlage; Gorleben; Geltungsbereich des Atomgesetzes; DDR; Zwischenlager; Nukelarenergie; Klagebefugnis
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 21.01.1993
- Aktenzeichen
- 7 K 1/90
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1993, 13680
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:1993:0121.7K1.90.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BVerwG - 05.08.1993 - AZ: 7 B 112/93
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu je 1/9.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe des festgesetzten Kostenerstattungsbetrages abwenden, wenn nicht zuvor der jeweilige Vollstreckungsgläubiger Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Kläger wenden sich gegen die der Vorgängerin der Beigeladenen zu 1) und die der Beigeladenen zu 2) erteilte "1. atomrechtliche Teilgenehmigung zur Errichtung der Pilot-Konditionierungsanlage Gorleben - 1. TG PKA Gorleben -" vom 30. Januar 1990.
Unter dem 30. April 1986 beantragte die Vorgängerin der Beigeladenen zu 1), die Deutsche Gesellschaft zur Wiederaufarbeitung von Kernbrennstoffen mbH (DWK), die atomrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb der zuvor bezeichneten Anlage auf einem 3,5 ha großen Areal der Flur 6, Flurstück 6/3 in Gorleben. Diesem Antrag trat die Beigeladene zu 2), eine inzwischen 100 %ige Tochter der Beigeladenen zu 1), mit Schreiben vom 4. Dezember 1987 bei. Unter dem 8. Dezember 1987 beantragte die DWK, von dem Vorhaben in einer ersten Teilgenehmigung den Rohbau (Konditionierungs-, Stromversorgungs- und Versorgungsgebäude einschließlich der rohbauabhängigen Bauteile und Komponenten), das Auffangbecken für Niederschlagswasser sowie den Zaun und die äußere Umschließung einschließlich Ringstraße und Beleuchtung zu genehmigen. Die angestrebten späteren weiteren Teilgenehmigungen sollen die Errichtung der Systeme und Komponenten in den Gebäuden sowie den Betrieb betreffen.
Die für die Errichtung vorgesehene Grundstücksfläche war ursprünglich Eigentum der DWK. Inzwischen ist die Beigeladene zu 2) Eigentümerin. Die Fläche liegt etwa 2 km südwestlich des Ortes Gorleben; östlich grenzt das Grundstück direkt an das Betriebsgelände des Zwischenlagers Gorleben für abgebrannte Brennelemente und schwach radioaktive Abfälle. Die PKA soll in dessen Umzäunung eingeschlossen werden. Etwa 1 km weiter südöstlich liegt das Schachtgelände des Erkundungsbergwerkes Gorleben. Der für die PKA vorgesehene Standort befindet sich in einem überwiegend waldbestandenen Gelände rd. 2 km südlich der Elbe. Der Nahbereich ist unbewohnt. Er wird fast ausschließlich land- und forstwirtschaftlich genutzt. Nächste Ortschaft ist Gorleben mit etwa 700 Einwohnern.
Die geplante Anlage besteht aus den zuvor genannten Gebäuden sowie den ebenfalls bereits aufgeführten Infrastruktureinrichtungen. Herzstück ist das Konditionierungsgebäude. In ihm sollen alle Tätigkeiten konzentriert werden, die mit der Konditionierung, d.h. dem dauerhaften lagergerechten "Verpacken" der angelieferten radioaktiven Materialien, zu tun haben. Es besteht seinerseits aus einem Behälter-, Zellen- und Versorgungs- bzw. Sozialtrakt. Der Behältertrakt enthält vor allem die Lkw-Schleuse und die Behälterhalle mit den Abstellplätzen und Einrichtungen für Behälter, die nach Anlieferung zur Entladung und nach Beladung zum Abtransport vorbereitet werden. Im Zellentrakt sind Entlade-, Belade- und Zerlegezellen angeordnet. Unterhalb der letzteren ist die Abfallbehandlungszelle vorgesehen. Innerhalb der Entlade- und Beladezelle sind die Pufferlager 1 und 2 angeordnet, in welchen die eingehenden Produkte vor ihrer Konditionierung und die ausgehenden Produkte vor der abschließenden Verpackung betrieblich zwischengelagert werden können. Um die Zellen herum liegen die Bedienungsräume. Der Zellentrakt ist zum Ein- und Ausschleusen der Behälter über zwei Transportkanäle mit dem Behältertrakt verbunden. Im oberen Bereich in unmittelbarer Nähe zum Fortluftkamin ist eine Abluftfilteranlage vorgesehen. Im Versorgungstrakt befinden sich vor allem der Kontrollbereichszugang mit Zuluftanlage sowie die Warte- und Hygieneräume.
Die PKA soll vorrangig dazu dienen, abgebrannte Leichtwasserreaktoren - Brennelemente, für die eine Wiederaufarbeitung technisch nicht möglich oder wirtschaftlich nicht sinnvoll erscheint, so herzurichten, daß die entstehenden Gebinde für die Zwischenlagerung und eine spätere direkte Endlagerung ohne Wiederaufarbeitung geeignet sind.
Dafür sollen die Brennelemente, ggf. nach Zwischenlagerung im Pufferlager 1, in der Zerlegezelle fernhantiert zerlegt werden. Die Brennstäbe werden in dichter Packung in Büchsen eingefüllt. Diese werden dann, ggf. nach Zwischenlagerung im Pufferlager 2, über die Beladezelle in einen sog. Pollux-Behälter verpackt. Gleichfalls darin verpackt werden Brennelementstrukturteile, nachdem sie gepreßt und in einen Korb eingefüllt worden sind. Ein Pollux-Behälter nimmt die Brennstäbe von acht Brennelementen in vier Büchsen samt der kompaktierten Strukturteile dieser Elemente auf. Der beladene Behälter wird dann in der Behälterhalle dicht verschweißt.
Alternativ ist das Verfahren der Konditionierung in sog. Pollux-Kokillen vorgesehen. Dafür werden die Brennstäbe in der Zerlegezelle zerschnitten und in eine Kokille gefüllt, die Abschnitte von etwa einem halben Brennelement faßt. Die Kokille wird mit einem Schweißdeckel dicht verschlossen, bevor sie, ggf. nach Zwischenlagerung, über die Beladezelle in einen Zwischenlagerbehälter verpackt wird. Die kompaktierten Strukturteile werden hier in separate Abfallgebinde konditioniert.
Neben der Konditionierung von LWR-Brennelementen ist weiter vorgesehen, - kugelförmige - Brennelemente aus Hochtemperaturreaktoren, Sonderelemente aus Brutreaktoren und sonstige Kernbauteile für eine spätere eventuelle Endlagerung ohne Behandlung zu konditionieren. Außerdem beabsichtigen die Beigeladenen, radioaktive Abfälle verschiedener Art (z.B. HAW-Glaskokillen, bituminierte und zementierte Abfallgebinde, Flüssigabfälle) so zu behandeln, daß sie für eine Zwischen- und/oder Endlagerung geeignet sind.
Die gesamte Abluft des Kontrollbereichs wird nach der Planung über einen Kamin abgeleitet, wobei die Abluft aus evtl. kontaminierten Räumen über Fortluftfilter und die Zellenabluft zusätzlich über die in den Zellen angeordneten Schwebstoffilter geführt wird.
Die eigenen festen Betriebsabfälle sollen zentral im Untergeschoß des Behältertrakts gesammelt, sortiert und in Trommeln verpackt werden, um sie in einem Lagerraum intern zwischenzulagern. Die in der Anlage konditionierten Gebinde sollen außerhalb der Anlage zwischen- und später endgelagert werden. Lagermöglichkeiten sind von den Anlieferern im vorhinein nachzuweisen.
Kontaminiertes Betriebswasser soll je nach Aktivitätskonzentration über eine Leitung in die Elbe geführt oder einem Abwasserverdampfer zugeführt werden, dessen Konzentrat seinerseits als radioaktiver Abfall konditioniert und entsorgt werden soll.
Alle - niedersächsischen - Behörden, deren Zuständigkeitsbereich durch das Vorhaben berührt wird, wurden von April 1987 an und nach einer Überarbeitung des Sicherheitsberichts nochmals von Januar bis September 1988 am Genehmigungsverfahren beteiligt. Grundsätzliche Bedenken erhoben sie nicht.
Die öffentliche Bekanntmachung des Vorhabens erfolgte im Niedersächsischen Ministerialblatt vom 7. Januar 1988 (S. 14) sowie in den Ausgaben örtlicher Tageszeitungen Lüchows, Uelzens und Lüneburgs vom 7. Januar 1988.
Genehmigungsantrag, Sicherheitsbericht und Anlagenkurzbeschreibung wurden ankündigungsgemäß vom 18. Januar 1988 bis 17. März 1988 beim Beklagten, dem Landkreis Lüchow-Dannenberg, der Samtgemeinde Gartow und der Gemeinde Gorleben zur Einsicht ausgelegt. Während der Auslegungsfrist wurden von etwa 12.500 Bürgern, darunter von den Klägern zu 1) bis 5) mit Schreiben vom 9. März 1988, Einwendungen erhoben, welche nach öffentlicher Bekanntmachung des Termins vom 25. Mai bis 2. Juni 1988 im Gartower "Haus des Gastes" erörtet worden sind.
