Verwaltungsgericht Osnabrück
Urt. v. 20.11.2013, Az.: 6 A 53/11

Ausgleichszahlung; Zeitfahrausweis; Personenbeförderung; Auszubildendenverkehr; Sammelzeitkarte

Bibliographie

Gericht
VG Osnabrück
Datum
20.11.2013
Aktenzeichen
6 A 53/11
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2013, 64487
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Bei einem an monatlichen Zeitabschnitten ausgerichteten und praktizierten Bestell- und Abrechnungswesen, bei dem es an einem Gesamtbezug fehlt, sind einen Gültigkeitszeitraum von 11 Monaten ausweisende Sammelzeitkarten als Monatskarten abzurechnen.

Tenor:

Die Beklagte wird unter entsprechender Aufhebung ihrer Bescheide vom 1.9.2010 und 11.2.2011 verpflichtet, der Klägerin für das Abrechnungsjahr 2009 weitere Ausgleichszahlungen in Höhe von 42.887.- € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu gewähren.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von der Beklagten eine höhere Ausgleichszahlung für die Beförderung von Auszubildenden nach dem Personenbeförderungsgesetz.

Die Klägerin betreibt seit dem Jahr 2008 Buslinienverkehr nach dem Personenbeförderungsgesetz im Landkreis F., wobei sie von diesem Landkreis auch zum Zweck der Schülerbeförderung in Anspruch genommen wird. Zu diesem Zweck erhalten die Schüler zur Inanspruchnahme der Beförderungsleistungen der Klägerin berechtigende Zeitkarten.

Der Landkreis F. als Aufgabenträger der Schülerbeförderung bediente sich der kreiseigenen G.. Diese ermittelte unter Einbeziehung der Schulverwaltungen Art und Anzahl der benötigten Fahrleistungen,

Im Jahr 2009 erhielten die Schüler teilweise als „Schüler-Sammelzeitkarte“ beschriftete Fahrausweise, die neben Angaben zu Fahrausweisinhaber und Fahrstrecke zur Gültigkeit im Schuljahr 2008/09 die Angabe

„21.08. bis 31.08.08., Sept. 08,Okt. 08, Nov. 08, Dez. 08, Jan. 09, Febr. 09, März 09, April 09, Mai 09, Juni 09“

und im Schuljahr 2009/10 die Angabe

„August 2009; September 2009; Oktober 2009; November 2009; Dezember 2009; Januar 2010; Februar 2010; März 2010; April 2010; Mai 2010; Juni 2010“

auswiesen; auf die von der Klägerin zur Gerichtsakte gereichten Fahrausweise (Blatt 29 der Akte) wird insoweit Bezug genommen.

In diesem Kalenderjahr war die von der Klägerin mit Antrag auf Tarifänderung vom 13.10.2008 der Beklagten überreichte Fahrpreistabelle nebst Tarifbestimmungen maßgebend, nachdem die Beklagte mit Bescheid vom 24.10.2008 unter Beifügung einer mit Zustimmungsvermerk versehenen Fahrpreistabelle den Beförderungsentgelten ihre Zustimmung erteilt hatte. Insoweit wird auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 30.4.2010 übersandte die Klägerin der Beklagten ihren Antrag auf Gewährung eines Ausgleichs für gemeinwirtschaftliche Leistungen im Straßenpersonenverkehr für das Kalenderjahr 2009 nebst Anlagen. Mit Bescheid vom 1.9.2010 gewährte die Beklagte ihr daraufhin einen Ausgleichsbetrag für das Jahr 2009 in Höhe von 209.061,00 €.

Ihren hiergegen mit Schreiben vom 13.9.2010 erhobenen Widerspruch begründete die Klägerin unter dem 28.9.2010 bei näherer Darlegung im Einzelnen dahingehend, dass die Reduzierung des von ihr geltend gemachten Ausgleichsanspruchs in Höhe von 251.948,00 €  um 42.887,00 € wohl darauf beruhe, dass die von ihr ausgegebenen Schüler-Sammelzeitkarten fälschlicherweise als Jahreskarten mit einer Gültigkeitsdauer von 240 Tagen, umgerechnet auf 21,82 Gültigkeitstage pro Monat, anstelle - wie beantragt - von Monatskarten mit einer höheren Anzahl von Gültigkeitstagen in die Abrechnung eingestellt worden seien. Bei den Schüler-Sammelzeitfahrkarten handele es sich indes nicht um „Monatskarten im Abonnement“, weshalb sich eine Bewertung als Jahreskarten verbiete. Mit Widerspruchsbescheid vom 11.2.2011 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin im Wesentlichen mit der Begründung zurück, dass die sog. Sammel-Schülerzeitkarten bei Beachtung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts als Jahreskarten in Ansatz zu bringen seien. Die Karten hätten einen Gültigkeitszeitraum aufgezählt, der lediglich einen Teil der Sommerferien ausgenommen habe. Dieser in den Fahrausweisen für die Dauer des Beförderungsanspruchs ausgewiesene Zeitraum umfasse mehr als eine Woche oder einen Monat, nämlich das gesamte Schuljahr und entspreche deshalb einem Jahreszeitfahrausweis. Auf die Widerspruchsbegründung und den Widerspruchsbescheid wird wegen der weiteren Ausführungen Bezug genommen.

