Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 10.03.2015, Az.: 12 K 70/14
Versteuerung der Abtretung von Ansprüchen aus mehreren Rückdeckungsversicherungen als Arbeitslohn
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 10.03.2015
- Aktenzeichen
- 12 K 70/14
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2015, 20813
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2015:0310.12K70.14.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BFH - AZ: VI R 30/15
Rechtsgrundlagen
- § 11 Abs. 1 EStG
- § 19 Abs. 1 S. 1 EStG
Redaktioneller Leitsatz
Die Abtretung von Ansprüchen aus Rückdeckungsversicherungen ist als Arbeitslohn zu versteuern. Dies gilt nicht nur während der Ansparphase, sondern auch wenn der Versicherungsfall bereits eingetreten ist.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Abtretung von Ansprüchen aus Rückdeckungsversicherungen als Arbeitslohn zu versteuern ist.
Die Klägerin ist am ... 1950 geboren. Sie hat zwei Kinder, ... und ... . Ihr Ehemann, ..., und Steuerberater BB waren mit einer Stammeinlage von jeweils 25.000 DM zu 50 % als Gesellschafter-Geschäftsführer an der ... Treuhandgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft mbH, ..., (GmbH) beteiligt. Die GmbH hatte ihren Gesellschafter-Geschäftsführern gleichlautende Pensionszusagen erteilt. Nach den Pensionszusagen sollten die Gesellschafter-Geschäftsführer der GmbH bei Ausscheiden nach Vollendung des 65. Lebensjahres eine Altersrente in Höhe von monatlich 3.000 DM erhalten. Ferner umfasste die Pensionszusage auch eine Witwenrente in Höhe von monatlich 1.800 DM. Für die Pensionszusage zu Gunsten des Ehemanns der Klägerin schloss die GmbH bei der Fa. Gerling Lebensversicherungs-AG, Köln, zwei Rückdeckungsversicherungen ab, die auch die Witwenrente der Klägerin umfassten.
Am...2000 verstarb der Ehemann der Klägerin. Seitdem bezog die Klägerin von der GmbH aufgrund der ihr zugesagten Pension eine Witwenrente.
Mit notariellem Vertrag vom ... (... der Urkundenrolle 2006 des Notars ) verkauften die Klägerin und ihre Kinder ihren Geschäftsanteil an der GmbH an den Steuerberater BB für insgesamt ... €. Ferner übertrug die Klägerin ihre Beteiligung an der...und BB GbR (GbR) an den Steuerberater BB und schied aus der GbR aus. In dem notariellen Vertrag heißt es weiter, dass die GbR Eigentümerin des mit einem Bürogebäude bebauten Grundstücks in ... sei, das derzeit an die GmbH vermietet sei. Ferner trat die GmbH sämtliche Ansprüche aus den Rückdeckungsversicherungsverträgen, die sie mit der Fa. Gerling Lebensversicherungs -AG abgeschlossen hatte, mit Wirkung zum 1. August 2006 an die Klägerin ab. Im Gegenzug "zur wirksamen Abtretung und Weiterleitung der aus den Lebensversicherungsverträgen sich ergebenen Rentenzahlungsansprüche" verzichtete die Klägerin sodann auf die ihr gegenüber der GmbH weitergehend zustehenden Ansprüche aus der Pensionszusage. Wegen der weiteren Einzelheiten dieses notariellen Vertrags wird auf Blatt der Einkommensteuerakte 2006 verwiesen, die das beklagte Finanzamt (FA) für die Klägerin unter der Steuernummer ... führt.
Am ... 2008 reichte die Klägerin ihre Einkommensteuererklärung 2006 beim FA ein. In dieser Steuererklärung gab sie an, Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von insgesamt ... € erzielt zu haben. Ferner teilte die Klägerin dem FA mit, dass ab dem 1. August 2006 "die Versorgungsbezüge der Witwenversorgung direkt durch den Rückversicherer, Gerling Konzern, an" sie monatlich ausgezahlt worden seien. Insgesamt habe sie vom Gerling Konzern im Streitjahr einen Betrag in Höhe von 1.416 € erhalten.
Am 28. Juli 2008 ging beim FA die Kontrollmitteilung des Finanzamts X über die ertragssteuerliche Behandlung von Anteilen an Kapitalgesellschaften vom 27. Juli 2006 ein. Nach dieser Kontrollmitteilung hat die Klägerin ihre Beteiligung an der GmbH in Höhe von nominell 12.500 DM für ... € veräußert. Weiter heißt es, dass die "von dem Steuerpflichtigen zu erbringenden Einlagen" voll eingezahlt worden seien.
Mit Bescheid vom ... setzte das FA daraufhin gegenüber der Klägerin die Einkommensteuer 2006 zunächst auf ... € fest.
Mit Einkommensteueränderungsbescheid vom ... setzte das FA gegenüber der Klägerin die Einkommensteuer 2006 auf ... € herauf. In diesem Bescheid berücksichtigte das FA Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von ...€. Der Bruttoarbeitslohn der Klägerin betrug nach diesem Bescheid ... €, wobei das FA auch die Zahlungen der Fa. Gerling Lebensversicherungs-AG an die Klägerin in Höhe von 1.416 € als Arbeitslohn erfasste. Ferner berücksichtigte das FA aufgrund der Kontrollmitteilung des Finanzamts X vom 27. Juli 2006 über die ertragsteuerliche Behandlung von Anteilen an Kapitalgesellschaften einen steuerfrei bleibenden Veräußerungsgewinn in Höhe von...€. Zur Begründung führte das FA aus, dass die Klägerin nach der vorliegenden Kontrollmitteilung ihre Beteiligung an der GmbH in Höhe von nominell 12.500 DM für ... € veräußert habe. Ferner berücksichtigte das FA aufgrund einer Mitteilung des Finanzamts X vom 20. Oktober 2008 Einkünfte der Klägerin aus Gewerbebetrieb in Höhe von ... €, da die Klägerin an der Grundstücksgemeinschaft und GbR (GbR) beteiligt sei und im Streitjahr Beteiligungseinkünfte in dieser Höhe erzielt habe.
Mit Bescheid vom ... setzte das FA gegenüber der Klägerin die Einkommensteuer 2006 erneut auf ... € fest, indem es lediglich die bisherigen Vorläufigkeitsvermerke, wie von der Klägerin beantragt, aktualisiert hat. Dieser Bescheid, der nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stand, ist bestandskräftig geworden.
Am 22. November 2012 ging beim FA eine weitere Kontrollmitteilung des Finanzamts X ein. In dieser Kontrollmitteilung vom 20. November 2012 heißt es, dass nach den Feststellungen einer Außenprüfung (Betriebsprüfung) bei der GmbH die Klägerin mit notariellem Vertrag vom ... ihre Geschäftsanteile an der GmbH an den Steuerberater BB veräußert und unter anderem gegen Abtretung von Ansprüchen aus zwei Rückdeckungsversicherungen auf ihre Ansprüche aus einer Pensionszusage verzichtet habe. Die Klägerin hätte die Abtretung der Ansprüche aus den Rückdeckungsversicherungen in Höhe des Wertes der Versicherungen im Übertragungszeitpunkt als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit versteuern müssen. Für die Werte der Versicherungen könne die Mitteilung der Fa. Gerling Lebensversicherungs-AG vom 12. Oktober 2006 herangezogen werden. Nach der Mitteilung der Fa. Gerling Lebensversicherungs-AG vom 12. Oktober 2006, die der Kontrollmitteilung des Finanzamt X vom 20. November 2012 beigefügt war, betrug der Wert der Rückdeckungsversicherungen, die die GmbH abgeschlossen hatte, zum Bilanztermin 31. Dezember 2006 insgesamt 62.822,56 € einschließlich der Leistungen aus der Gewinnbeteiligung. Wegen der weiteren Einzelheiten dieser Kontrollmitteilung wird auf Blatt ... der o.g. Einkommensteuerakte verwiesen.
