Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 13.06.2002, Az.: 6 B 2166/02

außerplanmäßiger Professor: Oberarzt Mitgliedschaft; Forschung: selbständige; Hochschullehrer: Begriff; Mitgliedschaftsrechte; Oberarzt: außerplanmäßiger Professor; Professor: außerplanmäßiger Mitgliedschaft; Professorengruppe

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
13.06.2002
Aktenzeichen
6 B 2166/02
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2002, 41860
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

nachfolgend
OVG - 23.08.2002 - AZ: 10 ME 118/02

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Allein die Verleihung der Befugnis zum Führen des Titels "Außerplanmäßiger Professor" an einen in der Universitätsklinik beschäftigten Oberarzt führt noch nicht dazu, dass dieser Hochschullehrer im Materiellen Sinne ist.

2. § 125 NHG, wonach die der Abteilung zugeordneten Oberärzte auch hinsichtlich der Organisation und Koordination der Forschung der Weisungsbefugnis des Abteilungsdirektors unterliegen, spricht gegen die Annahme, dass Oberärzte als außerplanmäßige Professoren stets mit der selbständigen Wahrnehmung von Professorenaufgaben in der Forschung betraut sind.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller ist außerplanmäßiger Professor und begehrt im Wege eines Antrages auf vorläufigen Rechtsschutz, vorläufig stimmberechtigt als Mitglied der Professorengruppe nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 des Niedersächsischen Hochschulgesetzes (NHG) an Berufungs- und Habilitationsverfahren der Antragsgegnerin beteiligt zu werden.

2

Die Antragsgegnerin ist eine Hochschule im Sinne des NHG. Bei ihr bestehen mehrere medizinische Zentren im Sinne von § 124 NHG (Institute und Kliniken), die wiederum

3

jeweils in mehrere Abteilungen im Sinne von § 125 NHG untergliedert sind. Der Antragsteller ist als Leitender Oberarzt im Angestelltenverhältnis nach dem Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) bei der Antragsgegnerin beschäftigt. Sein Dienstposten ist der Abteilung III (Neuroradiologie) des Zentrums "Radiologie" zugeordnet. Vorsteher dieser Abteilung ist Professor Dr. med. H.. Der Antragsteller ist dessen Stellvertreter. Im Personal- und Vorlesungsverzeichnis der Antragsgegnerin für das Wintersemester 2000/2001 und das Sommersemester 2001 ist der Antragsteller als Mitglied des Lehrkörpers ausgewiesen. Unter der Rubrik "Institute und Kliniken / Kliniken / Zentrum Radiologie" ist unter "Abteilung III: Neuroradiologie" zunächst nur Prof. Dr. H. als Abteilungsleiter und der Antragsteller lediglich als einer von drei Oberärzten aufgeführt.

4

Die Antragsgegnerin erteilte dem Antragsteller mit Urkunde vom 16.06.1993 die Venia legendi (Lehrbefugnis) für das Fach "Radiologie mit Schwerpunkt Neuroradiologie" und verlieh ihm zugleich den akademischen Grad eines habilitierten Doktors (Dr. med. habil.) mit der Berechtigung, den Titel "Privatdozent" zu führen. In dieser Urkunde brachte die Antragsgegnerin die Erwartung zum Ausdruck, dass der Antragsteller als Forscher und akademischer Lehrer wirke. Darüber hinaus verlieh die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit Urkunde vom 12.11.1997 die Befugnis, den Titel "Außerplanmäßiger Professor" zu führen, mit der Maßgabe, dass diese Befugnis gelte, solange ihm die Befugnis zur selbständigen Lehre bei der Antragsgegnerin zustehe.

5

Der Antragsteller hält seit der Verleihung der Lehrbefugnis unstreitig selbständig Lehrveranstaltungen bei der Antragsgegnerin ab und ist als Mitglied des Lehrkörpers in vollem Umfang in den akademischen Lehrbetrieb bei der Antragsgegnerin eingegliedert. Darüber hinaus nimmt der Antragsteller ebenfalls unstreitig als bestellter Prüfer für den mündlichen Teil des zweiten Abschnitts der ärztlichen Prüfung sowie als Mitglied eines Promotionsausschusses der Sektion III am akademischen Prüfungswesen bei der Antragsgegnerin teil. Schließlich war und ist der Antragsteller auch in erheblichem Umfang als Forscher tätig. Insoweit wird wegen der Einzelheiten auf die Auflistung in Anlage A 3 zu der Antragsschrift vom 16.05.2002 verwiesen.