Am 2.3.2011 hat die Klägerin Klage erhoben, zu deren Begründung sie in Weiterverfolgung ihres Widerspruchsvorbringens unter Bezugnahme auf die von ihr vorgelegten Fahrausweise insbesondere geltend macht, die von ihr ausgegebenen Schülerzeitfahrausweise würden als Geltungsdauer jeweils die Monate Januar 2009, Februar 2009, März 2009, April 2009, Mai 2009, Juni 2009, August 2009, September 2009, Oktober 2009, November 2009 und Dezember 2009 benennen. Sie würden damit jeweils für einen konkreten bezeichneten Monat  einen Beförderungsanspruch vermitteln. Dieser Beförderungsanspruch bestehe gemäß der auf der Rückseite des Fahrausweises angegebenen Gültigkeitsdauer stets nur für den Monat, in dem der Schüler das Verkehrsmittel benutze. Wenn auf der Rückseite der Fahrausweise nicht nur der erste Monat im Jahr, sondern auch die folgenden Monate angegeben seien, sei dies für die Inanspruchnahme der Verkehrsmittel in einer Zeit, die nicht in den angegebenen Monat falle, unerheblich. Der Zeitfahrausweis gelte nicht allgemein für die Dauer eines Schuljahres, sondern vermittele einen Beförderungsanspruch nur jeweils für einen Monat, in den die Inanspruchnahme des Verkehrsmittels falle. Dem Inhaber stehe allein für einen bestimmten jeweils in Betracht kommenden näher bezeichneten Monat ein Beförderungsanspruch zu. Wenn dabei nicht zwischen Fahrausweisen mit und ohne „kleine Ferien“ unterschieden werde, sei dies allein auf das Verhalten der Käufer zurückzuführen. So wäre für den Monat April 2009 für die 16. bis 18. Kalenderwoche der Erwerb von drei Wochenkarten in Frage gekommen. Diese wären jedoch teurer gewesen als eine Monatskarte. Das habe den Schulträger veranlasst, in diesem Fall ebenfalls eine Monatskarte zu erwerben, wie dies dann in dem ausgegebenen Zeitfahrausweis auf der Rückseite zum Ausdruck gekommen sei. So habe die H., die für den Schulträger die Schülerbeförderung abwickele, jeweils wegen der Lage der Ferien die für sie preislich günstigeren Monatskarten bestellt. Anders als in dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall habe daher für die Auszubildenden die Möglichkeit bestanden, bei der pauschalen Begrenzung der Gültigkeitstage dem Ausbildungsnotwendigen gemäß zu steuern und zu begrenzen. Den Schülern seien keineswegs ausschließlich „Monatskarten im Abonnement“ angeboten worden. Es habe durchaus die Möglichkeit bestanden, für die Monate, in die z.B. „kleine Ferien“ gefallen seien, keine Monatskarten, sondern entsprechend den Ausbildungsnotwendigkeiten Wochenkarten zu erwerben. Wenn dies nicht dazu gekommen sei, habe dies nicht sie zu vertreten, da der Erwerb von Monatskarten nicht an ihr gelegen habe. Die Fahrpreistabelle sehe auch keine Schüler-Monatskarten im Abonnement vor. Schülerzeitkarten habe es ausweislich der Tabelle nur als Schüler-Monatskarte gegeben.

