Arbeitsgericht Emden
Urt. v. 14.11.2018, Az.: 1 Ca 361/18

Altersgrenze; Altersversorgung; befristet; Gleichbehandlung; Versorgungsordnung

Bibliographie

Gericht
ArbG Emden
Datum
14.11.2018
Aktenzeichen
1 Ca 361/18
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2018, 74045
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

nachfolgend
LAG Niedersachsen - 05.09.2019 - AZ: 4 Sa 5/19 B
BAG - 22.09.2020 - AZ: 3 AZR 433/19

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Der Ausschluss Beschäftigter von Leistungen der betrieblichen Altersversorung, weil ihr Arbeitsverhältnis bei Erreichen einer Altersgrenze (noch) befristet ist, ist sachlich nicht gerechtfertigt.

Tenor:

1. Die beklagte Partei wird verurteilt, das Angebot der klagenden Partei auf Abschluss einer Versorgungszusage nach der am 01.12.2009 in Kraft getretenen Versorgungsordnung anzunehmen.

2. Es wird festgestellt, dass die beklagte Partei verpflichtet ist, der klagenden Partei im Versorgungsfall Versorgungsleistungen nach der am 01.12.2009 in Kraft getretenen Versorgungsordnung zu verschaffen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger zu 25 % und der Beklagten zu 75 % auferlegt.

5. Der Streitwert wird auf 27.000,00 Euro festgesetzt.

6. Die Berufung wird gesondert zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um Versorgungsleistungen.

Der Kläger ist am 0.0.1960 geboren. Am 14.12.2012 schloss er mit der Beklagten einen befristeten Arbeitsvertrag (Anlage K 1 zur Klageschrift, Blatt 9 ff. der Akten), und zwar für den Zeitraum vom 1.2.2013 bis zum 31.1.2015. Die Parteien vereinbarten unter dem 27.10.2014 (Anlage K 2 zur Klageschrift, Blatt 14 der Akte) die Verlängerung des befristeten Arbeitsvertrages bis zum 31.12.2016. Unter dem 30.11.2016/19.12.2016 schlossen sie sodann einen Teilzeit–Arbeitsvertrag, mit dem der Kläger mit Wirkung zum 1.1.2017 als Process Technician „eingestellt“ wurde. Wegen des weiteren Inhalts des Teilzeit–Arbeitsvertrages wird auf diesen (Anlage K 3 zur Klageschrift, Blatt 15 ff. der Akte) verwiesen. Mit Änderungsvereinbarung vom 21. April 2017 (Anlage K 4 zur Klageschrift, Blatt 23 der Akte) erhöhten die Parteien die Arbeitszeit auf die regelmäßige tarifliche wöchentliche Arbeitszeit von „derzeit“ 37,5 Stunden. Der Kläger erzielt bzw. erzielte in dem fortbestehenden Arbeitsverhältnis der Parteien einen Bruttomonatsverdienst von zuletzt 6.000,00 €.

Bei der Beklagten trat am 1.12.2009 eine Versorgungsordnung in Kraft. Zwischen den Parteien ist streitig, ob dem Kläger im Versorgungsfall Leistungen hieraus zu gewähren sind. Wegen der einzelnen Bestimmungen der Versorgungsordnung wird auf diese (Anlage K 5 zur Klageschrift, Blatt 24 ff. der Akte) verwiesen.

Nach vergeblicher Geltendmachung mit außergerichtlichem Schreiben vom 18.7.2018 (Anlage K 6 zur Klageschrift, Blatt 34 f. der Akte) begehrt der Kläger nunmehr die gerichtliche Feststellung eines Anspruchs aus der Versorgungsordnung der Beklagten mit seiner am 7.9.2018 bei Gericht eingereichten Klage vom selben Tag.

Der Kläger hält die Versorgungsordnung für anwendbar, weil er vor der Vollendung seines 55. Lebensjahres ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten begründet habe, welches bereits mindestens 5 Jahre ununterbrochen bestehe. Damit gehöre er zum Teilnehmerkreis und erfülle die Anspruchsvoraussetzungen. Dass das Arbeitsverhältnis erst nach der Vollendung seines 55. Lebensjahr entfristet worden sei, schließe ihn nicht aus den Teilnehmerkreis aus; eine andere Handhabung sei nicht gerechtfertigt.

Der Kläger beantragt,

1. die beklagte Partei zu verurteilen, das Angebot der klagenden Partei auf Abschluss einer Versorgungszusage nach der am 1.12.2009 in Kraft getretenen Versorgungsordnung anzunehmen;

2. festzustellen, dass die beklagte Partei verpflichtet ist, der klagenden Partei im Versorgungsfall Versorgungsleistungen nach der am 1.12.2009 in Kraft getretenen Versorgungsordnung zu verschaffen.

3. festzustellen, dass dieser Verschaffungsanspruch auch in Zukunft besteht, soweit die klagende Partei mehr als geringfügig im Sinne von § 8 SGB IV beschäftigt wird.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet bzw. meint, dem Kläger stünden im Versorgungsfall keine Leistungen aus der Versorgungsordnung zu.

