Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 14.03.2013, Az.: 2 A 87/11

Abschiebungsverbot; Beweisantrag; Ablehnung; psychische Erkrankung; isoliertes Folgeschutzgesuch; Medikamente; Verfügbarkeit; Ukraine; inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis; Wiederaufgreifen des Verfahrens

Bibliographie

Gericht
VG Göttingen
Datum
14.03.2013
Aktenzeichen
2 A 87/11
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2013, 64362
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Ein Abschiebungsverbot gem. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG wegen psychischer Erkrankung scheidet hinsichtlich der Ukraine in der Regel aus.

Tatbestand:

Die am ... geborene Klägerin ist ukrainische Staatsangehörige russischer Volkszugehörigkeit. Sie ist verheiratet und lebt eigenen Angaben zufolge seit einiger Zeit von ihrem Ehemann E. (F.) B. getrennt; dieser hält sich nach wie vor in Ivano-Frankivsk (Ukraine) auf. Aus der Ehe sind zwei Töchter hervorgegangen. Die ältere Tochter der Klägerin G. B. lebt derzeit mit ihrem Freund und ihrer kleinen Tochter in H.. Die jüngere Tochter der Klägerin I. soll ausweislich der im Klageverfahren vorgelegten Stellungnahme vom 1. April 2012 (Bl. 82 der Gerichtsakte) wegen eines an der Freien Universität H. aufgenommenen Studiums bei ihrer großen Schwester in H. wohnen. Die Klägerin hat ausweislich ihrer Angaben im Asylerstverfahren zwei Geschwister, die in Russland wohnen, und zwei weitere Schwestern, die in Charkov (Ukraine) leben. Die Klägerin verfügt nach eigenen Angaben im Asylerstverfahren sowie des zur Sozialleistungsakte gereichten Lebenslaufes vom September 2010 (Bl. 22 der Beiakte E) über ein abgeschlossenes Hochschulstudium der Germanistik. Sie arbeitete nach Abschluss ihres Studiums zunächst als Dolmetscherin und Englischlehrerin, anschließend für die Dauer von mehr als zehn Jahren als Übersetzerin am J. K.. Nach einer kurzen Tätigkeit als Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Deutsch an der Hochschule in Ivano-Frankivsk war die Klägerin von Oktober 1999 bis Mai 2007 als Übersetzerin im Übersetzungsbüro des Staatlichen Kleinunternehmens „L.“ als Leiterin der dortigen Ausbildungsabteilung (Fremdsprachenkurse) tätig. Daneben ist sie eigenen Angaben zufolge von August 2000 bis November 2008 freiberuflich als amtlich vereidigte Übersetzerin für Deutsch bei der Justizverwaltung des Gebietes Ivano-Frankivsk tätig gewesen. In diesem Zeitraum fällt auch eine kurzzeitige Beschäftigung als Übersetzerin an der M. Publikumsgesellschaft „N.“ im Gebiet Ivano-Frankivsk. Von November 2008 bis November 2009 war die Klägerin als freiberufliche Übersetzerin und als Küchenhilfe in einem Restaurant in Prag (Tschechien) tätig.

Die Klägerin reiste mit ihrem Ehemann und ihrer ältesten Tochter erstmals am 17. bzw. 18. Oktober 2002 zum Zwecke der Asylantragstellung nach Deutschland ein. Im Rahmen ihrer damaligen Anhörung vor dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (BAFl) trug sie vor, sie fühle sich von den ukrainischen Behörden seit 2001 psychisch und moralisch verfolgt. Sie sei mit der Politik und den leitenden Personen dieser Politik in der Ukraine nicht einverstanden. Der ukrainische Sicherheitsdienst habe ihr etwas anhängen wollen und ihr gedroht. Ihr sei u.a. vorgeworfen worden, als Dolmetscherin falsch übersetzt zu haben, wodurch ein wirtschaftlicher Schaden entstanden sei. Sie habe jedoch beweisen können, dass sie korrekt übersetzt habe. Daraufhin sei ihr die gesamte Buchhaltung gestohlen worden. Aufgrund fortlaufender Drohungen habe sie ihre Firma an einen Freund ihres Ehemannes verkaufen müssen. Sie sei deshalb gezwungen gewesen, in der ukrainischen Justizverwaltung als beeidigte Übersetzerin tätig zu sein. Hierbei habe sie jedoch gemerkt, dass Unterschriften gefälscht würden. Sie habe sich deshalb entschlossen auszureisen. Seit 1999 sei in der Ukraine ein Gerichtsverfahren gegen sie anhängig, in dem es um das Eigentum an ihrem Haus gehe.

Den Asylerstantrag lehnte das BAFl mit Bescheid vom 2. Januar 2003 als offensichtlich unbegründet ab und stellte fest, dass auch die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG offensichtlich und Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorlägen. Der Klägerin wurde die Abschiebung in die Ukraine oder einen anderen zu ihrer Übernahme bereiten Staat angedroht. Die hiergegen zum erkennenden Gericht - 4. Kammer - am 10. Januar 2003 erhobene Klage - 4 A 2/03 - blieb ohne Erfolg. Zur Klagebegründung hatte die Klägerin seinerzeit erstmals geltend gemacht, sie sei psychisch krank. Ausweislich einer im Klageverfahren vorgelegten Bescheinigung des Städtischen Klinikums O. vom 6. November 2002 leide sie unter einer paranoid-halluzinatorischen Episode. Daneben legte die Klägerin eine ärztliche Bescheinigung des Nds. Landeskrankenhauses P. vom 15. Mai 2003 vor, in der ihr eine stationäre Behandlung seit dem 16. April 2003 wegen der eben genannten paranoid-halluzinatorischen Psychose attestiert wurde. Aus weiteren Attesten des Nds. LKH vom 16. Mai 2003 und des Facharztes für Nervenheilkunde und Psychotherapie Q. in P. vom 7. Juli 2003 ergab sich ferner, dass die psychische Erkrankung der Klägerin länger andauere und diese in Zukunft auf regelmäßige psychiatrische Behandlung und die Einnahme diverser Medikamente („atypische Neuroleptika“) angewiesen sei. Die letzte Medikamentation wurde für das Klageverfahren 4 A 2/03 mit Solian 400 mg (2 x 1 Tabletten) und Akineton retard (1 x 1 Tabletten) angegeben. Zur Begründung ihres damaligen Begehrens auf Feststellung eines Abschiebungsverbotes gem. § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG machte die Klägerin u.a. geltend, die eben genannten Medikamente seien in der Ukraine nicht erhältlich. Sie sei auf die Einnahme dieser modernen Präparate noch zwei weitere Jahre angewiesen.

Die 4. Kammer des erkennenden Gerichtes wies die Klage mit Urteil vom 1. April 2004 u.a. mit der Begründung ab, ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG liege nicht vor. Die im Klageverfahren eingeholte Auskunft der Deutschen Botschaft in Kiew vom 2. März 2004 - RK 518.80 SE - bestätige, dass die bei der Klägerin diagnostizierte paranoid-halluzinatorische Psychose in der Ukraine behandelbar sei. In der Ukraine werde psychiatrische Hilfe von psychiatrischen Kliniken sowohl ambulant als auch stationär geleistet. Das Arzneimittel Solian solle ab Ende März 2004 in die Ukraine exportiert werden und werde deshalb für die Klägerin erhältlich sein. Dass das weiterhin von ihr benötigte Arzneimittel Akineton retard in der Ukraine nicht gelistet sei, sei zum maßgeblichen Zeitpunkt der Beurteilung der Sach- und Rechtslage am Schluss der mündlichen Verhandlung unerheblich geworden, nachdem die Klägerin ausgereist sei und damit zu erkennen gegeben habe, dass sie auf eine kontinuierliche und sichere Medikamentenversorgung in der Bundesrepublik nicht mehr angewiesen sei. Wegen der weiteren Einzelheiten des Asylerstverfahrens wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des Urteils der 4. Kammer des erkennenden Gerichts vom 1. April 2004 - 4 A 2/03 - Bezug genommen.

Noch vor Abschluss des Klageverfahrens reiste die Klägerin mit ihrem Ehemann im September 2003 nach Belgien aus und begab sich mit ihm von dort aus wieder in die Ukraine nach Ivano-Frankivsk (vgl. Vermerk über die Vorsprache der Ausländerbehörde vom 22. Juni 2010, Bl. 158 der Beiakte B, sowie der Lebenslauf der Klägerin vom September 2010, Bl. 22 der Beiakte E).

Ausweislich des Anwaltsschreibens an die Ausländerbehörde der Stadt P. vom 21. Mai 2010 (Bl. 137 f. der Beiakte B), mit dem die damaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin unter Vorlage diverser ärztlicher Atteste die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 bis 5 AufenthG beantragten, reiste die Klägerin „vor Weihnachten 2009“ mit einem tschechischen Visum zum Zwecke des Besuches ihrer ältesten, seinerzeit noch in P. lebenden Tochter G. erneut in die Bundesrepublik Deutschland ein. Nach ihrer Ankunft wurde sie am 21. Dezember 2009 aufgrund eines Beschlusses des Amtsgerichts P. zum Zwecke der stationären Behandlung ihrer psychischen Erkrankung in das R. Universitätsklinikum eingewiesen und dort untergebracht. Ausweislich des Arztbriefes der Klinik und Polyklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) vom 15. Februar 2010 (Bl. 141 f. der Beiakte B) wurde die Klägerin dort bis zum 27. Januar 2010 aufgrund einer paranoid-halluzinatorischen Schizophrenie stationär behandelt. Die Prognose bei Compliance und Einhaltung der Medikation sei gut. Ein Rückfall sei nicht ausgeschlossen, aber bei regelmäßigem Besuch der Nachsorgeambulanz und strikter Adhärenz der Neuroleptika die Wahrscheinlichkeit eines Rezidivs sehr gering. Zur damaligen Medikamentation wird in dem Arztbrief vom 15. Februar 2010 weiter ausgeführt, die Klägerin werde auf ein orales Neuroleptikum wie Amisulprid (Solian) wieder umgestellt, da die Klägerin bereits 2003 mit einer Dosierung dieses Medikaments behandelt worden sei und dieses sehr toleriert habe. Hinzu komme als Medikament zur Behandlung von extrapyramidalen Nebenwirkungen, die gelegentlich mit Amisulprid aufträten, das Medikament Akineton retard. Neben der regelmäßigen Einnahme der genannten Medikamente seien bei Patienten mit Schizophrenie präventive ärztliche Untersuchungen besonders notwendig. Aus einem weiteren Attest der UMG vom 27. April 2010 (Bl. 144 der Beiakte B) ergibt sich, dass die Klägerin damals neben der paranoiden Schizophrenie begleitend unter einer schweren depressiven Episode litt und sich deshalb in fortlaufender ambulanter Behandlung befand. Ausweislich des Arztberichtes der UMG vom 27. Januar 2010 (Bl. 11 ff. der Beiakte A) nahm die Klägerin nach ihrem zweiten Rezidiv und der hierauf notwendigen stationären Behandlung im Nds. Landeskrankenhaus P. vom 16. April bis 6. Juni 2003 seit etlichen Jahren keine Medikamente zur Behandlung ihrer paranoid-halluzinatorischen Schizophrenie ein. Zum Zeitpunkt der damaligen Entlassung aus dem Universitätsklinikum am 27. Januar 2010 bestanden keine Gefährdungsmomente, jedoch sei eine medizinische Nachsorge indiziert.