In der mündlichen Verhandlung hat der Geschäftsführer der Klägerin deren Sachvortrag dahingehend ergänzt, dass die Klägerin jeden Monat in Form einer Excel-Tabelle eine Mitteilung von der I. über die Anzahl der im Folgemonat zu befördernden Schüler erhalten habe. Auf dieser Basis sei dann die Abrechnung der Beförderungsleistungen gegenüber der I. erfolgt. Die Zeitfahrkarten seien jeweils von der I. ausgegeben worden. Sofern es im Laufe des Monats vorkommt sei, dass ein Schüler, beispielsweise wegen eines Beinbruchs, für den Rest des Monats oder für künftige Zeiträume nicht an der Schülerbeförderung teilgenommen habe, sei keine Abrechnung gegenüber der I. erfolgt. Ebenso wenig sei dies etwa bei Wegzug von Schülern geschehen; in diesem Fall seien die ausgegebenen Karten dann entweder von der Schule oder von der I. eingezogen worden. Darüber hinaus hätten die einzelnen Busfahrer jeweils Listen über die Schüler, die Schülerbeförderungsleistungen in Anspruch nehmen dürfen, gehabt. Sollten einzelne Schüler, die ihre Karte noch nicht zurückgegeben haben, gleichwohl versucht haben, in einem entsprechenden Bus mitzufahren, seien die Karten von dem betreffenden Fahrer eingezogen worden. Soweit es die Möglichkeit betroffen habe, die sogenannten kleinen Ferien auszusparen, besteht diese Möglichkeit für die Schüler nach wie vor. Sie könnten selbst entscheiden, welches Ticket für sie günstiger ist, ob sie etwa drei Wochenkarten oder eine Monatskarte erwerben. Seit dem Jahr 2011 habe die Klägerin vor dem Hintergrund des vorliegenden Klageverfahrens ihre Praxis umgestellt und sei nunmehr dazu übergegangen, den einzelnen Schülern für jeden Monat eine separate Fahrkarte auszustellen und über die Schulverwaltung aushändigen zu lassen.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 01. September 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Februar 2011 aufzuheben, soweit ihr Ausgleichsantrag abgelehnt worden ist, und die Beklagte zu verpflichten, ihr zusätzlich für das Abrechnungsjahr 2009 einen Betrag von 42.887,-- € zuzüglich Zinsen in Höhe von 8 %-Punkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie vertieft die Begründung ihres Widerspruchsbescheids dahingehend, dass ausgehend von der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 28.11.2007 - 3 C 47/06 - die Frage, welcher Kategorie (Woche, Monat, Jahr) ein Zeitfahrausweis zuzurechnen sei, nach der Dauer des Beförderungsanspruchs zu beantworten sei, der seinem Inhaber gegen den Beförderungsunternehmer zustehe und den der Ausweis dokumentiere, ohne dass es auf die weiteren Modalitäten der vertraglichen Gestaltung ankäme. Unerheblich sei insbesondere, ob das Beförderungsentgelt auf einmal oder ratenweise gezahlt werde und unter welchen Voraussetzungen der Kunde das Beförderungsrechtsverhältnis ggf. vorzeitig kündigen könne. Für die Zuordnung eines Zeitfahrausweises als Jahreskarte sei ebenfalls unerheblich, wenn der Beförderungsanspruch unter Ausklammerung der „großen Ferien“ kürzer als ein Jahr bemessen sei. Die von der Klägerin ausgestellten Zeitfahrausweise führten als Geltungsdauer unter Ausklammerung lediglich des Ferienmonats Juli sämtliche weitere Monate des Jahres an und entsprächen damit der vom Bundesverwaltungsgericht vorgenommenen Auslegung des gesetzlichen Begriffs Jahreszeitfahrausweis in § 3 Abs. 2 S. 1 PBefAusglV. Es bedeute keinen rechtserheblichen Unterschied, dass die von der Klägerin ausgestellten Zeitfahrausweise die einzelnen Monate namentlich benenne. Mit der Aushändigung des Zeitfahrausweises stehe dem Auszubildenden ein Beförderungsanspruch gegen den Beförderungsunternehmer ohne weitere Zwischenschritte für alle im Zeitfahrausweis ausgewiesenen Monate zu und dies werde durch den Zeitfahrausweis dokumentiert. Welche Möglichkeiten der Kunde ggf. habe, dieses Beförderungsverhältnis sodann zu verändern, namentlich