Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 16.12.2014, Az.: 1 Ausl 33/14

Keine Auslieferung zum Zweck der Strafvollstreckung nach Bulgarien in die Vollzugsanstalt von Varna

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
16.12.2014
Aktenzeichen
1 Ausl 33/14
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2014, 30578
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2014:1216.1AUSL33.14.0A

Fundstellen

  • NJOZ 2015, 1670
  • StraFo 2015, 75-77

Amtlicher Leitsatz

Gegenwärtig kommt eine Auslieferung nach Bulgarien, soweit der Verfolgte in der Vollzugsanstalt von Varna inhaftiert werden würde, nicht in Betracht, solange nicht gewährleistet ist, dass die im Bericht des Ausschusses zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe des Europarates vom 4. Dezember 2012 (CPT/Inf (2012) 33) aufgezeigten Verstöße gegen die EMRK behoben worden sind.

In dem Auslieferungsverfahren
gegen den bulgarischen Staatsangehörigen
T. M. T.,
geboren am xxxxxxl 1990 in D./Bulgarien,
zzt. JVA S.,
- Beistand: Rechtsanwalt L., B. -
hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Celle auf den Antrag der Generalstaatsanwaltschaft Celle vom 31. Oktober 2014 und den Antrag des Verfolgten vom 13. November 2014 durch die Richter am Oberlandesgericht xxxxxx, xxxxxx und xxxxxx am 16. Dezember 2014
beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Die Auslieferung des Verfolgten ist unzulässig.

  2. 2.

    Der Haftbefehl des Senats vom 12. August 2014 wird aufgehoben.

Gründe

I.

Die bulgarischen Justizbehörden betreiben auf der Grundlage eines Europäischen Haftbefehls der Bezirksstaatsanwaltschaft D. vom 28. Mai 2014 (Aktenzeichen: 11-D/2014) die Auslieferung des Verfolgten zum Zwecke der Strafvollstreckung. Danach ist der Verfolgte durch Urteil des Militärgerichts B. vom 16. November 2012 (Az.: 131/2012), das seit dem 16. Januar 2014 rechtskräftig ist, zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt worden, die noch vollständig zu vollstrecken ist.

Die der Verurteilung zugrunde liegende Tat wird in dem Europäischen Haftbefehl wie folgt beschrieben:

"In dem Zeitraum vom 28.06.2010 bis 16.07.2010 hat T. M. T. als Täter unter den Bedingungen einer Dauerstraftat nach einem vorherigen Tatplan mit vier anderen Personen, davon eine im Wehrdienst einberufen, im Dorf K., Gem. A., Kreis V., Stadt D. und im Dorf M. S., Gem. D., durch Zerstörung besonders gesicherter Grundstücksschutzvorrichtungen, durch die Verwendung eines Kraftfahrzeugs und technischer Mittel fremde bewegliche Sachen verschiedener Bürger weggenommen, wie folgt;

Der Angeklagte T. M. hat in dem Zeitraum 28.06.2010 bis 30.06.2010 im Dorf K., gem. A., Kreis V. nach einem vorherigen Tatplan mit dem ehemaligen Rekrut I Klasse P. S. P. aus W.F. 3. V. und mit der Zivilperson E. V. I. durch den Einstieg durch ein vorher geöffnetes Fenster und durch die Verwendung des Kraftfahrzeugs - Postkraftwagen mit der Marke "Volkswagen", Model "Golf 3", mit Kennzeichen No. TX7228PX - fremde bewegliche Sachen mit einem Gesamtwert von 2818.42 (zweitausend achthundertundachtzehn) Leva und 42 St. aus dem Vermögen von K. S., ohne seine Einwilligung, mit Zueignungsabsicht weggenommen;