Mit Änderungsbescheid vom ... setzte das FA gegenüber der Klägerin die Einkommensteuer 2006 auf ...€ herauf, indem es nunmehr Einnahmen der Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von insgesamt ... € (Bruttoarbeitslohn von bisher ... € zuzüglich des Wertes der Rückdeckungsversicherungen von 62.822 €) erfasste. Diesen Bescheid stützte das FA auf § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO). In den Erläuterungen zu diesem Bescheid heißt es, dass die Änderung auf Grund der Mitteilung des Finanzamts X vom 20. November 2012 erfolgt sei. Nach dieser Mitteilung habe die Klägerin ihre geerbten Geschäftsanteile an der GmbH an den Steuerberater BB veräußert und unter anderem gegen Abtretung von Ansprüchen aus zwei Rückdeckungsversicherungen auf ihre Ansprüche aus einer Pensionszusage verzichtet. Der Zufluss der Rückdeckungsversicherungen sei im Übertragungszeitraum 2006 als Arbeitslohn zu versteuern.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Einspruch ein. Zur Begründung ihres Einspruchs machte sie geltend, dass das FA den Regelungsgehalt des notariellen Vertrags vom ... verkannt habe. Der Vertrag regle nicht ausschließlich die Übertragung eines Geschäftsanteils an einer GmbH, sondern eine Vielzahl weiterer Punkte. Zudem habe sie nicht mit der Übertragung der Geschäftsanteile auf ihre Pensionszusage verzichtet. Der Verzicht auf die Pensionszusage stehe nicht im Zusammenhang mit der Übertragung des Geschäftsanteils. Zudem sei die Abtretung der Ansprüche aus den Rückdeckungsversicherungen auch nicht gesellschaftsrechtlich veranlasst. Sie habe nicht als Gesellschafterin der GmbH auf ihre Pensionszusage verzichtet. Hinsichtlich der abgetretenen Ansprüche aus den Rückdeckungsversicherungen könnten allenfalls die laufenden monatlichen Zahlungen steuerrechtlich relevant sein. Nur der tatsächliche Zufluss könne der Steuerpflicht unterliegen und sei von ihr auch dementsprechend in ihrer Steuererklärung deklariert worden.
Den notariellen Vertrag vom ... habe sie auf Druck des Steuerberaters BB abgeschlossen, da zum damaligen Zeitpunkt weder sie noch ihre Kinder als Mitglieder der Erbengemeinschaft nach ihrem verstorbenen Ehemann als Steuerberater tätig gewesen seien und seitens der Steuerberaterkammer immenser Druck auf die GmbH ausgeübt worden sei, dafür Sorge zu tragen, dass die Geschäftsanteile ausschließlich von Steuerberatern gehalten würden.
Zudem sei sie auch nie Arbeitnehmerin der GmbH gewesen. Sie sei vielmehr lediglich Drittbegünstigte aus einem Leistungsversprechen der GmbH gegenüber ihrem verstorbenen Ehemann. Die Abtretung der Zahlungsansprüche aus den Rückdeckungsversicherungen sei auch nicht unentgeltlich erfolgt. Sie habe vielmehr im Gegenzug zur Abtretung der Ansprüche auf ihre gegenüber der GmbH bestehenden weitergehenden Ansprüche aus der Pensionszusage verzichtet. Damit liege Entgeltlichkeit vor. Die Abtretung der Ansprüche aus den Rückdeckungsversicherungen könne daher nicht als eigenständiger steuerbarer Tatbestand isoliert betrachtet werden.
Mit Einspruchsbescheid vom ... setzte das FA gegenüber der Klägerin die Einkommensteuer 2006 auf ... € herab und wies den Einspruch im Übrigen als unbegründet zurück. Zur Begründung führte es aus, dass die Abtretung der Ansprüche aus den Rückdeckungsversicherungen bei der Klägerin als Arbeitslohn zu erfassen sei. Zudem wäre der Verzicht der Klägerin auf die Pensionszusage der GmbH nur dann als Gegenleistung für die Abtretung der Ansprüche aus den Rückdeckungsversicherungen zu werten, wenn die Pensionszusage im Zeitpunkt des Verzichts noch werthaltig gewesen wäre. Dies sei jedoch nicht der Fall gewesen, da während der Außenprüfung bei der GmbH festgestellt worden sei, dass die GmbH mit Blick auf ihre bilanzielle Überschuldung und der begrenzten liquiden Mittel nicht in der Lage gewesen sei, die Pension in der zugesagten Höhe dauerhaft weiter zu zahlen. Die abgetretenen Rückdeckungsversicherungen seien jedoch als Entschädigung gemäß § 34 Abs. 1 Einkommensteuergesetz in der im Streitjahr gültigen Fassung (EStG) ermäßigt zu besteuern. Insoweit sei der Einspruch begründet. Wegen der weiteren Einzelheiten dieses Einspruchsbescheids wird auf Blatt ... der Gerichtsakte verwiesen.
Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage, mit der die Klägerin ihr bisheriges Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung ihrer Klage machte sie geltend, dass nicht die Rückdeckungsversicherungsverträge voll umfänglich auf sie übertragen worden seien, sondern lediglich die Zahlungsansprüche gegen die Versicherung. Da zum Zeitpunkt der Abtretung der Versicherungsfall bereits eingetreten sei, könnten nur die laufenden Zahlungen als Arbeitslohn besteuert werden. Pflüger in Hermann/Heuer/Raupach, EStG, Lieferung 261, Stand: Januar 2014, § 19 Rdz. 395 ff. differenziere danach, ob der Versicherungsfall bereits eingetreten sei. Im Streitfall gehe es nicht, wie wohl das FA angenommen habe, um die Abtretung einer künftigen Pensionszusage. In diesem Fall werde zudem regelmäßig eine Kapitalzahlung an den Abtretungsempfänger erbracht. Dies sei in ihrem Fall nicht geschehen. Sie erhalte lediglich von der Fa. Gerling Lebensversicherungs-AG ab dem 1. August 2006 monatlich 283,37 €. Beide Sachverhalte seien auch nicht vergleichbar. Die Annahme des FA, sie habe im Streitfall die volle Verfügungsmacht über die Versicherungsverträge erhalten, die für einen zukünftigen Versicherungsfall Leistungen vorsähen, sei fehlerhaft und führe offensichtlich zu einer falschen rechtlichen Beurteilung.
Zudem sei der notarielle Vertrag vom ... hinsichtlich der Rückdeckungsversicherungen nachträglich geändert worden. Die GmbH habe nämlich mit Schreiben vom 24. Juli 2006 gegenüber der Fa. Gerling Lebensversicherungs-AG die Abtretung der Ansprüche angezeigt. Die Fa. Gerling Lebensversicherungs-AG habe die GmbH mit Schreiben vom 28. August 2006 darauf hingewiesen, dass entgegen ihrer Pensionszusage eine vorherige Verpfändung der Ansprüche aus den Rückdeckungsversicherungen an die Klägerin nicht erfolgt sei. Es werde empfohlen, dies nachzuholen. Dies sei mit Verpfändungserklärung vom 4. September 2009 auch geschehen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Schreibens der GmbH vom 24. Juli 2006, des Schreibens der Fa. Gerling Lebensversicherungs-AG vom 28. August 2006 sowie der Verpfändungserklärung wird auf Bl. ... und ... der Gerichtsakte verwiesen.
Im Übrigen sei der notarielle Vertrag vom ... hinsichtlich der Abtretung der Ansprüche aus den Rückdeckungsversicherungen dinglich nicht vollzogen worden. Die GmbH sei Versicherungsnehmerin geblieben. Die Zahlungen der Fa. Gerling Lebensversicherungs-AG an sie seien damit lediglich eine Verkürzung des Zahlungswegs.
Bei den Versicherungen, die die GmbH bei der Fa. Gerling Lebensversicherungs-AG abgeschlossen habe, handele es sich nicht um Rückdeckungsversicherungen in Form einer Lebensversicherung bzw. einer Lebensversicherung mit einem Wahlrecht zwischen zu erbringender Kapitalzahlung bzw. Rentenzahlungen. Es handele sich auch nicht um eine Rentenversicherung mit aufgeschobener Rentenzahlung, sondern um Rentenversicherungen mit sofort beginnender Rentenzahlung. Der Sachverhalt sei daher nicht mit dem Sachverhalt vergleichbar, über den der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 9. Oktober 2002 VI R 112/99, BStBl II 2002, 884 [BFH 09.10.2002 - VI R 112/99] entschieden habe. Denn die Besonderheiten des jeweiligen Versicherungsvertrags seien selbstverständlich bei der Beurteilung der Frage, ob ein Lohnzufluss vorliege, zu berücksichtigen. Nach den Musterbedingungen des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. GDV könne bei Rentenversicherungen mit sofort beginnender Rentenzahlung nicht die Auszahlung des angesammelten Kapitals in einem Betrag verlangt werden, da der Vertrag nicht kündbar sei. Sie habe lediglich Anspruch auf die versprochenen Rentenzahlungen. Neben den monatlichen Rentenzahlungen sei ihr daher im Streitjahr kein weiterer Vermögenswert zugeflossen, der zu besteuern wäre. Die Rechtsauffassung des FA verstoße daher auch gegen § 11 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG), der den Zufluss von Einnahmen regele.
