Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 22.11.2017, Az.: 1 A 131/16
Bundespolizeibeamte; Freizeitausgleich; Klagebefugnis; Mehrarbeit; Schutznormtheorie
Bibliographie
- Gericht
- VG Göttingen
- Datum
- 22.11.2017
- Aktenzeichen
- 1 A 131/16
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2017, 54021
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 88 BBG
- § 11 BPolBG
- § 42 Abs 2 VwGO
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
§ 11 Satz 1 BPolBG vermittelt dem einzelnen Polizeibeamten kein subjektiv-öffentliches Recht. Die Regelung, die die Festsetzung eines einheitlichen Freuzeitausgleichs anstelle eines Freizeitausgleichs für jede tatsächlich geleistete Stunde Mehrarbeit vorsieht, schützt allein das Interesse des Dienstherrn an einer Verwaltungsvereinfachung bei Vorliegen ihrer Voraussetzungen.
Tatbestand:
Der Kläger ist Polizeibeamter und begehrt zusätzlichen Freizeitausgleich für seinen Einsatz anlässlich des G7-Gipfels in Schloss Elmau im Mai/Juni 2015.
Der Kläger ist Polizeihauptmeister und Angehöriger der Beweissicherungs- und Dokumentationseinheit der Bundespolizeiabteilung D., eines nachgeordneten Behördenteils der Direktion Bundesbereitschaftspolizei. Seine wöchentliche Regelarbeitszeit beträgt 41 Stunden.
Im Rahmen des Einsatzes zum G-7-Treffen auf Schloss Elmau im Sommer 2015 war der Kläger vom 29. Mai 2015 bis 9. Juni 2015 zur Unterstützung des Bundeskriminalamtes für den Innenschutz in Schloss Elmau (dort im Einsatzbereich „Unterabschnitt Fläche“) eingesetzt. Bei dem Einsatz kamen sieben Beamte seiner Einheit zum Einsatz, davon vier im „Unterabschnitt Fläche“. Der Dienstplan für den „Unterabschnitt Fläche“ für den 30. Juni 2015 bis zum 8. Juni 2015 (Bl. 143 GA und BA 002 a.E.) sah Schichten von 12 Stunden zuzüglich Vor- und Nachbereitungszeiten vor. Tatsächlich war der Kläger zwischen dem 29. Mai 2015 und dem 9. Juni 2015 insgesamt 102 Stunden im Einsatz, wobei Bereitschaftsdienst nicht anfiel. Während der Ruhezeiten war er in einem Hotel im Ort untergebracht.
In der Anlage 1 zum Vorbefehl des Bundeskriminalamtes vom 07.05.2015 (BA 002, Bl. 3 ff.) war durch das Bundeskriminalamt in Bezug auf dort namentlich genannte Personen, zu denen der Kläger nicht zählt, Mehrarbeit für den Einsatz notiert. In einem Schreiben der Bundespolizeiabteilung D. vom 19.05.2015, Ziff. 6.10 „Mehrarbeit“ heißt es: „Erforderliche Mehrarbeit/Rufbereitschaft/Bereitschaftsdienst gemäß Anlage 1, Ziff. 6.8. durch BKA angeordnet; Abrechnung gemäß § 11 BPolBG beabsichtigt.“ (Bl. 140 GA).
Im Nachgang zu diesem Einsatz teilte der Bundespolizeipräsident durch Mitarbeiterbrief vom 14. Juli 2015 mit, dass die Abrechnung der Arbeitszeit während des Einsatzes auf Grundlage des tatsächlich geleisteten Dienstes erfolgen würde, also eine sogenannte „spitze“ Abrechnung erfolgen solle. Darüber hinaus solle unter Fürsorgeaspekten zusätzlich zur Anrechnung der tatsächlich geleisteten Dienste ein besonderer Zeitausgleich ermöglicht werden.