Seit dem 13. August 2010 erteilte die Ausländerbehörde der Klägerin fortlaufend Duldungen im Hinblick auf die Annahme fortdauernder Reiseunfähigkeit. Aus einer von der Ausländerbehörde zum Zwecke der Klärung der Reisefähigkeit der Klägerin beim Gesundheitsamt P. eingeholten amtsärztlichen Stellungnahme vom 30. September 2010 (Bl. 166 ff. der Beiakte B) ergibt sich, dass die Klägerin unter einer chronischen Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis leidet. Die Erkrankung sei erstmalig im Jahre 2002 im Rahmen des stationären Aufenthalts im Klinikum in O. diagnostiziert und behandelt worden. Seit dieser Zeit sei es zu zwei weiteren Rezidiven der psychotischen Erkrankung gekommen. Die Klägerin befinde sich in regelmäßiger ärztlicher Behandlung der Institutsambulanz der UMG. Ferner werde sie engmaschig durch den sozialpsychiatrischen Dienst der Stadt P. betreut. Nach mittlerweile drei Rezidiven der Erkrankung und Fortbestehen der Restsymptomatik handele es sich bei der Klägerin um eine chronische Erkrankung, zu deren Behandlung sie auf die dauerhafte Einnahme von Medikamenten (Amisulprid, Biperiden sowie Trimipramin) angewiesen sei. Reisefähigkeit sei aufgrund der aktuell andauernden schweren depressiven Symptomatik, teilweise gepaart mit gedanklicher Ausgestaltung konkreter Suizidpläne, nicht gegeben. Über die Dauer der Reiseunfähigkeit könne aktuell keine Aussage getroffen werden.

Mit Schreiben vom 1. Oktober 2010 (Bl. 169 f. der Beiakte B) bat die Ausländerbehörde das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) um Stellungnahme zum Vorliegen von zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernissen. Das Bundesamt nahm dies zum Anlass, am 6. Oktober 2010 von Amts wegen ein Verfahren zum Wiederaufgreifen des Verfahrens hinsichtlich der Feststellung von Abschiebungshindernissen nach § 60 Abs. 2 bis 7 des AufenthG einzuleiten. Hiergegen verwahrte sich die Klägerin mit Anwaltsschreiben vom 5. und 17. November 2011 mit der Begründung, sie habe selbst keinen Wiederaufnahmeantrag gestellt.

Mit Bescheid vom 21. März 2011, als Einschreiben am 25. März 2011 zur Post aufgegeben, lehnte das BAMF die Abänderung des nach altem Recht ergangenen Bescheides vom 2. Januar 2003 bezüglich der Feststellungen zu § 53 Abs.1 bis 6 des AuslG ab. Ein Anspruch der Klägerin auf erneute Sachprüfung nach § 51 VwVfG bestehe nicht. Der Sachvortrag der Klägerin beschränke sich darauf, die bereits früher vorgebrachten Gründe zu wiederholen. Ihrem Vorbringen sei somit nicht zu entnehmen, dass sich die Sachlage nachträglich zu ihren Gunsten geändert habe. Bereits im Asylerstverfahren seien von der Klägerin hinsichtlich der von ihr geltend gemachten psychischen Erkrankung entsprechende ärztliche Atteste vorgelegt worden. Diese habe das erkennende Gericht im Klageverfahren gewürdigt. Es habe festgestellt, dass die Krankheit der Klägerin in der Ukraine behandelbar sei. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung dieser Entscheidung wird auf den Bescheid des BAMF vom 21. März 2011 (Bl. 34 ff der Beiakte A) Bezug genommen.

Hiergegen hat die Klägerin am 8. April 2011 die vorliegende Klage erhoben. Zu deren Begründung führt sie im Wesentlichen aus, ihr sei eine Rückkehr in ihr Heimatland gegenwärtig nicht möglich und auch nicht zumutbar. Sie leide seit Jahren an einer schweren psychischen Erkrankung, die einer engmaschigen fachärztlichen Behandlung sowie der regelmäßigen Einnahme von in der Ukraine nicht erhältlichen Medikamenten bedürfe. Es bestehe bei ihr eine konkrete Suizidgefahr und daher keine Reisefähigkeit. Im Falle ihrer Abschiebung sei eine Verschlimmerung ihrer Symptome zu erwarten. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts reiche es für die Zuerkennung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG aus, dass im Falle der Rückführung die Gefahr bestehe, dass sich die Krankheit des ausreisepflichtigen Ausländers im Heimatstaat verschlimmere, wenn dort die Behandlungsmöglichkeiten faktisch unzureichend seien. Die ihr gegenwärtig in Deutschland zu Teil werdende fachärztliche und medikamentöse Behandlung stehe ihr im Heimatland nicht zur Verfügung. Sie sei dort arbeits- und mittellos. Sie sei krankheitsbedingt erwerbsunfähig und mangels Einkommen und Vermögen nicht in der Lage, die erforderliche fachärztliche und medikamentöse Behandlung in der Ukraine zu erlangen. Jedenfalls seien die von ihr aktuell benötigten Medikamente in der Ukraine durch sie nicht finanzierbar. In der Ukraine sei die Versorgung psychisch Kranker geprägt von den finanziellen und wirtschaftlichen Nöten dieses Landes. Ein weitergehendes sozialpsychiatrisches Netz fehle völlig. Auch unter stationären Bedingungen seien psychisch Kranke häufig unterversorgt, da die Ukraine nur über eine geringe Eigenproduktion an Psychopharmaka verfüge und für den Import neuerer Psychopharmaka nicht genügend finanzielle Mittel vorhanden seien. Zur Glaubhaftmachung ihres aktuellen gesundheitlichen Zustandes sowie der weiteren Behandlungsbedürftigkeit ihrer psychischen Erkrankung legt die Klägerin folgende Atteste und medizinische Stellungnahmen vor:

- ärztliches Attest der UMG vom 9. Juni 2011 (Bl. 28 f. der Gerichtsakte),

- sozialpsychiatrische Stellungnahme des Fachdienstes sozialpsychiatrischer Dienst der Stadt P. vom 26. September 2011 (Bl. 41 der Gerichtsakte),

- ärztliches Attest der UMG ohne Datum (Bl. 44 der Gerichtsakte),

- ärztliche Stellungnahme der UMG vom 13. Februar 2012 (Bl. 84 der Gerichtsakte),

- ärztliche Stellungnahme der UMG vom 2. März 2012 (Bl. 85 der Gerichtsakte),

- fachärztliche Stellungnahme der UMG vom 28. Februar 2013 (Bl. 107 f. der Gerichtsakte),

- ärztliche Stellungnahme der UMG vom 4. März 2013 (Bl. 120 der Gerichtsakte), danach nimmt die Klägerin die Medikamente Solian, Trevilor retard, Akineton retard und Seroquel 300 mg/d ein,

- sozialpsychiatrische Stellungnahme des Fachdienstes sozialpsychiatrischer Dienst der Stadt P. vom 1. März 2013 (Bl. 121 der Gerichtsakte).

Daneben macht die Klägerin geltend, das erkennende Gericht gehe selbst davon aus, dass die benötigten Medikamente sowie die ärztliche Behandlung ihr in der Ukraine nicht kostenlos zur Verfügung stünden. Sie verfüge jedoch nicht über die finanziellen Mittel, um die erforderlichen Behandlungen und Medikamente selbst bezahlen zu können. Es gebe auch keine Familienangehörigen, die sie entsprechend finanziell unterstützen könnten. Sie sei in der Ukraine auf staatliche Leistungen angewiesen, da sie krankheitsbedingt nicht in der Lage sei, zu arbeiten und Erwerbseinkommen zu erzielen. Sie verfüge in der Ukraine über keinerlei Verwandte oder Bekannte, welche sie finanziell oder anderweitig unterstützen könnten. Sie habe lediglich Kontakt zu ihren beiden, in Deutschland lebenden Töchtern. Beide verfügten ausweislich ihrer schriftlichen Erklärung vom 26. September 2011 und 1. April 2012 über keine finanziellen Mittel, die ihre – der Klägerin – Unterstützung vom Ausland her erlauben könnten. Die von der Ausländerbehörde für die Dauer von zwei Jahren zugesagte Übernahme der Kosten für Behandlungen und Medikation in der Ukraine genüge nicht, da sie seit mehreren Jahren psychisch erkrankt und deshalb nicht zu erwarten sei, dass sie innerhalb dieser Zeitspanne genese. Zudem sei eine solche Kostenübernahme naturgemäß nicht hinreichend, weil die inoffiziellen Behandlungskosten, die in der Ukraine üblicherweise entstünden, nicht beziffert werden könnten. Nach der Rechtsprechung etwa der 4. Kammer des erkennenden Gerichts könne eine solche befristete Kostenübernahme das Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 des AufenthG nur entfallen lassen, wenn mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sei, dass nach Ablauf des Übernahmezeitraums die weitere erforderliche medizinische und medikamentöse Versorgung dem betroffenen Ausländer im Zielstaat zur Verfügung stehe. Diese Erwartung sei in ihrem Fall nicht gerechtfertigt. Sie sei chronisch erkrankt und deshalb dauerhaft auf die in Deutschland verabreichte Medikation angewiesen.

Die Klägerin beantragt zuletzt,

den Bescheid der Beklagten vom 21. März 2011 aufzuheben und diese zu verpflichten festzustellen, dass in Abänderung des Bescheides vom 2. Januar 2003 Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 2 bis 7 des AufenthG vorliegen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie verweist zur Begründung auf den angefochtenen Bescheid des Bundesamtes vom 21. März 2011 und führt ergänzend aus, nach einer Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 14. Juni 2011 sei u.a. der von der Klägerin aktuell benötigte Wirkstoff Amisulprid in der Ukraine zu einem Preis von ca. 70,00 € für 30 x 200 mg erhältlich. Danach erfolge die Erbringung psychotherapeutischer Leistungen in der Ukraine innerhalb der Beschränkungen des medizinischen und psychologischen Modells. Die Behandlung von Patienten erfolge durch Allgemeinärzte, Psychiater in Polikliniken, spezialisierten Krankenhäusern, Stationen und Krankenhausapotheken. Das Sozialsystem umfasse Pflegeheime für Menschen mit chronischen psychischen Krankheiten. Es existierten keine Regelungen zur langfristigen Behandlung von Patienten mit schweren psychischen Störungen. Die grundlegende Einheit in der psychotherapeutischen Behandlung sei der Psychotherapieplatz. In der Ukraine stünden 223 Einheiten zur Verfügung, davon 134 im psychiatrischen und 189 im somatischen Netzwerk. Psychiatrische Patienten fänden besondere Berücksichtigung und erhielten grundlegende Medikamente kostenfrei. Die Kosten für spezielle Medikamente müsse jeder Patient jedoch selbst übernehmen. Mittel für Medikamente stammten aus lokalen öffentlichen Haushalten und gewährleisteten daher oftmals noch nicht einmal die grundlegende Versorgung, auch wenn diese eigentlich verfassungsmäßig vorgeschrieben sei. Antipsychotika seien lokal erhältlich, darunter auch neuere wie beispielsweise Amisulprid. Die Behandlung von Depressionen könne sowohl auf stationärer als auch auf ambulanter Basis erfolgen. Darüber hinaus würden kognitive Verhaltenstherapie und tiefenorientierte Psychotherapie praktiziert. Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) wie Fluoxetin seien am Markt erhältlich.