Ergänzend zu ihrem Vorbringen hat die Klägerin dem Gericht das Schreiben der Fa. Gerling Lebensversicherungs-AG vom 25. Juli 2009 vorgelegt. In diesem Schreiben heißt es, dass es sich bei den Rückdeckungsversicherungen um Rentenversicherungen mit sofort beginnender Rentenzahlung handele. Rentenzahlungsbeginn sei der 1. Februar 2000. Wegen der weiteren Einzelheiten dieses Schreibens wird auf Bl. ... der Gerichtsakte verwiesen.
Zudem sei zweifelhaft, ob die gesetzlichen Voraussetzungen des § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO im Streitfall tatsächlich vorgelegen hätten.
Während des vorliegenden Klageverfahrens hat das FA gegenüber der Klägerin die Einkommensteuer 2006 mit Bescheid vom ... erneut auf ... € festgesetzt. Diesen Bescheid hat das FA auf § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO gestützt. In den Erläuterungen zu diesem Bescheid heißt es, die bisherige Steuerfestsetzung sei wegen einer Mitteilung des zuständigen Finanzamts über Beteiligungseinkünfte der Klägerin geändert worden.
Die Klägerin beantragt,
den Einkommensteueränderungsbescheid vom ... in der Gestalt des Einspruchsbescheides vom ... sowie des Bescheides vom ... ersatzlos aufzuheben sowie,
hilfsweise, für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es hält auch im Rahmen des vorliegenden finanzgerichtlichen Verfahrens an seiner bisherigen Rechtsauffassung fest. Ergänzend verweist es unter Bezugnahme auf Pflüger in Hermann/Heuer/Raupach, EStG, § 19 Rdz. 407 darauf, dass es für die steuerrechtliche Beurteilung des Streitfalls unerheblich sei, ob lediglich die Ansprüche aus den Rückdeckungsversicherungen oder die gesamten Versicherungsstämme auf die Klägerin übertragen worden seien. In beiden Fällen sei der übergehende Vermögenswert Arbeitslohn.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zum Teil begründet.
I. Gegenstand der vorliegenden Klage ist der Einkommensteuerbescheid 2006 vom ... in der Gestalt des Einspruchsbescheids vom ... sowie in der Gestalt des Einkommensteuerbescheids vom ...
Der Einkommensteuerbescheid vom ... ist Gegenstand des vorliegenden Klageverfahrens geworden. Dies folgt aus der Regelung des § 68 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO). Wird der angefochtene Verwaltungsakt nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung geändert oder ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt gemäß § 68 Satz 1 FGO Gegenstand des Verfahrens.
II. Zu Recht hat das FA mit dem Einkommensteueränderungsbescheid vom ... in der Gestalt des Einspruchsbescheides vom ... die bisherige Festsetzung der Einkommensteuer 2006 gemäß § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO zu Ungunsten der Klägerin geändert. Das FA hat die Einkommensteuer 2006 jedoch überhöht festgesetzt.
Gemäß § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO sind Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen.
Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor, soweit das FA den bisher bei der Festsetzung der Einkommensteuer 2006 berücksichtigten Bruttoarbeitslohn der Klägerin um den Wert der Rückdeckungsversicherungen der GmbH erhöht hat. Allerdings hätte das FA zu Gunsten der Klägerin berücksichtigen müssen, dass die laufenden Zahlungen in Höhe von insgesamt 1.416 €, die die Klägerin im Streitjahr von der Fa. Gerling Lebensversicherungs-AG erhalten hat, nicht in voller Höhe als (weiterer) Arbeitslohn, sondern lediglich als Leibrente aus einer privaten Rentenversicherung mit einem Ertragsanteil von 31 % zu versteuern sind.
1. Dem FA ist durch die Kontrollmitteilung des Finanzamts X vom 20. November 2012, eingegangen beim FA am 22. November 2012, bekannt geworden, dass nach den Feststellungen der Außenprüfung bei der GmbH die Klägerin durch notariellen Vertrag vom ... nicht nur ihre Geschäftsanteile an der GmbH an den Steuerberater BB veräußert hat, sondern auch, dass sie gegen Abtretung von Ansprüchen aus zwei Rückdeckungsversicherungen auf ihre Ansprüche aus der Pensionszusage verzichtet hat. Ferner ist dem FA durch diese Kontrollmitteilung auch bekannt geworden, dass nach der Mitteilung der Fa. Gerling Lebensversicherung-AG vom 12. Oktober 2006, die der Kontrollmitteilung des ... vom 20. November 2012 beigefügt war, der Wert der Rückdeckungsversicherungen der GmbH zum Bilanztermin 31. Dezember 2006 insgesamt 62.822,56 € betrug.
a. Das Gericht vermag sich in diesem Zusammenhang nicht der Auffassung der Klägerin anzuschließen, der notarielle Vertrag vom ... sei hinsichtlich der Rückdeckungsversicherungen nachträglich geändert worden, da die GmbH auf Verlangen der Fa. Gerling Lebensversicherungs-AG mit Verpfändungserklärung vom 4. September 2009 ihre Ansprüche aus den Rückdeckungsversicherungen an die Klägerin "zur Sicherung aller Ansprüche der Pfandgläubigerin auf Witwenrente" aus der dem Ehemann der Klägerin erteilten Pensionszusage verpfändet hat. Hieraus ergibt sich nicht, dass die Vertragsparteien, die GmbH bzw. der Steuerberater BB und die Klägerin, einvernehmlich die Regelungen des notariellen Vertrags vom ... hinsichtlich der Rückdeckungsversicherungen (rückwirkend) abändern wollten. Vielmehr hat die GmbH lediglich zusätzlich gegenüber der Fa. Gerling Lebensversicherungs-AG die von ihr, aus welchen Gründen auch immer, geforderte Verpfändungserklärung abgegeben, damit die Fa. Gerling Lebensversicherungs-AG die von ihr angezeigte Abtretung der Ansprüche aus den Rückdeckungsversicherungen akzeptiert und die monatlichen Rentenzahlungen nicht mehr, wie bisher, an die GmbH, sondern unmittelbar an die Klägerin leistet. Eine Änderung des notariellen Vertrags vom ... ist damit jedoch nicht verbunden. Dies hätte vielmehr einer ausdrücklichen Regelung bedurft.
b. Nicht nachvollziehbar ist auch der Einwand der Klägerin, der notarielle Vertrag vom ... sei hinsichtlich der Abtretung der Ansprüche aus den Rückdeckungsversicherungen dinglich nicht vollzogen worden, so dass die Zahlungen der Fa. Gerling Lebensversicherungs-AG an sie lediglich eine Verkürzung des Zahlungswegs seien.
Nach § 398 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) kann eine Forderung von dem Gläubiger durch Vertrag mit einem anderen auf diesen übertragen werden (Abtretung). Mit dem Abschluss des Vertrags tritt nach § 398 Satz 2 BGB der neue Gläubiger an die Stelle des bisherigen Gläubigers. Damit ist die Abtretung ein Verfügungsgeschäft (Grüneberg in Palandt, BGB, 73. Auflage 2014, § 398 Rdz. 2), so dass zur Umsetzung der Abtretung, entgegen der Ansicht der Klägerin, kein weiterer dinglicher Vollzug erforderlich ist.