Mit Schreiben vom selben Tag wies die Bundespolizeidirektion K., der die Einsatzführung oblegen hatte, die weiteren Bundespolizeibehörden, unter anderem die Bundespolizeiabteilung D., an, entsprechend dem Mitarbeiterbrief zu verfahren. Danach sollten Volldienstanteile mit 100 %, Bereitschaftsanteile mit 50 % und Rufbereitschaft gemäß der 1/8 Regelung des § 12 Arbeitszeitverordnung berücksichtigt werden. Außerdem wurde ein besonderer Zeitausgleich genehmigt, der bei einer Einsatzdauer bis zu 7 Tagen einen Tag, bei einer Einsatzdauer von 8 bis 21 Tagen zwei Tage und bei einer Einsatzdauer über 21 Tage drei Tage betragen sollte.
Auf Grundlage dieser Berechnungsmodalitäten wurden dem Kläger für Einsatzzeiten 110,25 Stunden Zeitausgleich für den Einsatz auf Schloss Elmau gewährt (Bl. 69-70 GA). Davon wurden nachträglich 8,25 Stunden wieder in Abzug gebracht, weil Fronleichnam entgegen der ursprünglichen Eintragung nicht als arbeitsfreier Feiertag berücksichtigt wurde.
Der Kläger wandte sich mit Schreiben vom 25. August 2015 gegen die Berechnung des Freizeitausgleichs und machte geltend, dass die Arbeitszeit unter Zugrundelegung von § 11 Bundespolizeibeamtengesetz abzurechnen sei und insgesamt 138 Stunden Freizeitausgleich zu gewähren seien.
Mit Bescheid vom 13. November 2015 wies die Bundespolizeiabteilung D. den Antrag zurück. Die Voraussetzungen für die Anwendung von § 11 Bundespolizeibeamtengesetz seien im Erlass des Bundesministeriums des Innern vom 16. Mai 2008 dargestellt. Ziel der Anwendung von § 11 Bundespolizeibeamtengesetz sei es, dass bei mehr als 24-stündigen Einsätzen und Übungen anstelle einer Dienstbefreiung nach § 88 Bundesbeamtengesetz die hierbei geleistete Mehrarbeit vereinfacht ermittelt und durch einen einheitlichen pauschalierten Freizeitausgleich abgegolten werde. Die Voraussetzungen für die Anwendung der Vorschrift seien nicht erfüllt. Bei dem G-7-Gipfel habe es sich um einen mehrtägigen planbaren Einsatz gehandelt, die gemäß Schichtplan festgelegten Volldienstzeiten seien durch frei verfügbare Zeitanteile unterbrochen worden.
Den Widerspruch des Klägers vom 25. November 2015 wies die Direktion Bundesbereitschaftspolizei mit Bescheid vom 22. April 2016 zurück und verwies zur Begründung erneut darauf, dass die Voraussetzungen von § 11 Bundespolizeibeamtengesetz nicht vorlägen.
