Oberlandesgericht Braunschweig
Beschl. v. 03.01.2017, Az.: 1 WF 279/16

Anordnung der Zahlung der Verfahrenskosten aufgrund einer Ausgleichszahlung im Rahmen eines Scheidungsverfahrens

Bibliographie

Gericht
OLG Braunschweig
Datum
03.01.2017
Aktenzeichen
1 WF 279/16
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2017, 14591
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGBS:2017:0103.1WF279.16.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Wolfenbüttel - 25.10.2016 - AZ: 15 F 3093/14

Fundstelle

  • FuR 2017, 513-514

Redaktioneller Leitsatz

Hat die Ehefrau nach Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Scheidungsverfahren und Folgesachen eine Ausgleichszahlung in Höhe von 20.000 EUR erhalten, so ist die Anordnung der Zahlung der Verfahrenskosten in Höhe von nicht ganz 8.000 EUR aus dem Vermögen rechtmäßig. Das gilt auch dann, wenn zwar eine Verbindlichkeit für die Anschaffung eines Fahrzeugs in Höhe von 10.000 EUR bestand.

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Rechtspflegers des Amtsgerichts - Familiengericht - Wolfenbüttel vom 25.10.2016 wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen; außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

I. Der Antragsgegnerin wurde durch Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Wolfenbüttel in der Sitzung vom 22.10.2015 für das Scheidungsverfahren sowie die Folgesachen Versorgungsausgleich und nachehelicher Unterhalt ratenlose Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung des Büros A. und Partner in B. bewilligt. In derselben Verhandlung schloss die Antragsgegnerin mit dem Antragsteller einen Vergleich, nach dem dieser an sie eine Ausgleichszahlung in Höhe von 20.000,00 € zu leisten hatte. Die Ausgleichszahlung wurde im Mai 2016 erbracht. Von diesem Betrag verwendete die Antragsgegnerin 900,00 € als Anzahlung für eine Küche, 3.320,00 € auf ein am 07.05.2014 aufgenommenes Darlehen für Umzugskosten und einen weiteren Betrag von 10.000,00 € für ein am 04.01.2016 erworbenes Kraftfahrzeug.

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 25.10.2016 ordnete der Rechtspfleger des Amtsgerichts die Zahlung der auf die Antragsgegnerin entfallenden Verfahrenskosten in Höhe von 7.993,95 € aus ihrem Vermögen an. Zur Begründung ist ausgeführt, die Anschaffung eines erst nach Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe erworbenen Kraftfahrzeuges sei gemäß §§ 115 ZPO, 90 Abs. 2 SGB XII nicht privilegiert.

Gegen den Beschluss legte die Antragsgegnerin mit am 23.11.2016 beim Amtsgericht eingegangenem Schreiben sofortige Beschwerde ein. Zur Begründung führt sie aus, sie benötige das Fahrzeug für die Fahrt zur Arbeit und den Transport ihrer Kinder. Der Erwerb gerade dieses Fahrzeuges sei sinnvoll gewesen, da sie es bereits zuvor genutzt habe und die vorherige Eigentümerin die Kosten nicht mehr habe tragen können.

Das Amtsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht Braunschweig zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Der Rechtspfleger des Amtsgerichts hat zu Recht die Zahlung der Verfahrenskosten aus dem Vermögen der Antragsgegnerin angeordnet. Gemäß § 120 a ZPO soll das Gericht die Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen ändern, wenn sich die für die Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich verändert haben. Dies ist der Fall, da die Antragsgegnerin im Mai 2016 den im Vergleich vom 22.10.2015 vereinbarten Ausgleichsbetrag von 20.000,00 € erhalten hat. Dass das Vermögen teilweise nicht mehr vorhanden ist, ist nur beachtlich, soweit bereits zur Zeit der Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe Verbindlichkeiten bestanden, die beglichen werden musste (vgl. BGH NJW-RR 2007, 628 [BGH 21.09.2006 - IX ZB 305/05] Rn. 7 [BGH 21.09.2006 - IX ZB 305/05]). Nach der Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe eingegangene Schulden haben nur dann Vorrang, wenn die Schulden zur Bestreitung eines vorrangigen Lebensbedarfs aufgenommen werden mussten (vgl. OLG Stuttgart FamRZ 2007, 915); anderenfalls muss sich der Beteiligte so behandeln lassen, als hätte er nachträglich erworbenes Vermögen rechtsmissbräuchlich verschleudert (Groß, Beratungshilfe - Prozesskostenhilfe - Verfahrenskostenhilfe, 13. Auflage, § 120a ZPO Rn. 10). Danach ist die Ablösung des am 07.05.2014 bei den Eheleuten X. für Umzugskosten aufgenommenen Darlehens in Höhe von 3.320,00 € beachtlich.