Über diese Auskunft des Auswärtigen Amtes hinaus ergänzt die Beklagte, die Klägerin habe auch im Rahmen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG keinen Anspruch auf Versorgung mit bestimmten, in ihrem Heimatland möglicherweise nicht vorhandenen oder nicht kostenfrei erhältlichen Wirkstoffen, denn diese Norm gewährleiste nicht den in Deutschland üblichen Standard bei medizinischer Versorgung. Es müssten lediglich konkrete erhebliche Gefahren für Leib und Leben des Betroffenen ausgeschlossen sein. Dass eine Umstellung der Medikation der Klägerin auf einen in der Ukraine kostenfrei oder kostengünstig vorhandenen Wirkstoff nicht erfolgen könne, ohne dass es zu einer erheblichen konkreten Gefährdung für Leib und Leben komme, sei ärztlicherseits nicht festgestellt worden. Die der Klägerin aktuell verordneten Wirkstoffe hätten eine Haltbarkeit von mindestens 2 1/2 Jahren, so dass es ihr problemlos möglich wäre, sich vor einer Rückkehr in die Ukraine entsprechend zu bevorraten. Alternativ könne auf die von der Ausländerbehörde abgegebene Kostenübernahmeerklärung verwiesen werden. Ein Zeitraum von mindestens 2 1/2 Jahren sei ausreichend, damit die Klägerin in der Ukraine sozial und wirtschaftlich wieder Fuß fassen und sich ihre in Deutschland lebenden Töchter darauf einstellen könnten, ihre Mutter anschließend - sofern noch notwendig - finanziell zu unterstützen. Insoweit werde auf die Rechtsprechung des 8. Senates des Nds. Oberverwaltungsgerichts Bezug genommen.

Die Kammer hat mit Beschluss vom 4. August 2011 den ersten Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussichten der Klage u.a. mit der Begründung abgelehnt, nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 19. März 2003 existierten in der Ukraine zahlreiche Krankenhäuser, in denen auch psychische Krankheiten behandelt werden könnten. Die medizinische Versorgung sei grundsätzlich kostenlos, wenngleich einige Medikamente vom Patienten auf eigene Kosten beschafft werden müssten. Die Klägerin habe nicht substantiiert dargelegt, dass ihr die hierfür notwendigen finanziellen Mittel nicht zur Verfügung stünden, etwa weil sie diese auch nicht von Familienangehörigen erhalten könne. Es sei auch zu berücksichtigen, dass die Beklagte oder die Ausländerbehörde der Klägerin für einen Übergangszeitraum nach ihrer Rückkehr in die Ukraine die notwendige medizinische Versorgung durch Kostenübernahme zusichere.

Die Kammer hat zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes (vgl. Anfrage vom 7. November 2011, Bl. 51 ff. der Gerichtsakte) eine amtliche Auskunft des Auswärtigen Amtes u.a. zu folgenden Fragestellungen eingeholt: Sind die Medikamente bzw. Wirkstoffe Trevilor retard (Wirkstoff: Venlafaxin), Solian (Wirkstoff: Amisulprid) und Akineton retard (Wirkstoff: Biperiden) in der Ukraine regelmäßig erhältlich und wenn ja, zu welchen Kosten? Unter welchen Voraussetzungen steht einem Patienten eine kostenlose Medikamentenversorgung in der Ukraine zur Verfügung? Wegen des Ergebnisses der Ermittlungen der Kammer wird auf die Antwort der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Kiew vom 3. Januar 2012 und die ihr beigefügten Stellungnahme der Kooperationsärztin, Frau Dr. S. T. (Bl. 57 ff. der Gerichtsakte) Bezug genommen.

Die Stadt P. hat als zuständige Ausländerbehörde mit Schreiben vom 8. Februar 2012 (Bl. 76 der Gerichtsakte) und vom 8. März 2013 (Bl. 129 der Gerichtsakte) zugesagt, die Kosten der aktuellen Medikation und der ärztlichen Behandlung der Klägerin in der Ukraine für die Dauer von 2 Jahren i.H.v. 410,00 € monatlich, d.h. gesamt i.H.v. 9.840,00 €, zu übernehmen. Wegen der Einzelheiten der Anfrage des Bundesamtes vom 7. Februar 2012 (Bl. 71 der Gerichtsakte) und der Kammer vom 8. März 2013 (Bl. 117R, 125 der Gerichtsakte) sowie der Antworten der Ausländerbehörde wird auf die genannten Schreiben Bezug genommen.

Die Klägerin hat nach Schluss der mündlichen Verhandlung mit Schriftsatz vom 18. März 2013 geltend gemacht, sie lebe nach wie vor mit ihrer jüngsten Tochter in P. zusammen und sei auf deren tägliche Pflege, Betreuung und Unterstützung angewiesen. Ihre Tochter habe seit Oktober 2012 ein Studium in U. aufgenommen und pendele täglich zum Studienort. Zur Glaubhaftmachung hat sie eine schriftliche Stellungnahme ihrer Tochter, eine Bescheinigung des Hausmeisters der gemeinsam bewohnten Unterkunft und Studienbescheinigungen der Universität U. für das WS 2012/2013 und SS 2013 vorgelegt.

Wegen des weiteren Sachverhaltes, insbesondere des Vortrags der Beteiligten, wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Verwaltungsakten des Bundesamtes über das Asylerst- (Beiakte C) und –folgeverfahren (Beiakte A), der Ausländerakten der Stadt P. (Beiakten B und d), der Sozialleistungsakte der Stadt P. (Beiakte E) und des Auszugs aus der Akte über Krankenhilfe gem. § 4 AsylbLG der Stadt P. (Bl. 143 ff. der Gerichtsakte) verwiesen, die in der mündlichen Verhandlung vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Der Einzelrichter konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 14. März 2013 in dem vorliegenden Rechtsstreit entscheiden. Der mit Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten vom 14. März 2013, in der mündlichen Verhandlung als Anlage zur Niederschrift überreicht, angekündigte und in der mündlichen Verhandlung gestellte Antrag, „die Hauptverhandlung wegen fehlender Akteneinsicht und Besprechungsmöglichkeit mit der Klägerin betreffend die so gewonnenen Erkenntnisse auszusetzen“, hinderte den Einzelrichter nicht an einer Entscheidung des Rechtsstreits.

Soweit die Klägerin mit ihrem Antrag eine Aussetzung des Verfahrens erstrebte, bestand für dieses Begehren kein prozessualer Anspruch. Als Anspruchsgrundlage käme insoweit einzig § 94 VwGO in Betracht. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei. Diese Voraussetzungen lagen hier nicht vor. Insbesondere fehlte es an einem für das vorliegende Klageverfahren vorgreiflichen Rechtsstreit, der bei einem anderen oder dem erkennenden Gericht anhängig ist, alternativ hierzu an einem vorgreiflichen Verfahren einer Verwaltungsbehörde.

Soweit der Antrag der Klägerin gemäß §§ 86 Abs. 3, 88 VwGO sachdienlich dahingehend auszulegen war, dass sie mit ihm eine Vertagung der mündlichen Verhandlung auf einen späteren Termin begehrte, konnte dem so verstandenen Antrag ebenfalls kein Erfolg beschieden sein. Ein Anspruch auf Terminsaufhebung, -änderung oder -verlegung kann sich nur nach § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 227 Abs. 1 ZPO ergeben (vgl. Kopp/Schenke, Kommentar zur VwGO, 17. Auflage, § 102 Rn 4 m.w.N.). Gemäß § 227 Abs. 1 ZPO kann ein wie vorliegend rechtzeitig bestimmter Termin zur mündlichen Verhandlung - die Ladungsfrist von mindestens 2 Wochen gemäß § 102 Abs. 1 VwGO ist hier ausweislich des Empfangsbekenntnisses des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 20. Februar 2013 (Bl. 98 GA) eingehalten worden - nur aus erheblichen Gründen aufgehoben oder verlegt sowie eine Verhandlung vertagt werden. Gemäß § 227 Abs. 1 Satz 2 ZPO sind erhebliche Gründe insbesondere nicht das Ausbleiben einer Partei (Nr. 1), die mangelnde Vorbereitung einer Partei, wenn die Partei dies nicht genügend entschuldigt (Nr. 2) und das Einvernehmen der Parteien allein (Nr. 3). Der Einzelrichter hat mit Ladungsverfügung vom 18. Februar 2013 die Klägerin gemäß § 102 Abs. 2 VwGO darauf hingewiesen, dass auch im Falle ihres Ausbleibens ohne sie verhandelt und entschieden werden kann. Es ist auch nicht erkennbar, dass die Klägerin ohne ihr Verschulden an der Teilnahme an der mündlichen Verhandlung gehindert war. Soweit der Prozessbevollmächtigte in seinem Schriftsatz vom 14. März 2013 geltend macht, die Klägerin sei weder in der Lage, an einer kurzfristig anberaumten Besprechung mit ihm noch an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen, und dies lediglich mit dem Hinweis auf die vorgelegte fachärztliche Stellungnahme der UMG vom 28. Februar 2013 begründet, ist dem entgegenzuhalten, dass sich aus dieser ärztlichen Stellungnahme nicht plausibel entnehmen lässt, dass die Klägerin bis auf Weiteres verhandlungsunfähig oder transportunfähig in dem Sinne ist, dass ihr aus gesundheitlichen Gründen schon ein Verlassen ihrer Wohnung und das Aufsuchen des Gerichtsgebäudes gegenwärtig nicht möglich ist. Zur Glaubhaftmachung einer Verhandlungsunfähigkeit oder Transportunfähigkeit in dem eben bezeichneten Sinne, um die der Einzelrichter im Rahmen der Erörterung des klägerischen Aussetzungsantrags in der mündlichen Verhandlung gem. § 227 Abs. 2 ZPO gebeten hat, hätte es der Vorlage eines aktuellen und insoweit aussagekräftigen ärztlichen Attestes spätestens zu Beginn der mündlichen Verhandlung bedurft (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Juni 1991 - 5 ER 644/91 -, zit. nach juris Rn. 7); dies hat die Klägerin jedoch versäumt. Besagtes gilt auch für die von ihrem Prozessbevollmächtigten mit selber Begründung geltend gemachte fehlende Besprechungsmöglichkeit im Vorfeld des Termins. Auch diesbezüglich ist der Schriftsatz vom 14. März 2013 und der darin enthaltene Hinweis auf die Stellungnahme der UMG vom 28. Februar 2013 nicht geeignet, die Unfähigkeit der Klägerin aktuell und nachvollziehbar zu attestieren, eine Besprechung mit ihrem Prozessbevollmächtigten - ggf. kurzfristig in ihrer Wohnung oder aber fernmündlich - nicht durchführen zu können.