Nach der politischen Wende in der ehemaligen DDR im Herbst 1989 ließen die dort wohnhaften Kläger zu 6) bis 9) beim Antragsgegner mit Schreiben vom 12. Januar 1990 beantragen, das Bürgerbeteiligungsverfahren nach §§ 4 f. der Atomrechtlichen Verfahrensverordnung - AtVfV - wiederaufzunehmen, insbesondere die Unterlagen für die Bürger der DDR neu auszulegen, ihnen Gelegenheit zur Erhebung von Einwendungen zu geben und für sie einen (neuen) Erörterungstermin anzusetzen. Sie seien aus den bekannten politischen Gründen bisher gehindert gewesen, am Öffentlichkeitsverfahren im Jahre 1988 teilzunehmen. Das habe sich nunmehr geändert. Vorsorglich erhöben sie die gleichen Einwendungen wie die Kläger zu 1) bis 5).
Diesen Antrag lehnte der Beklagte durch gesonderten Bescheid vom 30. Januar 1990 sowie im Genehmigungsbescheid ab, soweit ein ergänzendes vollständiges Öffentlichkeitsbeteiligungsverfahren beantragt worden war. Was das Begehren anbelange, die Unterlagen, aus denen die möglichen Auswirkungen der Anlage zu ersehen seien, auch für die damaligen DDR-Bürger auszulegen, so habe er diesem Begehren bereits dadurch entsprochen, daß er diesen ab Dezember 1989 die Einsichtnahme in den Sicherheitsbericht und die Anlagenkurzbeschreibung in Gorleben ermöglicht und dies öffentlich bekanntgemacht habe. Der Sicherheitsbericht werde auch im Rahmen der Auslegung der 1. Teilerrichtungsgenehmigung mit ausgelegt und dies im Gebiet der DDR nach den gegebenen Möglichkeiten bekanntgemacht werden. Eine vollständige neue Öffentlichkeitsbeteiligung halte er für nicht erforderlich, weil entscheidungserhebliche Gesichtspunkte in bezug auf DDR-Einwohner, welche wegen der größeren Entfernung von der Anlage notwendig geringer als die näher wohnenden und beteiligten Bundesbürger belastet würden, nach gegenwärtigem Erkenntnisstand nicht zu erwarten seien.
Mit Bescheid vom 30. Januar 1990 erteilte der Beklagte der DWK und der Beigeladenen zu 2) unter zahlreichen Auflagen und "Hinweisen" sowie unter Zurückweisung der gegen die Anlage als solche gerichteten Einwendungen Dritter die "1. atomrechtliche Teilgenehmigung (1. TG) zur Errichtung der Pilot-Konditionierungsanlage Gorleben (PKA) - mit folgendem Umfang: "Errichtung folgender Bauwerke und Anlagenteile: (1) Umschließungen (Erdwall und äußerer Zaun); (2) Erdungs- und Blitzschutzanlage; (3) Rohbaustromversorgungsgebäude; (4) Rohbauversorgungsgebäude; (5) Rohbaukonditionierungsgebäude; (6) bauseitig einzubringende Anlagenteile (Abschließungen, Zellenauskleidungen, Strahlenschutzfenster und sonstige bauseitige Anlagenteile)". Zur "Abgrenzung" (1.2) heißt es: "Diese Genehmigung beinhaltet die Feststellung der Eignung des Standortes sowie ein vorläufiges positives Urteil im Hinblick auf die Errichtung und den Betrieb der gesamten Anlage. Die Genehmigung umfaßt für die genehmigten Bauwerke nicht den Einbau verfahrens-, maschinen- oder elektrotechnischer Systeme und Komponenten; sie berechtigt nicht zum Umgang mit Kernbrennstoffen und sonstigen radioaktiven Stoffen". Hinweis "1.2" hebt hervor, daß die Festsetzung zulässiger Ableitungen radioaktiver Stoffe an die Umgebung Gegenstand einer künftigen Teilgenehmigung sein werde.
Ebenfalls unter dem 30. Januar 1990 erteilte der Landkreis Lüchow-Dannenberg der DWK und der Beigeladenen zu 2) die Baugenehmigung zur Errichtung der geplanten baulichen Anlagen. Diese ist in ihrem Bestand an die atomrechtliche Genehmigung gekoppelt (auflösende Bedingung).
Beigeladene und Beklagte rechnen mit einer Gesamterrichtungszeit für die Anlage von etwa fünf Jahren, wobei für die Errichtung der mit der 1. Teilgenehmigung gestatteten Bauten 22 Monate veranschlagt worden sind. Für die Montage der Inneneinrichtungen und die Funktionsprüfung ist eine zweite, für die "heiße Inbetriebnahme" eine dritte Teilgenehmigung vorgesehen.
Die Kläger haben am 2. Februar 1990 gegen die atomrechtliche Genehmigung Klage erhoben.
Der im 8,5 km entfernten Gartow wohnhafte Kläger zu 1) ist Eigentümer von Wald- und Ackerflächen in der Nachbarschaft der geplanten Anlage. Letzteres gilt auch für die Kläger zu 2) und zu 4), die im 4 km entfernten Trebel wohnen. Der Kläger zu 3) lebt in Höhbeck-Pevestorf, das 8 km entfernt liegt. Er stellt Säfte aus Früchten her, die nach seiner Angabe "zum Teil in der Nähe der Anlage" angebaut werden. Der Kläger zu 5), wohnhaft im 1,5 km entfernten Gorleben, betreibt Fischfang in der Elbe, die - grob gesehen - hier in West-Ost-Richtung 2 km entfernt vorbeifließt. Die Klägerin zu 6) wohnt jeseits der Elbe im 11 km entfernten Lenzen/Mecklenburg-Vorpommern. Der Kläger zu 7) ist Pfarrer in Salzwedel/Sachsen-Anhalt, das 24 km entfernt liegt. Die Klägerin zu 8) ist seine (minderjährige) Tochter. Der Wohnsitz der Klägerin zu 9) ist ebenfalls Salzwedel.
Alle Kläger sind der Auffassung, der Betrieb der geplanten PKA werde für sie unkalkulierbare Gefahren mit sich bringen.
Speziell die in den nunmehr neuen Bundesländern wohnhaften Kläger rügen, daß die Genehmigung ihnen gegenüber schon deshalb rechtswidrig sei, weil der Beklagte für sie nicht das förmliche atomverfahrensrechtliche Beteiligungsverfahren durchgeführt habe, obgleich sie nach der Öffnung der Grenze im Herbst 1989 daran hätten teilnehmen können und dies auch beantragt hätten.
Zumindest nach Abschluß des Einigungsvertrages vom 31. August 1990 sei die Nachholung der Öffentlichkeitsbeteiligung für die Bewohner des angrenzenden Gebietes der ehemaligen DDR möglich und erforderlich gewesen. Eine solche habe auch im nachhinein nicht mit der Erwägung abgelehnt werden dürfen, sie, die Kläger zu 6) bis 9), hätten keine begründeten Einwendungen erhoben. So habe der Beklagte die Auswirkungen der Anlage auf das benachbarte Gebiet der ehemaligen DDR in rechtswidriger Weise gänzlich unberücksichtigt gelassen. Inhaltlich erhöben sie die gleichen Einwendungen wie die übrigen Kläger dieses Verfahrens.
Diese tragen im wesentlichen vor: Einen Anlagentyp "Pilotkonditionierungsanlage" kenne das Atomgesetz nicht. Soweit die Konzeption, welche dieser Anlage zugrunde liege, erkennbar sei, werde sie vom Atomgesetz - AtG - auch nicht gedeckt.
Darüber hinaus sei sie auch aus zahlreichen anderen Gründen rechtswidrig.
Zunächst sei die gebotene Prüfung der Umweltverträglichkeit nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung vom 12. Februar 1990 nicht durchgeführt worden. Wegen des gestuften Genehmigungsverfahrens sei dieses Gesetz hier rückwirkend anzuwenden. Zumindest habe eine Umweltverträglichkeitsstudie in direkter Anwendung der Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 27. Juni 1985 (85/337/EWG) durchgeführt werden müssen, nachdem diese in Deutschland nicht, wie vorgesehen, innerhalb von drei Jahren in positives nationales Recht umgewandelt worden sei. Da die Umweltverträglichkeitsprüfung die Bewertung der Auswirkungen des Vorhabens u.a. auf Menschen, Pflanzen, Luft, Boden und Wasser vorsehe, verleihe sie ihnen, den Klägern, auch eine klagefähige Rechtsposition. So reichten die Eingriffe in den Wald von einer bloßen Verscheuchung des Wildes zur Anreicherung von radioaktiven Stoffen in Waldpflanzen oder Waldtieren. In gleicher Weise könne die Landwirtschaft betroffen sein. Die Fischwirtschaft könne durch die Ableitung von Abwässern in die Elbe gestört werden.