2. Die (vollständigen) Regelungen des notariellen Vertrag vom ... sind dem FA auch nachträglich im Sinne des § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO, d. h. nach Erlass des ursprünglichen Einkommensteuerbescheids 2006 vom ..., bekannt geworden. Zum Zeitpunkt des Erlasses des ursprünglichen Einkommensteuerbescheids 2006 vom ... war dem FA lediglich bekannt, dass ab dem 1. August 2006 "die Versorgungsbezüge der Witwenversorgung direkt durch den Rückversicherer, Gerling Konzern, an" die Klägerin ausgezahlt worden sind. Dies hat die Klägerin dem FA ausdrücklich im Rahmen ihrer Steuererklärung mitgeteilt. Zudem war dem FA zum Zeitpunkt des Erlasses des Einkommensteuerbescheids 2006 vom ... aufgrund der Kontrollmitteilung des Finanzamts X vom 27. Juli 2006 über die ertragsteuerliche Behandlung von Anteilen an Kapitalgesellschaften lediglich noch bekannt, dass die Klägerin einen steuerfrei bleibenden Veräußerungsgewinn erzielt hat, da sie nach der Kontrollmitteilung ihre Beteiligung an der GmbH in Höhe von nominell 12.500 DM für 51.000 € veräußert hat. Dem FA war jedoch nicht bekannt, dass die Fa. Gerling Lebensversicherung-AG die Versorgungsbezüge der Witwenversorgung direkt an die Klägerin aufgrund der im notariellen Vertrag vom ... vereinbarten Abtretung unter Verzicht auf die von der GmbH erteilten Pensionszusage ausgezahlt hat. Diesen Umstand hat die Klägerin dem FA weder im Rahmen ihrer Steuererklärung noch in sonstiger Weise mitgeteilt.
3. Darüber hinaus sind die dem FA durch die Kontrollmitteilung des Finanzamts X vom 20. November 2012 nachträglich bekanntgewordenen Tatsachen auch, wie von § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO vorausgesetzt, rechtserheblich. Die Rechtserheblichkeit ist zu bejahen, wenn das Finanzamt bei rechtzeitiger Kenntnis der Tatsachen oder Beweismittel schon bei der ursprünglichen Veranlagung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu einer höheren Steuer gelangt wäre (BFH-Beschluss vom 23. November 1987 GrS 1/86, BStBl II 1988, 188; Koenig in Koenig, Abgabenordnung, 3. Auflage 2014, § 173 Rdz. 87).
a. Im Streitfall wäre das FA bei rechtzeitiger Kenntnis der (vollständigen) Regelungen des notariellen Vertrags vom ..., mit dem die Klägerin ihren Geschäftsanteil an der GmbH an den Steuerberater BB veräußert und gegen Abtretung von Ansprüchen aus zwei Rückdeckungsversicherungen auf ihre Ansprüche aus der Pensionszusage verzichtet hat, schon im Rahmen der erstmaligen Festsetzung der Einkommensteuer 2006 mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu einer höheren Steuer gelangt, indem es die in dem notariellen Vertrag vom ... vereinbarte Abtretung der Ansprüche aus den Rückdeckungsversicherungen an die Klägerin als weiteren Arbeitslohn der Klägerin steuererhöhend erfasst hätte.
Zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit gehören gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst. Ferner gehören zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG Wartegelder, Ruhegelder, Witwen- und Waisengelder und andere Bezüge und Vorteile aus früheren Dienstleistungen.
Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Lohnsteuer-Durchführungsverordnung (LStDV) sind Arbeitnehmer Personen, die in öffentlichem oder privatem Dienst angestellt oder beschäftigt sind oder waren und die aus diesem Dienstverhältnis oder einem früheren Dienstverhältnis Arbeitslohn beziehen. Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 LStDV sind Arbeitnehmer auch die Rechtsnachfolger dieser Personen, soweit sie Arbeitslohn aus einem früheren Dienstverhältnis ihres Rechtsvorgängers beziehen. Rechtsnachfolger im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 LStDV ist jeder Gesamt- oder Einzelrechtsnachfolger des Arbeitnehmers (Krüger in Schmidt, EStG, 32. Auflage 2014, § 19 Rdz. 80).
Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 LStDV sind Arbeitslohn alle Einnahmen, die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis zufließen. Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 LStDV ist es unerheblich, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form die Einnahmen gewährt werden.
Nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 LStDV gehören zum Arbeitslohn auch Einnahmen aus einem früheren Dienstverhältnis, unabhängig davon, ob sie dem zunächst Bezugsberechtigten oder seinem Rechtsnachfolger zufließen.
Darüber hinaus entspricht es der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, dass die Abtretung der Ansprüche aus einer Rückdeckungsversicherung, die eine GmbH zur Absicherung einer Versorgungszusage zu Gunsten ihres Gesellschafter-Geschäftsführers abgeschlossen hat, regelmäßig eine Lohnzuwendung an den Gesellschafter-Geschäftsführer bzw. an seinen Rechtsnachfolger beinhaltet (BFH-Urteil vom 9. Oktober 2002 VI R 112/99, BStBl II 2002, 884). Entsprechendes gilt, wenn der GesellschafterGeschäftsführer den Versicherungsvertrag im Ganzen übernimmt und in die Position des Versicherungsnehmers einrückt (Pflüger in Hermann/Heuer/Raupach, EStG, § 19 Rdz. 407; Höfer in Höfer/Veit/Verhuven, Betriebsrentenrecht (BetrAVG), Band II, Steuerrecht/Sozialabgaben/HGB/IFRS, 12. Auflage, Stand: Mai 2014, Kapitel 44 Rdz. 405).
Dies gilt, entgegen der wohl von der Klägerin vertretenen Ansicht, nicht nur für die Abtretung der Ansprüche aus einer Rückdeckungsversicherung bzw. die Übernahme einer Rückdeckungsversicherung während der Ansparphase, sondern auch, wenn, wie im Streitfall, der Versicherungsfall bereits eingetreten ist. Dies ergibt sich aus dem oben genannten Urteil des Bundesfinanzhofs vom 9. Oktober 2002 VI R 112/99, BStBl II 2002, 884, mit dem der Bundesfinanzhof über einen Fall zu entscheiden hatte, in dem der frühere Geschäftsführer einer GmbH nach seiner Abberufung und Entlassung aus den Diensten der GmbH auf seine Rechte aus der Versorgungszusage verzichtet hat und die GmbH im Gegenzug ihre sämtlichen Rechte aus der Rückdeckungsversicherung an die Ehefrau ihres früheren Geschäftsführers abgetreten hat.
Dagegen bedeuten die Versorgungszusage, der Abschluss der Rückdeckungsversicherung und die Zahlung der Versicherungsprämien in den früheren Jahren noch keinen Lohnzufluss an den GesellschafterGeschäftsführer einer GmbH, da dieser hierdurch keine eigenen Ansprüche gegen die Rückdeckungsversicherungsgesellschaft erlangt. Die Rückdeckungsversicherung dient der GmbH lediglich zur Sicherung und Kapitalansammlung für die späteren Versorgungsleistungen, die im Falle ihrer Auszahlung zu späteren Lohnzuflüssen geführt hätten. Daran ändert auch die Verpfändung der Ansprüche aus der Rückdeckungsversicherung an den Gesellschafter-Geschäftsführer bzw. seinen Rechtsnachfolger nichts. Auch hierin liegt nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs noch kein Zufluss von Lohn an den Gesellschafter-Geschäftsführer bzw. an seine Rechtsnachfolger (BFH-Urteil vom 9. Oktober 2002 VI R 112/99, BStBl II 2002, 884).
Erst die Abtretung der Ansprüche aus der Rückdeckungsversicherung an den GesellschafterGeschäftsführer bzw. an seinen Rechtsnachfolger verschafft diesem einen unmittelbaren Anspruch gegen die Versicherungsgesellschaft. Dies beinhaltet einen den Gesellschafter-Geschäftsführer bzw. seinen Rechtsnachfolger bereichernden Lohnzufluss (BFH-Urteil vom 9. Oktober 2002 VI R 112/99, BStBl II 2002, 884). Der Vorgang stellt sich somit nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs als Zuwendung des Arbeitgebers, der GmbH, an ihren Gesellschafter-Geschäftsführer bzw. an eine dritte Person im Rahmen einer Lohnverwendungsabrede dar. Mit der Übertragung kommt es somit zum Zufluss eines steuerpflichtigen Sachbezugs. Ähnlich wie im Falle einer Direktversicherung kann der GesellschafterGeschäftsführer nämlich über einen Anspruch gegenüber einem Dritten verfügen (Höfer in Höfer/Veit/Verhuven, BetrAVG, Band II, Steuerrecht/Sozialabgaben/HGB/IFRS, Kapitel 44 Rdz. 405).