Der Kläger hat am 25. Mai 2016 Klage erhoben. Er beruft sich darauf, dass ein einheitlicher Freizeitausgleich nach § 11 Bundespolizeibeamtengesetz hätte festgesetzt werden müssen. Nach dem Erlass des Bundesministeriums des Innern vom 16. Mai 2008 zur Anwendung der Regelung seien bei einem 24-stündigen Einsatztag einheitlich 17 Stunden für die Berechnung des Freizeitausgleichs anzusetzen. Ein am Ende bis zum Dienstschluss verbleibender Restzeitraum von weniger als 24 Stunden werde dann noch zu 70 % aufaddiert. Der Freizeitausgleich ergebe sich durch Abzug der jeweiligen täglichen Soll-Arbeitszeit am Heimatstandort. Ihm seien 102 Stunden gutgeschrieben worden. Ihm stünden weitere 27 Stunden Freizeitausgleich zu. Er habe Mehrarbeit geleistet. Mehrarbeit sei bereits eine Tätigkeit über die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit hinaus. Während des Einsatzzeitraums sei er täglich mindestens 11,5 Stunden und an den meisten Tagen 15 Stunden im Dienst gewesen, Bereitschaftsdienstanteile seien hierin nicht enthalten gewesen. Diese Einsatzzeiten seien mit der Arbeitszeitverordnung nicht vereinbar und könnten daher auch keinen „Regeldienst mit verschobenen Arbeitszeiten“ darstellen. Soweit die Beklagte darauf abstelle, dass für die Einsatzabschnitte arbeitszeitkonforme Dienstpläne erstellt worden seien und im Mitbestimmungsverfahren gemäß § 70 Bundespersonalvertretungsgesetz mit der Personalvertretung abgestimmt worden seien, dann gelte dies nicht für ihn, weil der für ihn zuständige Personalrat der Bundespolizeiabteilung D. nicht an der Zustimmung zu dem Dienstplan beteiligt worden sei und dementsprechend auch keine Zustimmung erteilt habe. Auch das insoweit übergeordnete Gremium des Gesamtpersonalrates bei der Direktion der Bundesbereitschaftspolizei sei seines Wissens nach personalvertretungsrechtlich nicht beteiligt worden. Dem Anspruch stehe nicht entgegen, dass die geleistete Mehrarbeit nicht angeordnet worden sei. Zwar setze § 11 Bundespolizeibeamtengesetz aufgrund des Verweises auf §§ 87 und 88 Bundesbeamtengesetz grundsätzlich eine Mehrarbeit voraus. Er setze jedoch nicht voraus, dass es sich um eine angeordnete Mehrarbeit handele. Auch der Erlass vom 16. Mai 2008 setze keine gesonderte schriftliche Anordnung von Mehrarbeit voraus. Die Regelung setze entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht voraus, dass es sich um einen nicht planbaren Einsatz gehandelt habe. Dem stehe schon der Wortlaut von Satz 1 der Regelung entgegen, der nicht danach unterscheide, ob die Einsätze planbar oder nicht planbar seien. Die Regelung gelte auch bei Übungen, auch diese seien immer planbar. Die Voraussetzung werde auch nicht im Erlass des Bundesministeriums des Innern vom 16. Mai 2008 aufgestellt. Aber selbst wenn man voraussetze, dass eine gewisse Unplanbarkeit des Einsatzes vorliegen müsse, seien die Voraussetzungen des § 11 Bundespolizeibeamtengesetz erfüllt. Auch der Einsatz auf Schloss Elmau sei offensichtlich nicht in allen Einzelheiten abschließend planbar gewesen.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 13.11.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.4.2016 zu verpflichten, ihm auf der Grundlage von § 11 Bundespolizeibeamtengesetz Freizeitausgleich für weitere 27 Stunden zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, dem Kläger seien zusätzlich zu den Einsatzstunden zwei Tage Dienstbefreiung, also weitere 16,5 Stunden Freizeitausgleich, gewährt worden. Aufgrund einer fehlerhaften Berechnung seien ihm außerdem für den 4. Juni 2015 zusätzlich 13 Stunden gewährt worden. Eine Berechnung des Freizeitausgleichs auf Grundlage von § 11 Bundespolizeibeamtengesetz komme hingegen bereits dem Grunde nach nicht in Betracht. Nach der Erlass- und Verfügungslage - die Beklagte verweist auf Erlasse des BMI vom 16. Mai 2008 und des Bundespolizeipräsidenten vom 31. Juli 2013 - seien die Anforderungen an die einzelnen Tatbestandsmerkmale wie folgt: Erstens müsse die Dauer des Einsatzes mehr