T. M. hat am 08.07.2010 im Dorf M. S., Kreis D. nach einem vorherigen Tatplan mit dem ehemaligen Rekrut I Klasse P. S. P. von der Militärbasis 3. - V. und mit den Zivilpersonen J. S. E., E. V. I. und I. N. T., der Beihilfe geleistet hat, wobei die Tat keinen minderschweren Fall darstellt, durch Zerstörung besonders gesicherter Grundstücksschutzvorrichtung den Verschlussmechanismus eines Fensters unter Verwendung technischen Werkzeuges - ein Dietrich, ein Schraubenzieher und ein Hammer - beschädigt, und durch die Verwendung eines Kraftfahrzeugs - Postkraftwagen mit der Marke "Honda", Model "Civik", mit Kennzeichen No. TX0784KX - fremde bewegliche Sachen mit einem Gesamtwert von 634,91 (sechshundert vierunddreißig) Leva und 91 St., aus dem Gewahrsam des Eigentümers T. K. F., ohne seine Einwilligung, mit Zueignungsabsicht weggenommen, wobei Gegenstand des Diebstahls eine Handfeuerwaffe ist;

T. M. hat am 16.07.2010 in der Stadt D., nach einem vorherigen Tatplan mit dem ehemaligen Rekrut I Klasse P. S. P. von der Militärbasis 3. - V. und mit den Zivilpersonen J. S. E., E. V. I. und I. N. T., der Beihilfe geleistet hat, wobei die Tat keinen minderschweren Fall darstellt, durch Zerstörung besonders gesicherter Grundstücksschutzvorrichtung unter Verwendung technischen Werkzeugs - eine Säge und ein Dietrich - eine Eingangstür am Haus mit Anschrift D., "P." Straße No. 3 zerschlagen, und durch die Verwendung eines Kraftfahrzeugs - Postkraftwagen mit der Marke "Honda", Model "Civik", mit Kennzeichen No. TX0784KX - fremde bewegliche Sachen mit einem Gesamtwert von 1860,41 (eintausend achthundertundsechzig) Leva und 41 St., aus dem Gewahrsam des Eigentümers D. V. K. aus D., ohne ihre Einwilligung, mit Zueignungsabsicht weggenommen."

Der Verfolgte wurde am 8. August 2014 in Stade vorläufig festgenommen. Der Verfolgte hat sich nicht mit seiner vereinfachten Auslieferung einverstanden erklärt und die Tat bestritten. Er lebe seit April 2010 in Deutschland und sei seit eineinhalb Jahren zusammen mit seiner Freundin unter der Anschrift F.straße in C. wohnhaft. Familie habe er nicht in Deutschland. Sein Arbeitsverhältnis als Hafenarbeiter sei ihm zum 18. August 2014 gekündigt worden. Das Urteil sei ihm nicht bekannt. Er sei seit April 2010 nicht mehr in Bulgarien gewesen.

Der Senat hat unter dem 12. August 2014 gegen den Verfolgten die förmliche Auslieferungshaft angeordnet. Am selben Tag hat die Generalstaatsanwaltschaft mitgeteilt, dass sie nicht beabsichtige, Bewilligungshindernisse geltend zu machen. Die Entscheidung ist dem Verfolgten am 28. August 2014 zugestellt worden.

Der Senat hat auf den Antrag der Generalstaatsanwaltschaft, die Auslieferung des Verfolgten für zulässig zu erklären, die Entscheidung hierüber durch Beschluss vom 12. September 2014 zurückgestellt, da er sich nicht in der Lage befand, zu beurteilen, ob die Auslieferung des Verfolgten gegen wesentliche Grundsätze der deutschen Rechtsordnung verstößt (§ 73 IRG). Denn aufgrund des Berichtes des Ausschusses zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe des Europarates vom 4. Dezember 2012 (CPT/Inf (2012) 33) und dem diesen zur Grundlage seiner Entscheidung gemachten Beschluss des OLG Bremen vom 13. Februar 2014 (Az.: Ausl A 20/13) lagen konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass die den Verfolgten in der Haft erwartenden Haftbedingungen völkerrechtlichen Mindeststandards nicht genügten. Den bulgarischen Justizbehörden wurde unter Fristsetzung die Möglichkeit gegeben, mitzuteilen

-in welcher Haftanstalt der Verfolgte untergebracht werden würde,

-ob gewährleistet ist, dass der Verfolgte in der für ihn vorgesehenen Haftanstalt für die Zeit der Haft in einer Weise untergebracht wird, die der EMRK entspricht,

-ob und ggf. auf welche Weise die in dem Bericht des Ausschusses zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe des Europarates vom 4. Dezember 2012 (CPT/Inf (2012) 33) angemahnten sofortigen Schritte zur Verbesserung der Haftbedingungen, soweit es die Haftanstalt betrifft, in der der Verfolgte untergebracht werden soll, inzwischen umgesetzt worden sind und

-ob ggf. zugesichert wird, dass der Verfolgte in einer anderen Haftanstalt in Bulgarien untergebracht wird, bei der die Gewähr besteht, dass die Haftbedingungen dort für die Zeit der Haft der EMRK entsprechen.

