Amtsgericht Walsrode
Urt. v. 23.12.2003, Az.: 7 C 1028/03

Zuweisung von Eigentum an einem Hund nach Auflösung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft; Erwerb von gemeinschaftlichem Eigentum; Zumutbarkeit einer Teilung durch Verkauf ; Anspruch auf Entschädigung nach Verlust des Hundes

Bibliographie

Gericht
AG Walsrode
Datum
23.12.2003
Aktenzeichen
7 C 1028/03
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2003, 31824
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:AGWALSR:2003:1223.7C1028.03.0A

Fundstellen

  • FamRZ 2004, 1724 (amtl. Leitsatz)
  • NJW-RR 2004, 365-366 (Volltext mit amtl. LS)

In dem Rechtsstreit
hat das Amtsgericht Walsrode
auf die mündliche Verhandlung vom 09.12.2003
durch
den Richter ...
für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1.)

    Das Eigentum an dem Hund ... wird der Klägerin gegen Zahlung eines Ablösebetrages an den Beklagten in Höhe von 400,00 EUR zugewiesen. Die Zuweisung erfolgt Zug um Zug gegen Zahlung des Ablösebetrages.

  2. 2.)

    Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin den in Ziffer 1) bezeichneten Rottweiler-Hund nach Zahlung des Ablösebetrages herauszugeben.

  3. 3.)

    Der weiter gehende Antrag der Klägerin, sowie der gegenläufige Hilfsantrag des Beklagten werden abgewiesen.

  4. 4.)

    Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

  5. 5.)

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

  6. 6.)

    Der Streitwert für das Verfahren wird auf bis zu 600,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt Herausgabe eines Rottweiler-Hundes, welcher zum Zeitpunkt des gemeinsamen Zusammenlebens der Parteien erworben wurde.

2

Die Parteien waren bis Juni 2003 partnerschaftlich verbunden und lebten zusammen unter der gemeinsamen Anschrift in ... Im Frühjahr 2001 entschlossen sie sich, einen Hund zu erwerben. Den Hund mit dem Namen ... besichtigten sie bei den Verkäufern.

3

Die Klägerin meldete den Hund bei der Gemeinde an und beschaffte eine Wesensbescheinigung. Sie sorgte für die tierärztliche Versorgung und auch die regelmäßigen Impfungen und trug die entsprechend anfallenden Kosten. Zumindest seit dem 19.08.2003 versicherte die Klägerin den Hund.

4

Der Hund befand sich während des Zusammenlebens zumindest teilweise auch bei dem Vater der Klägerin.

5

Der Beklagte hat angekündigt, den Hund bei seinem bevorstehenden Umzug mitzunehmen und nicht wieder an die Klägerin herauszugeben. Beide Parteien sind der Meinung, sie seien jeweils Alleineigentümer des Hundes.

6

Die Klägerin behauptet, dass der Hund von ihr erworben wurde. Die Mutter der Klägerin habe den Kaufpreis auch bezahlt. Die Anwesenheit des Hundes wirke sich positiv auf die emotionale Verfassung des Vaters der Klägerin aus. Dieser sei dringend auf die kurzfristige Rückgabe des Hundes angewiesen.

7

Nachdem die Klägerin zunächst mit der Klage einen einstweiligen Verfügungsantrag verbunden hat, hat sie diesen in der mündlichen Verhandlung vom 09.12.2003 zurückgenommen.

8

Sie beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin den Rottweiler-Hund ... herauszugeben.

9

Hilfsweise

stellt sie den Antrag auf Auflösung der Gemeinschaft in der Weise, dass der Hund ihr zugewiesen wird.

10

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

11

Hilfsweise

stellt er ebenfalls den Antrag, dass für den Fall der Auflösung einer Gemeinschaft der Hund ihm zugewiesen wird.

12

Die Klägerin beantragt,

den Hilfsantrag abzuweisen.