Einen Anspruch auf Terminsverlegung oder Vertagung der mündlichen Verhandlung hatte die Klägerin auch nicht wegen fehlender Möglichkeit, die vom Gericht zur Entscheidungsfindung angeforderten und beigezogenen Verwaltungsakten des Bundesamtes, der Ausländerbehörde und des Fachbereiches Soziales der Stadt P. über ihren Prozessbevollmächtigten einsehen und zu dem darin enthaltenen Inhalt sachgerecht Stellung nehmen zu können. Das in § 100 Abs. 1 und 2 VwGO geregelte Akteneinsichtsrecht der Verfahrensbeteiligten besteht nicht um seiner selbst willen oder gar als Mittel zur Verzögerung des Rechtsstreits. Sein Zweck besteht ausschließlich in der Verwirklichung des durch Art. 103 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich garantierten Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs. Es gewährleistet die Waffengleichheit der Beteiligten und soll ihnen zugleich die effektive Mitwirkung bei der Wahrheitsfindung des Gerichts ermöglichen (BVerwG, Urteil vom 3. November 1987 - 9 C 235/86 -, NJW 1988, S. 1280 f, zit. nach juris Rn. 12). Ausgehend von dieser Prämisse hatte der Einzelrichter der Klägerin hinreichend Gelegenheit gegeben, zum Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten rechtliches Gehör gewährt zu bekommen. Soweit es die beigezogenen Akten des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge sowie den ersten Teil der Ausländerakte der Stadt P. (Blatt 1-198) betrifft, sind diese Akten dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit Verfügung vom 28. April 2011 zur Einsichtnahme übersandt worden. Diesbezüglich bestand bis zur mündlichen Verhandlung ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme zum Akteninhalt. Soweit es den weiteren Teil der Ausländerakte der Stadt P. (Seiten 199-282) betrifft, die der Einzelrichter zur Sitzungsvorbereitung am 19. Februar 2013 angefordert hat, ist dem Prozessbevollmächtigten mit Verfügung vom 27. Februar 2013 der Eingang dieser Teile der Ausländerakte mitgeteilt worden. Auf sein unter dem 1. März 2013 angebrachtes Akteneinsichtsgesuch hat der Einzelrichter mit Verfügung vom 7. März 2013 (per Telefax am 8. März 2013 übermittelt) die beantragte Akteneinsicht mit der Maßgabe bewilligt, dass diese wegen der unmittelbar bevorstehenden mündlichen Verhandlung und der damit verbundenen notwendigen Sitzungsvorbereitung (ausnahmsweise) nur in den Räumen des Verwaltungsgerichts gewährt werden könne. Der Einzelrichter hat damit das ihm gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 VwGO eingeräumte Ermessen hinsichtlich der Bestimmung des Ortes der Akteneinsicht im Hinblick auf die Unabkömmlichkeit des aktuellen Teils der Ausländerakten zwischen dem 7. und 14. März 2013 sachgerecht ausgeübt, denn eine Versendung, Einsichtnahme und Rücksendung dieser Verwaltungsakten war angesichts der Kürze der Zeit bis zur mündlichen Verhandlung auf dem üblichen Versandweg (per Post bzw. Paketdienst) logistisch ausgeschlossen und über einen Botendienst für diese Zwecke verfügt das erkennende Gericht nicht. Dem Prozessbevollmächtigten war es angesichts seines Kanzleisitzes im Stadtgebiet, mithin nur wenige Kilometer vom Sitz des erkennenden Gerichtes entfernt, auch zumutbar, diesen überschaubaren Teil der Ausländerakten (weniger als 100 Seiten) ausnahmsweise auf der Geschäftsstelle der Kammer einzusehen (zu diesen Aspekten der Ermessensausübung vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., § 100 Rn. 7 unter Hinweis auf BFH, Beschluss vom 31. August 1993 - XI B 31/93 -, NJW 1994, S. 751 f. m.w.N., zit. nach juris Rn. 11 ff.; BVerwG, Urteil vom 3. November 1987, a.a.O., Rn. 13). Der Einzelrichter hat bei seiner nach freiem Ermessen zu treffenden Entscheidung über den Ort der Gewährung von Akteneinsicht zudem berücksichtigt, dass die aktuellen Teile der Ausländerakte im Wesentlichen das von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin eingeleitete Verwaltungsverfahren zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis und den hierüber mit der Ausländerbehörde geführten Schriftwechsel umfasst, der dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin somit schon bekannt war.

Nichts anderes gilt für die vom Einzelrichter beigezogene Leistungsakte des Fachbereiches Soziales der Stadt P. betreffend die Klägerin, die trotz Anforderung durch richterliche Verfügung vom 27. Februar 2013 erst am 12. März 2013 beim erkennenden Gericht eingegangen ist und lediglich mit dem Ziel der Überprüfung der Gewährung von Krankenhilfe gem. § 4 AsylbLG beigezogen wurde. Angesichts der Kürze der verbleibenden Zeit bis zur mündlichen Verhandlung (ein Arbeitstag) war eine Übersendung dieser Akte zu Zwecken der Einsichtnahme in die Kanzleiräume des Prozessbevollmächtigten der Klägerin ohne die Gefahr, dass diese zur mündlichen Verhandlung nicht zur Verfügung steht, schlichtweg unmöglich. Soweit die Klägerin diesbezüglich ihren Antrag auf Aussetzung der Hauptverhandlung vom 14. März 2013 lediglich damit begründet, die Richtig- und Vollständigkeit der Nachweise der gewährten Krankenhilfe durch die Stadt P. nicht (mehr) überprüfen zu können, greift diese Begründung schon deswegen ins Leere, weil sich aus der Leistungsakte die genaue Art und Dauer der gewährten Krankenhilfe für die Zeit ab 2011 gerade nicht ergibt, sondern diese Unterlagen vom Einzelrichter durch gesonderte Verfügung nachgefordert werden mussten. Die einzelnen Nachweise über die Gewährung von Krankenhilfe durch die Stadt P. sind, soweit sie dort überhaupt einzelfallbezogen vorliegen, erst mit Schriftsatz vom 13. März 2013 dem erkennenden Gericht zur Kenntnis gelangt und noch am selben Tage dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin per Telefax übermittelt worden. Insofern hätte die Gewährung von Akteneinsicht in die Leistungsakte der Stadt P. durch Übersendung in die Kanzleiräumlichkeiten der Klägerin ohnehin keine weitergehenden Erkenntnismöglichkeiten verschafft; die unterlassene Versendung ist damit von vorn herein nicht kausal für die klägerseits gerügte fehlende Überprüfungsmöglichkeit. Es kommt hinzu, dass der Einzelrichter mit begleitender Verfügung vom 13. März 2013 der Klägerin und ihrem Prozessbevollmächtigten angeboten hat, in die eben genannten Verwaltungsakten (aktueller Teil der Ausländerakte sowie die Leistungsakte), Akteneinsicht unmittelbar vor Beginn der mündlichen Verhandlung zu nehmen. Dieses Angebot haben die Klägerin und ihr Prozessbevollmächtigter nach freier Entscheidung nicht wahrgenommen sodass im Ergebnis die mangelnde Vorbereitung der mündlichen Verhandlung - soweit es die gerügte fehlende Akteneinsicht betrifft - der Klägerin gem. §§ 85 Abs. 2, 227 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 ZPO als selbst verschuldet zuzuschreiben ist.

Die Klage ist gem. §§ 86 Abs. 3, 88 VwGO dahingehend auszulegen, dass mit ihr von Beginn an nur die Zuerkennung eines Abschiebungsverbotes gem. § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG geltend gemacht wurde; die Feststellung der Flüchtlingseigenschaft gem. § 60 Abs. 1 AufenthG hat die Klägerin hingegen nicht begehrt. Gegenstand der Klage ist danach die Feststellung subsidiären unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes auf der Grundlage der Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2, 3 oder 7 Satz 2 AufenthG sowie die Feststellung von nationalem Abschiebungsschutz auf der Grundlage der Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG. Angesichts des jeweils einheitlichen, nicht teilbaren Streitgegenstandes kommt eine Beschränkung der Klage allein auf die Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 AufenthG nicht in Betracht (vgl. BVerwG, Urteil vom 8. September 2011 - 10 C 14/10 -, BVerwGE 140, S. 319 ff., zit. nach juris Rn. 9, 17).

Die zulässige Klage ist unbegründet, denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens hinsichtlich der Feststellung eines subsidiären unionsrechtlichen oder nationalen Abschiebungsverbotes gem. § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG bezüglich des Zielstaates Ukraine und damit auf Abänderung des nach altem Recht (§ 53 Abs. 1 bis 6 AuslG) ergangenen Bescheides des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 2. Januar 2003. Der hier angefochtene Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 21. März 2011 ist somit rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Der im vorliegenden Verfahren maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides ist der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylVfG).

Der Bescheid des Bundesamtes vom 21. März 2011 ist nicht formell rechtswidrig, weil es vorliegend an einem Antrag der Klägerin auf Wiederaufgreifen des Verfahrens fehlt, vgl. § 22 Satz 2 Nr. 2 VwVfG. Für Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG ist das Bundesamt nach § 51 Abs. 5 i.V.m. § 48 Abs. 1 VwVfG berechtigt, ohne Antrag des Betroffenen von Amts wegen das Verfahren auch dann wieder aufzugreifen und einen Zweitbescheid zu erlassen, wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG nicht vorliegen (vgl. zu § 53 AuslG: BVerfG, Beschluss vom 21. Juni 2000 - 2 BvR 1989/97 -, NVwZ 2000, S.907 ff., zit. nach juris Rn. 16). Auch wenn die Ausländerbehörde der Stadt P. vorliegend verkannt hat, dass ein Beteiligungserfordernis gem. § 72 Abs. 2 AufenthG schon deshalb nicht gegeben war, weil die originäre Zuständigkeit des Bundesamtes für die Feststellung von Abschiebungsverboten aufgrund des früheren Asylantrags der Klägerin gem. § 42 Satz 1 AsylVfG fortbestand, mithin der Antrag der Klägerin vom 21. Mai 2010 auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gem. § 25 Abs. 2 bis 5 AufenthG wegen Vorliegens zielstaatsbezogener Abschiebungshindernisse vorrangig als isoliertes Folgeschutzgesuch zu werten und zuständigkeitshalber an das Bundesamt zur Prüfung weiterzuleiten war (vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. März 2006 - 1 B 126/05 -, NVwZ 2006, S. 830 ff., zit. nach juris Rn. 10), gab die Anfrage der Ausländerbehörde dem Bundesamt zureichend Anlass, ein Wiederaufgreifen des früheren Verfahrens zur Feststellung von Abschiebungsverboten von Amts wegen zu prüfen und das Ergebnis der Prüfung der Klägerin zu bescheiden.

Gemäß § 51 Abs. 1 VwVfG hat die Behörde auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn sich die der ersten Sachentscheidung zugrundeliegende Sach- und Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat (Nr. 1), wenn neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt hätten (Nr. 2) oder wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 ZPO gegeben sind (Nr. 3). Erforderlich ist weiter, dass der Betroffene nicht ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren geltend zu machen (§ 51 Abs. 2 VwVfG). Der Betroffene muss den Antrag zudem binnen 3 Monaten seit Kenntniserlangung von dem Grund für das Wiederaufgreifen stellen (§ 51 Abs. 3 VwVfG), sofern er nicht aus besonderen Gründen daran gehindert gewesen ist. Diese Voraussetzungen liegen hier bezüglich der im Bescheid des Bundesamtes vom 2. Januar 2003 getroffenen (negativen) Feststellungen zum Vorliegen von Abschiebungshindernissen bezüglich der Ukraine nicht vor. Das Bundesamt hat daneben ermessensfehlerfrei entschieden, die bestandskräftige Entscheidung nicht nach § 51 Abs. 5 VwVfG i.V.m. §§ 48, 49 VwVfG aufzuheben und das Verfahren nicht wiederaufzugreifen. Eine Ermessensreduzierung auf Null liegt nicht vor, die Aufrechterhaltung des Erstbescheids ist nicht schlechthin unerträglich. Die Klägerin hat weiterhin keinen Anspruch auf die Feststellung von Abschiebungshindernissen nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin einen Anspruch auf subsidiären unionsrechtlichen Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 2, 3 oder 7 Satz 2 AufenthG hat, sind in keiner Weise erkennbar. Daneben besteht auch kein Anspruch auf die Feststellung von Abschiebungshindernissen nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG. Insbesondere ist nicht davon auszugehen, dass aktuell für die Klägerin bei einer Rückkehr in die Ukraine wegen ihrer psychischen Erkrankungen eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib oder Leben i.S.d. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG besteht.