zu lösen, sei nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts für die ausgleichsrechtliche Zuordnung des Zeitfahrausweises ohne Belang. Auch die vom Bundesverwaltungsgerichts zur Untermauerung seines Auslegungsergebnisses insoweit formulierten Voraussetzungen für die weitere Tarifgestaltung bei monatlichen Beförderungsverträgen bezüglich rechtlicher oder faktischer Möglichkeiten, Ferienzeiten durch Wahl des „passenden“ Zeitfahrausweises auszusparen, seien vorliegend nicht gegeben, weil entsprechende Steuerungsmöglichkeiten der Auszubildenden gefehlt hätten (wird weiter ausgeführt). Zutreffend sei, dass die Fahrpreistabelle Schülersammelzeitkarten nicht aufführe, doch behalte die ausgleichsrechtliche Einordnung unabhängig davon ihren Bestand. Anderes ergebe sich auch nicht aus § 6 Abs. 2 der Satzung für die Schülerbeförderung im Landkreis Emsland vom 30.6.2008. Auch diese Norm eröffne nicht den Spielraum in geeigneter Weise darauf zu reagieren, dass die Auszubildenden eine Beförderung während der „kleinen Ferien“ zu Ausbildungszwecken nicht benötigten.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Frau Ursula Wehrs, Beschäftigte der G., die auf Befragen bekundete, die Abwicklung der Schülerbeförderung bei der I. sei im Wesentlichen so verlaufen, dass sie zunächst von den jeweiligen Schulen die entsprechenden Schülerdaten bekommen habe und auf dieser Grundlage die Beförderungsberechtigung der Schüler geprüft habe. Auf der Grundlage dieser Prüfung seien dann bei dem jeweiligen Busunternehmen die entsprechenden Karten für den jeweiligen Monat bestellt worden. Diese Karten seien monatlich bestellt und abgerechnet worden, und anschließend seien dann die entsprechenden Karten verteilt worden. Bei nachträglichen Veränderungen, etwa durch Wegzug von Schülern, seien die Karten dann wieder von der jeweiligen Schule eingezogen und an die H. zurückgegeben worden. Von dort aus seien diese Karten dann an das jeweilige Busunternehmen zurückgereicht worden. Im Jahr 2009 sei  die Praxis so gewesen, dass jeweils zum 25. eines Monats die Fahrausweise für den jeweiligen Folgemonat bestellt worden seien. Die entsprechenden Fahrausweise seien jeweils zu Beginn des Schuljahres ausgegeben worden. Bei nachträglichen Änderungen seien die Ausweise dann eingezogen und die Karten beim Busunternehmen abbestellt worden. In den Fällen, in denen Schüler ihre Karte nicht von selbst abgegeben gehabt hätten, sei man an diese bzw. deren Eltern herangetreten. Soweit es vorgekommen sei, dass etwa ein Schüler in der Mitte eines Monats von seiner Fahrberechtigung, beispielsweise aufgrund eines Beinbruchs, nicht mehr habe Gebrauch machen können, habe man für den Rest des Monats sowohl die Busfahrkarte als auch die alternativ erforderlich gewordene Taxifahrt bezahlt. In dem darauffolgenden Monat sei das dann dahingehend geändert worden, dass eine Doppelzahlung nicht mehr erfolgt sei. Die Erfassung und Nacherfassung der jeweiligen Schülerdaten habe sie mittels eines entsprechenden IT-Programms vorgenommen. Die für das jeweilige Busunternehmen erforderlichen Daten habe sie diesem dann jeweils per E-Mail als Excel-Tabelle übermittelt. In dieser Excel-Tabelle sei in der letzten Spalte jeweils nur der nächste Bestellmonat ausgewiesen gewesen. In den Monaten, die nicht vollständig Unterrichtszeit gewesen seien, seien Zeiträume bis zu 2 Wochen über Wochenkarten und darüber hinausgehende Zeiten jeweils als Monatskarten abgerechnet worden. Die Entscheidung darüber, ob in den Ferienzeiten zwei Wochenkarten oder eine Monatskarte bestellt werden sollten, sei vom Landkreis Emsland als zuständigem Schülerbeförderungsträger getroffen worden. In den Fällen, in denen zwei Wochenkarten bestellt worden seien, seien die Schüler dann für die verbleibenden beiden Wochen des Monats nicht berechtigt gewesen, diese Karte zu nutzen.

Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Verpflichtungsklage ist begründet, denn die Klägerin hat Anspruch auf die begehrte höhere Ausgleichszahlung; insoweit sind die eine weitergehende Ausgleichszahlung versagenden Bescheide der Beklagten rechtswidrig.

Der Anspruch der Klägerin folgt aus § 45a Absatz 1 und 2 PBefG, weil die von ihr im Jahr 2009 ausgegebenen Sammelzeitfahrkarten als Monatskarten und nicht als Jahreskarte im Sinn der einschlägigen Ausgleichsbestimmungen anzusehen sind. Nach § 45a Absatz 1 ist im Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen nach den §§  42 und 43 Nr. 2 PBefG, um welchen es sich bei dem von der Klägerin betriebenen Linienverkehr handelt, bei Vorliegen von näher bestimmten, auch nach Auffassung beider Beteiligter zu bejahenden Voraussetzungen

„dem Unternehmer für die Beförderung von Personen mit Zeitfahrausweisen des Ausbildungsverkehrs auf Antrag ein Ausgleich nach Maßgabe des Absatzes 2 zu gewähren“.

Gemäß Absatz 2 Satz 1 werden als Ausgleich gewährt

„50 vom Hundert des Unterschiedsbetrags
zwischen dem Ertrag, der … für die Beförderung von Personen mit Zeitfahrausweisen des Ausbildungsverkehrs erzielt worden ist,
und dem Produkt aus den in diesem Verkehr geleisteten Personen-Kilometern und den durchschnittlichen verkehrsspezifischen Kosten.“

Ergänzend ist die Verordnung über den Ausgleich gemeinwirtschaftlicher Leistungen im Straßenpersonenverkehr i.d.F. d. Änd. v. 23.3.2005, vorliegend insbesondere dessen § 3, heranzuziehen. Nach dessen Absatz 1 werden die Personen-Kilometer durch Multiplikation der Beförderungsfälle mit der mittleren Reichweite ermittelt. Die Zahl der Beförderungsfälle wird nach Absatz 2 nach den verkauften Wochen-, Monats- und Jahreszeitfahrausweisen im Ausbildungsverkehr errechnet (Satz 1), wobei für die Ausnutzung der Zeitfahrausweise 2,3 Fahrten je Gültigkeitstag zugrunde zu legen sind (Satz 2). Nach Satz 3 der Bestimmung ist dabei die Woche mit höchstens 6 Tagen, der Monat mit höchstens 26 Tagen und das Jahr mit höchstens 240 Tagen anzusetzen. Ausschließlich um diesen Ansatz streiten die Beteiligten im vorliegenden Verfahren, denn die Beklagte hat Jahreszeitfahrausweise angenommen, während die Klägerin von ihr verlangt, Monatszeitfahrausweise zugrunde zu legen. Die unterschiedlichen Ansätze führen - dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig - zu den von den Beteiligten ermittelten Ausgleichsbeträgen und differieren in Höhe des mit der Klage begehrten Betrags.

Hierzu hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem von den Beteiligten unterschiedlich interpretierten Urteil vom 28.11.2007 - 3 C 47/06 - (NVwZ-RR 2008, 395 = juris) u.a. ausgeführt:

„Ob ein Zeitfahrausweis für einen bestimmten Zeitraum - eine Woche, einen Monat, ein Jahr - vorliegt, bestimmt sich nach der Dauer des Beförderungsanspruchs, der seinem Inhaber gegen den Beförderungsunternehmer zusteht und den der Ausweis dokumentiert. Der Begriff des Zeitfahrausweises wird zwar in der Verordnung nicht definiert. Doch bezeichnet ein Zeitfahrausweis nach seinem gewöhnlichen Wortsinn einen Ausweis, der den Anspruch seines Inhabers zur Inanspruchnahme bestimmter (gleichartiger) Beförderungsdienstleistungen während des in ihm bezeichneten Zeitraums dokumentiert. Auf die weiteren Modalitäten der vertraglichen Gestaltung kommt es demgegenüber nicht an. So ist für den Begriff des Jahreszeitausweises unerheblich, ob das Beförderungsentgelt auf einmal oder aber ratenweise bezahlt wird und ob, unter welchen Voraussetzungen und mit welchen Rechtsfolgen der Kunde das Beförderungsrechtsverhältnis vorzeitig kündigen kann. Ebenso ist unschädlich, wenn Teile des Gültigkeitszeitraums außerhalb des Kalenderjahres liegen, in dem der Ausweis verkauft wurde, oder wenn dem Unternehmer Teile des Erlöses erst im nachfolgenden Kalenderjahr zufließen (Urteil vom 14. Februar 1996 - BVerwG 11 C 3.95 - Buchholz 442.01 § 45a PBefG Nr. 7).