Eine Vereinbarung über die Geltung der Versorgungsordnung sei bereits nicht getroffen worden. Dazu trägt die Beklagte vor, dem Kläger sei das Arbeitsplatzangebot am 24.10.2016 detailliert erläutert worden. In der als Arbeitsplatzangebot überschriebenen Präsentation (Anlage B 1 zum Schriftsatz vom 29.10.2018, Blatt 48 ff. der Akte) heiße es unter der Überschrift „Betriebsrente (A)“: Kein Anspruch gem. Versorgungsordnung, da Voraussetzung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses vor Vollendung des 55. Lebensjahres nicht erfüllt ist“. Der Kläger habe dieses akzeptiert und den unbefristeten Arbeitsvertrag ohne die nach Ziffer 02, 3. Spiegelstrich der VO erforderliche einzelvertragliche schriftliche Vereinbarung über die Versorgungszusage unterzeichnet; hierin liege auch ein Verzicht auf die Teilnahme an der Versorgung.

Tatsächlich gehöre der Kläger auch nicht zum Kreis der versorgungsberechtigten Personen. Denn dieser werde gemäß Ziffer 01 der VO in zweierlei Hinsicht eingegrenzt; Absatz 1 schließe Arbeitnehmer aus, die bei Beginn des unbefristeten Arbeitsverhältnisses das 55. Lebensjahr vollendet hätten und Abs. 2 schließe Arbeitnehmer aus, die in einem befristeten Arbeitsverhältnis stünden. Eine Altersdiskriminierung läge nicht vor. Die Stichtagsregelung 55. Lebensjahr mit einer 15-jährigen Wartezeit bis zum Rentenbeginn sei nach höchstrichterlicher Rechtsprechung zulässig. Mit dem Rentenbeginn bei Erreichen der Regelaltersgrenze am 1.5.2027 verbringe der Kläger auch nicht mehr als 20 Jahre seines Arbeitslebens befristet oder unbefristet in ihrem Betrieb. Der generelle Ausschluss von befristet Beschäftigten sei ebenfalls zulässig, sofern überhaupt eine unterschiedliche Behandlung vorläge. Mit der Betriebsrente fördere der Arbeitgeber regelmäßig die Betriebstreue des Arbeitnehmers; bei einem befristeten Arbeitsverhältnis habe der Arbeitgeber aber kein Interesse daran, den Arbeitnehmer im Betrieb zu binden. Es komme allein, worauf sie hinweise, auf eine typisierende Betrachtung an.

Die Beklagte behauptet bzw. meint schließlich, dem etwaigen Anspruch des Klägers stehe die in § 16 des MTV Chemische Industrie Niedersachsen geregelte 3-monatige Ausschlussfrist entgegen. Ein etwaiger Anspruch auf Aufnahme in die Versorgung sei mit Abschluss des Vertrages vom 30.11.2016 fällig gewesen. Eine Geltendmachung binnen der 3-monatigen Ausschlussfrist sei nicht erfolgt.

Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die Klage ist hinsichtlich des Feststellungsantrages zu Ziffer 3 unzulässig. Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann auf die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Für die vom Kläger mit dem Antrag zu Ziffer 3 begehrte Feststellung, dass der nach dem Feststellungsantrag zu Ziffer 2 streitbefangene Verschaffungsanspruch auch in Zukunft besteht, soweit er, der Kläger, mehr als geringfügig im Sinne von § 8 SGB IV beschäftigt werde, ist das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse nicht ersichtlich. Der Kläger ist seit dem 1.5.2017 in Vollzeit bei der Beklagten tätig. Er hat weder behauptet, dass das Arbeitsverhältnis zukünftig auf geringfügiger Basis fortgeführt werden soll noch hat er aufgezeigt, ob sich aus einer solchen gegebenenfalls anstehenden zukünftigen geringfügigen Beschäftigung ein Streit der Parteien entfacht hat oder überhaupt zu erwarten ist.

Die Klageanträge zu Ziffer 1 und 2 erfüllen die Zulässigkeitsvoraussetzungen. Insbesondere ist für den Feststellungsantrag zu Ziffer 2 das Feststellungsinteresse gegeben. Zwar ist der Versorgungsfall noch nicht eingetreten; das Arbeitsverhältnis der Parteien besteht fort und der Kläger vollendet am 0.0.2018 erst sein 58. Lebensjahr. Allerdings kann ein Rechtsstreit, sofern er bis in die höchste Instanz fortgeführt wird, jahrelang schweben. Zudem streiten die Parteien bereits derzeit darüber, ob der Kläger im Versorgungsfall einen Anspruch auf Versorgungsleistungen nach der am 1.12.2009 in Kraft getretenen Versorgungsordnung hat. Ein Interesse an alsbaldiger gerichtlicher Feststellung ist unter Berücksichtigung der beträchtlichen finanziellen Auswirkungen bei Zu- bzw. Aberkennung der begehrten Versorgungsleistungen daher gegeben.