Bei der Frage, ob einem Ausländer wegen einer Erkrankung bei einer Rückkehr in die Heimat eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib oder Leben im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG droht, ist der richtige Gefahrenmaßstab anzuwenden. Nach den in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entwickelten Grundsätzen ist die Gefahr, dass sich eine Erkrankung des Ausländers aufgrund der Verhältnisse im Abschiebezielstaat verschlimmert, in der Regel als individuelle Gefahr einzustufen, die am Maßstab von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in direkter Anwendung zu prüfen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 2006 - 1 C 18/05 -, BVerwGE 127, S. 33 ff., zit. nach juris Rn. 15). Eine „erhebliche konkrete Gefahr“ im Falle einer zielstaatsbezogenen Verschlimmerung einer Erkrankung ist daher gegeben, wenn sich der Gesundheitszustand alsbald nach der Rückkehr in den Heimatstaat wegen der dortigen Behandlungsmöglichkeiten wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern würde. Gründe hierfür können nicht nur fehlende Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat sein, sondern etwa auch, dass eine an sich vorhandene medizinischen Behandlungsmöglichkeit aus finanziellen oder sonstigen persönlichen Gründen rein tatsächlich nicht erlangt werden kann (vgl. BVerwG, a.a.O., Rn. 20). Dementsprechend kann von einer abschiebungsschutzrelevanten Verschlechterung des Gesundheitszustands nicht schon dann gesprochen werden, wenn "lediglich" eine Heilung eines Krankheitszustandes des Ausländers im Zielstaat nicht zu erwarten ist. Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll dem Ausländer nämlich nicht eine Heilung von Krankheit unter Einsatz des sozialen Netzes der Bundesrepublik Deutschland sichern, sondern vor einer gravierenden Beeinträchtigung seiner Rechtsgüter Leib und Leben bewahren. Eine wesentliche Verschlimmerung des Gesundheitszustands ist dementsprechend auch nicht schon bei einer befürchteten ungünstigen Entwicklung des Gesundheitszustands anzunehmen, sondern nur bei außergewöhnlich schweren körperlichen oder psychischen Schäden (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 30. Oktober 2006 - 13 A 2820/04.A -, AuAS 2007, S. 20 ff., zit. nach juris Rn. 32 m.w.N.). Konkret ist eine Gefahrenlage im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, wenn die Verschlechterung des Gesundheitszustands alsbald nach der Einreise des Betroffenen in den Zielstaat eintritt (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 2006, a.a.O.). Aus dem Wortlaut des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG - "dort" - folgt zudem, dass die ein mögliches Abschiebungshindernis begründenden Umstände an Gegebenheiten im Zielland der Abschiebung anknüpfen müssen (zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse). Abschiebungshindernisse nach dem früher geltenden § 53 AuslG bzw. Abschiebungsverbote nach § 60 AufenthG leiteten/leiten sich der Sache nach aus der Unzumutbarkeit des Aufenthalts im Zielland der Abschiebung für einen ausreisepflichtigen Ausländer her und müssen damit in Gefahren begründet sein, die im Zielstaat der Abschiebung drohen. Das gilt auch dann, wenn die im Abschiebungszielstaat zu erwartende Rechtsgutbeeinträchtigung in der Verschlimmerung einer Krankheit besteht, unter welcher der Ausländer bereits in Deutschland leidet (vgl. BVerwG, Urteile vom 25. November 1997, - 9 C 58.96 -, DVBl. 1998, S. 284, und vom 11. November 1997 - 9 C 13.96 -, NVwZ 1998, S. 526). Dementsprechend können in Verfahren vor dem Bundesamt nur zielstaatsbezogene Gefahren als Abschiebungshindernis geltend gemacht werden, nicht aber Gegebenheiten und Vorgänge, die im Aufenthaltsland Deutschland begründet sind oder mit der geplanten Rückreise des ausreisepflichtigen Ausländers zusammenhängen. Auch bei einer als Abschiebungshindernis geltend gemachten Gesundheitsverschlechterung muss es sich demnach um eine solche handeln, die durch Gegebenheiten im Zielland der Abschiebung - hier der Ukraine - ausgelöst und verursacht wird. Hieraus folgt, dass die Klägerin im vorliegenden Verfahren nicht mit Erfolg einwenden kann, sie sei ausweislich der amtsärztlichen Stellungnahme des Gesundheitsamtes P. vom 30. September 2010 auf absehbare Zeit reiseunfähig. Reiseunfähigkeit stellt kein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis, sondern ein inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis dar, dessen Vorliegen die Ausländerbehörde der Stadt P. selbständig zu prüfen und beim Vollzug aufenthaltsbeendender Maßnahmen zu beachten hat und ggf. einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gem. § 25 Abs. 5 AufenthG begründen kann (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 29. März 2011 - 8 LB 121/08 -, zit. nach juris Rn. 47 m.w.N), über den im vorliegenden, gegen die Bundesrepublik Deutschland gerichteten Klageverfahren indes nicht zu befinden ist.

Unter Zugrundelegung dieser rechtlichen Kriterien und unter zusammenfassender, bewertender Betrachtung aller entscheidungsrelevanten Umstände und Aspekte, insbesondere des aktuellen Gesundheitszustandes der Klägerin, ist nach Auffassung des Einzelrichters die Zuerkennung eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich der Ukraine nach wie vor nicht gerechtfertigt. Der psychisch erkrankten Klägerin droht bei einer Rückkehr in ihre Heimat keine erhebliche konkrete Gefahr für Leib und Leben.

Der Einzelrichter geht in Übereinstimmung mit den von der Klägerin vorgelegten ärztlichen Attesten, namentlich der jüngsten ärztlichen Stellungnahme der Universitätsmedizin Göttingen - Oberarzt Dr. V. - vom 4. März 2013 davon aus, dass die Klägerin an paranoider Schizophrenie (ICD-10 F20.0) sowie einer rezidivierenden depressiven Störung leidet, die zuletzt mit einer schweren depressiven Episode (F33.2) einherging, somit differentialdiagnostisch als postschizophrene Depression (F20.4) zu klassifizieren ist. Anhand des bisherigen Verlaufs ist ferner von einer chronischen Erkrankung der Klägerin auszugehen mit rezidivierendem Verlauf sowie kompletter Remission mit Residualsymptomatik. Aufgrund dieser Erkrankung besteht die medizinische Notwendigkeit einer dauerhaften, voraussichtlich lebenslangen medikamentösen Therapie sowie begleitender psychotherapeutischer und sozialtherapeutischer Maßnahmen. Die aktuelle, für die Klägerin hinreichend verträgliche Medikation umfasst zum einen die Medikamente Solian 800 mg/d (Wirkstoff: Amisulprid), Trevilor retard 300 mg/d (Wirkstoff: Venlafaxin), Akineton retard 4 mg/d (Wirkstoff: Biperiden) sowie das Medikament Seroquel 300 mg/d (Wirkstoff: Quetiapin). Hinsichtlich der begleitend zu dieser Medikation erforderlichen psychotherapeutischen und sozialtherapeutischen Maßnahmen ergibt sich aus der fachärztlichen Stellungnahme der Universitätsmedizin Göttingen - Dr. W. - vom 28. Februar 2013, dass die Klägerin regelmäßige ambulante Kontakte zu psychotherapeutischen Behandlungen benötigt. Aus der sozialpsychiatrischen Stellungnahme des Gesundheitsamtes für die Stadt und den Landkreis P. - Fachdienst Sozialpsychiatrischer Dienst, Herr X. - vom 1. März 2013 ergibt sich, dass die Klägerin regelmäßig zu sozialpsychiatrischen Gesprächen in die Dienststelle des Gesundheitsamtes kommt, um akute suizidale Krisen zu vermeiden bzw. abzuwenden. Alle Stellungnahmen unterstreichen dabei die stützende Wirkung des familiären Umfelds der Klägerin hier in Deutschland, das im Wesentlichen aus den Kontakten bzw. der Pflege durch ihre Töchter besteht und dessen Wegfall wahrscheinlich zu einer erneuten, schweren Destabilisierung mit Suizidalität führen würde. Dem Aspekt der drohenden Suizidalität braucht hier nicht weiter nachgegangen zu werden, weil - wie vorstehend bereits ausgeführt - die damit einhergehende Reise- und Transportunfähigkeit der Klägerin aus Anlass aufenthaltsbeendender Maßnahmen zu einem inlandsbezogenen Vollstreckungshindernis führen würde, dem die Ausländerbehörde mit geeigneten Maßnahmen begegnen müsste. Die Klägerin wäre für die Dauer ihrer Reise- und/oder Transportunfähigkeit gem. § 60a Abs. 2 AufenthG zu dulden; ihr wäre bei längerfristiger Reise- und/oder Transportunfähigkeit ggf. eine Aufenthaltserlaubnis gem. § 25 Abs. 5 AufenthG zu erteilen.

Der Einzelrichter ist davon überzeugt, dass die Erkrankung der Klägerin in ihrem Heimatland Ukraine angemessen behandelbar ist und sie dort die begleitend erforderlichen sozialen und familiären Kontakte nicht missen wird. Bereits im Asylerstverfahren der Klägerin hat die 4. Kammer des erkennenden Gerichtes eine Auskunft des Auswärtigen Amtes über die Deutsche Botschaft in Kiew vom 2. März 2004 - RK 516.80 SE - eingeholt, wonach die bei der Klägerin erstmals 2003 diagnostizierte paranoid-halluzinatorische Psychose in der Ukraine behandelbar ist. Psychiatrische Hilfe wird in der Ukraine von psychiatrischen Kliniken sowohl ambulant als auch stationär geleistet. Ab April 2004 ist das von der Klägerin u.a. benötigte Arzneimittel Solian in der Ukraine erhältlich. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils der 4. Kammer vom 1. April 2004 - 4 A 2/03 - verwiesen. Daneben hat die Beklagte in ihrer Stellungnahme vom 28. Oktober 2011 auf eine aktuelle Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 14. Juni 2011 hingewiesen, wonach psychotherapeutische Leistungen in der Ukraine durch Allgemeinärzte-Psychiater in Polikliniken, spezialisierten Krankenhäusern, Stationen und Krankenhausapotheken angeboten werden. Zudem umfasse das Sozialsystem der Ukraine Pflegeheime für Menschen mit chronischen psychischen Krankheiten. Psychiatrische Patienten finden besondere Berücksichtigung und erhalten grundlegende Medikamente kostenfrei. Lediglich die Kosten für spezielle Medikamente müsse jeder Patient selbst übernehmen. Medikamente wie Antipsychotika seien lokal erhältlich, darunter auch neuere Antipsychotika wie Amisulprid (Preis für 30 Tabletten à 200 mg ca. 70 €). Die Behandlung von Depressionen könne sowohl auf stationärer als auch auf ambulanter Basis erfolgen. Darüber hinaus würden kognitive Verhaltenstherapie und tiefenorientierte Psychotherapie in der Ukraine praktiziert. Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) wie beispielsweise Fluoxetin seien am Markt erhältlich. Wegen der weiteren Einzelheiten dieser Auskunft wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 28. Oktober 2011 (Bl. 46 GA) verwiesen. Schließlich ergibt sich aus der vom Einzelrichter eingeholten Auskunft der Deutschen Botschaft in Kiew vom 3. Januar 2012 nebst beigefügter Stellungnahme der Kooperationsärztin Frau Dr. S. T., dass neben dem Medikament Solian 200 mg (Preis für 30 Tabletten ungefähr 60 €) auch das Medikament Trevilor retard 150 mg (Preis für 28 Kapseln ungefähr 50 €) und das Medikament Akineton - wenn auch nicht in retardierender Form, so doch in Tablettenform 2 mg und 4 mg - (Preis für 50 Tabletten bis zu 25 €) in der Ukraine erhältlich sind. Da das seinerzeit von der Klägerin vorgelegte fachärztliche Attest der UMG eine Medikation mit Seroquel 300 mg/d noch nicht dokumentierte, konnte der Einzelrichter zur Verfügbarkeit dieses atypischen Neuroleptikas keine Auskunft einholen. Der Einzelrichter ist jedoch davon überzeugt, dass auch dieses Medikament in der Ukraine erhältlich ist, sofern die Klägerin zum Zeitpunkt ihrer Rückkehr damit überhaupt noch behandelt werden muss. Bereits eine einfache Internetrecherche nach dem Hersteller vom Seroquel, der britische Pharmakonzern AstraZeneca, ergibt, dass dieser über eine Niederlassung in Kiew, 15/15, V.Khvoyki Str., verfügt, um am ukrainischen Arzneimittelmarkt präsent zu sein (vgl. http://www.astrazeneca.com/About-Us/Worldwide-locations/Country/Ukraine, abgerufen am 13. März 2013). Es kommt hinzu, dass die Klägerin erst seit Anfang 2013 mit diesem Medikament zusätzlich behandelt wird und sich aus dem Attest vom 4. März 2013 nicht ergibt, dass sie hierauf dauerhaft angewiesen sein wird. Im Übrigen wird auf die nachstehenden Ausführungen zur Ablehnung des Beweisantrags der Klägerin, Ziffer II., verwiesen. Die Kooperationsärztin der Deutschen Botschaft in Kiew hat ferner ausgeführt, dass zur Behandlung von psychiatrischen Krankheiten in jedem Bezirk der Ukraine psychoneuralgische Medikamentenabgabenstellen und psychiatrische Kliniken existieren, die über gut ausgebildetes Personal verfügten und der Klägerin eine adäquate medizinische Betreuung gewährleisteten. Gemäß der ukrainischen Verfassung sei die medizinische Betreuung für die ukrainischen Patienten garantiert kostenlos, wenngleich in der Realität aufgrund der Verarmung des Staates, insbesondere des Gesundheitssektors, die kostenlose Behandlung schwer erhältlich sei. Da die Gehälter des medizinischen Personals sehr gering seien, müsse der Patient nach einer weit verbreiteten Praxis informelle Zusatzzahlungen („Schmiergelder“) leisten. Patienten müssten auch bei ambulanter Behandlung für ihre Medikamente zahlen, nur wenige Patientengruppen könnten einen staatlichen Zuschuss zur Deckung ihrer Kosten für Medikamente erhalten.