Dass die Verordnung als derart bestimmte Zeiträume nur eine Woche, einen Monat oder ein Jahr vorsieht, schließt nicht aus, den Gültigkeitszeitraum der Zeitfahrausweise zu beschränken, ohne dass deshalb die Möglichkeit ihrer Zuordnung zu einer der drei vorgesehenen Arten von Zeitausweisen entfiele. Diese Gestaltung ist in der Verordnung selbst bereits berücksichtigt, soweit § 3 Abs. 2 Satz 3 PBefAusglV bestimmt, dass Wochen-, Monats- oder Jahreskarten nur mit "höchstens" 6, 26 oder 240 Gültigkeitstagen anzusetzen sind; sehen Zeitfahrausweise weniger Gültigkeitstage vor, so können sie auch nur in diesem geringeren Umfang angesetzt werden (Urteil vom 7. September 2000 - BVerwG 3 C 31.99 - Buchholz 442.0 § 45a PBefG Nr. 9 <S. 5 f.>). Zeitfahrausweise für Schüler sind deshalb auch dann noch als Jahreszeitfahrausweise anzusehen und anzusetzen, wenn sie für ein Schuljahr unter Ausschluss der "großen" (Sommer-)Ferien, also nicht für 365 oder 366 Tage, sondern nur für etwa zehneinhalb Monate gelten. Ebenso kann begrifflich noch ein Jahreszeitfahrausweis vorliegen, wenn er während des laufenden Schuljahres ausgegeben wird und nur noch für dessen verbleibenden Rest gilt; allerdings kann er dann nicht mehr mit 240, sondern nur noch mit den bis zum Schuljahresende verbleibenden Gültigkeitstagen angesetzt werden.“

Ausweislich des Urteilstatbestands hatte das Beförderungsunternehmen nach dem vom Bundesverwaltungsgericht zu beurteilenden Sachverhalt Monatskarten dergestalt im Abonnement ausgegeben, dass sich das Beförderungsverhältnis jeweils um einen Monat bis längstens zum Schuljahresende verlängerte, wenn es nicht zuvor gekündigt wurde, wobei die Auszubildenden Fahrausweise mit Lichtbild erhielten, in welche neben der jeweiligen Fahrstrecke das Schuljahr als Gültigkeitszeitraum eingetragen war. Danach hatte das Beförderungsunternehmen insbesondere geltend gemacht, die Fahrausweise würden über die Schulverwaltungen monatlich bei ihm bestellt, monatlich abgerechnet und die Schüler erwürben lediglich einen Beförderungsanspruch für jeweils einen Monat.

Das Bundesverwaltungsgericht hat den Umstand als maßgeblich angesehen, dass das Schuljahr als Gültigkeitszeitraum eingetragen war. Der Argumentation des Beförderungsunternehmens ist es bereits deshalb nicht gefolgt, weil diese nicht mit dem seinerzeit gültigen Beförderungstarif übereinstimmte, nach dem Monatskarten an Auszubildende und Schüler auch „als Jahres- und Abonnementkarten“ ausgegeben wurden, die ausschließlich im Lastschriftverfahren vertrieben und deren Gegenwert in monatlichen Teilbeträgen und ggf. in einem Jahresbetrag vom Konto abgebucht wurden. Derartige Zeitfahrausweise sind nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts ungeachtet ihrer Bezeichnung begrifflich Jahreszeitfahrausweise, bei denen lediglich eine ratenweise Bezahlung vereinbart wurde.

Nachfolgend unterstellt das Bundesverwaltungsgericht, die Beteiligten hätten nur monatliche Beförderungsverträge geschlossen und bejaht auch für diesen Fall das Vorliegen von Jahreszeitfahrausweisen. Die Annahme von Wochen- und Monatskarten setze voraus, dass die Tarifgestaltung dem Kunden rechtlich und faktisch die Möglichkeit belasse, Ferienzeiten durch Wahl des „passenden“ Zeitfahrausweises auszusparen. Selbst wenn „Monatskarten im Abonnement“ jeweils nur einen monatlichen - und monatsweise verlängerten - Beförderungsanspruch vermittelten, so bestehe doch ein rechtlicher oder faktischer Zwang zu dieser allmonatlichen Verlängerung. Zwar würden Zeiten der „großen Ferien“ ausgespart, die Zeiten der „kleinen Ferien“ könnten sie aber nicht aussparen. Selbst wenn nicht die Auszubildenden und Schüler Kunden, sondern die Schulträger „Großkunden“ des Beförderungsunternehmens sein sollten, ändere dies doch nichts daran, dass das geltende Tarifangebot eine Wahlfreiheit auch für diese „Großkunden“ vermissen lasse.

Mit seinem Urteil vom 26.4.2012 - 3 C 28/11 (NVwZ-RR 2012, 641 = juris) - hat das Bundesverwaltungsgericht bekräftigt, dass sich die Frage, für welchen Zeitraum -  eine Woche, ein Monat, ein Jahr - ein Zeitfahrausweis vorliegt, nach der Dauer des Beförderungsanspruchs bestimmt,

„der seinem Inhaber gegen den Beförderungsunternehmer zusteht und der in dem Ausweis dokumentiert wird“.