Der Zufluss erstreckt sich nicht auf die Höhe der von der Gesellschaft an das Versicherungsunternehmen abgeführten Versicherungsprämien, sondern auf das geschäftsplanmäßige Deckungskapital zuzüglich einer bis zu diesem Zeitpunkt zugeteilten Überschussbeteiligung bzw. auf den Zeitwert der Ansprüche aus der abgetretenen Rückdeckungsversicherung (Pflüger in Hermann/Heuer/Raupach, EStG, § 19 Rdz. 407; Höfer in Höfer/Veit/Verhuven, BetrAVG, Band II, Steuerrecht/Sozialabgaben/HGB/IFRS, Kapitel 44 Rdz. 405; vgl. auch R 40b.1 "Rückdeckungsversicherung" LStR 2015).
Nach diesen Grundsätzen ist der Klägerin im Streitjahr 2006 durch die im notariellen Vertrag vom ... vereinbarte Abtretung der Zahlungsansprüche aus den Rückdeckungsversicherungen der GmbH gegenüber der Fa. Gerling Lebensversicherungs-AG Arbeitslohn zugeflossen, und zwar in Höhe von 62.822,56 €. Die Höhe des Lohnzuflusses ergibt sich aus der Mitteilung der Fa. Gerling Lebensversicherungs-AG vom 20. Oktober 2006, die der Kontrollmitteilung des Finanzamts X vom 20. November 2012 beigefügt war. Nach dieser Mitteilung betrug der Wert der Rückdeckungsversicherungen, die die GmbH bei der Fa. Gerling Lebensversicherungs-AG abgeschlossen hatte, zum Bilanztermin 31. Dezember 2006 insgesamt 62.822,56 € einschließlich der Leistungen aus der Gewinnbeteiligung.
aa. Für den Lohnzufluss ist nicht entscheidend, ob die Klägerin selbst Arbeitnehmerin der GmbH gewesen ist. Nach § 1 Abs. 1 Satz 2 LStDV sind, wie oben bereits dargelegt, Arbeitnehmer auch die Rechtsnachfolger von Arbeitnehmern, soweit sie Arbeitslohn aus dem früheren Dienstverhältnis ihres Rechtsvorgängers beziehen.
Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor. Die Klägerin hat als Rechtsnachfolgerin ihres verstorbenen Ehemannes aufgrund seiner Geschäftsführertätigkeit für die GmbH Arbeitslohn erhalten.
bb. Für den Lohnzufluss ist, entgegen der Ansicht der Klägerin, auch nicht entscheidend, dass die GmbH die Rückdeckungsversicherungsverträge nicht vollumfänglich, sondern lediglich ihre Zahlungsansprüche aus den Rückdeckungsversicherungen auf die Klägerin übertragen hat.
Die Abtretung von Ansprüchen aus einem Versicherungsverhältnis bewirkt im Allgemeinen, dass der Neugläubiger hinsichtlich der Forderung aus dem Versicherungsvertrag in die Gläubigerstellung des Versicherungsnehmers einrückt und mithin materiell zum Inhaber des Rechtsanspruchs gegenüber dem Versicherer wird. Im Übrigen bleibt das Versicherungsverhältnis jedoch unverändert, so dass der Versicherungsnehmer weiterhin Vertragspartei bleibt (BFH-Urteil vom 5. Juli 2012 VI R 11/11, BStBl II 2013, 190). Ein Lohnzufluss setzt jedoch, wie oben bereits dargelegt, nicht die vollständige Übertragung des Rückdeckungsversicherungsvertrags voraus. Vielmehr genügt auch die Abtretung der Zahlungsansprüche aus der Rückdeckungsversicherung (BFH-Urteil vom 9. Oktober 2002 VI R 112/99, BStBl II 2002, 884; Pflüger in Hermann/Heuer/Raupach, EStG, § 19 Rdz. 407; Höfer in Höfer/Veit/Verhuven, BetrAVG, Band II, Steuerrecht/Sozialabgaben/HGB/IFRS, Kapitel 44 Rdz. 405). In beiden Fällen bildet der in Form der Versicherung auf den Arbeitnehmer übergehende Vermögenswert Arbeitslohn (Pflüger in Hermann/Heuer/Raupach, EStG, § 19 Rdz. 407).
cc. Zudem ist der Klägerin der Arbeitslohn aus der Abtretung der Zahlungsansprüche aus den Rückdeckungsversicherungen der GmbH gegenüber der Fa. Gerling Lebensversicherungs-AG auch im Streitjahr zugeflossen. Arbeitslohn, der, wie im Streitfall, nicht als laufender Arbeitslohn gezahlt wird, wird in dem Kalenderjahr bezogen, in dem er dem Arbeitnehmer zufließt, § 11 Abs. 1 Satz 4 EStG i.V.m. § 38a Abs. 1 Satz 3 EStG. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sind Einnahmen dem Steuerpflichtigen zugeflossen, sobald er über sie wirtschaftlich verfügen kann und infolgedessen bei ihm eine Vermögensmehrung eingetreten ist (vgl. BFH-Urteil vom 12. April 2007 VI R 6/02, BStBl II 2007, 581).
Die bloße Einräumung von Ansprüchen durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer führt bei diesem regelmäßig noch nicht zum Zufluss von Einnahmen. Erst der Eintritt des Leistungserfolgs durch die Erfüllung der Ansprüche bewirkt den Zufluss beim Arbeitnehmer (BFH-Urteil vom 12. April 2007 VI R 6/02, BStBl II 2007, 581).
Im Fall einer Abtretung von Ansprüchen gilt für den Zufluss von Arbeitslohn folgendes: In der Regel werden Forderungen, die ein Arbeitgeber an seinen Arbeitnehmer zur Abgeltung von Lohn- und Gehaltsansprüchen abtritt, nicht an Zahlungs Statt, sondern nur zahlungshalber abgetreten. Dann empfängt der Arbeitnehmer Zahlungen, die ihm auf Grund der abgetretenen Forderung geleistet wurden, für Rechnung des Arbeitgebers. Die Zuflüsse in einem späteren Jahr sind dann beim Arbeitnehmer als Abtretungsempfänger im Sinne des § 11 EStG erst mit der tatsächlichen Zahlung als nachträglicher Arbeitslohn zu erfassen. In der Abtretung einer Forderung liegt ein Zufluss von Arbeitslohn im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG nur, wenn dem Arbeitnehmer eine bereits fällige, unbestrittene und einziehbare Forderung abgetreten wird. Zieht dann der Arbeitnehmer die Forderung beim Abtretungsschuldner nicht sofort ein, sondern lässt er sie, z.B. wegen einer guten Verzinsung stehen, so ist trotzdem die Forderungsabtretung ebenso ein Zufluss im Sinne des § 11 Abs. 1 EStG wie eine Barzahlung des Arbeitslohns (BFH-Urteil vom 22. April 1966 VI 137/65, BStBl II 1966, 394).
Die Abtretung einer Forderung an Zahlungs Statt zur Tilgung einer Gehaltsforderung wird der Arbeitnehmer nur unter besonderen Umständen anzunehmen bereit sein, weil er damit das Gläubigerrisiko übernimmt und seine Ansprüche gegen den Arbeitgeber aufgibt. Eine derartige Abtretung kann z.B. in Betracht kommen, wenn der Arbeitgeber zahlungsunfähig ist. Die Abtretung einer Forderung an Zahlungs Statt führt zum Zufluss von Arbeitslohn zur Zeit der Abtretung (BFH-Urteil vom 22. April 1966 VI 137/65, BStBl II 1966, 394).
Im Streitfall hat die GmbH der Klägerin durch die Regelungen des notariellen Vertrags vom ... keine Ansprüche eingeräumt, sondern ihre bereits bestehende Ansprüche aus den Rückdeckungsversicherungen gegen die Fa. Gerling Lebensversicherungs-AG abgetreten. Hierdurch sind der Klägerin im Streitjahr Einnahmen zugeflossen, da die GmbH ihr mit der Abtretung ihrer Ansprüche aus den Rückdeckungsversicherungen einen unmittelbaren Anspruch gegen die Fa. Gerling LebensversicherungsAG verschafft hat. Über diese Ansprüche kann sie wirtschaftlich verfügen. Infolgedessen ist bei ihr eine Vermögensmehrung eingetreten.