Unter dem 6. Oktober 2014 hat die Generalstaatsanwaltschaft einen Vermerk über eine Mitteilung des Auswärtigen Amtes an das Justizministerium zur Akte genommen, wonach sich aus Gesprächen mit anderen Vertretungen vor Ort ergeben habe, dass immer noch keine Besserung der Haftbedingungen eingetreten sei. Mit Schreiben vom 20. Oktober 2014 haben die bulgarischen Justizbehörden wie folgt mitgeteilt:

"In Übereinstimmung mit Art. 57 des Gesetzes über die Vollstreckung einer Strafe und einer Untersuchungshaft (GVSUH) und der Anweisung Nr. LS-04-656 / 30.05.2009 des Justizministers, ist die Person im Gefängnis der Stadt W. aufzunehmen. Dies geht auch aus den Verpflichtungen der Republik Bulgarien hervor, welche mit den unterzeichneten internen und internationalen gesetzlichen Dokumenten übernommen wurden, einschließlich der Europäischen Konvention für Menschenrechte (EKMR).

Wie an allen anderen Orten des Strafvollzugs bei Freiheitsstrafen wird auch im Gefängnis der Stadt W. die Anordnung des Art. 3, Abs. 1 des GVSUH eingehalten, wonach die "Verurteilten keinen Folterungen, grausamen oder unmenschlichen Verhältnissen unterworfen werden dürfen". Diese Empfehlungen werden strikt eingehalten und es werden Bemühungen zur Verbesserungen der Aufenthaltsbedingungen im Gefängnis unternommen, die im Bericht der Kommission beim Europarat zur Verhinderung von Folterungen und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung angeführt werden.

Im konkreten Fall - für T. M. T. - erfolgt seine Aufnahme im W. Gefängnis vollständig in Übereinstimmung mit der gesetzlichen Norm der Republik Bulgarien und den von ihr unterzeichneten gültigen internationalen Dokumenten."

Zudem hat die Oberste Kassationsstaatsanwaltschaft am 30. Oktober 2014 wie folgt ausgeführt:

"Die Haftbedingungen in der Hochsicherheitszone der Strafvollzugsanstalt in V. wurden in der Zwischenzeit, nach der genannten Reportage vom 04.12.2012, verbessert. Es wurde die Gesamtzahl der Häftlinge reduziert. Nach einigen Umsetzungen sind die vorgesehenen Anforderungen für persönlichen Raum in der Zelle erreicht. Durch Baumaßnahmen wurden die Bedingungen in den Waschräumen, sowie in den Häftlingsspeisesaal verbessert."

Mit Beschluss vom 14. November 2014 hat der Senat die Entscheidung über die Zulässigkeit der Auslieferung erneut zurückgestellt und den bulgarischen Justizbehörden Gelegenheit unter Fristsetzung bis zum 12. Dezember 2014 zu ergänzender Stellungnahme darüber gegeben, ob der Verfolgte in der beschriebenen Hochsicherheitszone inhaftiert sein werde oder ob sich die Verbesserungen auf die ganze Strafanstalt beziehen, etwa weil es sich insgesamt um eine Hochsicherheitsanstalt handele.

Mit Schreiben vom 13. Dezember 2014 haben die bulgarischen Justizbehörden erklärt, dass das Gefängnis in V. nicht in vollem Umfang als Hochsicherheitstrakt ausgewiesen ist. Der Verfolgte werde unter Berücksichtigung seiner rechtlichen Situation untergebracht. Im Fall störenden Verhaltens des Verfolgten komme eine Unterbringung in einem Bereich mit stärkerer Überwachung in Betracht.

Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt nunmehr erneut,

die Auslieferung für zulässig zu erklären und Haftfortdauer anzuordnen.

II.

Die Auslieferung ist unzulässig.

1. Die Voraussetzungen für eine Auslieferung des Verfolgten liegen in formeller Hinsicht zwar vor.

aa. Der Europäische Haftbefehl liegt im Original in bulgarischer Sprache wie auch in deutscher Übersetzung vor und enthält alle nach § 83a Abs. 1 IRG erforderlichen Angaben.

bb. Die Auslieferungsfähigkeit der Straftat ist gegeben. Das dem Verfolgten vorgeworfene Verhalten ist sowohl nach bulgarischem Recht (Art. 195 i.V.m. Art. 194 i.V.m. Art. 26 bulgarisches Strafgesetzbuch) als auch nach deutschem Recht (§ 242 StGB) mit Strafe bewehrt. Der Verfolgte ist für diese Tat im Hoheitsgebiet des ersuchenden Staates zu einer Freiheitsstrafe von mehr als vier Monaten verurteilt worden (§ 81 Nr. 2 IRG). Vollstreckungsverjährung ist nicht eingetreten.

cc. Dass das Urteil gegen den Verfolgten in dessen Abwesenheit ergangen ist, steht der Auslieferung nicht entgegen. Ein Auslieferungshinderns nach § 83 Nr. 3 IRG ist nicht festzustellen, weil der Verfolgte ausweislich des Europäischen Haftbefehls nach seiner Überstellung das Recht auf ein neues Gerichtsverfahren hat, in dem der gegen ihn erhobene Vorwurf umfassend überprüft wird und er ein Anwesenheitsrecht hat. Diese Garantie der bulgarischen Strafprozessordnung genügt den Anforderungen des § 83 Nr. 3 IRG (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 24. Februar 2012 - 6 AuslA 113/11, ).

dd. Soweit der Verfolgte die ihm vorgeworfenen Taten bestreitet, kann er damit gemäß § 10 Abs. 2 IRG im Auslieferungsverfahren grundsätzlich nicht gehört werden.

2. Allerdings kann der Senat trotz mehrfacher Nachfrage bei den bulgarischen Justizbehörden immer noch nicht feststellen, dass die Auslieferung des Verfolgten mit wesentlichen Grundsätzen der deutschen Rechtsordnung vereinbar ist (§ 73 IRG).

a. Ein Verstoß gegen grundrechtsgleiche und rechtsstaatliche Garantien kann wegen der grundsätzlichen, im vertraglichen Bereich bestehenden Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland zur Auslieferung und der Achtung und dem Respekt vor fremden Rechtsordnungen allerdings nur beschränkt auf eine Verletzung ihres Kernbereichs zu einem Auslieferungshindernis führen, wobei hierfür maßgeblich ist, ob die Auslieferung und ihr zugrundeliegende Akte gegen den nach Art. 25 GG völkerrechtlich verbindlichen Mindeststandard sowie gegen unabdingbare verfassungsrechtliche Grundsätze der öffentlichen Ordnung verstoßen würde (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 10. September 2013, 2 Ausl 95/11, ). Damit ist eine Auslieferung unzulässig, wenn diese fundamentalen Grundsätzen der deutschen Rechtsordnung oder dem völkerrechtlich verbindlichen Mindeststandard auf dem Gebiet der Menschenrechte widerspricht (vgl. BVerfG NJW 1975, 1; OLG Karlsruhe, NStZ 2005, 351; OLG Hamm, StV 2008, 648; OLG Düsseldorf, NJW 1990, 1429). Das ist der Fall, wenn der ersuchte Staat mit einer Rechtshilfehandlung dazu beitragen würde, dass der Ausgelieferte der Folter oder einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Strafe ausgesetzt würde. Diese Mindestvoraussetzungen gehören inzwischen zum festen Bestand des völkerrechtlichen Menschenrechtsschutzes (vgl. BVerfG, StV 2004, 440).