als 24 Stunden betragen. Zweitens müsse der Einsatz hinsichtlich seiner konkreten Dauer hinsichtlich der Person des Personalansatzes nicht abschließend planbar sein. Drittens setze die Regelung voraus, dass die für den Regeldienst geltenden Arbeitszeitregelungen auf die besondere Einsatzlage nicht uneingeschränkt übertragen werden könnten. Viertens müsse es sich um Mehrarbeit im Sinne von § 88 Bundesbeamtengesetz handeln. Fünftens müsse es sich um den Einsatz in der Gliederung einer Einsatzeinheit handeln. Das Merkmal der Planbarkeit ergebe sich nicht ausdrücklich aus § 11 Bundespolizeibeamtengesetz, aber aus der Entstehungsgeschichte der Regelung. Die im Jahr 1976 geschaffene Regelung solle sicherstellen, dass Mehrarbeit durch Freizeitausgleich ausgeglichen werde, der auch innerhalb von 3 Monaten genommen werden könne. Auch diene die Regelung zur Verwaltungsvereinfachung. Daraus folge, dass sie bereits bei ihrer Entstehung eine Ausnahmeregelung dargestellt habe und entsprechend restriktiv auszulegen sei. Dies mache deutlich, dass die vom Gesetzgeber für die Anwendung von § 11 Bundespolizeibeamtengesetz ins Auge gefasste Situation nur dann dessen Anwendung rechtfertige, wenn durch sie eine hohe Zahl an ausgleichspflichtigen Mehrleistungen entstehe. Sie ziele darauf ab zu verhindern, dass der Freizeitausgleich auf Grundlage der herkömmlichen Regelung die Einsatzbereitschaft der Verbände vermindere. Eine solche Situation könne jedoch nur dann angenommen werden, wenn sie unvorhergesehen und damit ungeplant auftrete und sich ebenso unplanbar im Verlauf darstelle. Der Kläger habe außerdem regelmäßige Dienste im Rahmen verschobener Dienstzeiten wahrgenommen. Für die Einsatzabschnitte seien im Vorfeld arbeitszeitkonforme Dienstpläne erstellt worden, die im Mitbestimmungsverfahren gemäß § 75 Bundespersonalvertretungsgesetz mit der Personalvertretung abgestimmt worden seien. Auch liege hier keine Mehrarbeit im Sinne des § 11 Bundespolizeibeamtengesetz vor. Den Einsatzbefehlen könne eine Anordnung von Mehrarbeit nicht entnommen werden. Dem Einsatzbefehl Nummer 2 der Bundespolizeidirektion K. könne eine Regelung im Zusammenhang mit Mehrarbeit entnommen werden, diese sei jedoch vorsorglich für den Fall erfolgt, dass bei Bedarf je nach Einsatzverlauf Mehrarbeit angeordnet werden sollte. Die Anordnung von Mehrarbeit liege darin aber noch nicht. Tatsächlich sei die Anordnung von Mehrarbeit weder zwingend notwendig gewesen noch wäre sie zu rechtfertigen gewesen, da die hierfür erforderlichen zwingenden dienstlichen Verhältnisse im Sinne des § 88 Satz 1 Bundesbeamtengesetz nicht vorgelegen hätten. Es habe sich um einen eher ruhigen Einsatz gehandelt. Daneben sei auch zu beachten, dass eine einzeldienstliche Einsatzbewältigung nicht die Art des Einsatzes sei, die im Fokus der gesetzgeberischen Zielsetzung liege. Nach wie vor sei in der Regelung des § 11 Bundespolizeibeamtengesetz von Verbänden die Rede. Es erfolge also eine Differenzierung zwischen Verband und Einzeldienst. In diesem Zusammenhang wiederum könne es für die Frage der Anwendbarkeit der Regelung nicht auf die Zugehörigkeit zum Verband oder zum Einzeldienst ankommen, sondern vielmehr auf die Art der Aufgabenwahrnehmung. Anderenfalls würden Angehörige des Einzeldienstes in einem verbandsmäßigen Einsatz nicht unter die Regelung fallen können und umgekehrt der Angehörige einer Verbandseinheit beim einzeldienstlichen Einsatz zum Beispiel als Streifenbeamter beim Flughafen der Regelung unterfallen. Die Folge wäre eine eklatante Ungleichbehandlung. Der Einsatz des Klägers im Rahmen des G-7-Gipfel in Unterstützung des Bundeskriminalamtes sei weit überwiegend von der Wahrnehmung einzeldienstlicher Aufgaben geprägt gewesen. Es habe sich um klassische Einzeldiensttätigkeiten wie zum Beispiel Streifengänge, Sicherungsmaßnahmen usw. gehandelt.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und den Verwaltungsvorgang der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unzulässig.