Der Vorgang stellt sich, wie oben bereits dargelegt, als Zuwendung der GmbH an die Klägerin im Rahmen einer Lohnverwendungsabrede dar. Mit der Abtretung der Zahlungsansprüche aus den Rückdeckungsversicherungen an die Klägerin hat die GmbH wirtschaftlich den Anspruch der Klägerin aus der Pensionszusage vorzeitig erfüllt. Die Abtretung der Zahlungsansprüche aus den Rückdeckungsversicherungen der GmbH ist auch an Zahlungs Statt zur (vorzeitigen) Tilgung der Ansprüche der Klägerin aus der Pensionszusage erfolgt, weil die Klägerin ihre Ansprüche gegen die GmbH aus der Pensionszusage aufgegeben und damit auch das Gläubigerrisiko übernommen hat.
dd. Ferner ist es für die Frage, ob der Klägerin im Streitjahr durch die Abtretung der Ansprüche aus den Rückdeckungsversicherungen Arbeitslohn zugeflossen ist, ohne Bedeutung, ob es sich bei der Versicherung, die die GmbH bei der Fa. Gerling Lebensversicherungs-AG abgeschlossen hat, um eine Rückdeckungsversicherung in Form einer Lebensversicherung bzw. einer Lebensversicherung mit einem Wahlrecht zwischen zu erbringender Kapitalzahlungen bzw. Rentenzahlungen, um eine Rentenversicherung mit aufgeschobener Rentenzahlung oder um eine Rentenversicherung mit sofort beginnender Rentenzahlung handelt, die nicht kündbar ist.
Zwar ist in dem Fall, über den der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 9. Oktober 2002 VI R 112/99, BStBl II 2002, 884 entschieden hat, anders als im vorliegenden Streitfall, nach der Abtretung der Ansprüche aus der Rückdeckungsversicherung gegen Verzicht aus der Versorgungszusage von der Versicherungsgesellschaft das angesammelte Kapital an die Ehefrau des ehemaligen Gesellschafter-Geschäftsführers der GmbH ausgezahlt worden. Der Bundesfinanzhof hat in seiner Entscheidung jedoch für den Lohnzufluss nicht auf die Auszahlung des angesammelten Kapitals abgestellt, sondern den Zufluss ausschließlich damit begründet, dass die Abtretung der Ansprüche aus der Rückdeckungsversicherung an die Ehefrau des Gesellschafter-Geschäftsführers dieser einen unmittelbaren Anspruch gegen die Versicherungsgesellschaft verschafft und dass dies einen den ehemaligen Gesellschafter-Geschäftsführer bereichernden Lohnzufluss beinhaltet (BFH-Urteil vom 9. Oktober 2002 VI R 112/99, BStBl II 2002, 884). Für den Lohnzufluss ist damit nicht entscheidend, in welcher Form die Versicherungsgesellschaft das angesammelte Kapital an den Gesellschafter-Geschäftsführer bzw. an seine Ehefrau auszahlt. Ohne Bedeutung ist auch, ob das angesammelte Kapital dem Gesellschafter-Geschäftsführer der GmbH bzw. seinem Rechtsnachfolger im Jahr der Abtretung oder erst zu einem späteren Zeitpunkt ausgezahlt wird.
ee. Schließlich hat das FA auch nicht, wie von der Klägerin geltend gemacht, den Regelungsgehalt des notariellen Vertrags vom ... verkannt. Zwar regelt der notarielle Vertrag vom ..., worauf die Klägerin zutreffend hinweist, nicht ausschließlich die Übertragung eines Geschäftsanteils an der GmbH, sondern eine Vielzahl weiterer Punkte. Gleichwohl hat das FA die Abtretung der Ansprüche aus den Rückdeckungsversicherungen zu Recht als eigenständigen steuerbaren Tatbestand isoliert betrachtet. Die Abtretung der Zahlungsansprüche aus den Rückdeckungsversicherungen kann, entgegen der Ansicht der Klägerin, nicht als entgeltlicher Vorgang angesehen werden. Soweit die Klägerin geltend macht, sie habe im Gegenzug zur Abtretung der Ansprüche aus den Rückdeckungsversicherungen auf ihre gegenüber der GmbH bestehenden weitergehenden Ansprüche aus der Pensionszusage verzichtet, entspricht diese Sichtweise nicht der oben dargelegten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs. Mit Urteil vom 9. Oktober 2002 VI R 112/99, BStBl II 2002, 884 hat der Bundesfinanzhof ausdrücklich festgestellt, verzichtet der frühere Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH auf seine Rechte aus einer Versorgungszusage der GmbH und tritt im Gegenzug die GmbH ihre sämtlichen Rechte aus der zur Absicherung der Versorgungszusage abgeschlossenen Rückdeckungsversicherung an die von ihm nunmehr getrennt lebende Ehefrau ab, so beinhaltet die Abtretung einen den früheren Gesellschafter-Geschäftsführer bereichernden Lohnzufluss in Höhe des geschäftsplanmäßigen Deckungskapitals zuzüglich einer bis zu diesem Zeitpunkt zugeteilten Überschussbeteiligung bzw. in Höhe des Zeitwerts der Ansprüche aus der abgetretenen Rückdeckungsversicherung. Damit hat der Bundesfinanzhof die Aufgabe des Pensionsanspruchs aus der Versorgungszusage und die Übertragung der Ansprüche aus der Rückdeckungsversicherung in zwei getrennt voneinander zu behandelnde Geschäftsvorfälle aufgeteilt (vgl. Höfer in Höfer/Veit/Verhuven, BetrAVG, Band II, Steuerrecht/Sozialabgaben/HGB/IFRS, Kapitel 44 Rdz. 404, 405). Im Streitfall kann daher der Verzicht der Klägerin auf ihre Pensionsansprüche gegenüber der GmbH nicht als Gegenleistung für die Abtretung der Ansprüche aus den Rückdeckungsversicherungen angesehen werden.
Im Streitfall spricht zudem, unabhängig von den oben genannten Entscheidungen des Bundesfinanzhofs, gegen eine Saldierung der übertragenen Ansprüche aus den Rückdeckungsversicherungen mit dem Wert der Pensionszusage, auf die die Klägerin ebenfalls im notariellen Vertrag vom ... gegenüber der GmbH verzichtet hat, dass der Pensionsanspruch im Zeitpunkt des Verzichts nach den unwidersprochenen Feststellungen der Außenprüfung bei der GmbH nicht mehr werthaltig gewesen ist, da die GmbH mit Blick auf ihre bilanzielle Überschuldung und ihre begrenzten liquiden Mittel nicht in der Lage gewesen sei, die Pension in der zugesagten Höhe dauerhaft weiter zu zahlen.
ff. Ferner ist für die steuerrechtliche Beurteilung des notariellen Vertrags vom ... nicht entscheidend, dass die Klägerin und ihre Kinder den Vertrag auf Druck des Steuerberaters BB abgeschlossen haben, da, so die Klägerin, zum damaligen Zeitpunkt weder sie noch ihre Kinder als Mitglieder der Erbengemeinschaft nach ihrem verstorbenen Ehemann als Steuerberater tätig gewesen seien und seitens der Steuerberaterkammer immenser Druck auf die GmbH ausgeübt worden sei, dafür Sorge zu tragen, dass die Geschäftsanteile ausschließlich von Steuerberatern gehalten würden.