II.

Die Klage ist, soweit sie zulässig ist, begründet. Die beklagte Partei hat das Angebot der klagenden Partei auf Abschluss einer Versorgungszusage nach der am 1.12.2009 in Kraft getretenen Versorgungsordnung anzunehmen. Zudem war antragsgemäß festzustellen, dass die beklagte Partei verpflichtet ist, der klagenden Partei im Versorgungsfall Versorgungsleistungen nach der am 1.12.2009 in Kraft getretenen Versorgungsordnung zu verschaffen.

Dabei kann dahinstehen, ob die Versorgungsordnung der Beklagten vom 1.12.2009 bereits unmittelbar auf den Kläger anwendbar ist und er dem im ersten Absatz der Ziffer 01 umschriebenen Teilnehmerkreis unterfällt. Die Beklagte verneint dieses; die Formulierung „bei Beginn des Arbeitsverhältnisses“ sei dahingehend zu lesen, dass es heiße „bei Beginn des unbefristeten Arbeitsverhältnisses“. Der erste Absatz des Teilnehmerkreises beziehe sich auf die unbefristeten Beschäftigten und der zweite Absatz auf die befristet Beschäftigten; zudem entspräche diese Lesart ihrer tatsächlichen Handhabung. Maßgeblich dürfte sein, welche Bedeutung diesem Begriff im jeweiligen Regelungszusammenhang gegeben werden sollte (Vgl. insoweit zum Begriff der Einstellung: BAG Urteil vom 20.2.2001, 3 AZR 25/00, Rn. 27ff.; BAG, Urteil vom 21.2.2013, 6 AZR 524/11, Rn. 9-11, zitiert nach juris). Bei einer Ausgrenzung des zum Zeitpunkt der Vollendung des 55. Lebensjahres lediglich befristet beschäftigten Klägers ergeben sich die streitgegenständlichen Ansprüche aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz.

Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz ist die privatrechtliche Ausprägung des in Art. 3 Abs. 1 GG statuierten Gleichheitssatzes. Nach dem Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (§ 1 b Abs. 1 Satz 4 BetrAVG) ist der Gleichbehandlungsgrundsatz eine selbstständige, betriebsrentenrechtliche Anspruchsgrundlage, wenn der Verstoß gegen diesen Grundsatz nur dadurch zu beseitigen ist, dass die begünstigende Regelung auch auf die benachteiligten Arbeitnehmer angewandt wird. Trotz des Vorrangs der Vertragsfreiheit hat der Arbeitgeber bei der Leistungsgewährung den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten, wenn er die Leistungen nach einem bestimmten erkennbaren und generalisieren Prinzip gewährt, indem er bestimmte Voraussetzungen oder Zwecke festlegt (BAG, Urteil vom 22.12.2009, 3 AZR 136/08, Rn. 39, mit weiteren Nachweis, zitiert nach juris). Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in gleicher oder vergleichbarer Lage befinden, gleich zu behandeln. Dem Arbeitgeber ist nicht nur eine willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe untersagt; bildet er Gruppen von begünstigten und benachteiligten Arbeitnehmern, muss auch die Gruppenbildung sachlichen Kriterien entsprechen. Die Gruppenbildung ist nur dann gerechtfertigt, wenn die Unterscheidung einem legitimen Zweck dient und zur Erreichung dieses Zwecks erforderlich und angemessen ist. Eine Gruppenbildung ist sachfremd, wenn es für die unterschiedliche Behandlung der Personenkreise keine billigenswerten Gründe gibt (BAG, Urteil vom 22.12.2009, 3 AZR 136/08, Rn. 40, a. a. O.). Billigenswert sind dabei Differenzierungsgründe, die unter Berücksichtigung der Besonderheiten der jeweiligen Leistung auf vernünftigen, einleuchtenden Erwägungen beruhen und nicht gegen verfassungsrechtliche oder sonstige übergeordnete Wertentscheidungen verstoßen. Die Merkmale, an die die Gruppenbildung anknüpft, müssen die Differenzierung bei den Rechtsfolgen rechtfertigen (BAG, Urteil vom 22.12.2009, 3 AZR 136/08, Rn. 45, a. a. O.).

Ausweislich ihrer Versorgungsordnung vom 1.12.2009 bildet die Beklagte voneinander verschiedene Mitarbeitergruppen, die entweder versorgungsberechtigt sind oder nicht. Die betreffenden Bestimmungen in der Versorgungsordnung vom 1.12.2009 lauten hinsichtlich des Teilnehmerkreises (Ziffer 01.) und der Anspruchsvoraussetzungen (Ziffer 02) wie folgt:

„01. Teilnehmerkreis

Versorgungsberechtigt sind alle Mitarbeiter(innen) der C, die in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis mit Ablauf von 6 Monaten nach Arbeitsaufnahme zur C stehen, sofern sie bei Beginn des Arbeitsverhältnisses noch nicht das 55. Lebensjahr vollendet haben.