Der Kläger ist nicht gemäß § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. Er kann nicht geltend machen, durch die Ablehnung seines Antrags auf Gewährung weiteren Freizeitausgleichs in seinen Rechten verletzt zu sein. Denn § 11 Bundespolizeibeamtengesetz - BPolG -, auf den sich der Kläger beruft, vermittelt Beamten der Bundespolizei kein subjektives öffentliches Recht.
Ein subjektiv-öffentliches Recht liegt vor, wenn ein Rechtssatz des öffentlichen Rechts nicht nur öffentlichen Interessen, sondern zumindest auch dem Schutz von Individualinteressen derart zu dienen bestimmt ist, dass die Träger der Individualinteressen die Einhaltung des Rechtssatzes sollen verlangen können (so genannte Schutznormtheorie, vgl. BVerwG, Urteil vom 15. November 1985 - 8 C 43.83 -, juris Rn. 15 m.w.N.).
§ 11 Satz 1 BPolBG bestimmt, dass bei Einsätzen und bei Übungen von Verbänden, Einheiten oder Teileinheiten der Bundespolizei von einer Dauer von mehr als einem Tag anstelle einer Dienstbefreiung nach den §§ 87 und 88 des Bundesbeamtengesetzes ein einheitlicher Freizeitausgleich festgesetzt wird, der die Dauer des Einsatzes oder der Übung und die damit verbundene dienstliche Beanspruchung angemessen berücksichtigen muss. Die öffentlichen Interessen, die die Regelung zu schützen bestimmt ist, ergeben sich aus der Gesetzesbegründung zur ursprünglichen Regelung in der Fassung des Gesetzes vom 03.06.1977 sowie der weiteren Gesetzgebungsgeschichte.
Nach § 11 BPolG 1977 konnte der Bundesminister des Innern im Einzelfall bestimmen, dass bei besonderen Einsätzen der Verbände des Bundesgrenzschutzes von einer Dauer von mehr als fünf Tagen von § 72 des Bundesbeamtengesetzes abgewichen und an Stelle der Dienstbefreiung Urlaub unter Fortzahlung der Dienstbezüge bis zu einer Woche gewährt werden kann. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 7/3494, S. 15 f.) gefährdete die damalige Regelung des § 72 BBG, der einen Ausgleich von Mehrarbeit bis zum Ablauf von drei Monaten vorsah, die Sicherheit; denn die Einsatzbereitschaft der Verbände müsste im Nachgang zu einem Einsatz deshalb vermindert werden. Diese Schwierigkeit werde auch nicht durch die Möglichkeit, an Stelle der Dienstbefreiung eine Entschädigung in Geld zu gewähren, voll beseitigt. Ferner zwinge die bestehende Regelung zu einem erheblichen Mehraufwand, da für jeden Beamten der Umfang der Mehrarbeit genau ermittelt werden müsse. Das könnte nach § 11 BPolG zumindest dann vermieden werden, wenn feststehe, dass der Einsatz länger als fünf Tage dauere. Dem begegne die Regelung. Ferner solle damit die Festsetzung des Urlaubs pauschal und damit ohne nennenswerten Verwaltungsaufwand möglich sein.