Die steuerrechtliche Einordnung der im notariellen Vertrag vom ... vereinbarten Abtretung der Ansprüche aus den Rückdeckungsversicherungen der GmbH gegenüber der Fa. Gerling Lebensversicherungs-AG hängt nicht davon ab, ob die vereinbarte Abtretung auf Druck des Abtretenden zu Stande gekommen ist. Darüber hinaus hat die Steuerberaterkammer auch nach dem eigenen Vortrag der Klägerin die GmbH lediglich aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass die Geschäftsanteile der GmbH ausschließlich von Steuerberatern gehalten würden. Die Steuerberaterkammer hat jedoch nicht gefordert, dass die GmbH gegen Verzicht auf die Pensionszusage ihre Ansprüche aus den Rückdeckungsversicherungen an die Klägerin abtritt.
b. Allerdings hätte das FA im Rahmen des § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO auch berücksichtigen müssen, dass die Abtretung der Ansprüche aus den Rückdeckungsversicherungen an die Klägerin nicht nur zu einer höheren Steuer führt, sondern auch in geringem Umfang eine gegenläufige Auswirkung hat, da die laufenden Zahlungen in Höhe von insgesamt 1.416 €, die die Klägerin im Streitjahr von der Fa. Gerling Lebensversicherungs-AG erhalten hat, bei der Festsetzung der Einkommensteuer 2006 zu Unrecht in voller Höhe als (weiterer) Arbeitslohn erfasst worden sind. Das FA hätte diese Zahlungen lediglich als Leibrente aus einer privaten Rentenversicherung mit einem Ertragsanteil von 31 % besteuern dürfen.
Bezieht der Gesellschafter-Geschäftsführer nach Eintritt des Versicherungsfalles Rentenleistungen aus der übernommenen Rückdeckungsversicherung bzw. aufgrund der abgetretenen Ansprüche aus der Rückdeckungsversicherung, handelt es sich nicht um Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, sondern um sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 Nr. 1 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb EStG (Höfer in Höfer/Veit/Verhuven, BetrAVG, Band II, Steuerrecht/Sozialabgaben/HGB/IFRS, Kapitel 44 Rdz. 405).
Sonstige Einkünfte sind nach § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG Einkünfte aus wiederkehrenden Bezügen, soweit sie nicht zu den in § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 EStG bezeichneten Einkunftsarten gehören. Zu den in § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG bezeichneten Einkünften gehören nach § 22 Nr. 1 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa EStG auch Leibrenten und andere Leistungen, die aus den gesetzlichen Rentenversicherungen, den landwirtschaftlichen Alterskassen, den berufsständischen Versorgungseinrichtungen und aus Rentenversicherungen im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b EStG erbracht werden, soweit sie jeweils der Besteuerung unterliegen sowie nach § 22 Nr. 1 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb EStG Leibrenten und andere Einkünfte, die nicht solche im Sinne des § 22 Nr. 1 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa EStG sind und bei denen in den einzelnen Bezügen Einkünfte aus Erträgen des Rentenrechts enthalten sind. Als Ertrag des Rentenrechts gilt nach § 22 Nr. 1 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb Satz 3 EStG für die gesamte Dauer des Rentenbezugs der Unterschiedsbetrag zwischen dem Jahresbetrag der Rente und dem Betrag, der sich bei gleichmäßiger Verteilung des Kapitalwerts der Rente auf ihre voraussichtliche Laufzeit ergibt; dabei ist der Kapitalwert nach dieser Laufzeit zu berechnen. Der Ertrag des Rentenrechts (Ertragsanteil) ist aus der in § 22 Nr. 1 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb Satz 4 EStG enthaltenen Tabelle zu entnehmen. Nach dieser Tabelle beträgt der Ertragsanteil der Rente 31 %, wenn der Rentenberechtigte bei Beginn der Rente das 49. Lebensjahr vollendet hatte.
§ 22 Nr. 1 Satz 1 EStG ist im Streitfall auch anzuwenden, obwohl die Klägerin bereits seit dem 10. Januar 2000 eine Witwenrente aufgrund der Pensionszusage der GmbH erhalten hat und die in der Tabelle des § 22 Nr. 1 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb Satz 4 EStG normierten Ertragsanteile durch Art. 1 Nr. 13 des Alterseinkünftegesetzes vom 5. Juli 2004, Bundesgesetzblatt I 2004, 1427 (AltEinkG) abgesenkt worden sind. Nach § 52 Abs. 1 EStG in der Fassung des AltEinkG ist die durch das AltEinkG neugefasste Tabelle des § 22 Nr. 1 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb Satz 4 EStG jedoch ab dem Veranlagungszeitraum 2005 und somit auch im Streitfall anzuwenden.
"Beginn der Rente" ist im Sinne der Ertragswerttabelle des § 22 Nr. 1 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb EStG der Eintritt des jeweiligen Versicherungsfalles. Versichertes Risiko ist im Fall der Hinterbliebenenrente der Tod des Versicherten (BFH-Beschluss vom 15. Mai 1997 X B 159/96, BFH/NV 1997, 658).
Nach diesen Grundsätzen hat die Klägerin die laufenden Zahlungen in Höhe von insgesamt 1.416 €, die sie im Streitjahr von der Fa. Gerling Lebensversicherungs-AG erhalten hat, lediglich mit dem Ertragsanteil als Leibrente aus einer privaten Rentenversicherung zu versteuern. Der Ertragsanteil beträgt im Streitfall 31 % der Zahlungen, da die Klägerin bei Beginn der Rente am ... bereits ihr 49. Lebensjahr vollendet hat.
c. Zu Recht hat das FA allerdings davon abgesehen, die Abtretung der Ansprüche der GmbH aus den Rückdeckungsversicherungen in vollem Umfang oder in Höhe eines Teilbetrags als verdeckte Gewinnausschüttung der GmbH einzuordnen und diese bei der Klägerin gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu erfassen.
Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG Einkünfte aus Gewinnanteilen (Dividenden), Ausbeuten und sonstige Bezüge aus Aktien, Genussrechten, mit denen das Recht an Gewinn und Liquidationserlös einer Kapitalgesellschaft verbunden ist, aus Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung, an Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften sowie an bergbautreibenden Vereinigungen, die die Rechte einer juristischen Person haben. Nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG gehören zu den sonstigen Bezügen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG auch verdeckte Gewinnausschüttungen.
Eine verdeckte Gewinnausschüttung im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG verlangt die Zuwendung eines Vermögensvorteils durch eine Kapitalgesellschaft an einen Gesellschafter außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist. Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der Bundesfinanzhof die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (BFH-Urteil vom 14. März 2006 I R 38/05, BFH/NV 2006, 1515). Gesellschaftlich veranlasst ist somit ein Vorteil, den ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer unter sonst gleichen Umständen einem Nichtgesellschafter nicht zugewandt hätte, also solche Zuflüsse beim Gesellschafter, die einem betrieblichen Fremdvergleich nicht standhalten, also überhöht oder sonst nicht gerechtfertigt sind (vgl. nur Weber-Grellet in Schmidt, EStG, § 20 Rdz. 42).
Im Streitfall fehlt für die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis. Für das Gericht sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, die die Annahme rechtfertigen könnten, die GmbH hätte bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Fremdgeschäftsführer bzw. seiner Witwe, die sich in der gleichen Lage wie die Klägerin befunden hätte, die Ansprüche aus ihren Rückdeckungsversicherungen zur Abfindung einer Pensionszusage nicht abgetreten. Hiervon gehen stillschweigend auch die Beteiligten des vorliegenden Verfahrens aus. Die Klägerin hat ausdrücklich darauf verwiesen, dass die Abtretung der Ansprüche aus den Rückdeckungsversicherungen nicht gesellschaftsrechtlich veranlasst sei, da sie nicht als Gesellschafterin der GmbH auf ihre Pensionszusage verzichtet habe. Für diese Sichtweise spricht auch der Umstand, dass die Klägerin zum Zeitpunkt der Abtretung der Ansprüche aus den Rückdeckungsversicherungen nicht Mehrheitsgesellschafterin der GmbH gewesen ist und zudem zeitgleich ihre Beteiligung an der GmbH an den Steuerberater BB verkauft hat. Zudem ist auch die Außenprüfung bei der GmbH, soweit aus den vorliegenden Kontrollmitteilungen ersichtlich, nicht von einer verdeckten Gewinnausschüttung ausgegangen.
Lediglich ergänzend verweist das Gericht darauf, dass der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 14. März 2006 I R 38/05, BFH/NV 2006, 1515 ausdrücklich entschieden hat, die Übertragung der Ansprüche aus einer Rückdeckungsversicherung für eine vertraglich unverfallbare Pensionszusage an den Gesellschafter einer GmbH führe bei der GmbH auch dann zu einer Vermögensminderung als Voraussetzung einer verdeckten Gewinnausschüttung, wenn der Begünstigte zeitgleich auf seine Anwartschaftsrechte auf die Versorgung verzichte. Der Verzicht auf den Pensionsanspruch führe zu einer verdeckten Einlage (BFH-Urteil vom 14. März 2006 I R 38/05, BFH/NV 2006, 1515; vgl. auch BFH-Beschluss vom 9. Juni 1997 GrS 1/94, BStB II 1998, 307).