6

Mit Schreiben vom 13.02.2002 beantragte der Antragsteller bei dem Rektor der Antragsgegnerin, bei zukünftigen Wahlen zu den Kollegialorganen der Antragsgegnerin der Professorengruppe nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 NHG zugeordnet zu werden. Daneben beantragte der Antragsteller mit drei Schreiben jeweils vom 20.02.2002 bei dem Rektor der Antragsgegnerin, gem. § 41 Abs. 8 NHG als Mitglied der Professorengruppe an den Habilitationsverfahren von Frau Dr. med. P., Herrn Dr. med. A. und Herrn Dr. med. S. beteiligt zu werden.

7

Im Deutschen Ärzteblatt, Heft 9, vom 01.03.2002 schrieb die Antragsgegnerin zum 01.10.2002 eine C4-Universitätsprofessur für Neurochirurgie im Zentrum "Neurologische Medizin" (Nachfolge von Professor Dr. med. M.) aus.

8

Mit Schreiben vom 14.03.2002 erklärte der Rektor der Antragsgegnerin gegenüber dem Antragsteller unter Bezugnahme auf dessen Antrag vom 20.02.2002, er können seinem Antrag "auf Mitwirkung in der Gruppe der Professoren im Berufungsverfahren Neurochirurgie" nicht entsprechen. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung seines Antrages sei dieser zur Prüfung an das zuständige Ministerium übersandt worden. Der Senat der Antragsgegnerin habe jedoch in seiner Sitzung vom Vortag entschieden, dass außerplanmäßige Professoren nach § 40 NHG bis zu einer landeseinheitlichen Klärung korporationsrechtlich weiterhin nicht der Professorengruppe zugeordnet würden.

9

Am 21.05.2002 erhob der Antragsteller Klage mit dem Antrag, den "Bescheid" der Antragsgegnerin vom 14.03.2002 aufzuheben und festzustellen, dass er Mitglied der Antragsgegnerin in der Gruppe der Professorinnen, Professoren, Hochschuldozentinnen und Hochschuldozenten (Professorengruppe) ist. Dieses Verfahren ist bei der beschließenden Kammer noch zu Aktenzeichen 6 A 2165/02 anhängig. Die Gerichtsakten zu jenem Verfahren sind hier beigezogen worden.

10

Ebenfalls am 21.05.2002 hat der Antragsteller um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht.

11

Zur Begründung macht er geltend, er sei als Hochschullehrer im Sinne der Rechtsprechung des BVerfG und des BVerwG zum "materiellen Hochschullehrerbegriff" anzusehen und deshalb der Professorengruppe nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 NHG und nicht der Mitarbeitergruppe nach § 40 Abs. 1 Nr. 3 NHG zuzuordnen. Denn er erfülle die Berufungsvoraussetzungen des § 51 NHG und besitze die erforderliche fachliche Qualifikation auf Grund der Habilitation und der Verleihung der Venia legendi. Ferner nehme er tatsächlich ausschließlich bzw. überwiegend Professorenaufgaben wahr. So halte er insbesondere auf Grund seiner Lehrbefugnis selbständig Lehrveranstaltungen ab und nehme am akademischen Prüfungswesen teil. Ferner sei er in zahlreichen Gremien bei der Antragsgegnerin vertreten. Schließlich betreibe er auch selbständig und eigenverantwortlich Forschung. Hierzu verweist er auf ein umfangreiches Schriftenverzeichnis (Anlage A 3 zur Antragsschrift vom 16.05.2002).