Auch hat es wiederum als unerheblich angesehen, ob das Beförderungsentgelt auf einmal oder ratenweise bezahlt wurde. Jahreszeitfahrausweise hat das Bundesverwaltungsgericht in dieser Entscheidung deshalb nicht angenommen, weil die Monatskarten in einem „Halbjahres-Abo“ ausgegeben wurden, dass entweder die Monate September bis Januar oder die Monate Februar bis Juli umfasste, so dass der Ausstieg nach einem halben Jahr einfach dadurch möglich gewesen sei, dass der Schüler das Angebot zum Abschluss eines neuen Abonnements nicht angenommen habe. Werde danach ein Jahr Geltungsdauer nicht erreicht, sei wegen dieser Abbestellmöglichkeit von bloßen Monatskarten auszugehen.

In Ansehung dieser in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entwickelten Grundsätze, die sich die Kammer zu eigen macht, handelt es sich bei den von der Klägerin als „Sammelzeitkarten“ bezeichneten Zeitfahrausweisen nicht um Jahreskarten, sondern um Monatskarten im Sinne der Ausgleichsregelungen.

Soweit das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 28.11.2007 der Argumentation des Beförderungsunternehmens die Bestimmungen des Beförderungstarifs zu Jahres- und Abonnementkarten für Schüler und Auszubildende entgegengehalten hat, gilt dies im vorliegenden Verfahren nicht gleichermaßen. Die Tarifbestimmungen einschließlich der ab dem 1.11.2008 geltenden Fahrpreistabelle, der die Beklagte ihre Zustimmung erteilt hat, sehen ausschließlich Schülerwochenkarten und Schülermonatskarten vor, ohne die Möglichkeit eines Bezugs dieser Schülerzeitkarten in einem Abonnement zu eröffnen. Das in der Fahrpreistabelle allein ausgewiesene Monatskarten-Abonnement ist ausweislich des die Kosten der Schülermonatskarte übersteigenden, aber hinter den Kosten der für jedermann erhältlichen Monatskarte zurückbleibenden Preises für den Ausbildungsverkehr und damit für die Ermittlung des der Klägerin zustehenden Ausgleichsbetrags nicht einschlägig.

Die von der Klägerin ausgegebenen Zeitfahrausweise dokumentieren allerdings für sich genommen einen Gültigkeitszeitraum von 11 Monaten des jeweiligen Schuljahres 2008/09 bzw. 2009/10 unter alleiniger Aussparung des  Monats Juli, so dass die im Fahrausweis seinem äußeren Anschein nach zum Ausdruck kommende Dauer des Beförderungsanspruch nahezu einem Jahr entspricht. Dies legte die von der Beklagten vertretene Annahme nahe, dass die Beteiligten - nämlich die Klägerin und der Schülerbeförderungspflichtige bzw. für ihn die beauftragte G. - zu Beginn des Schuljahres für das gesamte Schuljahr einen Beförderungsanspruch der Schüler unter Aussparung des Ferienmonats und damit von vornherein für 11 Monate vereinbart haben. Dass sich das Entgelt für diesen Zeitraum aus einer Multiplikation der Anzahl der Monate mit dem in der Fahrpreistabelle für Schülermonatskarten ausgewiesenen Entgelt ergeben haben mag, wäre danach ebenso unschädlich, wie es auf den vereinbarten Zahlungsmodus nicht ankäme. So waren auch keine rechtlichen Hinderungsgründe erkennbar, weshalb sich die Vertragsparteien nicht - vorbehaltlich späterer Abweichungen im Einzelfall, wie Hinzukommen oder Ausscheiden einzelner Schüler - im Grundsatz auf einen Bezug von Beförderungsleistungen der Klägerin für die Schülerbeförderung des gesamten Schuljahres seitens des Schülerbeförderungspflichtigen bzw. von ihm beauftragten G. verständigt hätten haben können, die dementsprechend durch die Auflistung dieses Bezugszeitraums in den Zeitfahrausweisen Ausdruck gefunden hat. Ein solcher „Gesamtbezug“ wäre nach den vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Maßstäben in ausgleichsrechtlicher Hinsicht als Bezug von Jahreszeitkarten zu bewerten.