13

Der Beklagte behauptet, dass er den Hund im Jahre 2001 von dem Zeugen ... erworben habe. Der Beklagte habe den Kaufpreis an Herrn ... gezahlt. Herr ... habe ihm daraufhin das Tier übereignet. Auch er habe eine Hundehaftpflichtversicherung für das Tier abgeschlossen.

14

Er ist der Meinung, dass er Eigentümer des Hundes sei und die Klägerin deswegen keinen Herausgabeanspruch habe.

15

Das Gericht hat durch Vernehmung des Zeugen ... Beweis über die Kaufvertragsverhandlungen erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 09.12.2003 Bezug genommen.

16

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 09.12.2003 verwiesen.

Entscheidungsgründe

17

I.

Der Hauptantrag war abzuweisen.

18

Die Klägerin hat keinen Eigentumsherausgabeanspruch gegen den Beklagten. Die durchgeführte Beweisaufnahme hat ergeben, dass die Parteien an dem Hund gemeinschaftliches Eigentum erworben haben. Der Zeuge ... hat angegeben, dass die Parteien sich gemeinsam den Hund angeschaut haben und bei der Eignung des Hundes für den beabsichtigten Erwerb, gemeinsam den Hund beobachtet haben. Aus der Unterschrift eines Kaufvertrages durch den Beklagten kann nicht dessen Alleinerwerb gefolgert werden. Die Übereignung des Hundes erfolgte an die Parteien gemeinsam. Es ist darauf abzustellen, an wen, aus Sicht eines objektiven Empfängers, der Zeuge übereignen wollte und sollte. Der Zeuge hat ausgeführt, dass es aus seiner Sicht vollkommen zufällig war, dass der Beklagte einen Kaufvertrag unterzeichnete. Die Klägerin hat vielmehr zu dem damaligen Zeitpunkt sich bereits mit dem Hund beschäftigt. Für den Zeugen haben sich die Vertragsverhandlungen damals so dargestellt, dass die Parteien den Hund gemeinschaftlich erwerben wollten. Auch so konnte das Gesamtverhalten der Parteien aus objektiver Sicht nur verstanden werden.

19

Der Zeuge hat ausdrücklich angegeben, dass es aus seiner Sicht so war, dass beide Parteien zu ihm gekommen seien und beide Parteien diesen Hund damals haben kaufen wollen. Es bedurfte auch keiner weiteren Beweisaufnahme, wer letztlich den Kaufpreis finanziert hat. Der Eigentumserwerb des Hundes erfolgte durch beide Parteien zum gemeinsamen Eigentum.

20

Da die Parteien den Hund auch gemeinschaftlich unstreitig während des gemeinsamen Hausstandes besessen haben, ergibt sich auch aus der Eigentumsvermutung des § 1006 BGB nichts anderes als ein gemeinschaftlicher Eigentumserwerb.

21

II.

Aufgrund des Hilfsantrages der Klägerin, die bestehende Gemeinschaft aufzulösen, war der Hund ihr gegen Zahlung eines Ablösebetrages zuzuweisen.

22

Die Teilung hat gemäß § 753 BGB i.V.m. § 242 unter Berücksichtigung aller Umstände nach billigem Ermessen des Gerichts zu erfolgen. Sowohl die Teilung in Natur als auch die Teilung durch Verkauf sind vorliegend ausgeschlossen.

23

Der Antrag auf Aufhebung der Gemeinschaft hat zur Folge, dass gemäß § 752 BGB grundsätzlich eine Teilung in Natur zu erfolgen hat. Da es sich um ein Tier handelt und gemäß § 90 a ZPO die Vorschriften über Sachen nur entsprechend anzuwenden sind, kommt eine tatsächliche Teilung des Tieres bereits aus tierschutzrechtlichen Gesichtspunkten nicht in Betracht.