12

Die Verleihung der Lehrbefugnis sei mit einer umfassenden Selbständigkeit in Forschung und Lehre verbunden. Hierin liege auch die erforderliche "Betrauung" mit der selbständigen Vertretung seines Faches in Forschung und Lehre im Sinne der Rechtsprechung des BVerwG (BVerwGE 100, 160). Danach sei zwar die ausdrückliche Einräumung einer entsprechenden Rechtsstellung bzw. Befugnis durch die zuständigen Organe der Hochschule erforderlich. Hierfür genüge jedoch eine förmliche Entscheidung, der ein Verfahren vorausgegangen sei, das sowohl hinsichtlich der zuständigen Entscheidungsträger als auch in seinen inhaltlichen Anforderungen grundsätzlich den Anforderungen an ein

13

ordentliches Berufungsverfahren entspreche, wie es der Berufung in ein Professorenamt vorausgehe. Diese Voraussetzungen habe das BVerwG in dem von ihm entschiedenen Fall bei der Verleihung einer Lehrbefugnis für ein bestimmtes Fach als gegeben angesehen. Dementsprechend genüge im vorliegenden Fall die Verleihung der Berechtigung zum Führen des Titels "§Außerplanmäßiger Professor". Denn das in der Geschäftsordnung der Antragsgegnerin für das Verfahren zur Erlangung der Genehmigung zum Führen des Titels "Außerplanmäßiger Professor/Außerplanmäßige Professorin" (GeschO APL-Prof.) vorgesehene Verfahren entspreche offensichtlich im Wesentlichen einem Berufungsverfahren für einen planmäßigen Professor nach § 52 NHG. Die Verleihung der Befugnis zum Führen dieses Titels schließe folglich den erforderlichen Übertragungsakt hinsichtlich der selbständigen Vertretung des betreffenden Fachs in Forschung und Lehre ein. Eines weiteren "Betrauungsaktes" bedürfe es nicht.

14

Auch komme es nicht auf seine dienstrechtliche Stellung an, da diese nach der Rechtsprechung des BVerfG und des BVerwG für die Beurteilung der Frage, ob jemand korporationsrechtlich als Hochschullehrer einzuordnen sei, unerheblich sei.

15

Schließlich spreche auch die Regelung des § 125 NHG nicht gegen seine Einordnung als Professor im materiellen Sinne. Denn hierbei handele es sich ausschließlich um eine organisationsrechtliche Regelung, die keinen Einfluss auf die Beurteilung der korporationsrechtlichen Stellung des Antragstellers haben könne.

16

Der Antragsteller beantragt,

17

die Antragsgegnerin vorläufig bis zum Ablauf einer angemessenen Frist nach Zustellung eines Urteils über die parallel erhobene Klage zu verpflichten, den Antragsteller stimmberechtigt in Berufungsverfahren und insbesondere im Berufungsverfahren für die C4-Universitätsprofessur für Neurochirurgie (Nachfolge von Prof. Dr. med. M.) und in Habilitationsverfahren, insbesondere in den Habilitationsverfahren von Frau Dr. med. P., Herrn Dr. A. und Herrn Dr. med. S. sowie in den im Februar 2002 vom Senat der Antragsgegnerin eröffneten Habilitationsverfahren, in der Gruppe der Professoren nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 NHG mitwirken zu lassen.

18

Die Antragsgegnerin beantragt,

19

den Antrag abzulehnen.

20

Zur Begründung macht die Antragsgegnerin im Wesentlichen geltend, der Antragsteller habe einen Anordnungsanspruch hinsichtlich der von ihm begehrten Beteiligung an dem Berufungsverfahren für die ausgeschriebene C4-Universitätsprofessur nach § 41 Abs. 7 NHG und an den von ihm benannten Habilitationsverfahren nach § 41 Abs. 8 NHG nicht glaubhaft gemacht. Beide Ansprüche setzten voraus, dass der Antragsteller der Professorengruppe nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 NHG zuzuordnen sei. Dies sei jedoch nicht der Fall. Denn der Antragsteller sei weder Hochschuldozent im Sinne von § 60 NHG noch Professor. Insoweit unterscheide das NHG in § 37 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 7 eindeutig zwischen "planmäßigen" Professoren und außerplanmäßigen Professoren. Diese Differenzierung sei auch bei der Anwendung des § 40 NHG zu berücksichtigen, so das der Antragsteller der Mitarbeitergruppe nach § 40 Abs. 1 Nr. 3 NHG zuzuordnen sei.

