Amtsgericht Osnabrück
Urt. v. 03.07.2006, Az.: 14 C 330/05

Bibliographie

Gericht
AG Osnabrück
Datum
03.07.2006
Aktenzeichen
14 C 330/05
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2006, 45189
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:AGOSNAB:2006:0703.14C330.05.0A

In dem Rechtsstreit

hat das Amtsgericht Osnabrück auf die mündliche Verhandlung vom 16.06.2006 durch den Richter am Amtsgericht ...

für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1.

    Die Klage wird abgewiesen.

  2. 2.

    Auf die Widerklage wird der Kläger verurteilt, an die Beklagte 1.524,52 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.02.2006 zu zahlen. Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.

  3. 3.

    Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich des selbständigen Beweisverfahrens vor dem Landgericht Osnabrück zum Aktenzeichen 5 OH 116/03 tragen der Kläger zu 45 % und die Beklagte zu 55 %.

  4. 4.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Beklagte jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Der Beklagten wird gestattet, die Vollstreckung durch den Kläger gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

  5. 5.

    Der Streitwert wird auf 5.736,62 € festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten mit Klage und Widerklage um Ansprüche aus einem Werkvertrag.

2

Die Beklagte ist Inhaberin der Firma ..., deren Geschäfte allerdings nicht von der Beklagten selbst, sondern von dem Zeugen ... geführt werden.

3

Der Kläger beauftragte die Firma ... mit Estricharbeiten in seinem zu Wohnzwecken sanierten Kotten. Referenzfläche sollte der im Felix-Nussbaum-Haus in Osnabrück verlegte Estrich sein, wobei die Besonderheit besteht, dass dessen Oberfläche ein Zufallsprodukt und das Ergebnis eines handwerklichen Fehlers des dort tätig gewesenen Estrichlegers ist. Deshalb hat der Zeuge ... dem Kläger während der Vertragsverhandlungen unter dem 14.05.2003 geschrieben, dass der Estrich im Felix-Nussbaum-Haus ein Unikat und nicht reproduzierbar sei, weshalb er - der Zeuge - auf die Optik keine Gewährleistung geben könne.

4

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf eine Ablichtung des Schreibens (Bl. 49 ff. d.A.) Bezug genommen.

5

Die Beklagte hat mit Schlussrechnung vom 18.07.2003 (Bl. 23 ff. d.A.) 4.524,52 € inkl. Mehrwertsteuer beansprucht. Unter dem 31.10.2003 hat sie eine überarbeitete Schlussrechnung über brutto 7.664,94 € (Bl. 37 ff. der Beiakte 5 OH 116/03 Landgericht Osnabrück) erstellt, wobei diese Rechnung von der früheren betragsmäßig wegen zusätzlich aufgenommener Versiegelungs- und Schleifarbeiten abweicht. Der Kläger zahlte der Beklagten vorgerichtlich insgesamt 3.000,00 € und der Firma ..., von der er den Estrich nacharbeiten ließ, weitere 2.596,20 €.

6

Mit der Klage verlangt der Kläger Erstattung einer angeblichen Überzahlung unter Berücksichtigung entstandener Mangelbeseitigungskosten. Wegen der Berechnung der Klageforderung von 1.071,68 € wird auf Seite 5 unten der Klageschrift Bezug genommen.

7

Der Kläger rügt insbesondere eine zu glänzend ausgefallene Oberfläche des Estrichs und vertritt die Ansicht, es liege nicht nur ein optischer Mangel, sondern ein handwerklicher Fehler vor.

8

Nach Entfernen der zunächst aufgelegten Schutzfolie hätten sich zahlreiche Unebenheiten und Löcher im Estrich sowie eingearbeitete Grashalme und Zigarettenkippen gezeigt. Ferner habe die Oberfläche sich beim ersten Abfegen gelöst. Der Zeuge ... habe daraufhin zur kostenfreien Mängelbeseitigung zwei Alternativen vorgeschlagen, und zwar entweder die gesamte Fläche herauszureißen und anschließend neu zu erstellen oder die Fläche abzuschleifen und danach matt zu versiegeln. Er - der Kläger - habe sich für die zweite Variante entschieden. Der Zeuge ... habe die Arbeiten jedoch nicht fachgerecht ausgeführt, vielmehr sei der Abschliff unregelmäßig und die hochglänzende Harzschicht ungleichmäßig und zu dick ausgefallen.

9

Der Kläger vertritt die Ansicht, dass er kostenmäßig für die in der zweiten Rechnung der Beklagten zusätzlich aufgeführten Versiegelungs- und Schleifarbeiten nicht verantwortlich sei. Es handele sich um - fehlgeschlagene - Nachbesserungsversuche der Beklagten.

10

Der Kläger beantragt,

  1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.071,68 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.10.2004 zu zahlen.

    Der Kläger beantragt weiterhin,

    die Widerklage abzuweisen.

11

Die Beklagte beantragt,

  1. die Klage abzuweisen.

12

Widerklagend beantragt sie,

13

den Kläger zu verurteilen, an sie 4.664,94 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

14

Die Beklagte hält ihre Werkleistung für mangelfrei, weil nicht eine identische, sondern eine der dem Referenzobjekt vergleichbare Estrichoberfläche geschuldet sei.

15

Der Kläger habe die Versiegelungsarbeiten zunächst ausführen wollen, sie dann aber später doch in Auftrag gegeben, weshalb ein Werklohn in Höhe von insgesamt 7.664,94 € abzüglich gezahlter 3.000,00 € entsprechend der Rechnung vom 31.10.2003 gerechtfertigt sei.

16

Die Versiegelungs- und Schleifarbeiten seien entsprechend den Vorgaben des Klägers und einer von ihm freigegebenen Musterfläche im Badezimmer ausgeführt worden.