Trotz dieser Schwierigkeiten ist der Einzelrichter davon überzeugt, dass die Klägerin bei ihrer Rückkehr in die Ukraine die von ihr benötigte medizinische Behandlung auch erlangen kann. Zur Überbrückung der Startschwierigkeiten ist die von der Stadt P. als zuständiger Ausländerbehörde mit Schreiben vom 8. Februar 2012 und vom 8. März 2013 gegebene rechtsverbindliche Zusage, die Kosten der aktuellen Medikation und der ärztlichen Behandlung der Klägerin in der Ukraine für die Dauer von 2 Jahren in Höhe der erforderlichen Kosten (so ist die jüngste Kostenübernahmeerklärung vom 8. März 2013 zu verstehen) zu übernehmen, uneingeschränkt geeignet, um einen Zugang zu den in der Ukraine vorhandenen Medikamenten und ärztlichen Leistungen zu erlangen. Der Einzelrichter teilt die von der Klägerin im Schriftsatz vom14. März 2013 diesbezüglich geäußerten Bedenken nicht. Es ist nicht ersichtlich, dass die Ausländerbehörde ihre Kostenübernahmeerklärung vom 8. Februar 2012 durch Schreiben vom 8. März 2013 auf die Kosten der erforderlichen Medikation beschränken und die Kosten der ärztlichen Behandlung („Schmiergelder“) ausschließen wollte. Vielmehr ist das Schreiben der Ausländerbehörde vor dem Hintergrund der Anfrage des Einzelrichters vom 8. März 2013 („bitte ich unter Bezugnahme auf Ihre Kostenübernahmeerklärung vom 08.02.2012 gegenüber dem BAMF um kurze Bestätigung bis 13.03.2013, dass Sie ggf. auch die Kosten eines weiteren, in der Stellungnahme der UMG vom 04.03.2013 (siehe Anlage) bekannten Medikaments/Wirkstoffs übernehmen würden“, Bl. 117 R GA) dahingehend auszulegen, dass die Kostenübernahmeerklärung nunmehr auch die Kosten des Medikaments Seroquel zusätzlich umfassen soll. Diese Kostenübernahmeerklärung rechtfertigt nach der Rechtsprechung des Nds. Oberverwaltungsgerichts die Annahme, dass sich eine erhebliche konkrete Gefahr i.S.d. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG für die Zeit nach Ablauf von 2 Jahren seit der Rückkehr der Klägerin in ihre Heimat derzeit nicht prognostizieren lässt (vgl. Beschluss des 8. Senates vom 21. Dezember 2009 - 8 LA 19/09 -, zit. nach juris Rn. 6, und des 10. Senates vom 23. März 2009 - 10 LA 315/08 -, AuAS 2009, S. 160 ff., zit. nach juris Rn. 9). Selbst wenn man dieser Auffassung nicht zu folgen vermag, wäre die Mitgabe eines Medikamentenvorrates oder die Zusage, die Kosten für erforderliche Medikamente im Heimatland des Betroffenen für eine gewisse Dauer zu übernehmen, nur dann nicht zum Ausschluss einer Gefahr i.S.d. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG geeignet, wenn schon heute mit hinreichender Sicherheit erwartet werden kann, dass die nach Erschöpfung des Medikamentenvorrates oder Ablauf der Dauer der zugesagten Kostenübernahme weiterhin erforderliche medizinische Behandlung dem Betroffenen nicht zur Verfügung stehen wird, etwa weil er seine eigene wirtschaftliche Leistungsfähigkeit oder aber familiäre und/oder staatliche Unterstützung nicht (wieder-)erlangt hat (vgl. VG Braunschweig, Urteil vom 20. Oktober 2009 - 6 A 109/08 -, zit. nach juris Rn. 28 m.w.N.; Urteil der 4. Kammer des erkennenden Gerichtes vom 6. Dezember 2011 - 4 A 96/11 -, UA S. 6; Urteil der erkennenden Kammer - Einzelrichter - vom 4. September 2012 - 2 A 35/11 -, UA S. 9). Eine solche negative Erwartung rechtfertigt sich im Falle der Klägerin nicht. Die Klägerin leidet ausweislich der im Asylerstverfahren vorgelegten ärztlichen Atteste bereits seit 2002 an der geltend gemachten psychischen Grunderkrankung (chronische Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis, vgl. amtsärztliche Stellungnahme vom 30. September 2010), die indes bei regelmäßiger Einnahme der verordneten Medikamente und begleitender psychotherapeutischer Maßnahmen offenbar in den Griff zu bekommen ist, wie sich aus den vorgelegten ärztlichen Attesten ergibt (vgl. etwa Arztbrief der UMG vom 27. Januar 2010). Offenbar konnte die Klägerin nach ihrer Ausreise aus dem Bundesgebiet im September 2003 und ihrer Rückkehr in die Ukraine trotz (vorübergehender) Einstellung der medikamentösen Weiterbehandlung ohne erhebliche Beeinträchtigungen leben (vgl. ärztlicher Bericht der UMG vom 27. Januar 2010) und sogar einer Erwerbstätigkeit nachgehen. Sie arbeitete trotz psychischer Grunderkrankung nach ihrer Rückkehr in ihre Heimatstadt Ivano-Frankivsk als Übersetzerin und von November 2008 bis zu ihrer erneuten Einreise im November oder Dezember 2009 in Prag als Küchenhilfe (vgl. Lebenslauf der Klägerin, Bl. 22 Beiakte E). Es ist somit nicht von vorn herein auszuschließen, dass die Klägerin als Akademikerin unter Beibehaltung der heutigen Medikation in einem für ihren Gesundheitszustand verträglichen Umfang einer solchen Erwerbstätigkeit als freiberufliche Übersetzerin auch in Zukunft wieder nachgehen und sich dadurch eine Lebensgrundlage aufbauen kann. Daneben hat der Einzelrichter berücksichtigt, dass die Klägerin auf die Unterstützung von Familienangehörigen in der Ukraine zurückgreifen kann. Zwar hat sie vorgetragen, sie habe schon vor ihrer Wiedereinreise in das Bundesgebiet von ihrem Ehemann getrennt gelebt, von ihm geschieden ist sie offenbar bis heute nicht. Eine Teilung des ehelichen Güterstandes ist demnach bis heute - soweit ersichtlich - nicht vollzogen worden. Dies ist umso mehr beachtlich, als die Klägerin im Asylerstverfahren u.a. ausgeführt hat, sie sei Eigentümerin eines Hauses; diesbezüglich sei seit 1999 ein Gerichtsverfahren in der Ukraine anhängig. Es ist von ihr auch nicht substantiiert vorgetragen worden, dass sie bei ihrer Rückkehr von ihrem Ehemann keinerlei Unterstützung oder Abfindung im Hinblick auf gemeinsam geschaffene Vermögenswerte zu erwarten hätte. Zudem hat die Klägerin im Asylerstverfahren angegeben, es lebten zwei Schwestern von ihr in Charkov (Ukraine); dass von diesen keinerlei Unterstützung zu erwarten sei, hat die Klägerin ebenfalls nicht substantiiert vorgetragen. Schließlich darf nicht aus den Augen verloren werden, dass ihre in Deutschland lebenden Töchter - wenn auch während der Zeit des Studiums oder des Mutterschutzes bzw. der Elternzeit nur eingeschränkt - in der Lage sind, die Klägerin in ihrer Heimat finanziell zu unterstützen (vgl. dazu Nds. OVG, Beschluss vom 24. März 2011 - 8 LA 38/11 -, v.n.b.). Das erkennende Gericht hat bereits in seinem PKH-Beschluss vom 4. August 2011 darauf hingewiesen, dass insoweit keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Klägerin bei ihrer Rückkehr in die Ukraine auf sich allein gestellt wäre und die für eine adäquate medizinische Versorgung notwendigen finanziellen Mittel auch nicht durch die Unterstützung von Familienangehörigen aufbringen kann (vgl. zu diesem Aspekt BVerwG, Beschluss vom 1. Oktober 2001 - 1 B 185/01 -, Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 51, zit. nach juris Rn. 2; Nds. OVG, Urteil vom 28. Juni 2011 - 8 LB 221/09 -, zit. nach juris Rn. 27). Die Wiedererlangung des persönlichen Kontakts zu ihrem Ehemann und ihren Geschwistern gewährleistet nach Auffassung der Kammer auch die in den vorgelegten ärztlichen und therapeutischen Stellungnahmen beschriebenen sozialen Kontakte, die zur Bewältigung der psychischen Erkrankung der Klägerin dienlich sind. Letztlich darf bei der vom Einzelrichter anzustellenden Prognose auch nicht gänzlich außer Acht gelassen werden, dass es auch nach Auskunft der Kooperationsärztin Dr. T. nicht von vorn herein ausgeschlossen ist, dass die Klägerin zur Finanzierung ihrer Medikamente teilweise staatliche Zuschüsse erhält. Die in der mündlichen Verhandlung eingeführte Auskunft der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 8. August 2011 mit dem Titel „Ukraine: Behandlung von Posttraumatischer Belastungsstörung / Rolle der Korruption“ quantifiziert den Teil der Begünstigten, der von der staatlichen Finanzierung der benötigten Medikamente i.H.v. bis zu 80 % der Kosten profitiere, zwar auf weniger als 1 Prozent. Es ist aus heutiger Sicht indes nicht ausgeschlossen, dass sich das Gesundheitssystem der Ukraine infolge einer Erholung von der weltweiten Wirtschaftskrise 2008 in den nächsten Jahren positiver entwickelt und ein höherer Versorgungsgrad mit kostenfreien Medikamenten erzielt wird, sodass auch die Klägerin hiervon finanziell profitieren kann. Jedenfalls hätte die Klägerin bei vollständiger oder teilweiser Erwerbsunfähigkeit wegen dauerhafter psychischer Erkrankung einen Anspruch auf finanzielle staatliche Unterstützung in Form von Rente (vgl. die in die mündliche Verhandlung eingeführte Analyse des Bundesasylamtes der Republik Österreich vom 20. Dezember 2010 mit dem Titel „Soziale Absicherung in der Ukraine, S. 9 ff.). E steht zusätzlich zu erwarten, dass die Klägerin bei ihrer Rückkehr in ihre Heimat zeitnah auf kostengünstigere Generika umgestellt werden wird, die die von ihr benötigten Wirkstoffe Venlafaxin, Amisulprid und Biperiden (ggf. auch Quetiapin) ebenfalls enthalten, jedoch die Kosten für die Beschaffung der Medikamente, die mit den Marktpreisen in Deutschland ohnehin nicht vergleichbar sind, erheblich reduzieren.