Demgegenüber ist hinsichtlich des an Frau A. O. gezahlten Betrages von 900,00 € nicht glaubhaft gemacht worden, dass es sich um eine vor Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe entstandene Verbindlichkeit handelte. Zwar hat die Antragsgegnerin einen Darlehensvertrag mit den Eheleuten O. vom 09.05.2014 vorgelegt, in dem sie als Darlehensnehmerin aufgeführt ist. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass die Zahlung von 900,00 € am 01.06.2016 mit dem Verwendungszweck "Anzahlung Küche" hiermit im Zusammenhang steht.

Nicht beachtlich ist ferner die Anschaffung eines Fahrzeuges am 15.01.2016. Dem steht nicht entgegen, dass das erworbene Fahrzeug, wäre es zur Zeit der Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe bereits vorhanden gewesen, möglicherweise als Schonvermögen gemäß § 115 Abs. 3 ZPO in Verbindung mit § 90 Abs. 2 Nr. 5 SGB XII geschützt gewesen wäre (vgl. BGH FamRZ 2007, 1720 Rn. 16 f. für nachträglich angeschafftes Wohneigentum). Die Prozess- bzw. Verfahrenskostenhilfe will der armen Partei im Rahmen der Voraussetzungen nach § 114 ZPO einen Rechtsstreit ermöglichen, ihr aber nicht die durch Urteil oder Vergleich erstrittene Zahlung ungeschmälert belassen. Denn damit würde sie letztlich besser stehen als eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe bekommen hat und insoweit als finanziellen Erfolg des Rechtsstreits ebenfalls nur den Reingewinn, also das erzielte Vermögen abzüglich der dafür aufgewendeten Kosten, für sich verbuchen kann (vgl. BGH a. a. O. Rn. 17; OLGR Celle 2000, 335).

Die Anschaffung des Fahrzeuges war zudem nach dem eigenen Vortrag der Antragsgegnerin nicht erforderlich, da ihr das Fahrzeug bereits zuvor leihweise zur Verfügung stand. Dem Umstand, dass sich die bisherige Eigentümerin den Unterhalt des Fahrzeuges nicht mehr leisten konnte, hätte auch dadurch Rechnung getragen werden können, dass die Antragsgegnerin diese Kosten übernimmt. Ferner hätte die Antragsgegnerin ein preiswerteres Fahrzeug erwerben können und den für die Begleichung der Verfahrenskosten erforderlichen Betrag zurückhalten können. Unter Berücksichtigung des Schonbetrages für Barvermögen gemäß § 115 Abs. 3 ZPO, § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII - gemäß 1 Abs. 1 Ziffer 1b der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII für die Antragsgegnerin und die beiden von ihr betreuten Kinder ein Betrag von 3.112,00 € (2.600,00 € + 256,00 € + 256,00 €) - und des Darlehens in Höhe von 3.320,00 € verblieb der Antragsgegnerin ein Betrag 13.568,00 €, aus dem sie die Verfahrenskosten von 7.993,95 € ohne weiteres tragen konnte. Nach Abzug dieses Betrages verblieb ihr ein Betrag in Höhe von 5.574,41 €, der ihr zur Anschaffung eines gebrauchten Kleinwagens zur Verfügung gestanden hätte. Ob der Antragsgegnerin die Höhe der Verfahrenskosten positiv bekannt war, ist unerheblich, da sie den Betrag durch eine Nachfrage beim Gericht oder bei ihrer Verfahrensbevollmächtigten jederzeit hätte in Erfahrung bringen können.

Die Entscheidung über die Gerichtskosten folgt aus Nr. 1912 KV FamGKG. Hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten beruht die Kostenentscheidung auf § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG in Verbindung mit 127 Abs. 4 ZPO.