Die Genehmigung lasse weiterhin für die Sicherheit der Umgebungsbevölkerung wesentliche Regelungen vermissen. So seien etwa die seismologischen Untersuchungen unzureichend. Angesichts der tektonischen Brüche im Untergrund und dessen Verkarstung seien die Intensität möglicher Erdbeben und die Einbruchsgefahr des Bodens (Erdfall) höher als von dem Sachverständigen des Beklagten angenommen. Das ergebe sich aus einer von Grimmel im Juni 1991 zum Zwischenlager Gorleben abgegebenen Stellungnahme.
Auch im Hinblick auf Flugzeugabstürze seien die Ermittlungen unzureichend durchgeführt worden. Das insoweit zugrundeliegende Gutachten gehe davon aus, daß wegen der damaligen Nähe der DDR-Grenze kaum Flugverkehr stattfinde. Inzwischen liege die geplante Anlage aber in einem militärischen Tieffluggebiet, so daß die Grundannahmen des Gutachtens über die Wahrscheinlichkeit von Abstürzen unzutreffend (geworden) seien. Entsprechendes gelte für andere Auswirkungen der Grenzöffnung, insbesondere die erhebliche Zunahme des Verkehrs. All dies habe einer Nachermittlung bedurft, die nicht vorgenommen worden sei. Diese Auswirkungen seien auch schon vor der Erteilung der angefochtenen Genehmigung teilweise eingetreten oder doch absehbar gewesen. Die in der Genehmigung ausgesprochene und aufrechterhaltene definitive Standortbilligung hätte insoweit einer neuen Bewertung unterzogen werden müssen.
Die Genehmigung sei schließlich auch deshalb rechtswidrig, weil ihre Festsetzungen das für eine erste Teilgenehmigung erforderliche "vorläufige positive Gesamturteil" im Hinblick auf einen sicheren Betrieb nicht zuließen. Das Vorhaben der Beigeladenen lasse bisher kein schlüssiges Konzept erkennen. Weder würden die verschiedenen Arten der Konditionierung hinreichend beschrieben noch werde deren Umfang oder deren Verhältnis zueinander dargelegt. Die Durchschnittsangabe von 35 t Schwermetall pro Jahr sei ohne Aussagewert, weil damit nichts über die Aktivitätshöhen der bearbeiteten Abfälle ausgesagt werde. Die Antragsunterlagen enthielten keine Kenngrößen zum Aktivitätsinventar. Entsprechendes gelte für den Verbleib der konditionierten Abfallgebinde und evtl. neu anfallender Abfälle. Das alles sei auch mit dem Bestimmtheitsgebot nicht vereinbar. Die Regelung derartig wesentlicher Frage dürfe nicht (erst) in spätere Teilgenehmigungsverfahren verwiesen werden.
Schließlich lasse die unmittelbare Nachbarschaft der geplanten Anlage zu dem Zwischenlager für abgebrannte Brennelemente eine räumliche Enge entstehen, die Zweifel nähre, ob bei der Anlieferung und Handhabung der immerhin 8 m langen Brennelemente noch ein sicheres Arbeiten möglich sei.
Mit einer "1. Änderungsgenehmigung" vom 30. März 1990 hat der Beklagte mit Wirkung vom 1. April 1990 den Eintritt der nunmehrigen Beigeladenen zu 1) in die sich aus der 1. TG PKA Gorleben ergebenden Rechte und Pflichten der DWK unter gleichzeitigem Ausscheiden dieser Gesellschaft als Mitgenehmigungsinhaberin genehmigt. Dieser Inhaberwechsel ist bereits in der 1. Teilgenehmigung, S. 93, angekündigt.
Die Kläger beantragen,
die erste atomrechtliche Teilgenehmigung zur Errichtung der Pilotkonditionierungsanlage Gorleben vom 30. Januar 1990 in der Fassung der ersten Änderungsgenehmigung vom 30. März 1990 aufzuheben,
hilfsweise,
das Verfahren nach § 94 VwGO auszusetzen und die Sache dem Europäischen Gerichtshof gem. Art. 177 EWG-Vertrag vorzulegen, um eine Vorabentscheidung darüber einzuholen, ob die hier angefochtene erste Teilgenehmigung zur Errichtung einer Pilotkonditionierungsanlage gegen die Richtlinien des Rates über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten vom 27. Juni 1985 verstößt.
Der Beklagte stellt im Klageverfahren keinen Antrag.
Er hat im vorangegangenen Aussetzungsverfahren 7 M 10/90 dargelegt, daß er die angefochtene Genehmigung für formell und materiell rechtmäßig halte (beigezogene Gerichtsakte Bl. 112). Im Formellen sei er nicht verpflichtet gewesen, den Klägern zu 6) bis 9) gegenüber das bei Grenzöffnung bereits abgeschlossene Öffentlichkeitsbeteiligungsverfahren nochmals durchzuführen. Denn die Rechtmäßigkeit eines Verfahrensabschnitts könne nur auf der Grundlage der zu dieser Zeit und nicht erst später eingetretenen Umstände beurteilt werden. Dem berechtigten Informationsbedürfnis dieser Kläger sei u.a. dadurch Rechnung getragen worden, daß die Genehmigungsunterlagen einschließlich des Sicherheitsberichtes seit dem 12. Dezember 1989 nochmals in Gorleben zur Einsicht ausgelegt worden seien und den Prozeßbevollmächtigten dieser Kläger vom 11. bis 13. Dezember 1989 Akteneinsicht gewährt worden sei.
Zu den übrigen Einwendungen gelte, daß die im Öffentlichkeitsbeteiligungsverfahren ausgelegten Unterlagen vollständig gewesen seien. Die mit der Anlage verbundenen Emissionen radioaktiver Stoffe seien im Sicherheitsbericht sowohl für den bestimmungsgemäßen Betrieb als auch für die in Betracht kommenden Störfälle dargelegt und von ihm, dem Beklagten, überprüft worden. Auch die erforderlichen Angaben zum radioaktiven Inventar seien gemacht worden (Tabelle 2.2-1, 5.3-1 und 5.3-5). Das vorläufige positive Gesamturteil, dessen rechtliche Bedeutung die Kläger nicht richtig definierten, stütze sich ausdrücklich u.a. auf die Abgaberaten. Beeinträchtigungen der Kläger in ihren nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG geschützten Rechten seien insgesamt nicht erkennbar. Das Vorbringen der Kläger enthalte insoweit keinerlei substantielle Anhaltspunkte. So werde in der Genehmigung im einzelnen begründet, daß die höchsten Strahlenexpositionen, die rechnerisch am ungünstigten Aufpunkt in unmittelbarer Anlagennähe zu erwarten seien, weit unterhalb der Grenzwerte der Strahlenschutzverordnung lägen. Die Kläger hätten auch nicht ansatzweise vorgetragen, daß und weshalb diese Einschätzung fehlerhaft sei. Die Genehmigung betrachte im Rahmen des vorläufigen positiven Gesamturteils auch die Entsorgungsfrage und das Problem der Spaltstoffflußkontrolle.
Die Beigeladenen beantragen,
die Klage abzuweisen.
Sie halten bereits die Klagebefugnis für nicht gegeben, weil die Kläger nicht substantiiert vorgetragen hätten, daß nach dem Konzept der geplanten Anlage unüberwindlich eine Überschreitung der sie schützenden Dosisgrenzwerte der Strahlenschutzverordnung eintreten werde. Daran würde auch ein eventueller Verfahrensfehler durch Unterlassen einer erneuten Öffentlichkeitsbeteiligung nach der Grenzöffnung nichts ändern, da das Klagevorbringen auch einer geminderten Darlegungslast nicht gerecht werde. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung habe vorliegend noch nicht durchgeführt zu werden brauchen, so daß auch insoweit Rechte der Kläger nicht verletzt sein könnten. Im übrigen leide die angefochtene Genehmigung nicht unter Ermittlungs- oder Bewertungsdefiziten. Für die geplante Anlage seien gründliche seismologische Prüfungen angestellt worden. Die Bemessungswerte deckten die stärksten tektonischen Erdbeben als auch natürliche Einsturzbeben ab. Untersucht worden sei auch die Möglichkeit eines Erdfalls; ein solcher sei danach in Zukunft am Anlagenstandort nicht zu erwarten. Auch die Einstufung des Ereignisses Flugzeugabsturz in den Restrisikobereich habe weiterhin Gültigkeit. Im übrigen seien für diesen Fall Vorkehrungen getroffen. Die Gefahr einer zu hohen Strahlenexposition für die Bevölkerung der Umgebung bestehe nach den vom TÜV geprüften Unterlagen insoweit nicht. Die Kläger behaupteten auch zu Unrecht, daß die vorgesehenen Konditionierungsarten und ihre Auswirkungen nicht hinreichend beschrieben würden. Vielmehr würden im Konzept die maximalen Auswirkungen möglicher Gefährdungen durch alle in Aussicht genommenen Betriebsarten berücksichtigt. Es sei in keiner Weise unbestimmt.