Ein solcher die Annahme von Jahreskarten begründender „Gesamtbezug“ lag vorliegend nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme, durch die der von den Zeitfahrausweisen erzeugte äußere Anschein widerlegt wurde, zur Überzeugung der Kammer nicht vor. Maßgebend ist nach der angeführten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts letztlich nicht ein von der Gestaltung des Zeitfahrausweises erweckter Anschein, sondern die jeweilige Zeitdauer des Beförderungsanspruchs „der seinem Inhaber gegen den Beförderungsunternehmer zusteht“, wenngleich dieser Beförderungsanspruch im Fahrschein hinreichend zum Ausdruck gelangen muss, damit dieser im (Rechts-) Verkehr zum Nachweis der Fahrberechtigung geeignet ist. Ist daher entscheidend, für welche(n) Zeitabschnitt(e) der Beförderungsunternehmer einen Anspruch gewährt bzw. dessen Kunde einen Beförderungsanspruch erworben hat, so sind die von der Klägerin ausgegebenen Zeitfahrausweise ausgleichsrechtlich als Monatskarten zu bewerten.

Die Zeugin hat in Übereinstimmung mit den Angaben des Geschäftsführers bekundet, dass die Zeitfahrausweise für die Schülerbeförderung jeweils zum Monatsende - dem 25. des Monats - für den folgenden Monat bestellt worden waren. Dabei erfolgte die Bestellung unter Übermittlung einer Datentabelle, in der für den Schülerbeförderungspflichtigen alle beförderungsberechtigten Personen mit deren individualisierenden Angaben einschließlich der individuellen Fahrstrecke für den bevorstehenden Monat aufgelistet wurden. Diesen Bestellvorgang würdigt die Kammer dahingehend, dass die G. jeden Monat für den kommenden Monat bei den befördernden Busunternehmen - wie auch der Klägerin - für die angeführten Schüler und Fahrstrecken Schülermonatskarten nach den gültigen Beförderungsbestimmungen bestellt hat. Dies hat die Zeugin -  auch insoweit entsprechend den Angaben des Geschäftsführers der Klägerin - auch dahingehend bestätigt, dass die Beförderungsleistungen der Busunternehmen stets monatsbezogen abgerechnet worden seien, mithin nach den vertraglichen Abreden zwischen den Beteiligten sowohl (Beförderungs-) Leistung wie Gegenleistung (Entgeltzahlung) stets monatsbezogen ausgetauscht wurden. Die Ausweisung umfassenderer Gültigkeitszeiträume in den ausgegebenen Zeitfahrausweisen hat der Geschäftsführer der Klägerin in nachvollziehbarer Weise im Detail dahingehend erläutert, dass auf diese Weise der erforderliche Verwaltungsaufwand sowohl der Klägerin, aber auch der Schulverwaltungen im Vergleich zur gegenwärtig praktizierten monatlichen Fahrausweisverteilung habe gering gehalten werden können. Dazu hat die Zeugin die Angaben des Geschäftsführers des Klägers bestätigt, durch welche Vorkehrungen der Klägerin wie auch der G. und der Schulverwaltungen sichergestellt werden sollte, dass von den Zeitfahrausweisen nur entsprechend dem tatsächlich bestehenden individuellen Beförderungsanspruch und damit in Übereinstimmung mit dem praktizierten Bestellwesen von den Fahrausweisinhabern Gebrauch gemacht werden konnte. Die auf monatsgenaue Rückgabe bzw. Einziehung der Zeitfahrausweise abgestellte Praxis der Beteiligten bestätigt den monatsweisen Bezug von Beförderungsberechtigungen. Auch die von der Zeugin bestätigte Entscheidung des schülerbeförderungspflichtigen Landkreises darüber, ob für einen Monat, in dem die Beförderungspflicht teilweise infolge von Ferien nicht bestand, anstelle einer Monatskarte mehrere Wochenkarten erworben werden sollten, belegt einen unmittelbaren Einfluss des Kostenträgers auf eine solche grundsätzlich monatsweise praktizierte Abwicklung der Schülerverkehre. Dass der schülerbeförderungspflichtige Landkreis an einem monatsbezogenen Vorgehen orientiert war, belegt schließlich auch die zum 1.8.2009 in Kraft getretene Bestimmung des § 6 Abs. 2 seiner Satzung für die Schülerbeförderung vom 30.6.2008.

Sind die von der Klägerin für das Jahr 2009 ausgegebenen Zeitfahrausweise danach ausgleichsrechtlich als Monatskarten zu bewerten, so steht der Klägerin der von ihr anhand der angefochtenen Bescheide bezifferte Forderungsbetrag nach insoweit übereinstimmender Auffassung der Beteiligten zu. Der ausgesprochene Zinsanspruch folgt aus § 291 S. 1, 288 Abs. 1 S. 2 BGB.