Auch die nachfolgenden Änderungen haben an dieser Zwecksetzung nichts verändert. § 11 Satz 1 BPolBG hat durch das Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetz 1988 seinen Wortlaut gefunden, die späteren Änderungen berücksichtigen nur noch Änderungen der Verweisungsnorm im Bundesbeamtengesetz. In der Fassung des Gesetzes vom 20.12.1988 (BGBl. I, S. 2363) lautete § 11 Satz 1 BPolBG wie folgt: „Bei Einsätzen und bei Übungen von Verbänden, Einheiten oder Teileinheiten des Bundesgrenzschutzes von einer Dauer von mehr als einem Tag wird anstelle einer Dienstbefreiung nach § 72 des Bundesbeamtengesetzes ein einheitlicher Freizeitausgleich festgesetzt, der die Dauer des Einsatzes oder der Übung und die damit verbundene dienstliche Beanspruchung angemessen berücksichtigen muss.“ Aufgenommen in das Gesetz wurde die Neuregelung aufgrund der Beschlussempfehlung des Innenausschusses vom 09.11.1988 (BT-Drs. 11/3293, S. 11) zu dem Gesetzentwurf des Bundesregierung (BT-Drs. 11/2742). In der Begründung heißt es dazu (BT-Drs. 11/3293, S. 51), die bisherige Regelung habe sich aufgrund ihrer einschränkenden Vor-aussetzungen als zu eng erwiesen. Die Notwendigkeit, einerseits für bestimmte Sicherheitslagen die Einsatzbereitschaft der Verbände des Bundesgrenzschutzes aufrechtzuerhalten und andererseits die geleistete Arbeitszeit möglichst einfach zu ermitteln, gelte auch bei polizeilichen Einsätzen von weniger als fünf Tagen Dauer und vor allem bei Übungen von Polizeiverbänden. Der Ausschuss habe deshalb die Vorschrift auf eine breitere Grundlage gestellt. Bei der künftigen Bemessung des Freizeitausgleichs sei es nun möglich, nach gemeinsamen Einsätzen den den Polizeikräften des Bundes und der Länder zu gewährenden Freizeitausgleich aufeinander abzustimmen sowie bestimmte weitere Beanspruchungen der Beamten (Reisezeiten, Unterbringung in Behelfsunterkünften) angemessen zu berücksichtigen. Darüber hinaus entfalle die bisherige aufwendige Beweisführung über Zeiten eines Volldienstes oder Bereitschaftsdienstes, der Rufbereitschaft, Reisezeiten und Ruhezeiten.
Allenfalls die Zwecksetzung, gegenüber der Altregelung des § 72 BBG eine zeitliche Flexibilisierung beim Ausgleich von Mehrarbeit zu ermöglichen, ist durch die Änderung von § 88 BBG, der Nachfolgeregelung zu § 72 BBG, obsolet geworden. Während § 11 BPolBG weiterhin den Freizeitausgleich (seit 1988 nicht mehr: Urlaub) möglichst innerhalb von drei Monaten vorsieht, regelt § 88 Satz 2 BBG, dass die Dienstbefreiung für eine dienstlich angeordnete oder genehmigte Mehrarbeit innerhalb eines Jahres zu gewähren ist. Damit bleibt es bei der Verwaltungsvereinfachung als dem wesentlichen öffentlichen Interesse, dem § 11 BPolBG dient.
Daneben schützt die Regelung nach ihrem Wortlaut auch die Einzelinteressen der betroffenen Bundespolizeibeamten. Dies gilt allerdings nur, soweit es um die Festsetzung des Umfangs des Freizeitausgleichs geht. Keine subjektiven Rechte vermittelt die Regelung im Hinblick auf das „Ob“ der Festsetzung eines einheitlichen Freizeitausgleichs.