Mit Beschluß vom 23. März 1990 - 7 M 10/90 - hat der Senat den Antrag der Kläger abgelehnt, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen den - für sofort vollziehbar erklärten Genehmigungsbescheid vom 30. Januar 1990 - wiederherzustellen. Er hat dies u.a. damit begründet, daß bei summarischer Würdigung Rechtsverletzungen der Kläger durch die Genehmigung weder in formeller noch in materieller Hinsicht erkennbar seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten des vorliegenden Verfahrens, der Verfahren 7 K 3/90, 7 K 5/90 und 7 M 10/90 sowie der Beiakten 1 - 14 (vgl. Aufstellung GA Bl. 6) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist mangels Substantiierung möglicher Rechtsverletzungen bereits wegen fehlender Klagebefugnis, § 42 Abs. 2 VwGO, unzulässig. Zu einer Vorlage der Sache an den Europäischen Gerichtshof besteht kein Anlaß.
1. Die Klagebefugnis der zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung und der Klageerhebung noch auf DDR-Gebiet lebenden Kläger zu 6) bis 9) ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil diese zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung noch nicht im Geltungsbereich des Atomgesetzes lebten. Auch derartigen Personen war und ist es nicht verwehrt, vor bundesdeutschen Verwaltungsgerichten geltend zu machen, durch eine atomrechtliche Genehmigung für eine in der Bundesrepublik geplante Anlage in ihren Rechten verletzt zu sein. Denn die in § 1 Nr. 2 AtG genannten Rechtsgüter werden vom Atomgesetz nicht nur beschränkt auf seinen staatlichen Geltungsbereich geschützt (BVerwG, Urt. v. 17. Dezember 1986 - 7 C 29.85 -, DVBl 1987, S. 375).
2. a) Die Genehmigung ist nicht deshalb gegenüber den Klägern zu 6) bis 9) formell rechtswidrig, weil der Beklagte für potentielle DDR-Einwender, darunter die Kläger zu 6) bis 9), kein vollständiges förmliches Beteiligungsverfahren nach § 4 f. AtVfV durchgeführt und insbesondere keinen (weiteren) Erörterungstermin angesetzt hat.
Zwar trifft es zu, daß insbesondere die Erörterung nach § 8 AtVfV nicht nur der Genehmigungsbehörde Informationen verschaffen soll, sondern dadurch auch den Einwendern das subjektive Verfahrensrecht eingeräumt wird, im Rahmen der Entscheidungsvorbereitung Einfluß auf die Genehmigungserteilung zu nehmen (BVerfG, Beschl. v. 20. Dezember 1979 - 1 BvR 385/77 -, S. 30 f, S. 66; BVerwG aaO, S. 377). Vorliegend ist das Öffentlichkeitsbeteiligungsverfahren nach §§ 4 f AtVfV, das diese Rechte einräumt, planmäßig in der ersten Jahreshälfte 1988 durchgeführt worden. Der Erörterungstermin hat ordnungsgemäß vom 25. Mai bis 2. Juni 1988 stattgefunden. Daß - die Richtigkeit dieses Vortrages unterstellt - die Kläger zu 6) bis 9) daran nicht persönlich oder durch Vertreter teilnehmen und sie sich auch im übrigen nicht ausreichend über das Vorhaben informieren konnten, ist nicht dem Verantwortungsbereich des Beklagten, sondern allein dem der damaligen staatlichen Organe der DDR zuzurechnen. Dies müssen sich die Kläger zu 6) bis 9) entgegenhalten lassen (vgl. BVerwG aaO, S. 377 li. Sp. unten). Die Frage kann lediglich sein, ob der Beklagte nach Öffnung der Grenze im Oktober/November 1989 verpflichtet war, ein vollständig neues Öffentlichkeitsbeteiligungsverfahren für die Umgebungsbevölkerung auch in der DDR durchzuführen.
Das hat er im vorliegenden Fall in gerichtlich nicht zu beanstandender Weise verneint.
Abgesehen davon, daß ein vollständiges Verfahren nach der AtVfV selbst nach der Grenzöffnung und vor der Wiedervereinigung nicht vorschriftsgemäß durchzuführen war - so waren die nach §§ 4, 6 AtVfV vorzunehmenden Bekanntmachungen und die Auslegung von Unterlagen Hoheitsakte, die von der Genehmigungs- und Aufsichtsbehörde nach Art. 6 des seinerzeit noch geltenden Grundlagenvertrages vom 21. Dezember 1972 (BGBl 1973 II, 423) nicht im Hoheitsgebiet der DDR vorgenommen werden durften -, gab und gibt es weder in der AtVfV noch im Verwaltungsverfahrensgsetz positive Vorschriften, welche eine derartige "Wiedereröffnung" eines Verfahrens vorsehen oder gar gebieten. Der Senat läßt offen, ob damit eine im Interesse der zügigen und berechenbaren Abwicklung des Verwaltungsverfahrens abschließende Regelung gegeben ist oder ob sich das Ermessen, welches die Genehmigungsbehörde hinsichtlich der sachgerechten Ausgestaltung des Beteiligungsverfahrens insgesamt hat, im Einzelfall dahin verdichten kann, etwa in Anlehnung an die Wiederaufgreifensgründe des § 51 des Verwaltungsverfahrensgesetzes das Beteiligungsverfahren ganz oder teilweise wieder zu eröffnen. Denn auch, wenn man letzteres annimmt, hätte sie mit der Ablehnung einer erneuten Auslegung der Unterlagen und eines weiteren Erörterungstermins jedenfalls in bezug auf die vorliegend allein maßgeblichen Kläger zu 6) bis 9) deshalb nicht fehlerhaft gehandelt, weil diese auch dann, als es ihnen unstreitig möglich war, keinerlei eigenständige Tatsachen vorgetragen haben, die eine Erörterung, also eine Überprüfung anhand von "Gegenvorbringen" der Behörde (Bundesverwaltungsgericht, aaO), nahegelegt hätten. Unter diesen Umständen war der Beklagte im vorliegend gegebenen "dreiseitigen" Rechtsverhältnis bei der gebotenen Berücksichtigung auch der Interessen der Beigeladenen möglicherweise nicht einmal berechtigt, jedenfalls aber nicht verpflichtet, ein zeitaufwendiges neues Erörterungsverfahren durchzuführen.
§ 7 Abs. 1 Satz 2 AtVfV schließt grundsätzlich mit dem Ablauf der Auslegungsfrist alle Einwendungen aus, die nicht auf privatrechtlichen Titeln beruhen. Dieser Einwendungsausschluß erstreckt sich auch auf das später anschließende verwaltungsgerichtliche Verfahren und führt zum Verlust der Möglichkeit, Genehmigungsabwehransprüche durchzusetzen. Das gilt etwa auch bei nachträglichem Erwerb "präklusionsbelasteten" Eigentums (BVerwG, Urt. v. 17. Juli 1980 - 7 C 101.78 -, BVerwGE 60, 297, 301, 315) [BVerwG 17.07.1980 - 7 C 101/78]. Die Einwendungsfrist lief hier vom 18. Januar bis zum 17. März 1988, ohne daß die Kläger zu 6) bis 9) Einwendungen vorgebracht haben. Der Senat ist jedoch in Anlehnung an seine Rechtsprechung zu § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes der Auffassung, daß diese Verwirkungspräklusion den Klägern zu 6) bis 9) nicht entgegengehalten werden kann. Denn die Rechtfertigung der Präklusion liegt darin, daß in den von der Vorschrift erfaßten Fällen Dritte, denen durch die Beteiligung am Verwaltungsverfahren die Möglichkeit eingeräumt wurde, auf den Inhalt der behördlichen Entscheidung Einfluß zu nehmen, der damit korrespondierenden Mitwirkungslast, etwaige Bedenken schon im behördlichen Verfahren anzumelden, nicht nachgekommen sind, obgleich die Erhebung wirksamer Einwendungen inhaltlich nur an geringe Anforderungen geknüpft ist und Dritte die Ausschlußwirkung deshalb unschwer vermeiden können. Eine derartige Obliegenheitsverletzung kann Personen jedoch nicht vorgeworfen werden, die bei Anhörung der Öffentlichkeit noch nicht Nachbarn der Anlage waren, sei es, daß sie erst später im Einwirkungsbereich der Anlage einen ständigen Aufenthalt begründet haben, sei es, daß sie erst später geboren sind. Solchen Personen war es zum maßgeblichen Zeitpunkt noch nicht möglich, jedenfalls hatten sie aber keinen Anlaß, das Vorhaben im Einwendungswege anzugreifen. Sie brauchen sich deshalb nicht den Vorwurf gefallen zu lassen, ihren Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen zu sein (erk. Senat, Beschl. v. 16. August 1985 - 7 OVG B 15/85 -, NVwZ 1986, S. 671). Der Senat hält es für angezeigt und sachgerecht, seine zu späteren Nachbarn und später Geborenen entwickelte Rechtsprechung auch auf den insoweit vergleichbaren vorliegenden Fall zu übertragen, in dem die Kläger zu 6) bis 9) ebenfalls in persönlich nicht vorwerfbarer Weise gehindert waren, potentielle Einwendungen fristgerecht geltend zu machen. Damit erscheint auch ein sachgerechter Ausgleich dafür gegeben, daß ihnen von Rechts wegen kein (erneuter) Erörterungstermin mehr eingeräumt worden ist. Die Kläger zu 6) bis 9) sind deshalb grundsätzlich mit allen im übrigen zulässigen Einwendungen klagebefugt. Ihr Informationsbedürfnis ist vom Beklagten dadurch noch in besonderer Weise gedeckt worden, daß er die Bekanntmachung der Erteilung der angefochtenen Genehmigung auch im Bezirk Schwerin in den Tageszeitungen "Bauernecho", "Schweriner Volkszeitung" sowie im Kreis Salzwedel in der "Volksstimme" veröffentlicht hat. Der Beklagte hat darüber hinaus den Bekanntmachungstext sowie die Kurzbeschreibung der Beigeladenen in folgenden Kreisen und Städten an die kommunalen Vertreter mit der Bitte übergeben, die Unterlagen in grenznahen Gemeinden zur Information auszulegen: Kreis Osterburg, Kreis Salzwedel, Kreis Perleberg, Kreis Ludwigslust, Kreis Hagenow sowie in den Städten Arendsee, Seehausen und Wittenberge. Der Beklagte hat weiterhin veranlaßt, daß im Rahmen der förmlichen Bekanntmachung der angefochtenen Genehmigung beim Landkreis Lüchow-Dannenberg, der Samtgemeinde Gartow und der Gemeinde Gorleben auch der Sicherheitsbericht zur Einsicht ausgelegen hat. Dieser ist insbesondere zur Information der DDR-Bewohner beigefügt worden. Der Bekanntmachungstext enthielt einen entsprechenden Hinweis. Außerdem haben die Beigeladenen auf Betreiben des Beklagten die im Rahmen des Öffentlichkeitsbeteiligungsverfahrens ausgelegten Unterlagen seit dem 12. Dezember 1989 im Informationszentrum in Gorleben noch einmal für DDR-Bewohner zur Einsicht ausgelegt. Damit waren diese und sind auch die Kläger zu 6) bis 9) in die Lage versetzt worden, Einwendungen jedenfalls noch im Klagewege umfassend geltend zu machen.
