Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 15.11.2002, Az.: 9 SchH 9/02
Aufhebung und Wirksamkeit eines Schiedsspruchs; Pachtvertrag über eine Verkaufsfiliale (Backshop)
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 15.11.2002
- Aktenzeichen
- 9 SchH 9/02
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2002, 21269
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:2002:1115.9SCHH9.02.0A
Rechtsgrundlage
- § 1040 ZPO
Fundstelle
- OLGReport Gerichtsort 2003, 340-341
Tenor:
Der Schiedsspruch des Schiedsrichters . . . vom . . . wird für vollstreckbar erklärt.
Dieser Beschluss ist vorläufig vollstreckbar.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des gerichtlichen Verfahrens.
Gründe
I.
Die Parteien schlossen am 28.11.2001 einen als Pachtvertrag überschriebenen Vertrag über eine Verkaufsfiliale (Backshop) der Antragstellerin, belegen an. . . . Gegenstand des Vertrages ist u. a. , dass der Antragsgegner die zu verkaufenden Produkte von der Antragstellerin zu beziehen hat, aber ergänzende Produkte nach Vereinbarung dazukaufen und ebenfalls vertreiben darf. Der Antragsgegner schuldet u. a. eine Umsatzpacht in Höhe von monatlich 12 % zzgl. MwSt auf sämtliche getätigten Umsätze incl. der genehmigten fremdbezogenen Waren, mindestens aber 2.000,00 DM netto. Sämtliche Umsätze sind über die mitverpachteten Registrierkassen sofort einzugeben und monatlich unter Beifügung der Kassenausdrucke (Z-Lesung) abzurechnen, der Antragsgegner verpflichtete sich zu einer ordnungsgemäßen Buchführung mittels EDV.
Weiter wurde zwischen den Parteien eine Schiedsabrede getroffen.
Mit Schreiben vom 31.05.2002, 12.06.2002 und weiteren Schreiben kündigte die Antragstellerin den Pachtvertrag fristlos , u. a. mit der Begründung, der Antragsgegner melde seine Umsätze nicht vertragsgemäß und habe seine Mitarbeiter angewiesen, "Schwarzkassen" zu führen.
Die Antragstellerin hat am 25.06.2002 Klage vor dem Schiedsgericht eingereicht und beantragt, den Antragsgegner zu verurteilen, den Backshop zu räumen und an die Antragstellerin herauszugeben.
Nachdem der Antragsgegner die Unzuständigkeit des Schiedsgerichts, die Befangenheit des Schiedsrichters und eine Rüge gemäß § 1030 Abs. 1 ZPO erhoben hatte, hat das Schiedsgericht durch Zwischenbescheide gem. § 1040 Abs. 3 ZPO diese Rügen als unbegründet zurückgewiesen. Gegen diese Zwischenbescheide ist ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung gem. § 1040 Abs. 3 S. 2 ZPO nicht beantragt worden.
Mit Schiedsspruch vom 15.10.2002 hat das Schiedsgericht den Antragsgegner verurteilt, den von ihm angepachteten C-store mit Backshop zu räumen und an die Antragstellerin herauszugeben sowie die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Schiedsgericht hat einen wichtigen Grund zur Kündigung darin gesehen, dass der Antragsgegner neben der Registrierkasse zwei weitere Kassen führte, in welche er die Einnahmen aus dem Verkauf von Tabakwaren und dem Verkauf von Tee/Kakao/Würstchen hineinlegte. Entgegen seinen vertraglichen Pflichten habe er jedenfalls den Umsatz aus der letzteren Kasse nicht der Antragstellerin gemeldet, sondern - wie auch die Zeuginnen . . . und . . . ausgesagt hätten - die Barbeträge mehrmals täglich entnommen und in die Tasche gesteckt. In seiner persönlichen Anhörung habe er nur die Existenz der zweiten Kasse für die Tabakwaren zugestanden, die weitere Kasse aber auch dem Schiedsgericht vorenthalten. Angesichts der vereinbarten Umsatzpacht stelle dies einen zur außerordentlichen Kündigung berechtigenden Verstoß dar, da der Verdacht eines strafbaren Verhaltens bestehe, ohne dass es darauf ankomme, ob und in welcher Höhe der Umsatz falsch gemeldet sei.
II.
Der Antrag der Antragstellerin ist zulässig , insbesondere ist das angerufene Gericht zuständig (§§ 1059, 1062 Abs. 1 Nr. 4, 1043 ZPO); der Antrag ist auch begründet.