Denn der einheitliche Freizeitausgleich nach § 11 Satz 1 BPolBG bestimmt sich in seinem Umfang nach der zeitlichen Beanspruchung des einzelnen Beamten. Damit unterscheidet sich der einheitliche Freizeitausgleich nach § 11 BPolBG nicht von dem Freizeitausgleich nach § 88 Satz 2 BBG. Dieser berücksichtigt ebenfalls die zeitliche Inanspruchnahme und nicht die Intensität der Inanspruchnahme des Beamten durch den Dienstherrn (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. November 2016 – 2 C 23.15 –, BVerwGE 156, 262, 265 f., Rn. 16 ff.). Eine qualitative Bemessung des Einsatzes findet nach dem Wortlaut der Regelung nicht statt. Hierfür spricht die Bezugnahme auf die Dauer des Einsatzes oder der Übung. Auch die Aufgabe der Urlaubsregelung in § 11 BPolBG 1977 zugunsten einer Angleichung der Rechtsfolge des einheitlichen Ausgleichs an die Rechtsfolge von (angeordneter) Mehrarbeit im allgemeinen Beamtenrecht spricht dafür, dass sich der Freizeitausgleich nach § 11 Satz 1 BPolBG qualitativ nicht von dem Freizeitausgleich nach § 88 Satz 2 BBG unterscheidet. Demgegenüber hat sich die oben dargestellte Vorstellung des Gesetzgebers nicht in dem Wortlaut der Norm niedergeschlagen, weitere Beanspruchungen der Beamten (Reisezeiten, Unterbringung in Behelfsunterkünften) bei der Bemessung des einheitlichen Freizeitausgleichs zu berücksichtigen.
Die Anwendung von § 11 Satz 1 BPolBG vermittelt nach alledem dem Bundespolizeibeamten keinen qualitativ anderen Anspruch als sein Anspruch auf Abgeltung von Mehrarbeit durch Freizeitausgleich nach § 88 Satz 2 BBG. Sie erschöpft sich damit für die Frage, welche Berechnungsmodalität der Dienstherr wählt - nämlich die Pauschalierung oder die „spitze Abrechnung“ - in einer Organisationsnorm. Erst dann, wenn der Dienstherr den einheitlichen Freizeitausgleich wählt, kann sich der Beamte darauf berufen, dass dieser angemessen ist und insbesondere nicht hinter seinem Anspruch auf Freizeitausgleich im Umfang der tatsächlich geleisteten Mehrarbeit zurückbleibt.
Auch aus einer möglichen Verletzung des Gleichbehandlungsgebots aus Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit § 11 Satz 1 BPolBG und dem Erlass des BMI vom 16. Mai 2008 (zur Selbstbindung der Verwaltung vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 1978 - 5 C 1.78 -, juris Rn. 40) kann der Kläger keine mögliche Rechtsverletzung herleiten. Der Erlass gibt unter Ziff. 2.1. grundsätzlich einen Freizeitausgleich von 17 Stunden für jeden 24-Stunden-Einsatztag (abzüglich der jeweiligen Soll-Arbeitszeit) vor. Die Anwendung von Ziff. 2.1. des Erlasses, die Grundlage für den geltend gemachten Anspruch auf Gewährung von weiteren 27 Stunden Freizeitausgleich ist, betrifft das „Wie“ der Berechnung des Freizeitausgleichs auf der Grundlage von § 11 Satz 1 BPolBG, nicht das „Ob“.
Andere Anspruchsgrundlagen für einen Freizeitausgleich, der die bereits gewährten Mehrdienstzeiten noch übersteigt und auf deren mögliche Verletzung sich der Kläger berufen könnte, sind nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Die Berufung ist gemäß §§ 124 Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.
Die Zulassung der Sprungrevision beruht auf § 134 Abs. 1 und 2 i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hat eine Rechtssache grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wenn sie eine abstrakte, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Frage des revisiblen (Bundes-)Rechts mit einer über den Einzelfall hinausgehenden allgemeinen Bedeutung aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder im Interesse der Rechtsfortbildung in einem Revisionsverfahren geklärt werden muss (vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. Juli 2016 - 1 B 85.16 -, juris Rn. 2 m.w.N.). Dieser Zulassungsgrund ist hier zu bejahen, weil die Rechtssache grundsätzliche Rechtsfragen der Anwendung von § 11 BPolBG aufwirft, die über den konkreten Fall hinaus von allgemeiner Bedeutung und höchstrichterlich noch nicht geklärt sind.