b) Selbst ein im Unterbleiben einer Öffentlichkeitsbeteiligung zu erblickender Verfahrensfehler würde nach der "Niederländer-Entscheidung" des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. 7 C 29.85 v. 17. 12. 1986, aaO, = E 75, 285; inzwischen auch Urt. d. Sen. v. 3. 4. 1992 - 7 L 121/90 -, S. 27 ff.) keinen Aufhebungsanspruch der Kläger begründen, sondern lediglich zu einer Verminderung ihrer Substantiierungspflicht nach § 42 Abs. 2 VwGO führen. Denn die atomrechtlichen Vorschriften über die Öffentlichkeitsbeteiligung gewähren Drittschutz nur im "Hinblick auf die bestmögliche Verwirklichung der materiellen Rechtsposition" (BVerwG aaO, S. 291). In den Genuß dieser Verminderung können die Kläger zu 6) bis 9) hier jedoch nicht gelangen, weil ein Verfahrensfehler nicht vorliegt. Das verkennt ihr diesbezüglicher Vortrag, der insoweit einem Zirkelschluß erliegt.
Nicht weiter führt insoweit auch der Klagevortrag, die Wiederholung der Öffentlichkeitsbeteiligung habe "zumindest nach der deutschen Einigung" bzw. "der später erfolgten Wiedervereinigung" stattfinden können und müssen. Dieses Ereignis fand nach Erlaß des angefochtenen Bescheides vom 30. Januar 1990 statt und hätte weder eine in der Nichtwiedereröffnung des Verfahrens liegende Fehlerhaftigkeit heilen noch die nachträgliche Fehlerhaftigkeit eine den Verfahrensvorschriften im Zeitpunkt ihres Erlasses genügenden Genehmigung begründen können. Unabhängig hiervon müssen die genannten Ereignisse hier schon deswegen außer Betracht bleiben, weil das Erlaßdatum für die erhobene Anfechtungsklage auch der maßgebliche Zeitpunkt für die Prüfung der Sach- und Rechtslage ist (BVerwG, Urt. v. 19. 12. 1985 - 7 C 65.82 - Wyhl -, DVBl 1986, 190, 193[BVerwG 19.12.1985 - 7 C 65/82] m.w.N.).
Auch im übrigen sind die Kläger in ihren Rechten berührende Verfahrensfehler nicht ersichtlich. Insbesondere haben die in § 6 Abs. 1 AtVfV genannten und vorhandenen Unterlagen - Genehmigungsantrag, Sicherheitsbericht und Kurzbeschreibung - ordnungsgemäß ausgelegen. Es ist nicht ersichtlich, daß etwa der Sicherheitsbericht keine ausreichende Orientierung über die grundsätzlichen Auslegungsmerkmale der geplanten Anlage enthielt. Weitergehende Annahmen als solche, die für die erteilte 1. Teilerrichtungsgenehmigung mit ihrem eingeschränkten Umfang erforderlich sind, sondern erst Details eines späteren Betriebes betreffen, brauchte der Sicherheitsbericht nicht zu enthalten.
3. Das Vorbringen der Kläger gestattet ferner nicht den Schluß, daß die angefochtene Genehmigung an den von den Klägern besonders herausgestellten, sie berührenden materiellen Rechtsfehlern leidet:
a) Eine erste atomrechtliche Teilgenehmigung kann, wie den Klägern einzuräumen ist, wegen Unbestimmtheit ihres Regelungsgehaltes Rechte Dritter verletzen (BVerwG, Urt. v. 9. September 1988 - 7 C 3.86 -, BVerwGE 80, 207, 215) [BVerwG 09.09.1988 - 7 C 3/86]. Der Regelungsgehalt der angefochtenen 1. atomrechtlichen Teilgenehmigung zur Errichtung der PKA Gorleben ist jedoch in keiner Weise unbestimmt. Die Genehmigung regelt vielmehr als Teilgenehmigung, § 18 Abs. 1 AtVfV, in eindeutiger Weise die Errichtung der im Sachverhalt im einzelnen dargestellten äußeren Anlagenteile der geplanten Konditionierungsanlage, enthält - bereits abschließend - die erforderliche Entscheidung über die Geeignetheit des gewählten Standortes und darüber hinaus das erforderliche Urteil darüber, daß die Genehmigungsvoraussetzungen im Hinblick auf die Errichtung auch der übrigen Anlagenteile und des Betriebs der gesamten Anlage "vorliegen werden" (vorl. positives Gesamturteil), § 18 Abs. 1 AtVfV. Da mit dieser ersten Teilgenehmigung noch nicht die Errichtung der gesamten Anlage mit allen Anlagenteilen und sicherheitstechnisch relevanten Systemen genehmigt worden ist, reicht es aus, daß das Betriebskonzept der Anlage bisher lediglich im Rahmen des vorläufigen positiven Gesamturteils beurteilt worden ist (BVerwG, Urt. v. 9. September 1988, aaO).
b) Die Konditionierungsanlage ist als "ortsfeste Anlage zur Bearbeitung oder Verarbeitung von Kernbrennstoffen" nach § 7 Abs. 1 AtG genehmigungspflichtig und danach grundsätzlich genehmigungsfähig, wird also vom Atomgesetz entgegen der Auffassung der Kläger erfaßt. Die von den Klägern dazu angestellten entgegengesetzten Überlegungen überzeugen nicht. Insbesondere läßt sich eine grundsätzliche Unzulässigkeit einer derartigen Konditionierungsanlage nicht aus § 9 a AtomG mit der Begründung herleiten, der danach bestehende grundsätzliche Vorrang einer Wiederaufarbeitung abgebrannter Kernbrennstoffe verbiete Anlagen, mit denen auch Techniken aus dem Bereich einer direkten Endlagerung angewandt bzw. erprobt werden. § 9 a Abs. 1 Nr. 2 AtG sieht vielmehr auch die Endlagerung ohne vorangehende Wiederaufarbeitung unter bestimmten Umständen als zulässig an. Es kann den Beigeladenen als Betreiber kerntechnischer Anlagen, die nach dieser Vorschrift die grundsätzliche Verantwortung für eine ordnungsgemäße Entsorgung radioaktiver Abfälle tragen, nicht verwehrt werden, technische Vorsorge auch für den Fall einer späteren direkten Endlagerung zu treffen.