b. Nach diesen Maßstäben ist eine Auslieferung des Verfolgten nach Bulgarien unzulässig, wenn es konkrete Anhaltspunkte dafür gibt, dass die ihn dort in der Haft erwartenden Haftbedingungen völkerrechtlichen Mindeststandards nicht genügten. Solche Anhaltspunkte liegen aufgrund des Berichtes des Ausschusses zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe des Europarates vom 4. Dezember 2012 (CPT/Inf (2012) 33) und dem diesen zur Grundlage seiner Entscheidung gemachten Beschluss des OLG Bremen vom 13. Februar 2014 (Az.: Ausl A 20/13) vor. Der Senat ist damit nicht in der Lage, festzustellen, dass die Haftbedingungen, denen der Verfolgte im Falle seiner Auslieferung nach Bulgarien ausgesetzt sein könnte, den völkerrechtlichen Mindeststandards entsprechen. Dass die in dem benannten Bericht aufgeführten Mängel in der Weise abgestellt worden sind, die eine von der Rechtsprechung des OLG Bremen abweichende Bewertung rechtfertigen, ist dem Senat nicht bekannt. Nach den in der Entscheidung des OLG Bremen eingeholten Informationen über das Bundesamt für Justiz sind wesentliche Verbesserungen jedenfalls bis zum 30. Januar 2014 nicht festzustellen gewesen.

c. Die Beantwortung der durch den Senat an die bulgarischen Justizbehörden gestellten Fragen ist nicht in der Weise erfolgt, dass davon ausgegangen werden kann, dass sich die Haftbedingungen für nach Bulgarien ausgelieferte Personen und insbesondere für den Verfolgten mittlerweile in der Form verbessert haben, dass der ordre public einer Auslieferung nicht mehr entgegenstehen würde.

Die Mitteilung der bulgarischen Justizbehörden vom 20. Oktober 2014, dass entsprechend Art. 57 des Gesetzes über die Vollstreckung einer Strafe und einer Untersuchungshaft die Anordnung, dass Verurteilte keinen Folterungen, grausamen oder unmenschlichen Verhältnissen unterworfen werden dürfen, eingehalten werde und dass Bemühungen zur Verbesserung der Aufenthaltsbedingungen unternommen werden, genügt den aufgeworfenen Fragen nicht. Sie enthält keine nachvollziehbaren, konkreten und gerade den Verfolgten betreffende Inhalte. Allein aufgrund der Mitteilung vom 30. Oktober 2014, wonach konkret durchgeführte Maßnahmen beschrieben worden sind, hat den Senat unter Berücksichtigung des Umstandes, dass Angaben jedes EU-Mitgliedstaats belastbar sind, sich zu einer weiteren Anfrage bei den bulgarischen Justizbehörden veranlasst gesehen. Die nunmehr erfolgte Antwort vom 13. Dezember 2014 geht jedoch hierauf nur am Rande ein. Eine Aussage dergestalt, dass der Verfolgte von den durchgeführten Verbesserungsmaßnahmen betroffen wäre und seine Inhaftierung damit mit den Vorgaben der EMRK in Einklang zu bringen ist, kann der Mitteilung nicht entnommen werden.

Infolge des geltenden Vertrauensgrundsatzes geht der Senat davon aus, dass der Inhalt der Mitteilung von Seiten der bulgarischen Justizbehörden auf einem Missverständnis hinsichtlich des Inhaltes der übermittelten Anfrage beruht. Er sieht sich aber gleichwohl aufgrund der nur unbefriedigenden Stellungnahmen der bulgarischen Justizbehörden im gesamten Verfahren nicht weiter veranlasst, erneut an diese heranzutreten, um die gewünschten Informationen zu erhalten. Der Verfolgte befindet sich bereits seit über 4 Monaten in Auslieferungshaft, ohne dass von Seiten der bulgarischen Justizbehörden eine ausdrückliche Erklärung zur Einhaltung der EMRK oder eine konkrete Stellungnahme zu den Bedingungen, denen der Verfolgte im Fall seiner Auslieferung ausgesetzt wäre, erfolgt ist. Anhaltspunkte dafür, dass auf erneute Nachfrage eine Erklärung des Inhaltes folgen würde, die die Einhaltung der EMRK bei einer Auslieferung des Verfolgten sicherstellen könnte, sind nicht ersichtlich.

3. Mit der Feststellung, dass die Auslieferung unzulässig ist, war der Haftbefehl aufzuheben.