Nach alledem war der Einzelrichter nicht gehalten, den hier entscheidungserheblichen Sachverhalt weiter aufzuklären und dazu dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag des Prozessbevollmächtigten der Klägerin in einzelnen Punkten stattzugeben. Soweit die Klägerin beantragt hat, zum Beweis dafür, dass sie an einer paranoiden Schizophrenie, einer rezidivierend depressiven Störung, zuletzt einer schweren depressiven Episode, differentialdiagnostisch postschizophrenen Depression erkrankt ist (Ziffer I. 1. des Beweisantrages), dass sie wegen dieser Erkrankung auf eine lebenslange mehrdimensionale psychopharmakologische sowie psychiatrisch/psychotherapeutische Behandlung angewiesen ist (Ziffer I. 2. des Beweisantrags) und ohne diese fachärztliche und medikamentöse Behandlung unter anderem schwere Gesundheitseinbußen und ein Suizid erleiden würde (Ziffer I. 3. des Beweisantrags), war die beantragte Beweiserhebung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens schon deshalb nicht (mehr) geboten, weil die unter Beweis gestellten Tatsachen aufgrund der von der Klägerin im Klageverfahren vorgelegten ärztlichen Atteste vom Einzelrichter bereits als erwiesen unterstellt wurden (vgl. § 244 Abs. 3 Satz 2 Alternative 3 StPO). Soweit dem e.g. Beweisantrag zu Ziffer I. 2. die weitergehende Behauptung der Klägerin entnommen werden kann, sie sei auf eine lebenslange medikamentöse Behandlung u.a. mit dem Medikament Seroquel 300 (Wirkstoff: Quetiapin) angewiesen, war der Beweisantrag allerdings abzulehnen, weil es diesbezüglich an einer hinreichenden Substantiierung dieser Behauptung fehlt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts braucht die Tatsacheninstanz unsubstantiierten Beweisanträgen nicht nachzugehen. Unsubstantiiert sind nicht nur Beweisanträge, die das Beweisthema nicht hinreichend konkretisieren, sondern auch Beweisanträge, die dazu dienen sollen, unsubstantiierte Behauptungen zu stützen, etwa solche, die erkennbar ohne jede tatsächliche Grundlage erhoben worden sind. Einem Prozessbeteiligten ist es nicht erlaubt, unter formalem Beweisantritt Behauptungen aufzustellen, deren Wahrheitsgehalt nicht eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich haben könnte (BVerwG, Beschluss vom 29. März 1995 - 11 B 21/95 -, Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 266, zit. nach juris Rn. 4 m.w.N.). So verhält es sich hier. Die Klägerin hat diese Behauptung offenbar allein aufgrund der Stellungnahme der UMG vom 4. März 2013 aufgestellt. Aus dieser ärztlichen Stellungnahme ergibt sich indes lediglich die „aktuelle, hinreichend verträgliche Medikation“, die erstmals das Medikament Seroquel aufzählt, sowie die Empfehlung, diese unverändert fortzuführen, um den Therapieerfolg nicht zu gefährden. Die vom Fachbereich Soziales der Stadt P. mit Schriftsatz vom 13. März 2013 vorgelegten Unterlagen über die der Klägerin gewährte Krankenhilfe bestätigen angesichts der einzig unter dem 7. Januar 2013 ausgestellten Verordnung über Seroquel 300 mg (N3) den Befund, dass es sich hierbei nur um eine aktuelle Beigabe handelt, die Grundmedikation mit Trevilor/Venlafaxin, Solian und Akineton indes gleich blieb. Für Zeiträume vor diesem Datum ist von der Klägerin weder dargelegt, noch für das erkennende Gericht erkennbar geworden, dass das Medikament Seroquel zur Behandlung der psychischen Erkrankung der Klägerin erforderlich war und dementsprechend verordnet wurde. Weder der Stellungnahme der UMG noch dem Beweisantrag der Klägerin lassen sich zudem entnehmen, dass das Medikament Seroquel bzw. der darin enthaltene Wirkstoff Quetiapin ab jetzt und auf Dauer unverzichtbarer Bestandteil der Grundmedikation der Klägerin sein wird, ohne den die psychische Erkrankung der Klägerin schlichtweg nicht behandelbar ist und dass bei einem Wegfall dieses Medikaments im Heimatland eine wesentliche Verschlimmerung der Beschwerden der Klägerin im Sinne einer konkreten Gefahr für Leib oder Leben eintritt. Der Einzelrichter versteht die vorgelegte Stellungnahme der UMG vom 4. März 2013 dahingehend, dass mit dem zusätzlichen Einsatz von Seroquel bei der Klägerin eine bessere Wirksamkeit und Verträglichkeit im Hinblick auf die Vermeidung von unerwünschten Nebenwirkungen der übrigen Medikamente beabsichtigt ist. Das Medikament Seroquel mit seinem Wirkstoff Quetiapin gehört zur Gruppe der atypischen Neuroleptika und wird in Deutschland erst seit 2010 als Zusatztherapie bei Patienten eingesetzt, bei denen eine Monotherapie mit einem Antidepressivum nicht oder nur unzureichend wirkt (Quelle: www.wikipedia.de zu „Quetiapin“, abgerufen am 12. März 2013). Wegen seiner schlafanstoßenden Wirkung (Quelle: www.diagnosia.com zu „Seroquel“, abgerufen am 13. März 2013) kommt es etwa zur Beseitigung von Durchschlafstörungen neuerdings offenbar auch bei der Klägerin zusätzlich zur Anwendung. Die bisherige Behandlung der Klägerin seit ihrer zweiten Einreise in die Bundesrepublik bis Ende 2012 war ausweislich der von ihr vorgelegten ärztlichen Atteste jedoch auch ohne diese Zusatzmedikation erfolgreich. Die Klägerin ist in den vergangenen 10 Jahren seit erstmaligem Auftritt ihrer psychischen Erkrankung mit diesem neuen Medikament nicht behandelt worden; die bisherige Medikation aus Solian, Trevilor und Akineton genügte für eine adäquate Behandlung. Bei dieser Sachlage spricht trotz der fachärztlichen Stellungnahme der UMG vom 4. März 2013 derzeit nichts für eine zwingende medizinische Indikation dieses erst seit November 2008 auf dem deutschen Arzneimittelmarkt erhältlichen Medikaments (Quelle: www.wikipedia.de zu „Quetiapin“, abgerufen am 12. März 2013), zumal zur Bestimmung einer Gefahr i.S.d. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ohnehin nicht auf den medizinischen Behandlungsstandard in Deutschland abgestellt werden darf. Der Beklagte hat zutreffend darauf hingewiesen, dass der Anspruch aus § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG auf Zugang zu adäquater medizinischer Versorgung im Heimatland nicht unter Berücksichtigung der in Deutschland üblichen medizinischen Behandlungsstandards zu bestimmen ist. Auf die vom Beklagten im Schriftsatz vom 11. März 2013 zitierte Rechtsprechung wird zur weiteren Begründung verwiesen.

Soweit die Klägerin beantragt hat, zum Beweis dafür, dass sie ohne den regelmäßigen persönlichen Kontakt zu ihren in Deutschland lebenden beiden Töchtern eine schwere Destabilisierung mit Suizidalität erleiden würde (Ziffer I. 4. des Beweisantrags), bestand für den Einzelrichter ebenfalls keine Pflicht zur weiteren Sachverhaltsaufklärung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens, denn die hierfür in Bezug genommenen Ausführungen in den vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen der UMG sind insoweit schon nicht schlüssig und nachvollziehbar begründet; das Beweisthema damit unzureichend substantiiert. Die Klägerin hat nicht ansatzweise glaubhaft machen können, dass sie tatsächlich seit ihrer erneuten Einreise, insbesondere während der Dauer des vorliegenden gerichtlichen Verfahrens tatsächlich durch ihre jüngere Tochter stetig umfassend betreut wurde. Die Klägerin hat durch Vorlage einer schriftlichen Stellungnahme ihrer jüngeren Tochter I. vom 1. April 2012 (Bl. 82 GA) vielmehr geltend gemacht, dass diese „momentan“ in H. studiere und deshalb bei ihrer älteren Schwester Y. wohne. Diese Aussage der Klägerin steht im Widerspruch zu der offenbar von der UMG (Dr. W.) nicht hinterfragten Angabe in der fachärztlichen Stellungnahme vom 28. Februar 2013, die Klägerin lebe mit einer ihrer Töchter zusammen und die Tochter unterstütze und betreue sie im Alltag. Eine andere Wertung ist auch nicht im Hinblick auf den nach Schluss der mündlichen Verhandlung am 18. März 2013 eingegangenen Schriftsatz der Klägerin nebst Anlagen (Studienbescheinigung der Universität U. und Bescheinigung des Hausmeisters über das gemeinsame Bewohnen der Wohnung der Klägerin) geboten. Da der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in der mündlichen Verhandlung zu diesem Themenkreis keinen Antrag auf Schriftsatznachlass gem. § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 283 ZPO gestellt (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 29. Februar 2000 - 4 B 13/00 -, Buchholz 310 § 104 VwGO Nr. 29, zit. nach juris LS 2 und Rn. 3) und der Einzelrichter antragsgemäß entschieden hat, hätte dieses nachträgliche Vorbringen nur im Rahmen der Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gem. § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 156 ZPO, § 104 Abs. 3 Satz 2 VwGO in das Verfahren eingeführt werden können (Kopp/Schenke, a.a.O., § 103 Rn. 11 a.E.). Dies hat die Klägerin nicht beantragt und war auch von Amts wegen nicht zu veranlassen. Das verspätete schriftsätzliche Vorbringen liefert keinen Grund für eine zwingende Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gem. § 156 Abs. 2 ZPO. Der Einzelrichter hat deshalb eine Entscheidung hierüber nach freiem Ermessen gem. § 156 Abs. 1 ZPO getroffen (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 11. April 1989 - 9 C 55/88 -, NVwZ 1989, S. 857 ff., zit. nach juris Rn. 11; Kopp/Schenke, a.a.O., § 104 Rn. 11); auch danach war eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nicht angezeigt. Die mit dem verspätet eingereichten Schriftsatz in das Verfahren einzuführende Tatsache, dass sich die jüngere Tochter der Klägerin offenbar nunmehr doch zur Beibehaltung ihrer gemeinsamen Wohnung in P. und für ein Studium in U. mit der Möglichkeit des täglichen Pendelns zwischen beiden Orten entschieden hat, reicht im Ergebnis nicht aus, um eine medizinisch begründete Prognose zumindest ansatzweise darzutun, dass bei einem Wegfall dieses täglichen persönlichen Kontaktes der Klägerin mit ihrer jüngeren Tochter eine konkrete Gefahr für deren Leib oder Leben droht. Die Annahme einer solchen Gefahr ergibt sich nämlich nicht aus der fachärztlichen Stellungnahme der UMG vom 28. Februar 2013, die zurückhaltend formuliert, dass die Kontakte der Klägerin zu ihren Töchtern zur Aufrechterhaltung der Teilremission beitragen, ohne dass dieser Beitrag näher qualifizierbar wäre. Soweit es die pauschale Geltendmachung der Suizidalität der Klägerin betrifft, ist diese für den vorliegenden Sachverhalt zudem nicht entscheidungserheblich. Wie oben bereits ausgeführt, kann die konkrete Gefahr eines Suizids bei zwangsweiser Beendigung des Aufenthalts allenfalls zu einem inlandsbezogenen Vollstreckungshindernis führen, das die Ausländerbehörde bei ihren Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung zu beachten hat.