21

An diesem Ergebnis ändere sich auch nichts, wenn man den vom BVerfG entwickelten sog. materiellen Hochschullehrerbegriff zu Grunde lege. Denn der Antragsteller sei auch nicht mit der selbständigen Vertretung von Forschung und Lehre betraut. Dies ergebe sich maßgeblich aus der in § 125 NHG vorgesehenen Kompetenzverteilung. Nach § 125

22

Abs. 1 Nr. 1 NHG seien die einzelnen Abteilungen der Antragsgegnerin zuständig für die Organisation und Koordination von Forschung und Lehre. Die Abteilungen würden jedoch gem. § 125 Abs. 2 NHG von einem "planmäßigen" Professor i.S.v. § 37 Abs. 1 Nr. 2 NHG als Vorsteher geleitet. Diesem obliege in wesentlichen Fragen eine Weisungskompetenz gegenüber den der Abteilung nach § 125 Abs. 3 NHG zugeordneten Oberärzten, zu denen der Antragsteller zähle. Dementsprechend sei allein der Vorsteher einer Abteilung mit der selbständigen Vertretung von Forschung und Lehre im Sinne der Rechtsprechung des BVerwG "betraut".

23

Daran ändere auch die Verleihung der Lehrbefugnis für ein bestimmtes Fach und die Erteilung der Befugnis zum Führen des Titels "Außerplanmäßiger Professor" nichts. Denn auf Grund seiner Lehrbefugnis nehme der Antragsteller lediglich seine Befugnis zur selbständigen Lehre wahr. Auch in der Erteilung der Befugnis zum Führen des Titels "Außerplanmäßiger Professor" liege kein Betrauen mit der umfassenden selbständigen Vertretung des betreffenden Faches in Forschung und Lehre. Diese obliege allein dem jeweiligen Abteilungsdirektor. Die Bezeichnung "außerplanmäßiger Professor" sei demgegenüber ein rein akademischer Titel, mit dem auch nach der GeschO APL-Prof. keine weitergehende Übertragung von Aufgaben oder Kompetenzen verbunden sei.

24

Schließlich sei auch die Tätigkeit des Antragstellers in verschiedenen Gremien unerheblich, da eine derartige Gremienarbeit nicht zu den spezifischen Professorenaufgaben gehöre.

25

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten zu diesem Verfahren, insbesondere die Antragsschrift des Antragstellers vom 16.05.2002 nebst Anlagen A 1 bis A 12, die Antragserwiderung der Antragsgegnerin vom 30.05.2002 nebst Anlagen 1 bis 3 sowie den weiteren Schriftsatz des Antragstellers vom 10.06.2002, sowie der beigezogenen Gerichtsakten zum Verfahren 6 A 2165/02, dort insbesondere die Klageschrift des Antragstellers vom 16.05.2002 nebst Anlagen K 1 bis K 11, verwiesen.

II.

26

Der als Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in Form einer sog. Regelungsanordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO statthafte und auch im Übrigen zulässige Antrag ist unbegründet und deshalb abzulehnen. Denn der Antragsteller hat es nicht vermocht, einen Anordnungsanspruch glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO).

27

Der von dem Antragsteller geltend gemachte materiell-rechtliche Anspruch auf Beteiligung an Berufungsverfahren nach § 41 Abs. 7 NHG sowie an Habilitationsverfahren nach § 41 Abs. 8 NHG, zu dessen Sicherung er vorläufigen Rechtsschutz begehrt, setzt jeweils voraus, dass der Antragsteller zur Professorengruppe nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 NHG gehört. Der Antragsteller hat nicht in der gebotenen Weise dargelegt und glaubhaft gemacht, dass die Voraussetzungen dafür vorliegen, ihn dieser Gruppe zuzuordnen.

28

Zwar hat die Kammer mit (nicht rechtskräftigem) Urteil vom 27.02.2002 - 6 A 759/00 - im Anschluss an den Beschluss des BVerfG vom 16.08.2001 - 1 BvL 6/01 - (NVwZ-RR 2002, 117) entschieden, dass die Vorschrift des § 40 Abs. 1 Nr. 1 NHG nicht streng am Wortlaut des NHG orientiert, sondern unter Berücksichtigung von Art. 5 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG verfassungskonform dahingehend auszulegen ist, dass der Professorengruppe nach dieser Vorschrift auch diejenigen Personen zuzuordnen sind, die die Voraussetzungen des sog. materiellen Hochschullehrerbegriffs im Sinne der Rechtsprechung des BVerfG und des BVerwG erfüllen. Hieran hält die Kammer auch im vorliegenden Fall fest.