24

Eine Teilung durch Verkauf ist den Parteien nicht zumutbar, weil das immaterielle Interesse durch den Teilungsverkauf nicht berücksichtigt werden könnte. Es besteht ein Interesse daran, den Besitz wenigstens einer der Parteien zu erhalten. Der entsprechende Kaufpreis steht in keinem realistischen Verhältnis zu dem Wert, welches das Tier für die Parteien hat. Es bedarf insofern einer Billigkeitslösung unter Beachtung von § 242 BGB (vgl. Palandt/Sprau § 753 Rz. 8). Eine Billigkeitslösung hat in der Art zu erfolgen, dass das Tier einem der Teilhaber zuzuweisen ist. Die Billigkeit fordert in diesem Fall jedoch eine billige Entschädigung des anderen Teilhabers. Bei der Frage der Zuweisung an eine der Parteien sind sämtliche Umstände zu berücksichtigen.

25

Die Klägerin hat dargelegt, dass sie bereits in der Vergangenheit erhebliche Formalitäten für den Hund erledigt hat. Die Anmeldebescheinigung - datiert auf den 03.05.2001 (Bl. 6 d.A.) - trägt ihre Unterschrift. Unbestritten hat sie auch für die tierärztliche Versorgung und die regelmäßigen Impfungen gesorgt. Ebenfalls unbestritten hat sich bereits während des gemeinsamen Besitzes der Hund tagsüber bei dem Vater der Klägerin aufgehalten. Aus der Bescheinigung der den Vater behandelnden Ergotherapeutin ... ergibt sich, dass die Anwesenheit des Hundes sich zumindest positiv auf die emotionale Verfassung des Vaters der Klägerin auswirkt. Bei der Zuweisungsentscheidung ist auch zu berücksichtigen, dass nach dem Auszug der Klägerin aus der gemeinsamen Wohnung der Hund sich weiterhin bei ihr befand und unstreitig der Beklagte den Hund teilweise über Nacht zu sich nahm; er den Hund tagsüber jedoch zurückbrachte. Erst am 29.10.2003 entstand der maßgebliche Streit und der Beklagte brachte den Hund nicht zurück. Die Gesamtumstände lassen es als billig erscheinen, dass der Klägerin der Hund zugewiesen wird. Es sind keinerlei Gründe ersichtlich, inwiefern der Beklagte ein weiter gehendes Interesse als die Klägerin an dem Besitz des Hundes hat.

26

Die Billigkeit lässt es jedoch als notwendig erscheinen, dass der Beklagte für den Verlust des Hundes hinreichend entschädigt wird. In der mündlichen Verhandlung zeigten beide Parteien die Bereitschaft, den Hund gegen Zahlung eines auch erheblichen Betrages zu übernehmen. Zugleich deuteten sie an, dass sie nicht über erhebliche finanzielle Mittel verfügen. Die Zahlung des Entschädigungsbetrages in Höhe von 400,00 EUR erscheint aus Sicht des Gerichts zur Entschädigung unter Berücksichtigung des Interesses an dem Hund und auch der zur Verfügung stehenden finanziellen Möglichkeiten angemessen.

27

Die Zuweisung erfolgt Zug um Zug gegen Zahlung des Entschädigungsbetrages.

28

Der gegenläufige Antrag des Beklagten auf Zuweisung des Hundes an ihn war aus den genannten Gründen abzuweisen.

29

Zugleich war auszusprechen, dass der Beklagte zur Herausgabe des Hundes nach Zuweisung verpflichtet ist. Dieser Antrag wurde auch von der Klägerin gestellt. Es ist ein Weniger als der Hauptantrag, da die Herausgabe erst nach Zuweisung zu erfolgen hat.

30

Bei der Kostenentscheidung war zu berücksichtigen, dass die Klägerin den einstweiligen Verfügungsantrag zurückgenommen und in der Hauptsache auch lediglich mit dem Hilfsantrag Erfolg hat. Insgesamt rechtfertigt das Verhältnis des teilweisen Obsiegens und Unterliegens eine Kostenaufhebung.

31

Die Entscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 269 Abs. 3 ZPO.

32

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

Streitwertbeschluss:

Der Streitwert für das Verfahren wird auf bis zu 600,00 EUR festgesetzt.

Heintzmann, Richter