Nicht teilnahmeberechtigt sind Mitarbeiter(innen), die in einem befristeten Arbeitsverhältnis zur C stehen sowie Mitarbeiter, die von der Firmengruppe versetzt werden, es sei denn, im Arbeitsvertrag oder in der Vereinbarung über die Abstellung zur C wäre eine gegenteilige Abrede getroffen.

02. Anspruchsvoraussetzungen

Voraussetzungen für den Anspruch auf Leistungen sind

- die Vollendung des 25. Lebensjahres des/der Mitarbeiters(in)

- ein ununterbrochenes Bestehen des Arbeitsverhältnisses von mindestens 5 Jahren

- die schriftliche Vereinbarung über die Versorgungszusage.“

Die Beklagte macht mit der vorstehend zitierten Ziffer 01 ihrer Versorgungsordnung für eine Versorgungsberechtigung zur Voraussetzung, dass der betreffende Mitarbeiter (der Begriff soll aus Gründen der sprachlichen Vereinfachung geschlechtsneutral verstanden werden; gemeint sind hiermit Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen) bei Beginn des Arbeitsverhältnisses das 55. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Sie knüpft den Versorgungsanspruch des Mitarbeiters mithin an eine Höchstaltersgrenze und – unter Zugrundelegung ihres Verständnisses und ihrer Handhabung – kumulativ an das Fehlen einer Befristung zum Zeitpunkt des Erreichens der Höchstaltersgrenze an.

Zu Höchstaltersgrenzen finden sich spezielle gesetzliche Regelungen im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz. So sind Höchstaltersgrenzen in Versorgungsordnungen nach § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG zulässig, wenn die konkret festgelegte Altersgrenze gemäß § 10 Satz 2 AGG angemessen ist. Befristet beschäftigte Arbeitnehmer dürfen wegen der Befristung des Arbeitsvertrages nach der gesetzlichen Bestimmung in § 4 Abs. 2 Satz 1 TzBfG nicht schlechter behandelt werden als vergleichbare unbefristete beschäftigte Arbeitnehmer, es sei denn, dass sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen; Regelungen zum Arbeitsentgelt und weiteren Beschäftigungsbedingungen finden sich in § 4 Abs. 2 Satz 2 und 3 TzBfG.

Das Bundesarbeitsgericht hatte sich unter anderen mit seiner Entscheidung vom 18.3.2014 zum Aktenzeichen 3 AZR 69/12 mit der Aufnahme einer Höchstaltersgrenze in einer Versorgungsordnung zu befassen. Das Bundesarbeitsgericht hatte über eine betriebliche Versorgungsordnung zu entscheiden, die den Kreis der Versorgungsberechtigten dahingehend bestimmte, dass der Mitarbeiter vor Vollendung des 55. Lebensjahres mindestens 10 Jahre ununterbrochen mit einem unbefristeten Arbeitsvertrag bei der dortigen Bank verbracht haben musste. Gerechnet ab dem Zeitpunkt der Verschmelzung der H Bank eG auf die dortige Beklagte am 1. Januar 1999 bis zu ihrem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zum 30. Juni 2010 verbrachte die dortige Klägerin mehr als 10 ununterbrochene Dienstjahre in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis; die 10-jährige Wartezeit erfüllte die am 19.6.1945 geborene Klägerin allerdings erst mit 63 Jahren, mithin nach Vollendung des 55. Lebensjahres. Dennoch entschied das Bundesarbeitsgericht zugunsten der klagenden Mitarbeiterin. Das Bundesarbeitsgericht hielt die Regelung in der Versorgungsordnung gemäß § 7 Abs. 2 AGG für unwirksam, weil sie eine unzulässige Diskriminierung wegen des Alters nach dem auch auf betriebliche Altersversorgungen anwendbaren AGG bewirke. Die Unwirksamkeit habe, so das BAG, nicht zur Folge, dass die Mitarbeiter der Beklagten ohne Rücksicht auf ihr Alter zu Beginn der anrechnungsfähigen Dienstzeit versorgungsberechtigt wären. Vielmehr seien Mitarbeiter, die bei Eintritt des Versorgungsfalls keine 10-jährige Dienstzeit bei der Beklagten nachweisen könnten, nicht versorgungsberechtigt. Diese Regelung schließe damit in zulässiger Weise Mitarbeiter, die zum Zeitpunkt des Diensteintritts bei der Beklagten aufgrund ihres Alters die 10-jährige Wartezeit bis zur Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht mehr erfüllen könnten, von den Leistungen der betrieblichen Altersversorgung aus.