29

Dementsprechend ist davon auszugehen, dass der Professorengruppe nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 NHG, unabhängig von der dienstrechtlichen Abgrenzung, derjenige zugehört, der als akademischer Forscher und Lehrer auf Grund der Habilitation oder eines sonstigen Qualifikationsbeweises mit der selbständigen Vertretung eines wissenschaftlichen Faches in Forschung und Lehre betraut ist. Dies setzt zum einen voraus, dass der Betreffende in vollem Umfang in den akademischen Lehrbetrieb der Hochschule eingegliedert ist, selbständig Forschung betreibt und am akademischen Prüfungswesen teilnimmt (BVerfG, Beschluss vom 11.02.1981 - 1 BvR 303/78 - BVerfGE 192 [208 ff.] m.w.N.). Zum anderen ist für das erforderliche "Betrauen" mit der selbständigen Vertretung des betreffenden

30

wissenschaftlichen Faches in Forschung und Lehre eine ausdrückliche Einräumung einer entsprechenden Rechtsstellung bzw. Befugnis durch die zuständigen Organe der Hochschule notwendig; eine bloß faktische, geduldete oder gar usurpierte Übernahme von

31

entsprechenden Funktionen durch den Hochschulbediensteten genügt hierfür nicht. Ausreichend, aber auch erforderlich ist eine förmliche Entscheidung, der ein Verfahren vorausgegangen ist, das sowohl hinsichtlich der zuständigen Entscheidungsträger als auch in seinen inhaltlichen Anforderungen den Anforderungen an ein ordentliches Berufungsverfahren entspricht, wie es der Berufung in ein Professorenamt vorausgeht (BVerwG, Urteil vom 13.12.1995 - BVerwG 6 C 7.94 - BVerwGE 100, 160 [167 f.]).

32

Der Antragsteller hat jedoch nicht dargelegt und glaubhaft gemacht, dass diese Voraussetzungen vorliegen.

33

Denn zum einen genügt die Verleihung der Befugnis zum Führen des akademischen Titels "Außerplanmäßiger Professor" durch die Antragsgegnerin weder allein noch in Verbindung mit der Erteilung der Venia legendi und der Verleihung des akademischen Grades eines habilitierten Doktors den o.g. Anforderungen für ein "Betrauen" mit der selbständigen Vertretung eines wissenschaftlichen Faches in Forschung und Lehre. Dies könnte nämlich nur dann genügen, wenn diese Verleihung dem Berufungsverfahren in das Amt eines Professors derart ähnlich wäre, dass es hinsichtlich der von dem Betroffenen in seinem Hauptamt tatsächlich und selbständig wahrgenommenen und auch künftig eigenverantwortlich wahrzunehmenden Aufgaben in Forschung und Lehre in vergleichbarer Weise einen Übertragungsakt einschlösse und folglich auch insoweit die alleinige und umfassende Verantwortung der zuständigen Universitätsorgane für die ordnungsgemäße Erfüllung der der Universität obliegenden Aufgaben in Forschung und Lehre sicherstellen würde (BVerwGE 100, 160 [168 f.]). Dies ist hier nicht der Fall. Denn es ist nicht ersichtlich, dass die Verleihung der Befugnis zum Führen des akademischen Titels

34

"Außerplanmäßiger Professor" nach dem hier allein maßgeblichen niedersächsischen Landesrecht (§ 24 Abs. 6 NHG) in Verbindung mit den einschlägigen Vorschriften der Antragsgegnerin insbesondere in ihrer GeschO APL-Prof. (in der hier anzuwendenden Fassung vom 22.03.1995) einen solchen Übertragungsakt einschließt.

35

Dabei kann dahinstehen, ob das in der GeschO APL-Prof. vorgesehene Verfahren als solches im Wesentlichen den gleichen kompetenzrechtlichen und inhaltlichen Anforderungen wie das Berufungsverfahren für planmäßige Professoren nach § 54 NHG genügt. Denn weder die Verleihung der Befugnis zum Führen des akademischen Titels "Außerplanmäßiger Professor" noch die zu Grunde liegende Erteilung einer entsprechenden Lehrbefugnis begründen nach niedersächsischem Landesrecht auch die notwendige sachliche Befugnis für den Antragsteller, das von ihm betriebene Fach künftig als universitäre Aufgabe eigenverantwortlich in Forschung und Lehre wahrzunehmen und als

36

solches selbständig zu vertreten; ob dies nach baden-württembergischem oder nordrhein-westfälischem Landesrecht anders zu beurteilen wäre, ist unerheblich.