Auch in dieser Entscheidung hat der Bundesfinanzhof damit im Ergebnis die Aufgabe des Pensionsanspruchs und die Übertragung der Rückdeckungsversicherung in zwei getrennt voneinander zu behandelnde Geschäftsvorfälle aufgeteilt.
d. Ferner sind im Streitfall für das Gericht keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass das FA bei der Festsetzung der Einkommensteuer 2006 gegenüber der Klägerin weitere steuerliche Konsequenzen aus dem notariellen Vertrag vom ... hätte ziehen müssen, weil die Klägerin in dem notariellen Vertrag vom ... gegenüber der GmbH auch auf die zu ihren Gunsten erteilte Pensionszusage verzichtet hat, obwohl dieser Verzicht ggf. als verdeckte Einlage der Klägerin in die GmbH und als Zufluss weiterer Einnahmen gewertet werden könnte.
Die Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft können eine verdeckte Einlage in die Gesellschaft nicht nur durch die Zuführung von Wirtschaftsgütern, sondern auch durch den Verzicht auf Forderungen gegenüber der Gesellschaft bewirken (BFH-Beschluss vom 9. Juni 1997 GrS 1/94, BStB II 1998, 307). Zudem kann auch der Verzicht auf eine erteilte Pensionszusage, wie oben bereits dargelegt, eine verdeckte Einlage sein (BFH-Urteil vom 14. März 2006 I R 38/05, BFH/NV 2006, 1515; BFH-Beschluss vom 9. Juni 1997 GrS 1/94, BStB II 1998, 307), die ggf. zu nachträglichen Anschaffungskosten der Beteiligung führt und somit bei der Ermittlung eines Veräußerungsgewinns gewinnmindernd zu berücksichtigen wäre (Weber-Grellet in Schmidt, EStG, 17 Rdz. 164).
Darüber hinaus kann auch ein Forderungsverzicht, soweit mit ihm eine verdeckte Einlage erbracht wird, zum Zufluss des Forderungswerts führen (BFH-Beschluss vom 9. Juni 1997 GrS 1/94, BStB II 1998, 307). Zwar erlangt der Gesellschafter hierdurch nicht zusätzliche Gesellschafterrechte. Er erreicht durch die verdeckte Einlage aber ebenfalls eine Stärkung seiner Gesellschafterrechte. Denn der Forderungsverzicht führt zu einer Vermehrung des Vermögens und der Ertragsfähigkeit der Gesellschaft und damit zur Erhöhung der Ausschüttungsansprüche des Gesellschafters sowie des auf ihn entfallenden Liquidationserlöses. Verzichtet der Gesellschafter also aus Gründen des Gesellschaftsverhältnisses auf einen bestehenden Anspruch aus einer Pensionszusage der Kapitalgesellschaft, so fließt ihm dadurch die Pensionsleistung zu (BFH-Beschluss vom 9. Juni 1997 GrS 1/94, BStB II 1998, 307).
Ist die erlassene Forderung nicht mehr vollwertig, so beschränken sich Zufluss und Einlage auf den werthaltigen Teil (BFH-Beschluss vom 9. Juni 1997 GrS 1/94, BStB II 1998, 307).
Im Streitfall ist die Pensionszusage, auf die die Klägerin mit notariellen Vertrag vom ... gegenüber der GmbH verzichtet hat, im Zeitpunkt des Verzichts nach den unwidersprochenen Feststellungen der Außenprüfung bei der GmbH, wie oben bereits dargelegt, nicht mehr werthaltig gewesen, da die GmbH mit Blick auf ihre bilanzielle Überschuldung und ihre begrenzten liquiden Mittel nicht in der Lage gewesen sei, die Pension in der zugesagten Höhe dauerhaft weiter zu zahlen. In der Kontrollmitteilung des Finanzamts X vom 20. November 2012 heißt es dementsprechend auch, dass "somit kein (weiterer) Zufluss und auch keine verdeckte Einlage anzunehmen ist", da für die "gegenteilige Annahme einer Werthaltigkeit keine tragkräftigen Anhaltspunkte" vorlägen.
3. Im Übrigen liegt im Streitfall auch kein Ermittlungsfehler des FA vor, der einer Änderung des ursprünglichen Einkommensteuerbescheids 2006 vom ... nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO entgegenstehen könnte.
Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben kann das Finanzamt, auch wenn es von einer rechtserheblichen Tatsache oder einem rechtserheblichen Beweismittel nachträglich Kenntnis erhält, daran gehindert sein, einen Steuerbescheid nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO zu Ungunsten des Steuerpflichtigen zu ändern (BFH-Urteil vom 13. November 1985 II R 208/82, BStBl II 1986, 241 [BFH 13.11.1985 - II R 208/82]). Hat der Steuerpflichtige die ihm obliegenden Mitwirkungspflichten in zumutbarer Weise erfüllt, kommt eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO nicht in Betracht, wenn die spätere Kenntnis der Tatsache oder des Beweismittels auf einer Verletzung der dem Finanzamt obliegenden Ermittlungspflicht beruht. Das Finanzamt braucht den Steuererklärungen nicht mit Misstrauen zu begegnen, sondern darf regelmäßig von deren Richtigkeit und Vollständigkeit ausgehen. Veranlagt es aber trotz bekannter Zweifel an der Richtigkeit der Besteuerungsgrundlagen endgültig, so ist eine spätere Änderung der Steuerfestsetzung nach dem Grundsatz von Treu und Glauben ausgeschlossen (BFH-Urteil vom 27. Oktober 1992 VIII R 41/89, BStBl II 1993, 569 [BFH 27.10.1992 - VIII R 41/89]). Sind sowohl das Finanzamt seiner Ermittlungspflicht als auch der Steuerpflichtige seiner Mitwirkungspflicht nicht in vollem Umfang nachgekommen, so fällt das nachträgliche Bekanntwerden einer rechtserheblichen Tatsache oder eines rechtserheblichen Beweismittels in der Regel in den Verantwortungsbereich des Steuerpflichtigen mit der Folge, dass eine Änderung des Steuerbescheids nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO zulässig ist (BFH-Urteil vom 11. November 1987 I R 108/85, BStBl II 1988, 115). Eine entsprechende Änderung scheidet lediglich dann aus, wenn der Verstoß des Finanzamts deutlich überwiegt (BFH-Urteil vom 20. Dezember 1988 VIII R 121/83, BStBl II 1989, 585).
Im Streitfall hat die Klägerin im Rahmen ihrer Steuererklärung die Abtretung der Ansprüche aus den Rückdeckungsversicherungen, die die GmbH bei der Fa. Gerling Lebensversicherungs-AG abgeschlossen hat, nicht offengelegt. Die Klägerin hat lediglich, ohne nähere Angaben, erklärt, dass ab dem 1. August 2006 "die Versorgungsbezüge der Witwenversorgung direkt durch den Rückversicherer, Gerling Konzern, an" sie ausgezahlt worden seien. Damit hat sie die ihr obliegenden Mitwirkungspflichten nicht vollständig erfüllt.
Im Streitfall kann zudem offen bleiben, ob das FA aufgrund der Mitteilung der Klägerin, dass ab dem 1. August 2008 "die Versorgungsbezüge der Witwenversorgung direkt durch den Rückversicherer, Gerling Konzern, an" sie ausgezahlt worden seien, weitere Ermittlungen hätte einleiten müssen. Selbst wenn man im vorliegenden Fall eine dem FA obliegende Ermittlungspflicht bejahen würde, so kann jedoch im Streitfall nicht davon ausgegangen werden, dass der Verstoß des FA gegenüber der Mitwirkungspflichtverletzung der Klägerin deutlich überwiegt.
III. Die Neuberechnung der Einkommensteuer 2006 nach Maßgabe dieses Urteils ist dem FA gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 bis 3 FGO aufgegeben worden.
IV. Die Revision ist gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zur Fortbildung des Rechts zugelassen worden.
V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.
VI. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 151 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.