c) Der Senat vermag nicht nachzuvollziehen, daß die angefochtene Genehmigung nicht das nach § 18 Abs. 1 AtVfV erforderliche vorläufige positive Gesamturteil enthielte oder dieses gar "nichtig" sei. Nach dieser Vorschrift kann eine Teilgenehmigung erteilt werden, wenn eine vorläufige Prüfung ergibt, daß die Genehmigungsvoraussetzungen im Hinblick auf die Errichtung und den Betrieb der gesamten Anlage vorliegen werden. Soweit die Anlage danach also noch nicht abschließend in sicherheitsrechtlich relevanten Einzelheiten beurteilt werden kann und die Entscheidung darüber späteren Teil-(Errichtungs-)Genehmigungen vorbehalten bleibt, ist sie und ihr Betrieb daraufhin vorläufig zu beurteilen, ob dem Vorhaben "keine von vornherein unüberwindlichen rechtlichen Hindernisse entgegenstehen" (BVerwG, Urt. v. 9. Juli 1982 - 7 C 54.79 -, DVBl 1982, 960; Urt. v. 9. September 1988 - 7 C 3.86 -, aaO, S. 214). Das vorläufige positive Gesamturteil ist wiederum nur insoweit drittschützend und spielt deshalb auch nur insoweit in Verfahren wie dem vorliegenden eine Rolle, als es die Einhaltung vorhabensbezogener Genehmigungsvoraussetzungen sicherstellen soll, die ihrerseits drittschützend sind (BVerwG, Urt. v. 19. Dezember 1985 - 7 C 65.82 -, DVBl 1986, S. 190). Angewandt auf die vorliegend angefochtene 1. Teilerrichtungsgenehmigung bedeutet dies, daß die Kläger diese im Hinblick auf den geplanten späteren Betrieb erfolgreich nur mit der begründeten Behauptung angreifen können, daß die geplante Anlage an dem gewählten Standort die nach Stand von Wissenschaft und Technik erforderliche Vorsorge gegen Schäden nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG unter keinen Umständen, also auch nicht unter einschränkenden Bedingungen und Auflagen, gewährleisten wird. Hierfür ist substantiiert nichts vorgetragen. Die Kläger haben insbesondere nicht dargetan, daß nach dem dargelegten Konzept der Anlage von vornherein unüberwindlich eine Überschreitung der Dosisgrenzwerte des § 45 der Strahlenschutzverordnung - StrlSchV - vom 18. Mai 1989 (BGBl S. 943) eintreten werde. Dafür ist auch sonst nichts ersichtlich. Die Anlage muß nach § 45 StrlSchV so ausgelegt werden, daß die durch Ableitung radioaktiver Stoffe aus diesen Anlagen oder Einrichtungen mit Luft oder Wasser bedingte Strahlenexposition des Menschen jeweils bestimmte Grenzwerte der Körperdosen im Kalenderjahr nicht überschreitet. Nach § 45 Abs. 2 StrlSchV ist die Strahlenexposition für eine Referenzperson an den ungünstigsten Einwirkungsstellen unter Berücksichtigung der in Anlage XI genannten Expositionspfade, Lebensgewohnheiten der Referenzperson und übrigen Annahmen zu ermitteln. Diese Ermittlungen haben die Beigeladenen, wie der Sicherheitsbericht in 3.2-1 ausweist und wie der Beklagte mit dem von ihm eingeholten Sicherheitsgutachten nachgeprüft hat, in einer der gerichtlichen Prüfung standhaltenden Weise durchgeführt. Die ungünstigsten Einwirkungsstellen für die sog. Gamma-Submersion sind damit in 160 m Abstand vom Kamin angegeben. Für die Bodenstrahlung wurde der Maximalwert bei 260 m und für die übrigen Expositionspfade bei 350 m aufgelistet. Auch für den Expositionspfad Abwasser aus der PKA hat der Beklagte unter Berücksichtigung der Vorgaben der Anläge XI der Strahlenschutzverordnung die Angaben der Beigeladenen überprüft. Die danach ermittelten Strahlenexpositionen und berechneten Dosiswerte liegen auch bei Berechnung mit den Daten des (seinerzeitigen) Entwurfs der Verwaltungsvorschrift zu § 45 StrlSchV weit unter den Grenzwerten, welche die Vorschrift vorsieht (vgl. Sicherheitsgutachten zum Standort und Konzept der Pilot-Konditionierungsanlage Gorleben, S. 373 f.). Mit dem betrieblichen Strahlenschutzkonzept können die durch die Strahlenschutzverordnung vorgegebenen Anforderungen z.B. hinsichtlich der Strahlenschutzbereiche, der Raumüberwachung und der Emissionsüberwachung im Grundsatz erfüllt werden. Die Abgabe radioaktiver Stoffe mit der Fortluft und mit dem Abwasser kann aufgrund des vorgesehenen Konzepts der Reinigungs- und Rückhalteeinrichtungen in der PKA so begrenzt werden, daß die Anforderungen aus der Strahlenschutzverordnung insoweit ebenfalls erfüllt werden und die aus der beantragten Abgabe radioaktiver Stoffe berechnete Strahlenexposition für die Umgebung deutlich unterhalb der Grenzwerte des § 45 StrlSchV liegt. Ferner werden in dem Konzept zur Kritikalitätssicherheit die sicherheitstechnischen Prinzipien berücksichtigt, die beim Umgang mit Kernbrennstoffen gelten. Die daraus resultierenden Anforderungen können durch entsprechende Auslegung der für die Kritikalitätssicherheit wesentlichen Komponenten erfüllt werden, wie die vom Antragsgegner beigezogenen Gutachter in plausibler Weise dargelegt haben (Gutachten aaO, S. 398 f.).
Die auf der Basis des Anlagenkonzepts der PKA durchgeführte Störfallanalyse hat schließlich gezeigt, daß nur wenige zu unterstellende Ereignisabläufe überhaupt zu einer Freisetzung radioaktiver Stoffe führen können. Die Analyse der möglichen radiologischen Auswirkungen von Störfällen für die Umgebung hat ergeben, daß die Planungswerte des § 28 Abs. 3 StrlSchV bei allen Störfällen weit unterschritten werden. Diese Bewertung beruht auf Berechnungen, welche extreme betriebliche Randbedingungen annehmen, wie z.B. das ausschließliche Zerschneiden von Brennelementen über die gesamte Betriebszeit unter Ausnutzung der maximalen jährlichen Kapazität von 35 t SM. Die Kläger haben nicht dargelegt, aufgrund welcher Umstände dieses vorläufige positive Gesamturteil fehlerhaft wäre. Soweit sie Angaben über das genaue radioaktive Inventar beim späteren Betrieb sowie das exakte quantitative Verhältnis der verschiedenen Konditionierungsarten zueinander vermissen, verkennen sie, daß derartige Definitivregelungen den nachfolgenden Teilentscheidungen, insbesondere einer Betriebsgenehmigung, vorbehalten bleiben können und entsprechend dem Versuchscharakter der Konditionierungsanlage hier auch vorbehalten werden müssen. Daß hierdurch "von vornherein unüberwindliche rechtliche Hindernisse" für einen sie nicht beeinträchtigenden Betrieb der Anlage, auch für die später unter Beachtung ihrer Rechte festzusetzenden definitiven Abgabewerte, vorliegen, ist auch nicht ansatzweise zu erkennen.
d) Keines näheren Eingehens bedarf es auf die von den Klägern geltend gemachten Bedenken hinsichtlich der späteren ordnungsgemäß gesicherten externen Entsorgung der Anlage, des sicheren An- und Abtransports der zur Bearbeitung vorgesehenen radioaktiven Rest- und Abfallstoffe sowie einer angeblich nicht gesicherten Spaltstofflußkontrolle. Auch soweit diese Gesichtspunkte bereits Gegenstand des hier zu betrachtenden vorläufigen Gesamturteils sind, bestehen die Rechtsvorschriften, welche die insoweit zu beachtenden Sicherheitsvoraussetzungen regeln, ausschließlich im öffentlichen Interesse. Einen irgendwie gearteten besonderen Bezug zur geschützten Rechtssphäre gerade der Kläger weisen sie nicht auf (vgl. erk. Senat, Beschl. v. 30. Dezember 1982 - 7 OVG A 7/80 und 62/80 -, DVBl 1983, S. 187; Beschl. v. 13. September 1988 - 7 OVG D 7/88 -).