37

Dies ergibt sich nach Auffassung der Kammer im vorliegenden Fall aus den Besonderheiten der gesetzlichen Ausgestaltung des Lehr- und Forschungsbetriebes bei der

38

Antragsgegnerin in § 125 NHG. Danach spricht tatsächlich Überwiegendes dafür, dass allein der Vorsteher der jeweiligen Abteilung gem. § 125 Abs. 2 NHG (der Abteilungsdirektor) die maßgebliche Verantwortung für die Organisation und Koordination der Forschung und Lehre im Bereich der Abteilung (§ 125 Abs. 1 Nr. 1 NHG) innehat und auf Grund seiner Weisungsbefugnis gegenüber den nachgeordneten (Leitenden) Oberärzten, zu denen auch der Antragsteller gehört, allenfalls er als mit der selbständigen Vertretung des betreffenden Fachs in Forschung und Lehre "betraut" angesehen werden kann.

39

Dies gilt jedenfalls für den Bereich der Forschung. Denn im Bereich der Lehre mag es sich tatsächlich so verhalten, dass das der Antragsteller als Mitglied des Lehrkörpers bei der Organisation und inhaltlichen Ausgestaltung seiner Lehrveranstaltungen hinreichend selbständig ist, was hier zwischen den Beteiligten auch im Wesentlichen unstreitig ist. Demgegenüber ist nicht ersichtlich, dass der Antragsteller tatsächlich eine - durch einen entsprechenden Übertragungsakt hinreichend abgesicherte - Position innerhalb des Forschungsbetriebes bei der Antragsgegnerin innehätte, auf Grund derer er berechtigt wäre, eigenverantwortlich, d.h. insbesondere auch ohne oder gegen den Willen des zuständigen Abteilungsdirektors, Forschung zu betreiben. Vielmehr ist die Forschungstätigkeit des Antragstellers rechtlich von den Vorgaben und Weisungen des Abteilungsdirektors abhängig. Als mit der selbständigen Vertretung des betreffenden Faches in der Forschung "betraut" kann der Antragsteller mithin nicht gelten. Diese Betrauung würde hier wohl vielmehr in der Bestellung zum Abteilungsdirektor nach § 125 Abs. 2 NHG liegen, auf die im Übrigen gem. § 125 Abs. 2 Satz 2 NHG die für die Berufung in ein Professorenamt geltenden Vorschriften des § 54 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 NHG anzuwenden sind, was zusätzlich für die Vergleichbarkeit dieses Übertragungsaktes mit der Berufung in das Professorenamt spricht. 

40

Auch aus der GeschO APL-Prof. der Antragsgegnerin kann der Antragsteller seine Auffassung nicht mit Erfolg herleiten, und zwar weder nach der Fassung vom 22.03.1995, die auf ihn anzuwenden sein dürfte, noch nach der Fassung vom 13.02.2002, auf die er sich bezieht. Denn wie auch die zu Grunde liegende gesetzliche Vorschrift des § 24 Abs. 6 NHG setzt die GeschO APL-Prof. für die Verleihung der Befugnis zum Führen des Titels "außerplanmäßiger Professor" lediglich voraus, dass der Betroffene für einen bestimmten Zeitraum (erfolgreich) von seiner Befugnis zur selbständigen Lehre Gebrauch gemacht hat. Die GeschO APL-Prof. setzt in § 2 in der Fassung vom 22.03.1995 darüber hinaus lediglich voraus, dass sich der Betroffene in Lehre und Forschung besonders bewährt haben muss. Eine selbständige Forschungstätigkeit ist jedoch nicht erforderlich; eine Bewährung in der Forschung kann vielmehr auch im Rahmen einer unselbständigen Tätigkeit erfolgen. Auch in § 2 Abs. 1 Satz 1 der GeschO APL-Prof. in der Fassung vom 13.02.2002 wird lediglich vorausgesetzt, dass der Betroffene "von der Befugnis zur selbständigen Lehre Gebrauch gemacht" hat und "Forschungsleistungen" erbracht hat. Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 GeschO APL-Prof. in dieser Fassung ist der außerplanmäßige Professor zur regelmäßigen Lehre verpflichtet, während eine "Fortsetzung der wissenschaftlichen Arbeit" nach Satz 3 dieser Vorschrift von ihm erwartet wird. Auch hier ist keine Rede davon, dass die wissenschaftliche Forschungstätigkeit des Betroffenen in der Vergangenheit selbständig gewesen sein muss oder es nach Abschluss des Verfahrens sein müsste. Dass dies möglicherweise so sein kann, mag dahinstehen. Jedenfalls aber lässt sich aus diesem Regelungszusammenhang der sichere Schluss ziehen, dass allein mit der Verleihung der Befugnis zum Führen des Titels "außerplanmäßiger Professor" noch nicht ohne weiteres eine Übertragung der Befugnis zur selbständigen Vertretung des betreffenden wissenschaftlichen Faches in der Forschung verbunden ist.