Zur Begründung führt das Bundesarbeitsgericht zu Rn. 27 des vorstehend zitierten Urteils – zusammenfassend wiedergegeben – aus:

“Der durch die Versorgungsordnung bewirkte Ausschluss von Mitarbeitern, die bei Erfüllung der 10-jährigen Wartezeit das 55. Lebensjahr vollendet haben, von den Leistungen der betrieblichen Altersversorgung ist nicht angemessen im Sinne des § 10 Satz 2 AGG. Die Regelung berücksichtigt die berechtigten Belange der Betroffenen nur unzureichend. Sie führt dazu, dass Arbeitnehmer, die bei Beginn ihres Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten bereits das 45. Lebensjahr vollendet haben, keine Versorgungsanwartschaften mehr erwerben können. Das hat typischerweise zur Folge, dass diese Arbeitnehmer nur bis zur Vollendung des 45. Lebensjahres Zeit haben, Betriebsrentenanwartschaften bei anderen Arbeitgebern zu erdienen. Da ein Erwerbsleben bei typisierender Betrachtung mindestens 40 Jahre umfasst und der Zeitraum von der Vollendung des 45. Lebensjahres bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze mindestens 20 Jahre beträgt, führt die Regelung in der Versorgungsordnung dazu, dass während eines beträchtlichen Teils eines typischen Erwerbslebens keine Versorgungsanwartschaften mehr erworben werden können. Dies kann auch unter Berücksichtigung des Interesses des Arbeitgebers, nur denjenigen Arbeitnehmern Versorgungsleistungen zuzusagen, die noch eine längerfristige Betriebstreue erbringen können, nicht als angemessen angesehen werden. Dieses Interesse des Arbeitgebers rechtfertigt es nicht, Arbeitnehmern, die dem Betrieb während der Hälfte eines typischen Erwerbslebens angehören, Leistungen der betrieblichen Altersversorgung vorzuenthalten. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Ausschluss von Mitarbeitern, die bei Beginn des Arbeitsverhältnisses das 45. Lebensjahr vollendet haben, von den Leistungen der betrieblichen Altersversorgung auch weder ein geeignetes noch ein erforderliches Mittel, um auf eine ausgewogene Altersstruktur im Unternehmen hinzuwirken. Es erschließt sich nicht, weshalb es ein Anreiz für jüngere Arbeitnehmer sein soll, ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu begründen, weil ältere Arbeitnehmer von den betrieblichen Altersversorgungsleistungen ausgenommen werden. Eine Bestimmung, die bewirkt, dass Arbeitnehmer, die noch mindestens 20 Jahre betriebstreu sein können, von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung ausgeschlossen werden, ist daher auch unter Berücksichtigung des zu respektierenden Gestaltungs- und Ermessensspielraums des Arbeitgebers nicht mehr hinnehmbar.“

Mit dem Verbot der Diskriminierung befristet Beschäftigter befasste sich das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 21.2.2013 zum Aktenzeichen 6 AZR 524/11, mit dem es die in der Entscheidung vom 11.12.2003 zum Aktenzeichen 6 AZR 64/03 vertretene Auffassung ausdrücklich aufgab. Das Bundesarbeitsgericht hatte sich insoweit nicht mit einer Versorgungsordnung, sondern mit der Stufenzuordnung im Rahmen eines befristeten Arbeitsverhältnisses zu befassen. Der aufgrund mehrerer befristeter Arbeitsverhältnisse seit dem 1.5.2008 als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätige Kläger erhielt vom Beklagten noch bis zum 31. März 2010 ein Entgelt aus der Stufe 1 seiner Entgeltgruppe. Der Beklagte war der Auffassung, dass die Berufserfahrung aus zeitlich früheren befristeten Arbeitsverträgen nicht zu berücksichtigen sei; mit Abschluss des Neuvertrages liege eine Einstellung im Sinne von § 16 Abs. 2 TV L vor. Das Bundesarbeitsgericht teilte diese Ansicht nicht. Soweit § 16 Abs. 2 Satz 2 TV-L nur die Berücksichtigung der einschlägigen Berufserfahrung aus „einem“ Arbeitsverhältnis zum selben Arbeitgeber anordne seien ungeachtet dieser missverständlichen Formulierung auch, so das Bundesarbeitsgericht, die einschlägige Berufserfahrung aus mehreren vorhergehenden Arbeitsverhältnissen zu berücksichtigen. Hierzu heißt es in der BAG Entscheidung zu Rn. 20f. wie folgt:

„Eine Nichtberücksichtigung der in früheren befristeten Arbeitsverhältnissen erworbenen Berufserfahrung verstieße gegen § 4 Abs. 2 Satz 3 TzBfG. Die tariflichen Regelungen zur Stufenzuordnung im TV-L hätten dann zur Folge, dass in einer Vielzahl von Fällen Beschäftigte, die vergleichbare Tätigkeiten über einen gleich langen Zeitraum hinweg erbringen und dabei dieselbe, im tariflichen Sinne „einschlägige“ Berufserfahrung erwerben, abhängig von ihrem Status als befristet oder unbefristet Beschäftigte ein unterschiedlich hohes Entgelt erhielten. Die in unbefristeten Arbeitsverhältnissen erworbene Berufserfahrung würde dann tariflich stärker honoriert als die in mehreren aufeinanderfolgenden befristeten Arbeitsverhältnissen erlangte. Würden die bei der Stufenzuordnung nach § 16 Abs. 2 TV-L verbliebene Restlaufzeit nicht berücksichtigt, hätte dies typischerweise erhebliche Verzögerungen beim Stufenaufstieg zur Folge. Nach § 4 Abs. 2 Satz 3 TzBfG müssen für befristet beschäftigte Arbeitnehmer dieselben Zeiten wie für unbefristet beschäftigte Arbeitnehmer berücksichtigt werden, wenn bestimmte Beschäftigungsbedingungen von der Dauer des Bestands des Arbeitsverhältnisses im selben Betrieb oder Unternehmen abhängen, es sei denn, dass eine unterschiedliche Berücksichtigung aus sachlichen Gründen gerechtfertigt ist. Diese Bestimmung konkretisiert den Grundsatz der Nichtdiskriminierung in § 4 Abs. 2 Satz 1 TzBfG und stellt klar, dass unter anderem bei Entgeltansprüchen, die von zurückzulegenden Beschäftigungszeiten abhängen, für befristet Beschäftigte dieselben Zeiten wie für unbefristet Beschäftigte zu berücksichtigen sind. Mit ihr wird Paragraf 4 Nummer 4 der am 18.3.1999 geschlossenen Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge, die im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28.6.1999 zu der EGB – UNICE – CEEP – Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge enthalten ist, umgesetzt.“

Dabei hat das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 21.2.2013 zum Aktenzeichen 6 AZR 524/11 klargestellt, dass die bisherige Rechtsprechung (BAG, Urteil vom 11.12.2003, 6 AZR 64/03 sowie zuletzt BAG, Urteil vom 18.01.2012, 6 AZR 496/10), die auf der Annahme beruht habe, die Parteien seien nach dem Ende einer wirksamen Befristung bei der Neubegründung eines Arbeitsverhältnisses in der Gestalt der Arbeitsbedingungen frei und an frühere Abmachungen nicht gebunden, aufgegeben werde. Die ältere Rechtsprechung sei mit Paragraf 4 der Rahmenvereinbarung, die verhindern solle, dass befristete Arbeitsverhältnisse von einem Arbeitgeber benutzt werden, diesen Arbeitnehmern Rechte vorzuenthalten, die Dauerbeschäftigten zuerkannt werden, nicht vereinbar. Der Grundsatz der Nichtdiskriminierung verlange, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden, sofern eine solche Behandlung nicht objektiv gerechtfertigt sei. Für den hier vorliegenden Fall des § 4 Abs. 2 Satz 3 TzBfG seien, so das BAG weiter, als Vergleichsgruppe die Dauerbeschäftigten heranzuziehen. Das habe der Gesetzgeber klargestellt, wenn er für befristet Beschäftigte die Anerkennung derselben Zeiten wie für unbefristet Beschäftige verlange (BT – Drucks. 14/4374 S. 16). Auch der Gerichtshof der Europäischen Union ziehe zum Vergleich ausschließlich die Dauerbeschäftigten heran (Vergl. EuGH 18.10.2012, C 302/11, Valenza, Rn. 43, NZA 2013, 261).

Das BAG führt sodann unter den Rn. 32 und 33 – zusammenfassend wiedergegeben – aus:

„Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH liege ein sachlicher Grund im Sinne von Paragraf 4 Nummer 1 und/oder Nummer 4 der Rahmenvereinbarung und damit im Sinne von § 4 Abs. 2 Satz 3 TZ BFG nur vor, wenn die Ungleichbehandlung einem echten Bedarf entspricht und zur Erreichung des verfolgten Ziels geeignet und erforderlich ist. Dafür ist Voraussetzung, dass konkrete Umstände vorliegen, die die Differenzierung im konkreten Fall aufgrund objektiver und transparenter Kriterien rechtfertigen. Geeignet sind dabei E.lche Kriterien, die nicht allgemein und abstrakt auf die Beschäftigungsdauer abstellen. Eine Rechtfertigung kann aufgrund der besonderen Art der Aufgaben, zu deren Erfüllung befristete Verträge geschlossen worden sind, und deren Wesensmerkmal oder aufgrund der Verfolgung eines legitimen sozialpolitischen Ziels in Betracht kommen. Dagegen kann die unterschiedliche Behandlung befristet Beschäftigter und Dauerbeschäftigter nicht allein damit gerechtfertigt werden, dass sie in einer allgemeinen, abstrakten Regelung des nationalen Rechts, etwa in einem Gesetz oder einem Tarifvertrag, vorgesehen ist. Auch reicht der bloße Umstand, dass ein befristetes Arbeitsverhältnis vorliegt, als sachlicher Grund nicht aus. Ebenso wenig kann die bloße Tatsache, dass nach dem nationalen Recht ein neues Arbeitsverhältnis begründet worden ist, einen sachlichen Grund im Sinne von Paragraf 4 der Rahmenvereinbarung darstellen. In all diesen Fällen hat der EuGH angenommen, dass die Ziele der Rahmenvereinbarung und der Grundsatz der Nichtdiskriminierung in Paragraf 4 der Rahmenvereinbarung leerliefen und die für die befristet Beschäftigten bestehende ungünstige Situation fortgeschrieben würde, wenn letztlich der bloße Rechtscharakter der früheren Beschäftigungsverhältnisse die Ungleichbehandlung rechtfertigen könnte.“

Vorliegend kann dahinstehen, ob die von der Beklagten bestimmte Altersgrenze in Form der Vollendung des 55. Lebensjahres für sich allein betrachtet ein zulässiges Differenzierungskriterium für das Bestehen bzw. die Versagung einer Versorgungsberechtigung wäre (Vgl. dazu auch: BAG, Urteil vom 12.02.2013, 3 AZR 100/11, zitiert nach juris).