17

Wegen des übrigen Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

18

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung von Zeugen und Einholung eines mündlichen Gutachtens. Wegen des Ergebnisses wird auf die Sitzungsniederschrift vom 16.06.2006 verwiesen.

19

Die Akten 5 OH 116/03 Landgericht Osnabrück waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

20

Klage und Widerklage sind zulässig, die Klage ist unbegründet, die Widerklage teilweise begründet.

21

Der Kläger hat gegen die Beklagte unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Anspruch auf Zahlung von 1.071,68 €.

22

Der Kläger kann von dem der Beklagten geschuldeten Werklohn, § 631 Abs.1 BGB, gemäß Rechnung vom 18.07.2003 in Höhe von insgesamt 4.524,52 € keine Nachbesserungskosten in Höhe von 2.596,20 € abziehen, weil die von der Beklagten bzw. dem Zeugen ... erbrachten Estricharbeiten mangelfrei sind.

23

Der Sachverständige ... hat sein im selbständigen Beweisverfahren 5 OH 116/03 Landgericht Osnabrück erstattetes schriftliches Gutachten im Termin vom 16.06.2006 mündlich dahin erläutert, dass der Boden im Referenzobjekt des Felix-Nussbaum-Hauses ein Unikat sei, das man nicht reproduzieren könne. Die glänzende Oberfläche des von der Beklagten erstellten Estrichbodens sei aus technischer Sicht vermeidbar gewesen, wobei man allerdings berücksichtigen müsse, dass die Arbeitsschritte im Felix-Nussbaum-Haus wegen des dortigen Zufallsergebnisses nicht nachvollziehbar seien. Deshalb sei es gut möglich, dass sich eine andere Abweichung des Bodens von der Referenzfläche ergeben hätte, wenn man die Oberfläche matter gestaltet hätte.

24

Insgesamt sei der von der Firma ... abgelieferte Boden sehr gut gelungen.

25

Das Gericht folgt den Ausführungen des Sachverständigen und legt sie seiner Entscheidung zugrunde. Sie waren anschaulich und nachvollziehbar, an der Fachkunde des Sachverständigen bestehen keine Zweifel.

26

Bei dieser Sachlage liegt eine mangelhafte Werkleistung der Beklagten im Sinne des § 634 BGB nicht vor, zumal diese durch den Zeugen ... im Zuge der Vertragsverhandlungen erklärt hatte, auf die Optik keine Gewährleistung geben zu können. Im Ergebnis hat sich das in der vertraglichen Vereinbarung berücksichtigte Risiko einer nicht vollständigen optischen Übereinstimmung des Estrichs mit dem Vergleichsobjekt bei ansonsten vollständiger Funktionsfähigkeit verwirklicht.

27

Aus diesen Gründen kommt es auch nicht darauf an, ob es dem Zeugen ... im Zuge seiner Beauftragung gelungen ist, den Estrichboden ohne irgendeine andere Veränderung an der Optik matter zu gestalten, weswegen von einer Augenscheinseinnahme des jetzigen Erscheinungsbildes des Bodens, wie vom Kläger im Termin beantragt, abzusehen war.

28

Die Klage war deshalb abzuweisen.

29

Die Widerklage hat teilweise Erfolg.

30

Die Beklagte hat gegen den Kläger Anspruch auf Zahlung weiterer 1.524,52 € gemäß Rechnung vom 18.07.2003 über 4.524,52 € abzüglich geleisteter 3.000,00 €.

31

Diese Summe ist ab Zustellung der Widerklageschrift mit dem gesetzlichen Zinssatz zu verzinsen.

32

Die weitergehende Widerklage bleibt erfolglos.

33

Für die Versiegelungs- und Schleifarbeiten kann die Beklagte deshalb keinen Werklohn gemäß § 631 BGB beanspruchen, weil sie nicht bewiesen hat, dass der Kläger diese unter dem 31.10.2003 zusätzlich abgerechneten Arbeiten in Auftrag gegeben hat.

34

Zwar hat der Zeuge ... ausgesagt, der Kläger habe die Versiegelungsarbeiten ursprünglich selbst vornehmen wollen, allerdings später damit die Firma ... beauftragt.

35

Demgegenüber hat der Zeuge ... jedoch bekundet, der Kläger habe ihn zu Rate gezogen, weil er mit der Oberfläche des Estrichs nicht zufrieden gewesen sei. Diese habe Störungen aufgewiesen, insgesamt keine Glätte gehabt und sei uneben gewesen.

36

Der Zeuge ... habe an Ort und Stelle vorgeschlagen, die Stellen zu versiegeln. Er - der Zeuge ... - meine auch, dass er die Fläche habe schleifen wollen.

37

Der Zeuge ... hat weiter ausgesagt, die Fehlstellen seien damals nicht abnahmereif gewesen. Er könne sich nicht daran erinnern, dass die Parteien damals über irgendwelche Kosten gesprochen hätten. Der Kläger sei mit der bisherigen Arbeit nicht zufrieden gewesen.

38

Aus dieser Aussage lässt sich keine Beauftragung der Beklagten durch den Kläger hinsichtlich der streitgegenständlichen Versiegelungs- und Schleifarbeiten ableiten. Vielmehr haben Nachbesserungsarbeiten vorgelegen, die der Kläger nicht zu bezahlen hat.

39

Der Widerspruch zwischen diesen Zeugenaussagen lässt sich für das Gericht nicht lösen. Jedenfalls kommt der Zeugenaussage des am Rechtsstreit unbeteiligten ... kein geringerer Beweiswert zu als derjenigen des Zeugen ..., der die Firmengeschäfte der Beklagten führt und deshalb ein erhebliches Eigeninteresse am Ausgang des Rechtsstreits haben dürfte.

40

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.