41

Zum anderen hat der Antragsteller nicht hinreichend dargelegt und glaubhaft gemacht, dass er neben seiner unstreitigen selbständigen Lehrtätigkeit und seiner ebenfalls unstreitigen Teilnahme am akademischen Prüfungswesen auch in seinem tatsächlich ausgeübten Tätigkeitsfeld bei der Antragsgegnerin selbständig Forschung betreibt, wie es das BVerfG für den materiellen Hochschullehrerbegriff voraussetzt (vgl. BVerfGE 56, 192 [BVerfG 11.02.1981 - 1 BvR 303/7] [209]). Danach genügt es nämlich nicht, dass der Betroffene durch wissenschaftliche Veröffentlichungen als Forscher in Erscheinung getreten ist und sich weiterhin auf diesem Gebiet hervortut, wie es bei dem Antragsteller unbestritten in ganz erheblichem Umfang der Fall ist. Vielmehr ist es darüber hinaus erforderlich, dass der Betroffene in Themenwahl und Durchführung seiner wissenschaftlichen Forschung selbständig und von keiner Weisung von außen abhängig ist. Dies ist nach der rechtlichen Ausgestaltung des Forschungsbetriebes bei der Antragsgegnerin gem. § 125 NHG, wie soeben dargelegt, jedoch gerade nicht der Fall. Vielmehr sieht das Gesetz grundsätzlich vor, dass die der Abteilung zugeordneten Oberärzte insbesondere auch hinsichtlich der Organisation und Koordination der Forschung der Weisungsbefugnis des Abteilungsdirektors unterliegen, mithin eben gerade nicht selbständig und eigenverantwortlich ohne Weisung von außen ihre Forschung betreiben können. Ob und ggf. inwiefern die tatsächliche Tätigkeit des Antragstellers innerhalb seiner Abteilung hiervon abweicht, ist nach dem Vortrag des Antragstellers nicht ersichtlich. Die kurze Bemerkung auf Seite 5 der Antragsschrift vom 16.05.2002, das umfangreiche Schriftenverzeichnis belege die selbständige und eigenverantwortliche Forschung des Antragstellers, genügt insoweit jedenfalls offensichtlich nicht. Dem Antragsteller hätte es vielmehr oblegen, darzutun und glaubhaft zu machen, dass er seine Forschungsvorhaben tatsächlich vergleichbar selbständig wie ein planmäßiger Professor - etwa wie sein Abteilungsdirektor Prof. Dr. H. - betreibt. Hierfür ist jedoch nichts ersichtlich.

42

Der Antrag des Antragstellers ist nach alledem schon mangels Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruches abzulehnen, so dass es nicht mehr auf die Frage ankommt, ob auch ein hinreichender Anordnungsgrund vorliegen würde.

43

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

44

Die Streitwertfestsetzung erfolgt gemäß § 25 Abs. 2 Satz 1 GKG. Die Höhe des festgesetzten Streitwertes folgt aus § 20 Abs. 3 i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG. Von einer Reduzierung des Auffangstreitwertes im Hinblick darauf, dass es sich lediglich um ein Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes handelt, sieht die Kammer ab, da die vorliegende Entscheidung die Entscheidung in der Hauptsache wie auch die Entscheidung in dem Verfahren 6 A 2165/02 praktisch vorwegnimmt (vgl. Nr. I. 7. Satz 2 der Empfehlungen des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, abgedruckt u.a. bei Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 12. Aufl., nach § 189).