1)
Soweit der Antragsgegner rügt, dass eine Schiedsvereinbarung nicht wirksam geschlossen worden sei, ist er mit diesem Einwand gemäß § 1040 Abs. 3 ZPO ausgeschlossen, da er gegen den Zwischenbescheid nicht die gerichtliche Entscheidung beantragt hat.
2)
Auch die von dem Antragsgegner erhobenen Verfahrensrügen führen nicht zu einer Aufhebung des Schiedsspruchs.
Die Vorschrift des § 1059 Abs. 2 ZPO enthält einen abschließenden Katalog der Gründe, aus denen ein Schiedsspruch aufgehoben werden kann. Selbst bei Vorliegen eines Verfahrensfehlers ist der Schiedsspruch nur dann aufzuheben, wenn dies verfassungsrechtlich geboten ist. Dies ist nicht der Fall. Darüber hinaus gilt Folgendes:
Gemäß § 1059 Abs. 2 d ZPO kann ein Schiedsspruch aufgehoben werden, wenn das schiedsrichterliche Verfahren einer Bestimmung des 10. Buches der ZPO widersprochen hat und anzunehmen ist, dass sich dies auf den Schiedsspruch ausgewirkt hat. Auch daran fehlt es hier.
- Soweit der Antragsgegner rügt, die Zeugin . . . sei nicht gehört worden, hätte er erklären müssen, was diese Zeugin ausgesagt hätte und inwieweit ihre Aussage die Entscheidung beeinflusst hätte. Die Begründung der Verfahrenrüge muss den Anforderungen genügen, die an Revisionsrügen (§ 551 Abs. 3 Nr. 2 ZPO) zu stellen sind (Zöller-Geimer, ZPO, 23. Aufl. , §1059 Rn. 33, § 551 Rn. 14).
- Dasselbe gilt für den Vorwurf, die Erwiderungsfrist sei auf Antrag nicht verlängert worden und der Termin vom 25.09.2002 sei auf Antrag nicht verlegt worden. Der Antragsgegner teilt nicht mit, was er denn in der verlängerten Frist vorgetragen hätte.
- Auch der Vorwurf, der Schiedsrichter habe bei der Beweiswürdigung nicht bedacht, dass der Antragsgegner gegen eine Zeugin Strafanzeige wegen Diebstahls erstattet habe, ist aus dem selben Grunde unerheblich und betrifft darüber hinaus die vom Gericht nicht zu überprüfenden Tatsachenfeststellungen des Schiedsgerichts.
3)
Ein Verstoß des Schiedsspruchs selbst gegen die öffentliche Ordnung ( § 1050 Abs. 2 b ZPO) ist nicht ersichtlich.
4)
Abgesehen davon bestreitet der Antragsgegner auch nicht, neben der Registrierkasse zwei weitere Kassen geführt zu haben. Er behauptet lediglich, keine Umsätze unterschlagen zu haben. Der Schiedsspruch ist aber darauf gestützt, dass durch die Art der Handhabung, für die der Antragsgegner keine vernünftigen Gründe nennen konnte, aus der Sicht der Vertragspartnerin sich der Verdacht der Unterschlagung ergebe. Dies aber stelle einen Verstoß gegen die ordnungsgemäße Buchführungspflicht und damit einen Kündigungsgrund dar. Im übrigen unterliegen die Tatsachenfeststellungen des Schiedsgerichts nicht der Überprüfung durch das Gericht und auch die Subsumtion ist nur im Rah-men eines Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung zu überprüfen, der hier nicht vorliegt.
5)
Die Rüge des Antragsgegners, er sei Legastheniker, berührt die Frage der Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung. Diese Rüge hätte er bereits im Schiedsverfahren erheben müssen, danach ist ihm dieser Einwand abgeschnitten (Zöller-Geimer, a. a. O. , § 1029 Rn. 19 b). Soweit er damit rügen will, dass er anwaltlich auch insoweit hätte vertreten sein müssen, als sein Rechtsanwalt in der Verhandlung vor dem Schiedsrichter zu spät gekommen und nach dem Verhandlungstag und vor Erlass des Schiedsspruchs das Mandat niedergelegt habe, ist der Einwand unerheblich, da er nicht mitteilt, inwieweit dies den Schiedsspruch beeinflusst hat.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 1064 Abs. 2 ZPO.
Streitwertbeschluss:
Der Streitwert des gerichtlichen Verfahrens wird auf 46.900,00 EUR festgesetzt.