4. Unklar ist die Zielrichtung des klägerischen Vortrags zur "fehlenden Umweltverträglichkeitsprüfung".
a) Das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) vom 12. Februar 1990 wurde erst nach Erlaß der hier angefochtenen Teilgenehmigung erlassen. Nach der Übergangsvorschrift des § 22 Abs. 1 Satz 1 UVPG fand es deshalb für diese Teilgenehmigung noch keine Anwendung. Anzuwenden ist es nach § 22 Abs. 1 Satz 2 UVPG unter den dort genannten Einschränkungen erst für weitere Teilgenehmigungen.
b) Für eine nach § 7 Abs. 1 AtG zu genehmigende kerntechnische Anlage wie die PKA findet nach Art. 14 Abs. 2 des UVP-Umsetzungsgesetzes das UVPGüberhaupt erst dann Anwendung, nachdem eine Rechtsverordnung nach § 7 Abs. 4 Satz 3 und § 7 a Abs. 2 des Atomgesetzes in Kraft getreten ist, die die Anforderungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung für den Bereich des atomrechtlichen Genehmigungsverfahrens näher bestimmt. Eine solche Rechtsverordnung ist für kerntechnische Anlagen bislang noch nicht ergangen (vgl. hierzu Lange, Rechtsfolgen der Umweltverträglichkeitsprüfung für die Genehmigung oder Zulassung eines Projekts, DÖV 1992, S. 780).
c) In Betracht käme deshalb allenfalls eine direkte Anwendung der Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 27. Juni 1985 "über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten" (85/337/EWG, ABl Nr. L 175/40 f.). Die Möglichkeit eines derartigen "Selbstvollzugs" ist jedoch umstritten. Das Bundesverwaltungsgericht hat sie offengelassen (Beschl. v. 5. 6. 1992 - 4 NB 21/92 -, NVwZ 1992, S. 1093 [BVerwG 05.06.1992 - 4 NB 21/92]). In Betracht kommt sie nach Auffassung des erkennenden Senats nur dann, wenn die einschlägigen Bestimmungen der Richtlinie inhaltlich unbedingt und hinreichend genau erscheinen. Einzelne können sich auf diese Bestimmungen dann berufen, soweit diese Rechte festlegen, die dem Staat gegenüber geltend gemacht werden können (vgl. VG München, Beschl. v. 21. 2. 1989, NuR 1989, S. 320; BayVGH, Urt. v. 24. 8. 1990, UPR 1991, S. 157). Dafür kommen von vornherein nur solche Anlagen in Frage, die in Anhang I zur Richtlinie aufgeführt sind und für die nach Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie die Umweltverträglichkeitsprüfung obligatorisch ist. Projekte der in Anhang II aufgezählten Klassen werden nach Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie einer Prüfung nur unterzogen, wenn ihre Merkmale "nach Auffassung der Mitgliedstaaten dies erfordern". Nach Anhang II 3 Buchst. i) gehören dazu aber "Anlagen zur Aufnahme und Bearbeitung radioaktiver Abfälle", wie die PKA sie darstellt. Anhang I sieht unter Nr. 3 "Anlagen mit dem ausschließlichen Zweck der Endlagerung oder endgültigen Beseitigung radioaktiver Abfälle" vor; unter diese Rubrik fällt die PKA nicht. Damit scheidet ein "Selbstvollzug" der Richtlinie im hier vorliegenden Falle bereits aus diesem Grunde aus.
d) Jedenfalls ist nicht ersichtlich, welche Rechte der Kläger durch die nicht erfolgte "Beschreibung und Wertung" der Anlage im Sinne von Art. 3 der Richtlinie, vgl. § 2 Abs. 1 UVPG, hier verletzt sein könnten. Die Bewertung oder Nichtbewertung in diesem Sinne berührt Rechte privater Dritter so lange nicht, wie sie nicht in eine gestattende Genehmigung umgesetzt werden. Drittschützend sind dann nur die gestatteten Auswirkungen der Anlage. Diese wurden vorliegend im Rahmen des vorläufigen positiven Gesamturteils im Blick auf § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG umfassend bewertet. Die Kläger können dies angreifen. Zusätzliche individuelle Rechte werden ihnen von der Richtlinie insoweit nicht zugestanden; sie machen sie auch nicht geltend.
Da der erkennende Senat damit keine Zweifel an der Auslegung der Richtlinie für den vorliegenden Fall hat und deren Anwendung oder Nichtanwendung hier außerdem nicht entscheidungserheblich ist, kommt die von den Klägern hilfsweise beantragte Vorlage an den EuGH nach Art. 177 Abs. 3 EWGV nicht in Betracht (Krück in Groeben/Thiesing/Ehlermann, Komm. zum EWG-Vertrag, 4. Aufl., RdNr. 53 u. 61 zu Art. 177 m.w.N.).
5. Die Kläger verkennen, daß sie ein - sie betreffendes - "Ermittlungs- und Bewertungsdefizit" der Genehmigung (vgl. dazu Urt. d. Sen. v. 20. 5. 1992 - 7 OVG A 31/88 -, 4. TG KKE, S. 9 m.w.N.) nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG im vorliegenden Fall nur im Rahmen des § 18 Abs. 2 AtVfV, also im Rahmen des prognostischen "vorläufigen positiven Gesamturteils" geltend machen können. Denn allenfalls durch den - von der 1. Teilgenehmigung noch nicht gestatteten - Betrieb der Anlage haben sie, wenn überhaupt, fühlbare Auswirkungen zu erwarten. Ein etwa auch die Betriebsabläufe bereits in allen Einzelheiten feststellender Vorbescheid (§ 7 a AtG) ist hier nicht ergangen und brauchte entgegen der Auffassung der Kläger auch nicht zu ergehen, weil er gerade nicht notwendiger Bestandteil einer ersten Teilgenehmigung ist (BVerwG, Urt. v. 22. 10. 1987 - 7 C 4.85 -, - Brokdorf -, BVerwGE 78, 177). Daran haben weder die Mülheim-Kärlich-Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. September 1988 (- 7 C 3.86 -, BVerwGE 80, 207) noch die Obrigheim-Entscheidung (Urt. v. 7. 6. 1991 - 7 C 43.90 -, BVerwGE 88, S. 286 f., 290) [BVerwG 07.06.1991 - 7 C 43/90] etwas geändert, da diese eine bereits vollständig erteilte Errichtungsgenehmigung zum Gegenstand hatten, wodurch im gestuften Genehmigungsverfahren ein Abschnitt erreicht war, bei dem bereits ein abschließendes Urteil über den sicheren Betrieb vorliegen mußte. Dieser Verfahrensabschnitt ist vorliegend noch nicht erreicht.
Um das im Rahmen des lediglich vorläufigen positiven Gesamturteils vorliegende Betriebskonzept zu erschüttern, hätten die Kläger substantiiert dartun müssen, daß und weshalb die PKA nach dem, was die Beigeladenen mit ihr bezwecken, voraussichtlich nur unter Verstoß gegen ihre Rechte betrieben werden kann. Eine solche Feststellung ist auch nicht ansatzweise möglich:
a) Die Behauptung, die Untergrundbeschaffenheit der Anlage sei nicht ausreichend erkundet worden, ist nicht nachvollziehbar. Insbesondere ist die insoweit vorgelegte Stellungnahme von Grimmel "Zur Frage, wie der Standort des Zwischenlagers Gorleben aus seismologischer und baugrundgeologischer Sicht zu beurteilen ist" vom 24. Juni 1991 nicht geeignet, Zweifel an den zu diesen Fragen umfangreichen Untersuchungen des Beklagten zu begründen. Es mag sein, daß für die Genehmigung des Zwischenlagers weniger intensive Untersuchungen vorgenommen worden sind. Für die Beurteilung der vorliegend genehmigten Anlage ist dies ohne Bedeutung. Maßgeblich ist insoweit vor allem das vom Beklagten eingeholte Gutachten des Niedersächsischen Landesamtes für Bodenforschung vom 15. Dezember 1989 zu "Baugrund und Bodenmechanik sowie Hydrologie, Hydrogeologie und Seismologie". Danach haben zur Geologie und zur Seismologie umfangreiche Felduntersuchungen stattgefunden (S. 6 f.), die auch Bohrungen und Probenahmen beinhalteten. Das begutachtende Amt hat dazu festgestellt (S. 33 f.):
"Es handelt sich insoweit um eine ausführliche und sorgfältig durchgeführte Untersuchung. Es werden alle wesentlichen Aspekte aufgeführt und bewertet, die bei der Ermittlung der Bemessungserdbeben zu berücksichtigen sind. Die Untersuchung entspricht der für Standorte kerntechnischer Anlagen üblichen Praxis und basiert auf der KTA 2201.1. ... Neben den hier unterstellten tektonischen Erdbeben könnten grundsätzlich auch Einsturzbeben in Betracht kommen. Das nächstgelegene Bergbaugebiet, in dem bis 1926 Kali- und Steinsalz abgebaut wurde, liegt im Raum Wustrow, ca. 20 km vom Standort entfernt. Bergbaulich bedingte Einsturzbeben sind hier nicht beobachtet worden.
Die nächsten Bergwerke auf dem Gebiet der DDR liegen ca. 90 km entfernt. Es sind die Gebiete nördlich von Magdeburg (Grube Zierlitz) und westlich von Magdeburg an der Grenze DDR/Bundesrepublik (Gruben Bartensleben und Burbach). Aus diesem Gebiet sind ebenfalls keine Einsturzbeben bekannt. Auch ist die Entfernung zum Standort so groß, daß keine schädlichen Einwirkungen zu erwarten wären. In Übereinstimmung mit dem Antragsteller kann festgestellt werden, daß einsturzgefährdende Hohlräume, deren Einsturz zu sicherheitstechnisch-relevanten Erdbebenerschütterungen am Standort führen könnten, in der zu betrachtenden Umgebung nicht vorhanden sind. Von dem Erkundungsbergwerk und von den geplanten Unterlageanlagen des Endlagers Gorleben wird vorausgesetzt, daß sie gebirgsschlagsicher dimensioniert werden.
... (Zusammenfassende Beurteilung:) ... Die Baugrunduntersuchungen und Berechnungen sind antragstellerseitig gemäß der für bodenmechanische Feld- und Laborversuche geltenden DIN-Normen ... durchgeführt worden.