Dabei wird darauf hingewiesen, dass das Bundesarbeitsgericht mit seiner vorstehend zitierten Entscheidung vom 18.3.2014 zum Aktenzeichen 3 AZR 69/12 die Altersgrenze der Vollendung des 55. Lebensjahres lediglich in Verbindung mit der weiteren Voraussetzung eines mindestens 10-jährigen ununterbrochenen unbefristeten Arbeitsvertrages bei Erreichen der Altersgrenze, was faktisch einer Altersgrenze in Form der Vollendung des 45. Lebensjahres gleichkommt, für unwirksam erachtet und erklärt, dass eine Bestimmung, die bewirke, dass Arbeitnehmer, die noch mindestens 20 Jahre betriebstreu sein können, von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung ausgeschlossen werden, auch unter Berücksichtigung des zu respektierenden Gestaltungs- und Ermessensspielraums des Arbeitgebers nicht mehr hinnehmbar sei.

Entscheidend ist, dass die Beklagte – unter Zugrundelegung ihres Verständnisses und ihrer Handhabung – das Differenzierungskriterium der Altersgrenze mit dem weiteren Differenzierungskriterium eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses verknüpft. Versorgungsberechtigt sollen diejenigen Mitarbeiter sein, die in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis mit Ablauf von 6 Monaten nach Arbeitsaufnahme stehen, sofern sie bei Beginn ihres unbefristeten Arbeitsverhältnisses noch nicht das 55. Lebensjahr vollendet haben. Im Umkehrschluss sollen diejenigen Mitarbeiter nicht versorgungsberechtigt sein, die bei Vollendung des 55. Lebensjahres in einem befristeten Arbeitsverhältnis stehen, und zwar unabhängig von der Dauer ihrer Betriebszugehörigkeit.

Diese Unterscheidung lässt sich sachlich nicht rechtfertigen.

Die Beklagte führt, so ihr schriftsätzlicher sowie mündlicher Vortrag aus der Kammerverhandlung vom 0.0.2018, das Kriterium der Betriebstreue ins Feld. Bei unbefristet Beschäftigten habe sie Interesse an einer Betriebstreue, nicht jedoch bei befristet Beschäftigten.

Das Gericht verkennt insoweit nicht die Ausführungen des BAG in seinem Urteil vom 15.1.2013 zum Aktenzeichen 3 AZR 4/11 (Rn. 28, zitiert nach juris), in dem es wie folgt heißt:

“Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist es sachlich gerechtfertigt, nur vorübergehend beschäftigte Arbeitnehmer von betrieblichen Versorgungsleistungen auszuschließen. Die betriebliche Altersversorgung bezweckt unter anderem, die Betriebstreue des Arbeitnehmers zu fördern und zu belohnen. Bei nur vorübergehender Beschäftigung ist der Arbeitgeber nicht daran interessiert, den Arbeitnehmer an den Betrieb zu binden. Erst mit der Begründung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses entsteht nach der Versorgungsvereinbarung eine gesicherte betriebsrentenrechtliche Rechtsposition des Arbeitnehmers. Die während des befristeten Arbeitsverhältnisses erbrachte Betriebstreue wird dadurch ausreichend berücksichtigt, dass die im befristeten Arbeitsverhältnis zurückgelegte Beschäftigungszeit bei der Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis angerechnet wird. Wenn sich das unbefristete Arbeitsverhältnis unmittelbar anschließt, rechnet die Beschäftigungszeit von Beginn der ununterbrochenen Tätigkeit an.“

Nach Auffassung des Gerichtes ist allerdings zu bedenken, dass auch bei Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages jedenfalls ein arbeitgeberseitiges Interesse an einer Betriebstreue bis zum jeweiligen Zeitpunkt des Befristungsablaufs besteht. Schließt sich an ein oder mehrere befristete Arbeitsverträge ein unbefristeter Arbeitsvertrag an, besteht letztlich ein Interesse an der Betriebstreue bis zum Renteneintritt. Diese Erwägungen mögen ggf. auch der Regelung in Ziffer 03 der vorliegenden streitgegenständlichen Versorgungsordnung zu Grunde liegen, wonach auch die in einem befristeten Arbeitsverhältnis erbrachte Dienstzeit bei einer Entfristung des Arbeitsvertrages vor Vollendung des 55. Lebensjahres bei der Berechnung der Versorgungsleistungen berücksichtigt wird.