Soweit die Klägerin darüber hinaus die Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis dafür beantragt hat, dass sie krankheitsbedingt - und wegen des chronischen Verlaufs ihrer Krankheit lebenslang - nicht arbeitsfähig sei (Ziffer I.5 des Beweisantrags), war diesem Beweisantrag ebenfalls mangels unzureichender Substantiierung des Beweisthemas nicht weiter nachzugehen. Diesbezüglich handelt es sich um eine bloße Vermutung der Klägerin, die ohne jede tatsächliche Grundlage geradewohl ins Blaue hinein aufgestellt wurde. Aus den von ihr vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen ergibt sich insoweit lediglich, dass derzeit, d.h. zum Zeitpunkt der ärztlichen Begutachtung, von ihrer Erwerbsunfähigkeit auszugehen ist. Soweit sich die Klägerin diesbezüglich explizit auf das vorgelegte Attest der UMG - Dr. V. - vom 2. März 2012 (Bl. 85 GA) beruft, lässt sich diesem nur entnehmen, dass nach damaliger ärztlicher Einschätzung eine Behandlungsnotwendigkeit auch über den Zeitraum von 2 Jahren hinaus sicher prognostiziert und deshalb eine Erwerbsfähigkeit der Klägerin als nicht gegeben angenommen werden könne. Für die dort dokumentierte weitergehende fachärztliche Feststellung, „bei vorliegendem chronischem Krankheitsverlauf auch prognostisch nicht mehr zu erwarten sei“, fehlt es hingegen an tragfähigen medizinischen Anknüpfungspunkten. Zudem hat der Einzelrichter bei seiner ablehnenden Entscheidung insoweit den Umstand berücksichtigt, dass diese Prognose in den aktuellen fachärztlichen Attesten der UMG, namentlich Dr. V., aus dem Jahre 2013 nicht wiederholt wurde. Es bestand deshalb keine Veranlassung, dieser einmaligen und seinerzeit durch nichts belegten These des Dr. V. durch Einholung eines Sachverständigengutachtens nachzugehen.

Soweit die Klägerin die Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis dafür beantragt hat, sie habe in ihrem Heimatland keinen Zugang zu einer kostenlosen medizinischen und medikamentösen Versorgung (Ziffer I.6 des Beweisantrags), war der Beweisantrag abzulehnen, weil die Klägerin darin nicht nachvollziehbar dargelegt hat, inwieweit das nicht näher spezifizierte Beweismittel „Sachverständigengutachten“ geeignet sein soll, hinsichtlich der vom Einzelrichter in das Verfahren eingeführten Erkenntnismittel und der im vorliegenden Verfahren eingeholten amtlichen Auskunft des Auswärtigen Amtes weitergehende entscheidungserhebliche Erkenntnisse zur Lage des Gesundheitssystems in der Ukraine zu liefern. Ein Beweisantrag, der angesichts vorliegenden Erkenntnismaterials weiteren Sachaufklärungsbedarf geltend macht, hat nicht nur das Beweisthema und die sachverständige Stelle zu bezeichnen, sondern muss darüber hinaus den weiteren Sachaufklärungsbedarf aufzeigen (GK-AsylVfG, § 78 Rn. 392 m.w.N.).

Weiteren Sachaufklärungsbedarf hat die Klägerin auch nicht aufgezeigt, soweit sie die Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis dafür beantragt hat, dass sie mangels staatlicher Fürsorge, fehlendem Einkommen und Vermögen die Behandlung ihrer Erkrankung und die benötigten Medikamente im Heimatland nicht finanzieren könne (Ziffer I.7 des Beweisantrages). Der Beweisantrag war insoweit im Hinblick auf den Aspekt mangelnder staatlicher Fürsorge abzulehnen, weil die dem erkennenden Gericht vorliegenden Erkenntnismittel sowie die im Verfahren eingeholte Auskunft des Auswärtigen Amtes bereits ergeben haben, dass Medikamente und ärztliche Behandlungen in Ukraine zum Teil selbst bezahlt werden müssen. Es ist nicht zu erkennen, inwieweit die Einholung eines weiteren, nicht näher bezeichneten Sachverständigengutachtens hierüber hinausgehende Erkenntnisse für das vorliegende Verfahren bringen könnte. Was den in dieser Beweisfrage enthaltenen Aspekt fehlenden Einkommens und Vermögens der Klägerin betrifft, war der Beweisantrag in entsprechender Anwendung des § 244 Abs. 3 Satz 2 Alternative 4 StPO abzulehnen, weil hierfür das nicht näher bezeichnete Beweismittel Sachverständiger untauglich ist. Es ist für den Einzelrichter nicht ersichtlich, wieweit diese negativen Tatsachen, die von der Klägerin behauptet werden, durch einen Sachverständigen in ihrem Sinne positiv bestätigt werden könnten. Vielmehr wäre ggf. die Einholung amtlicher Auskünfte ukrainischer Stellen, ggf. auch die Vernehmung von (sachverständigen) Zeugen geeignet, diese negative Behauptung der Klägerin zu wiederlegen.

Soweit die Klägerin die Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis dafür beantragt hat, dass sie wegen erneuter Verschlechterung ihres psychischen Zustandes aktuell nicht verhandlungsfähig sei (Ziffer I.8 des Beweisantrags), war der Beweisantrag abzulehnen, weil die Beantwortung dieser Beweisfrage für die Entscheidung in der Sache nicht erheblich ist (vgl. § 244 Abs. 3 Satz 2 Alternative 2 StPO). In prozessualer Hinsicht kommt aus den einleitenden Gründen dieses Urteils hinzu, dass der Klägerin gem. § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 227 Abs. 2 ZPO nur die Glaubhaftmachung ihrer Verhandlungsunfähigkeit nach entsprechender Aufforderung durch den Einzelrichter in der mündlichen Verhandlung oblag, um eine Vertagung derselben zu erreichen. Für die Glaubhaftmachung hätte es lediglich der Vorlage eines aussagekräftigen ärztlichen Attestes (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Juni 1991, a.a.O.; BFH, Beschluss vom 21. April 2008 - XI B 206/07 und 207/07 -, zit. nach juris Rn. 3), nicht aber der Führung eines Vollbeweises durch einen medizinischen Sachverständigen bedurft.

Soweit die Klägerin die Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis dafür beantragt hat, dass sie auf die Einnahme des im Heimatland nicht verfügbaren Medikaments Akineton Retard 4 mg/d angewiesen sei, da ihr sonst konkrete Gesundheitsgefahren bis hin zum Suizid drohen (Ziffer I.9 des Beweisantrags), war die Beweiserhebung entsprechend § 244 Abs. 3 Satz 2 Alternative 3 StPO abzulehnen, da der Einzelrichter bei seiner Entscheidung die Notwendigkeit der Einnahme des Medikaments Akineton (Wirkstoff: Biperiden) als erwiesen unterstellt hat. Sie ergibt sich aus den bisherigen und insoweit nachvollziehbar formulierten fachärztlichen Stellungnahmen, die die Klägerin in das Verfahren eingeführt hat und damit Grundlage der im Verfahren eingeholten Auskunft des Auswärtigen Amtes waren. Soweit es der Klägerin mit ihrer Beweisfrage offensichtlich nur um die Darreichungsform „retardierend“ des Medikaments Akineton geht, die nach der eingeholten Auskunft der Kooperationsärztin der Deutschen Botschaft in Kiew in ihrem Heimatland nicht erhältlich ist, konnte die beantragte Beweiserhebung mangels Entscheidungserheblichkeit (vgl. § 244 Abs. 3 Satz 2 Alternative 2 StPO) und aufgrund eigener Sachkunde des erkennenden Gerichts (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 11. Februar 1999 - 9 B 381/98 -, InfAuslR 1999, S. 365 f., zit. nach juris Rn. 4) abgelehnt werden. Dass es sich bei den derzeit von der Klägerin in Deutschland eingenommenen Kapseln des Medikamentes Akineton lediglich um eine retardierende, d.h. verlangsamt wirkende Darreichungsform des Wirkstoffs Biperiden handelt, lässt sich ohne weitere medizinische Kenntnisse den einschlägigen medizinischen Lexika (zum Begriff Retard- bzw. Depotpräparate vgl. das klinische Wörterbuch Psychrembel) oder Enzyklopädien (zum Begriff „Retard“ vgl. www.wikipedia.de) entnehmen. Ist die Wirkung eines Arzneistoffes beispielsweise den ganzen Tag über erwünscht, muss ein Medikament in Retardform nur einmalig oral eingenommen werden, damit es über mehrere Stunden hinweg den Arzneistoff freisetzt. Der Vorteil von Retardmedikamenten besteht somit lediglich in dem Effekt, dass sie weniger häufig eingenommen werden müssen (vgl. http://adhspedia.de/wiki/Retardmedikament). Liegen retardierende Formen eines Arzneistoffes nicht vor, ist der Patient gehalten, den benötigten Wirkstoff in klassischen Darreichungsformen (z.B. Tabletten) gleichmäßig dosiert in mehreren Portionen über den Tag verteilt einzunehmen. Hierin ist kein medizinischer Nachteil zu erblicken, der den Behandlungserfolg infrage stellt, soweit eine bestimmte Freisetzungskinetik nicht zwingend medizinisch indiziert ist. Hierfür gibt es im Falle der Klägerin indes keinerlei Anhaltspunkte; solche werden jedenfalls in dem Beweisantrag nicht aufgezeigt.

Soweit die Klägerin die Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis dafür beantragt hat, dass das Medikament Seroquel 300 bzw. der Wirkstoff Quetiapin in ihrem Heimatland nicht verfügbar bzw. erhältlich sei (Ziffer II. des Beweisantrags), war die Beweiserhebung mangels Entscheidungserheblichkeit, alternativ wegen unzureichender Substantiierung des Beweisthemas abzulehnen. Wie bereits vorstehend zur Ablehnung der Ziffer I.2 des Beweisantrags ausgeführt, worauf an dieser Stelle verwiesen wird, ergibt sich weder aus der fachärztlichen Stellungnahme der UMG vom 4. März 2013 noch aus dem sonstigen Vortrag der Klägerin, dass die Behandlung ihrer psychischen Erkrankung mit dem genannten atypischen Neuroleptikum, die hier in Deutschland offenbar erst seit Anfang 2013 zusätzlich mit dem Medikament Seroquel 300 erfolgt, medizinisch zwingend erforderlich ist, um eine konkrete Gefahr für Leib und Leben der Klägerin bei einer Rückkehr in ihre Heimat sicher auszuschließen. Selbst wenn man an dieser Stelle die zwingende medizinische Notwendigkeit der weiteren Behandlung der Klägerin mit Seroquel 300 mg/d zu deren Gunsten einmal unterstellt, sprechen derzeit keinerlei Anhaltspunkte für die Annahme der Klägerin, dieses Medikament sei in der Ukraine nicht erhältlich. Bereits eine einfache Internetrecherche nach dem Hersteller vom Seroquel, der britische Pharmakonzern AstraZeneca, ergibt, dass dieser über eine Niederlassung in Kiew, 15/15, V.Khvoyki Str., verfügt, um am ukrainischen Arzneimittelmarkt präsent zu sein (vgl. http://www.astrazeneca.com/About-Us/Worldwide-locations/Country/Ukraine, abgerufen am 13. März 2013). Die bloße Behauptung der Klägerin, das Medikament sei in der Ukraine nicht erhältlich, entbehrt einer tatsächlichen Grundlage, ist vielmehr ersichtlich ins Blaue hinein aufgestellt worden und zielt daher auf die Erhebung eines unzulässigen Ausforschungsbeweises hinaus (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 27. März 2000 - 9 B 518/99 -, NVwZ 2000 Beilage Nr.9, S. 99 ff., zit. nach juris Rn. 10).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gem. § 83b AsylVfG nicht erhoben. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.