Die uns vorliegenden Unterlagen und die von uns vorgenommenen Prüfungen ermöglichen es, die durchgeführten umfangreichen Untersuchungen, den generellen Aufbau des Untergrundes und die daraus abgeleiteten bodenmechanischen Eigenschaften der angetroffenen Schichten mit ausreichender Genauigkeit zu beurteilen.
Der gründungsnahe Untergrund besteht überwiegend aus gut bis sehr gut tragfähigen Sandschichten, jedoch kommen auch im Setzungseinflußbereich des Gebäudes bindige Böden (Geschiebemergel) vor, die stärker zusammendrückbar als die Sande sind.
Torfe oder andere Weichschichten sind bei keiner der Bohrungen angetroffen worden.
Nach den uns vorliegenden Kenntnissen schließen wir Hohlräume im tieferen Untergrund im Bereich der PKA aus.
...".
Die Antragsunterlagen wie auch das zuvor genannte Gutachten sind nochmals vom TÜV Hannover in seinem "Sicherheitsgutachten zum Standort und Konzept der Pilot-Konditionierungsanlage Gorleben" vom Dezember 1989 bewertet und gewürdigt worden. Zu den seismologischen Verhältnissen heißt es dort zusammenfassend auf Seite 27, daß der Standort in einem Gebiet mit sehr geringer Erdbebengefährdung liege. Aus der Bewertung der seismologischen Verhältnisse durch das NLFB "ergeben sich keine Bedenken gegen die Eignung des Standortes". Im einzelnen führt der TÜV aus, daß die Beigeladenen für den Standort seismologische Untersuchungen angestellt hätten, in denen die Verhältnisse in der näheren und weiteren Umgebung umfassend untersucht und dargestellt worden seien (S. 25). Es wird dort weiter ausgeführt, von welchen Bemessungserdbeben für den Standort Gorleben auszugehen sei (S. 26). Die vorgeschlagenen Messungswerte decken danach sowohl die stärksten tektonischen Erdbeben als auch die natürlichen Einsturzbeben ab, die sich in der Nähe des Standortes nach dem heutigen wissenschaftlichen Kenntnisstand ereignen können.
Der Vortrag der Kläger reicht nicht aus, um diese wissenschaftlichen Bewertungen des NlfB und des TÜV als widerlegbar erscheinen zu lassen. Auf die erwähnte Stellungnahme von Prof. Grimmel können sie sich schon deswegen nicht stützen, weil die darin vorgeschlagenen Maßnahmen zur Sicherung gegen Erdfälle - die Gründung des Bauwerks auf einer Bodenplatte - bei der PKA verwirklicht worden ist.
b) Zu den Auswirkungen eines eventuellen Flugzeugabsturzes auf die Anlage enthält die Genehmigung die Feststellung, daß der Zellentrakt und die Gebäudewanne gegen solche Unfälle durch bautechnische Maßnahme ausgelegt werden. Hierzu wird im Standort- und Konzeptgutachten des TÜV, Seite 432, näher ausgeführt, daß für die Lastannahmen eines direkten Aufpralls einer Militärmaschine das Stoßlast-Zeit-Diagramm, die Auftrefffläche und der Auftreffwinkel aus der RSK-Leitlinie für Druckwasserreaktoren herangezogen wurden. Die als Folge eines direkten Aufpralles an ungünstiger Stelle des Gebäudes auftretenden induzierten Erschütterungen werden als Grundlage für die Bemessung von Anlagenteilen ermittelt. Der TÜV hat hierzu eine weitere gutachtliche Stellungnahme "zu den Schutzmaßnahmen sowie zu den möglichen Auswirkungen des Ereignisses Flugzeugabsturz auf die Pilot-Konditionierungsanlage Gorleben" im Dezember 1989 erstellt. Er kommt hierin zusammenfassend zu dem Ergebnis, daß mit den vorgesehenen bau- und anlagentechnischen Schutzmaßnahmen für die PKA insgesamt ein weitgehender Schutz gegen das Ereignis Flugzeugabsturz gegeben ist. Dieser wird insbesondere durch einen sog. Vollschutz für die Bereiche mit hohem Aktivitätsinventar und durch die redundante und räumlich getrennte Auslegung der passiven Kühlung für die Pufferlager erreicht. Durch diese Maßnahmen kann eine massive Freisetzung und eine unkontrollierte Selbsterhitzung des radioaktiven Inventars vermieden werden. Der für die PKA getroffene Schutzumfang entspricht danach den nach Stand von Wissenschaft und Technik üblichen Maßnahmen gegen den Lastfall "Flugzeugabsturz" bei Kernkraftwerken, die als ausreichend zur Risikominimierung angesehen werden.
Die hiergegen vorgebrachten Einwände der Kläger sind bereits deshalb nicht erheblich, weil dieser mögliche Störfall zum Bereich des Restrisikos gehört, gegen den kein drittschützender Anspruch auf Vorsorge im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG getroffen zu werden braucht (zur Begründung im einzelnen vgl. Urt. d. Sen., 7 K 3767/91, vom 17. 6. 1991, S. 13 f. - Brennelementfertigungsanlage Lingen -). Der Vortrag ist weiter deswegen nicht erheblich, weil die Kläger die Feststellungen der Gutachten nicht substantiiert angreifen. Wenn sie vortragen, daß Gorleben jetzt, anders als zum Zeitpunkt der Genehmigung, zum militärischen Tieffluggebiet gehöre, so ist diese erst nach Erteilung der Genehmigung möglicherweise eingetretene Entwicklung schon aus diesem Grunde kein Umstand, der die Rechtswidrigkeit des vorläufigen Gesamturteils im Rahmen der 1. Teilgenehmigung begründen kann. Im übrigen wäre damit allein auch keine erhöhte Absturzhäufigkeit mit relevanten Auswirkungen auf die Bewertung verbunden. Für schnellfliegende Militärmaschinen hat der TÜV eine Absturzhäufigkeit von 1 × 10 -10 pro qm und Jahr entsprechend der Deutschen Risikostudie angenommen. Diesen Durchschnittswert hat der TÜV auch für Gorleben angesetzt. Die für den seinerzeit grenznahen Standort gegebenen Flugeinschränkungen hat er lediglich als "zusätzliche Reduzierung" der anzunehmenden Absturzhäufigkeit bewertet (S. 6), ohne daß hiervon jedoch das Maß der Auslegung abhängig gemacht worden wäre.
c) Entgegen den Ausführungen der Kläger sind bei der Genehmigung auch die Wechselwirkungen mit dem Betrieb des bestehenden Zwischenlagers Gorleben berücksichtigt worden. Der TÜV hat in seinem Sicherheitsgutachten hierzu auf S. 395 entsprechende Untersuchungen vorgenommen und ist zu dem begründeten Ergebnis gelangt, daß insoweit sowohl ein sicherer Betrieb gewährleistet erscheint wie auch die Wechselwirkungen zwischen der PKA und dem Zwischenlager keine zusätzlichen Anforderungen an die PKA erforderlich machen, was Störfälle anbelangt.
6. Auch soweit die Kläger sich zusätzlich auf den Vortrag des Klägers im - für erledigt erklärten - Parallelverfahren 7 K 3/90 zum Strahlenminimierungsgebot beziehen, machen sie substantiiert keine mögliche Verletzung ihrer Rechte geltend: Seit der "Stade-Entscheidung" des BVerwG (Urt. v. 22. 12. 1980 - 7 C 84.78 -) gehört es zum anerkannten Bestand des Atomrechts, daß, was die hinzunehmende Strahlenbelastung der Umgebungsbevölkerung anbelangt, einzig die Dosisgrenzwerte der Strahlenschutzverordnung drittschützenden Charakter haben. Sie konkretisieren die Grenze der nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG erforderlichen Schadensvorsorge, ohne daß selbst durch diese konservativen Werte etwa die Grenze zur Schadenswahrscheinlichkeit markiert wäre. Denn auch die Dosisgrenzwerte liegen noch innerhalb der regionalen Schwankungsbreite der natürlichen Strahlenexposition, der jeder vom Beginn seines Lebens an unentrinnbar ausgesetzt ist. Anders als § 45 StrlSchV vermittelt das in § 28 Abs. 1 Nr. 2 StrlSchV niedergelegte und in § 46 Abs. 1 Nr. 2 StrlSchV wiederholte Strahlenminimierungsgebot keinen Drittschutz. Dieses dient vielmehr der Verminderung des Kollektivrisikos, das der einzelne nicht als solches geltend zu machen befugt ist. Einzig zu diesem Risiko hatte der Kläger des Verfahrens 7 K 3/90 aber vorgetragen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und § 159 Satz 1 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die sich durch die Stellung des Antrags auf Abweisung der Klage einem Kostenrisiko ausgesetzt haben, sind nach § 162 Abs. 3 VwGO erstattungsfähig.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.
Beschluß
Der Streitwert wird auf 180.000,-- DM festgesetzt (§ 13 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 5 ZPO).
Czajka
Kalz
Rettberg
Peschau
Petersen