Letztlich ausschlaggebend aber ist, dass die Koppelung von Altersgrenzen und fehlender Befristung in der streitgegenständlichen Versorgungsordnung genau diejenige Auswirkung haben kann, die das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 18.3.2014 zum Aktenzeichen 3 AZR 69/12 (a. a. O.) mit den nachfolgenden Worten beanstandet:

„Eine Bestimmung, die bewirkt, dass Arbeitnehmer, die noch mindestens 20 Jahre betriebstreu sein können, von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung ausgeschlossen werden, ist auch unter Berücksichtigung des zu respektierenden Gestaltungs- und Ermessensspielraums des Arbeitgebers nicht mehr hinnehmbar.“

Fehlt es in der arbeitgeberseitigen Versorgungsordnung an der Angabe einer zeitlichen Höchstgrenze der versorgungsrechtlich unbeachtlichen Betriebszugehörigkeit in befristeten Arbeitsverhältnissen, hat dieses zur Folge, dass die gesamte in einem oder mehreren befristeten Arbeitsverhältnissen verbrachte Betriebszugehörigkeit versorgungsrechtlich unberücksichtigt bleibt, wenn die Entfristung erst nach Vollendung des 55. Lebensjahres erfolgt. Damit erfasst die Regelung auch Arbeitnehmer, die beispielsweise mit 45 Jahren unter Vereinbarung eines befristeten Arbeitsvertrages in den Betrieb der Beklagten eintreten und deren Arbeitsverhältnis nach mehreren Befristungen – in Anwendung der Regelungen nach § 14 Abs. 2 Satz 1, 3 und 4 TzBfG und § 14 Abs. 1 TzBfG – erst nach Vollendung des 55. Lebensjahres, mithin nach einem Zeitraum von gut 10 Jahren, entfristet wird. In einem solchen – von der Versorgungsordnung erfassten – Fall bliebe die letztlich 20-jährige Betriebstreue bis zum Renteneintritt unberücksichtigt. Auf die weiteren Ausführungen in den zitierten und für zutreffend erachteten höchstrichterlichen Entscheidungen wird ergänzend verwiesen.

Nach alledem liegt ein die Ungleichbehandlung derjenigen Arbeitnehmergruppe, der der Kläger zugehört, rechtfertigender sachlicher Grund nicht vor.

Es war daher, wie mit dem Klageantrag zu Ziffer 2 begehrt, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger im Versorgungsfall Versorgungsleistungen nach der am 1.12.2009 in Kraft getretenen Versorgungsordnung zu verschaffen. In Umsetzung dieser Verpflichtung hat die Beklagte entsprechend dem Klageantrag zu Ziffer 1 auch das Angebot des Klägers auf Abschluss der gemäß Ziffer 02. der Versorgungsordnung vom 1.12.2009 vorausgesetzten schriftlichen Versorgungszusage anzunehmen. Der entsprechende Anspruch ist auch nicht nach der Regelung in § 16 MTV Chemische Industrie Niedersachsen verfallen. Denn eine Fälligkeitsbestimmung für den Zeitpunkt der Vereinbarung über die erst zukünftig zu gewährenden Leistungen findet sich in der Versorgungsordnung nicht. Klarstellend wird letztlich noch auf die Regelung in § 894 ZPO hingewiesen; mit der Verurteilung zur Abgabe einer Willenserklärung gilt die Erklärung als abgegeben, sobald das Urteil die Rechtskraft erlangt hat.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 46 Abs. 2 ArbGG i. V. m. § 92 Abs. 1 ZPO. Die Kosten des Rechtsstreits waren den Parteien nach dem jeweiligen Obsiegen und Unterliegen aufzuerlegen. Der Streitwert wird gem. § 61 Abs. 1 ArbGG festgesetzt; er entspricht der von den Parteien mündlich bezifferten Versorgungsleistung für 36 Monate (§ 42 Abs. 1 GKG). Die Berufung wurde gem. § 64 Abs. 3 ArbGG zugelassen, was gem. § 64 Abs. 3a ArbGG in den Urteilstenor aufzunehmen war. Die Sache hat grundsätzliche Bedeutung; soweit ersichtlich wurde über eine Versorgungsordnung mit dem Inhalt, wie sie demjenigen der Beklagten zu entnehmen ist, bislang nicht entschieden. Der Sachverhalt, der der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 15.1.2013 zum Aktenzeichen 3 AZR 4/11 zu Grunde lag, weicht von dem vorstehenden ab. Denn mit der dortigen streitgegenständlichen tariflichen Versorgungszusage wurde eine zeitlich frühere Versorgungszusage abgeändert; die ungleiche Behandlung der Gruppe der befristet beschäftigten Arbeitnehmer wurde damit begründet, dass hinsichtlich der Gruppe der am 31. Dezember 1993 bereits unbefristet beschäftigten Arbeitnehmern die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes zu beachten gewesen waren.